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26. Baugrundtagung vom 18.-21. September 2000 in Hannover Vortrag Dr.-Ing. Karl Heinrich Schwinn; Dr.-Ing. Conrad Boley; Dipl.-Ing. Thomas Wieg 26. Baugrundtagung vom 18.-21. September 2000 in Hannover Steuerung und Überwachung des unter Druckluft aufgefahre- nen, 900 Meter langen Straßentunnels Hemelingen in Bremen durch ein geotechnisches Netzwerk Der bis zu 23 m breite und 5 m hohe Tunnel wird in Schlitzwand-Deckel-Bauweise mit Druck- luftstützung bis zu 8 m unterhalb des Grundwasserspiegels hergestellt. Im Rahmen der bau- begleitenden Fremdüberwachung wird ein geotechnisches Messnetzwerk zur Überwachung der räumlichen Verschiebungen der unter Auftrieb stehenden Schlitzwände, der Grundwas- serstände sowie der Verschiebungen der unmittelbar angrenzenden Bebauung betrieben. Die Daten werden online an die örtliche Bauüberwachung sowie den Firmensitz nach Hamburg übermittelt, wodurch auch die effektive Steuerung der Tunnelherstellung im Sinne der Beo- bachtungsmethode ermöglicht wird. 1 PROJEKTÜBERBLICK Wesentliche Anteile des Ziel- und Quellver- kehres der im Bremer Südosten angesiedel- ten Gewerbe- und Industriebetriebe werden gegenwärtig über das vorhandene Straßen- netz durch Wohngebiete und Kernbereiche der Ortsteile Hemelingen und Sebaldsbrück geführt. Zur Schaffung der langfristigen inf- rastrukturellen Voraussetzungen für die vor- handenen Gewerbe- und Industriestandorte wird mit dem Tunnel Hemelingen eine Di- rektverbindung zur Bundesautobahn Al rea- li siert. Bild 1 Verlauf der 900 m langen Tunneltrasse im Stadtteil Bremen-Hemelingen rJ I GB I NGENIEURBÜRO FÜR GRUNDBAU, BODENMECHANIK UND UMWELTTECHNIK DR.-ING. J. RAPPERT • DR.-ING. K. H. SCHWINN • DR.-ING. K. GÜNTHER • DR.-ING. H. HEIL HEINRICH - HERTZ - STRASSE 116 • 22083 HAMBURG E - MAIL: [email protected] • http://www.igb-ingenieure.de TELEFON: 040 / 22 70 00 - 0 • TELEFAX: 040 / 22 70 00-28

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  • 26. Baugrundtagung vom 18.-21. September 2000 in Hannover

    Vortrag Dr.-Ing. Karl Heinrich Schwinn; Dr.-Ing. Conrad Boley; Dipl.-Ing. Thomas Wieg

    26. Baugrundtagung vom 18.-21. September 2000 in Hannover

    Steuerung und Überwachung des unter Druckluft aufgefahre-nen, 900 Meter langen Straßentunnels Hemelingen in Bremen

    durch ein geotechnisches Netzwerk

    Der bis zu 23 m breite und 5 m hohe Tunnel wird in Schlitzwand-Deckel-Bauweise mit Druck-luftstützung bis zu 8 m unterhalb des Grundwasserspiegels hergestellt. Im Rahmen der bau-begleitenden Fremdüberwachung wird ein geotechnisches Messnetzwerk zur Überwachungder räumlichen Verschiebungen der unter Auftrieb stehenden Schlitzwände, der Grundwas-serstände sowie der Verschiebungen der unmittelbar angrenzenden Bebauung betrieben. DieDaten werden online an die örtliche Bauüberwachung sowie den Firmensitz nach Hamburgübermittelt, wodurch auch die effektive Steuerung der Tunnelherstellung im Sinne der Beo-bachtungsmethode ermöglicht wird.

    1 PROJEKTÜBERBLICK

    Wesentliche Anteile des Ziel- und Quellver-kehres der im Bremer Südosten angesiedel-ten Gewerbe- und Industriebetriebe werdengegenwärtig über das vorhandene Straßen-netz durch Wohngebiete und Kernbereiche

    der Ortsteile Hemelingen und Sebaldsbrückgeführt. Zur Schaffung der langfristigen inf-rastrukturellen Voraussetzungen für die vor-handenen Gewerbe- und Industriestandortewird mit dem Tunnel Hemelingen eine Di-rektverbindung zur Bundesautobahn Al rea-lisiert.

    Bild 1 Verlauf der 900 m langen Tunneltrasse im Stadtteil Bremen-Hemelingen

    rJ IGB I NGENIEURBÜROFÜR GRUNDBAU, BODENMECHANIK UND UMWELTTECHNIKDR.-ING. J. RAPPERT • DR.-ING. K. H. SCHWINN • DR.-ING. K. GÜNTHER • DR.-ING. H. HEIL

    HEINRICH - HERTZ - STRASSE 116 • 22083 HAMBURG •

    E - MAIL: [email protected] • http://www.igb-ingenieure.de

    TELEFON: 040 / 22 70 00 - 0

    • TELEFAX: 040 / 22 70 00-28

  • Lauenburger---echichten

    0 100 200 m

    W

    Rampen-strecke Tunnelstrecke m NN

    + 20, C

    Rampen-strecke

    ►•-n

    + 10, C,43.4 NN + 4,30 m Auffüllung,

    Dünensande,-r.- Auesedimente

    _ •

    NN + 4,80 m

    ± 0,0

    Tunnelsohle

    UK Schlitzwand • *. Wesersande- 10,0

    Gewi-'Pfähle

    26. Baugrundtagung vom 18.-21. September 2000 in Hannover-Vortag Dr.-Ing. K. H. Schwinn; Dr.-Ing. C. Boley, Did.-Ing. T. Weg

    Steuerung und Überwachung des unter Druckluft aufgefahrenen, 900 Meter langen Straßentunnels Hemelingen in Bremen durch ein geotechnisches Netzwerk

    Wie in Bild 1 dargestellt, führt der hierfür zuerrichtende Straßentunnel über den Auto-bahnzubringer Hemelingen zur BAB Al undschließt im Osten an die 4spurig ausgebauteSebaldsbrücker Heerstraße, welche die an-liegenden Industriebetriebe erschließt, an.Die Tunneltrasse verläuft im Kerngebiet desStadtteils Hemelingen, einem mehrere 100Jahre alten, ehemals eigenständigen Wohn-und Gewerbequartier. Jeweils im Bereich derTunnelportale queren zwei Hauptstreckender Deutschen Bahn AG das Tunnelbau-werk.Zur Minimierung von Abrissarbeiten wurdedie Trasse bereichsweise in den Verlauf ei-ner bestehenden Nebenstraße gelegt. Dieshat zur Folge, dass die räumlichen Verhält-nisse im Baustellenbereich zum Teil äußerstbeengt sind. In Teilbereichen hat die Außen-kante der Verbauwand von den Außenwän-den vorhandener Wohn- und Gewerbege-bäude einen Abstand von lediglich 0,5 m.

    Die Wohn- und Gewerbenutzung der an-grenzenden Gebäude ist über die gesamteBauzeit aufrecht zu erhalten.Die angrenzende Bebauung ist zu Beginnbzw. in den 60er Jahren des vergangenenJahrhunderts überwiegend konventionell inZiegelmauerwerk errichtet worden. Insbe-sondere der Altbestand weist z. T. erhebli-che Vorschädigungen infolge von Setzungenund daraus resultierenden Schiefstellungenauf.Infolge der langjährigen gewerblichen Pro-duktion im Planungsgebiet sind die Oberbö-den sowie das Grundwasser erheblich mitSchadstoffen, insbesondere mit Schwerme-tallen, Chlorkohlenwasserstoffen und poly-cyclischen aromatischen Kohlenwasserstof-fen befrachtet.

    Bild 2 Stratigraphische Abfolge der Schichten im Bereich der Tunneltrasse

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  • 26. Baugrundtagung vom 18.-21. September 2000 in Hannover-Vortrag Dr.-Ing. K H. Schwinn; Dr.-Ing. C. Boley, Dipl.-Ing. T. Wieg

    Steuerung und Überwachung des unter Drucklull aufgefahrenen, 900 Meter langen Straßentunnels Hemelingen in Bremen durch ein geotechnisches Netzwerk

    2 UNTERGRUNDVERHÄLTNISSE

    Die Untergrundverhältnisse sind geprägtdurch den Einfluss der westlich des Pla-nungsgebietes verlaufenden Weser (sieheBilder 2 und 3). Unterhalb gering mächtigerAuffüllungsschichten befinden sich feinkör-nige Dünensande, die von Auesedimentenunterlagert werden. Die Tragfähigkeit dieserbeschriebenen Deckschichten ist als geringeinzustufen.Unterlagernd folgen die sogenannten We-sersande, Gemenge von überwiegend mitt-lerer und grober Körnung, in denen Einlage-rungen an Steinen bis hin zu Blöcken sowieverbreitet Geröllschichten auftreten. Die be-schriebenen Bodenhindernisse wurden ü-berwiegend im Tiefenbereich zwischen der

    Bauwerkssohle und der Unterkante Verbau-wand erkundet.Das Liegende bilden die sogenannten Lau-enburger Schichten, die sich aus Wechsel-lagerungen von sandigen und tonigenSchluffen bzw. schluffigen Sanden zusam-mensetzen.Die Grundwasserfließverhältnisse im Pla-nungsgebiet werden durch die Weser beein-flusst. Die Grundwasserströmung verläuftentsprechend der Tunnellage schiefwinkligbis parallel zur Bauwerkstrasse. Den Haupt-grundwasserleiter bilden die Wesersande,die vergleichsweise stark wasserdurchlässigsind. Bei Normalabflüssen in der Weser liegtder Grundwasserspiegel bei ca. 3,0 m bis3,5 m unter Gelände.

    A - ANord Süd

    Bild 3 Beeinflussung der Baumaßnahme durch die Weser: Numerisch ermitteltes Strömungs-feld und Grundwassergleichen im Bereich der Baumaßnahme; Aufstau des Grundwas-sers an der südlichen Verbauwand (überhöht dargestellt)

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  • rundNasse,stand

    Gundwas,ers/and

    III III :ZZ _SZ -z ZN _I MN II MO ZZ .1

    III NI II 111IM _IM 1111._11

    rund assersiend

    26. Baugrundtagung vom ¶-21. September 20(X) in Hannover - Vortrag Dr.-Ing. K H. Schven; Dr.-Ing. C. Boley, T. Wieg

    Steuerung und Überwachung des unter Druckluft aufgefahrenen, 900 Meter langen Straßentunnels Hemelingen in Bremen durch ein geotechnisches Netzwerk

    3 BAUWERK UND BAUWEISE

    Die Gesamtlänge des Tunnelbauwerkes ein-schließlich Rampen beträgt ca. 920 m; da-von entfallen ca. 560 m auf den geschlosse-nen Tunnelabschnitt und jeweils ca. 180 mauf die beiden Rampentröge. Die lichte Wei-te liegt im Bereich des Tunnelbauwerkes beica. 15,7 m und weitet sich im Endbereichder Tröge auf 21,5 m auf. Die Überdeckungbeträgt ca. 0,5 m bis 2,5 m.Das konstruktive Bauwerk des HemelingerTunnels gliedert sich in folgende Bauwerks-abschnitte:• das Trogbauwerk im Westen mit An-

    schluss an den Autobahnzubringer He-melingen

    • die Überführung der EisenbahnstreckeBremen — Osnabrück

    • die Tunnelstrecke• die Überführung der Eisenbahnstrecke

    Bremen — Hannover• das Trogbauwerk im Osten, Anschluss

    an die Sebaldsbrücker Heerstraße.Die Trogbauwerke sowie die östliche Eisen-bahnüberführung werden derzeit in offenerWand-Sohle-Bauweise mit wasserdruckhal-tenden Baugrubenwänden und rückveran-kerten Unterwasserbetonsohlen hergestellt.Der Verbau besteht aus rückverankertenbzw. ausgesteiften Spundwänden undSchlitzwänden.Der Bau der Tunnelstrecke erfolgt auf derGrundlage eines Sondervorschlages in Wand-Deckel-Bauweise unter Druckluft (Bild 4).Der Druckluftbetrieb erfolgt innerhalb einerArbeitskammer, die seitlich durch die Schlitz-wände der Verbauwand umschlossen wird.Den oberen Abschluss der Arbeitskammerbildet die zukünftige Tunneldecke, dievorlaufend zwischen den Verbauwändenhergestellt wurde. Zur Aufnahme der aus derDruckluft resultierenden, senkrecht nachoben gerichteten Beanspruchung wird dievorab hergestellte Tunneldecke über Knag-gen an die Schlitzwand angeschlossen. DesWeiteren ist die Decke als horizontale Aus-steifung der Verbauwände wirksam (s. auchBild 8).

    Der vorlaufend ausgeführte Tunnelabschnittim Bereich der Eisenbahnüberführung Bre-men—Osnabrück wird mittels temporärerStahlbetonschottwände als Personen- undMaterialschleuse ausgebildet. Für den Mate-rial- und Gerätetransport durch die Schott-wänden sind gedichtete Schwingtore vorge-sehen.

    Bild 4 Herstellung des Tunnels in Wand-Deckel-Bauweise unter Druckluft

    A) Herstellung der Schlitzwände und Aus-hub bis zum Grundwasserniveau

    B) Herstellung des StahlbetondeckelsC) Verfüllung und Herstellung der baulichen

    Anlagen oberhalb des Deckels, Aufnah-me des Druckluftbetriebs, Aushub undHerstellung der Tunnelsohle

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  • 26. Baugrundtagung vom 18.-21. September 2000 in Hannover- Vortrag Dr.-Ing. K H. Schwinn; Dr.-Ing. C. E3oley, Dipl.-Ing. T. Wieg

    Steuerung und Überwachung des unter Druckluft aufgefahrenen, 900 Meter langen Straßentunnels Hemelingen in Bremen durch ein geotechnisches Netzwerk

    I m Schutz der Verbauwände sowie der Tun-neldecke erfolgt unter Druckluft der weitereBodenaushub im Tunnelquerschnitt, ausSicherheitsgründen mittels elektrisch betrie-benem Gerät. Der Bodenaushub wird tro-cken über Förderbänder in die Material-schleuse transportiert.Aufgrund der erheblichen Belastungen vonBoden und Grundwasser mit Schadstoffenmüssen anfallende Aushubböden sowie dieFörderwässer im Rahmen der Fremdüber-wachung mittels eines Boden- und Wasser-managements fortlaufend überwacht undkontrolliert entsorgt werden. Schadstoffbe-lastete Aushubböden werden auf befestigtenFlächen im Baufeld aufgehaldet, beprobt,analysiert und dann entsprechend Art undHöhe der Schadstoffbelastung verbracht.Das zu entnehmende Grundwasser wirdvorlaufend und baubegleitend analysiert. BeiBedarf wird das Wasser einer Aufreinigungbzw. Neutralisation unterzogen und dann inOberflächengewässer bzw. die öffentlicheKanalisation eingeleitet oder in den Grund-wasserleiter reinfiltriert.

    mentation dieser Einwirkungen waren daherim Planungsgebiet Grundwassermessstellenzu installieren und während der Bauausfüh-rung kontinuierlich zu beobachten.Mit dem beauftragten Sondervorschlag wur-de in weiten Bereichen auf die Ausführungvon Unterfangungen zur Sicherung desBauwerksbestandes verzichtet. Unter Be-rücksichtigung bereits vorhandener Vor-schädigungen der Gebäude sowie möglicherEinwirkungen auf die in Betrieb befindlichen,unmittelbar angrenzenden Industriebetriebewaren daher an den vorhandenen Gebäu-den Verschiebungsmessungen auszuführen.I m Rahmen der Auftriebssicherheit der Ver-bundkonstruktion aus Deckel und Schlitz-wänden beim Lastfall Druckluftbetriebkommt der Mantelreibung zwischen Schlitz-wänden und anstehendem Boden besonde-re Bedeutung zu. Die der Bemessungzugrundeliegenden Rechenannahmen müs-sen im Rahmen der Beobachtungsmethodegemäß Eurocode 7 (1996) überprüft undgegebenenfalls kalibriert werden.

    4.1 Planung des Messsystems

    4 KONZEPTION, EINRICHTUNG UND

    BETRIEB DES GEOTECHNISCHEN

    MESSNETZWERKES

    Mit Baubeginn erfolgte die Installation desMessnetzwerkes zur Erfassung von geo-technischen und geodätischen Parameternim Rahmen der Fremdüberwachung.Die Notwendigkeit einer umfangreichenmesstechnischen Begleitung des Bauvorha-bens entstand zum einen bereits aus demPlanfeststellungsbeschluss, welcher Richtli-nien in Bezug auf die Beeinflussung desGrundwasserhaushalts enthält. Hierzu gehö-ren insbesondere der Schutz der vorhande-nen Vegetation und Bebauung und die Ver-meidung der Verschleppung von Verunreini-gungen im Grundwasser infolge der im Bau-gebiet vorliegenden Grundwasserströmung(vgl. Bild 3). Zur Überwachung und Doku-

    Das zur Ausführung beauftragte und instal-lierte Messsystem umfasst die nachfolgendbeschriebene Instrumentierung.a) Grundwasserstandsmessungen:

    • kontinuierliche Online-Erfassung an10 Messstellen

    • autonome Datenerfassung per Da-tenlogger an 21 Messstellen

    b) kontinuierliche Online-Datenerfassungmittels 3 Totalstationen an 8 Gebäuden(Bild 6)

    c) Neigungsmessung in der Verbauwandmittels 19 Inklinometern, Datenerfas-sung mittels Einzelmessungen

    d) Verschiebungsmessungen in der Ver-bauwand mittels TRIVEC-Sonden in 2Messpegeln, Erfassung aller 2 Ver-schiebungsvektoren, händische Einzel-messungen nach Baufortschritt.

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  • 26. Baugrundtagung vom 18.-21. September 2000 in Hannover - Vortrag Dr.-Ing. K H. Schwinn; Dr.-Ing. C. Boley; Dipl.-Ing. T. Wieg

    Steuerung und Überwachung des unter Druckluft aufgefahrenen, 900 Meter langen Sbraßentunnels Hemelingen in Bremen durch ein geotechnisches Netzwerk

    Bei den Totalstationen handelt es sich umPräzisionstachymeter vom Typ Leica TCA2003, welche die dreidimensionalen Ver-schiebungen von an dem Objekt appliziertenPräzisionsprismen abtasten. Es handelt sichum ein vollautomatisches, autonomes Mess-system, d. h. es sind keine Verbindungenwie Kabel zur Datenübertragung zwischenMessgerät und Objekt notwendig. DieTRIVEC-Sonden verknüpfen die Funktionenvon Gleitmikrometer und Inklinometer underlauben die gleichzeitige Erfassung der ho-rizontalen und vertikalen Verschiebungen inder Verbauwand.Die Messwerterfassung erfolgt in 3 Priori-tätsstufen. Die höchste Prioritätsstufe A um-fasst die Grundwasserstandsmessungen imNahbereich der Bauwerkstrasse sowie dieVerschiebungsmessungen an den unmittel-bar entlang der Trasse liegenden Gebäuden.Diese Messwerte werden kontinuierlich er-fasst und online mittels Bus-Datenleitungenan die EDV-Anlage der Fremdüberwachungin das Baubüro auf der Baustelle übertragen.In die Prioritätsstufe B fallen die Grundwas-serstandsmessungen im weiteren Umfeldder Baumaßnahme; die Datenerfassung er-folgt in festen Abständen mittels Datenlog-gern. Die Messwerte werden nach Bedarftäglich bzw. wöchentlich ausgelesen undstehen dann ebenfalls als kontinuierlicheMesslinie in der EDV der Fremdüberwa-chung zur Verfügung.Der unteren Prioritätsstufe C werden dieVerschiebungsmessungen in der Verbau-wand mittels Inklinometern bzw. TRIVEC-Sonden zugerechnet. Diese Messungenwerden händisch ausgeführt, die Datener-fassung erfolgt elektronisch über ein Laptop.Die Auswertung der Daten erfolgt ebenfallsüber die EDV der Fremdüberwachung.Die in der höchsten Priorität stehendenMesswertaufnehmer dienen der Überwa-chung hochrangiger Schutzgüter, die einer-unmittelbaren Beeinflussung durch die Bau-maßnahme unterliegen. Mit der kontinuierli-chen Online-Datenerfassung werden Mess-

    daten schnellstmöglich erhoben, so dassnach Bedarf in den laufenden Produktions-prozess eingegriffen werden kann. DieMessinstallation wurde so konzipiert, dasssie weitestgehend vom Bauprozess abge-koppelt ist. Die Instrumentierung für die Ver-schiebungsmessungen an den Gebäudenerlaubt z. B. eine durchlaufende Überwa-chung während sämtlicher Produktionspro-zesse, also von der Baustelleneinrichtungbis zur Fertigstellung des gesamten Tunnel-bauwerkes.Die Grundwasserstandsmessungen im Um-feld der Baumaßnahme sind der mittlerenPriorität B zuzuordnen. Diese Messungendienen im wesentlichen der hydrogeologi-schen Beweissicherung. Die Messdatenkönnen nach Bedarf kurzfristig abgerufenwerden und liegen dann in gleicher Informa-tionsdichte wie die in der Priorität A aufge-führten Grundwasserstandsmessungen vor.Eine Online-Erfassung dieser Daten ist nichterforderlich, da eine ständige Monitorfunkti-on bereits über die in der Kategorie A aufge-führten Grundwasserstandsmessungen imNahbereich des Bauwerkes sichergestellt ist.Die in der unteren Prioritätsstufe C erfasstenMessdaten werden im wesentlichen zur Be-obachtung von Verformungen in der Ver-bauwand während der Herstellung der Bau-grube durchgeführt. Die Messwertaufnahmeerfolgt bei Überschreitung von Grenzwertender in der Priorität A erfassten Messdatenbzw. in kritischen Bauphasen. Die Mess-werterfassung dient insbesondere der Über-prüfung und Kalibrierung der Bemessungs-annahmen sowie der Steuerung des Bau-prozesses in einzelnen Bauzuständen imSinne der Beobachtungsmethode.

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  • Verbauwandver-

    schiebungen

    - Inklinometer

    - Trivecsonden (3D)

    onlineGebäude-

    verschiebungen

    Pegelmessungen

    online

    .4„

    1

    114Z=

    Daten

    logger

    - Bauleiter

    - ProjektleiterMOBIL

    SMS

    HEINFIICH - HEHR - STr7As;e

    HAMBURG

    ZO RICH

    26. Baugrundtagung vom 18.-21. September 2060 in Hannover-Vortag Dr.-Ing. K H. Schvvinn; Dr.-Ing. C. E3oley, Dipl.-Ing. T. Wieg

    Steuerung und Überwachung des unter Druckluft aufgefahrenen, 900 Meter langen Straßentunnels Hemelingen in Bremen durch ein geotechnisches Netzwerk

    Bild 5 Datenerfassung und -übertragung des geotechnischen Messnetzwerks;Aktivierung von Alarmsystemen bei Überschreitung der festgelegten kritischenGrenzwerte

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  • gle A, B, C Standorte der Total-stationen

    / überwachte Gebäude

    4 Messprismen (bis zu 4übereinander)

    • Referenzpunkt

    0 Brunnenlnklinometermessstelle

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    Steuerung und Überwachung des unter Druckluft aufgefahrenen, 900 Meter langen Straßentunnels Hemelingen in Bremen durch ein geotechnisches Netzwerk

    Bild 6 Online-Erfassung der 3D-Gebäudeverschiebungen mittelsvollautomatischen Präzisionstachymetern (Totalstationen), Grundwasser- undInklinometermessstellen

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  • Station 13Bürgerhaus3.9 - Defonnationsmessungenrr

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    Steuerung und Überwachung des unter Druckluft aufgefahrenen, 900 Meter langen Sfraßentunnels Hemelingen in Bremen durch ein geotechnisches Netzwerk

    4.2 Datenerfassung und Daten-

    transfer

    Das Kernstück des installierten Monitoring-Systems bildet ein computergestütztes Da-tenerfassungsprogramm (Bild 5). Das Da-tenerfassungssystem übernimmt die Aufbe-reitung der Messdaten, d. h. die automati-sche Umrechnung von geodätischenMesswerten in Relativ- bzw. Absolutver-schiebungen, die Umwandlung der inGrundwassermessstellen erfassten Druck-schwankungen in absolute Grundwasser-standshöhen sowie die Umwandlung der imRahmen von Inklinometer- bzw. TRIVEC-Messungen aufgenommenen Messdaten inAbsolutverschiebungen. Soweit erforder-lich, werden im Rahmen der Datenaufberei-tung Kompensationsberechnungen sowie

    eine logische Kontrolle der Messwertedurchgeführt.Die Messwerte werden numerisch und gra-fisch dargestellt. Die beschriebenen Be-rechnungen werden kontinuierlich bzw.unmittelbar mit der Datenübertragungdurchgeführt und können daher z. T. onlineverfolgt werden, z. B. in Form von Grund-wasserganglinien.Mittels ISDN kann sowohl von der Firmen-zentrale der Fremdüberwachung in Ham-burg als auch von dem mit der Installationund Wartung des Systems betrauten Un-ternehmen in Zürich direkt, d. h. online aufdie erfassten Messwerte zurückgegriffenwerden. Die Datensätze werden von Zürichaus regelmäßig hinsichtlich logischer Feh-ler überprüft Bei Bedarf können Software-einstellungen direkt per Datenfernübertra-gung (DFÜ) vorgenommen werden.

    Bild 7 Anordnung der Messquerschnitte am Bürgerhaus zur Erfassung der3D-Verschiebungen mittels Totalstationen, Anzeige der Datenerfassungssoftware aufden Netzwerkrechnern

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    Steuerung und Überwachung des unter Druckluft aufgefahrenen, 900 Meter langen Straßentunnels Hemelingen in Bremen durch ein geotechnisches Netzwerk

    Das System wurde mit einer Reihe von A-larmfunktionen ausgestattet. Bei Überschrei-tung von individuell definierten Grenzwertenfür die einzelnen online erfassten Sensorenwird durch das Datenerfassungssystem eineautomatische Alarmierung über Faxsendun-gen sowie per Handy (Short-Message-Service = SMS) ausgelöst.Die Übertragung der online erfassten Datenerfolgt mittels einer Busleitung, welche inLängserstreckung der Baumaßnahme instal-liert wurde. Die Bus-Leitung wird aus einemeinzelnen Kabel gebildet, das aus insgesamt6 Einzeladern besteht.Der laufende Betrieb des Messwerterfas-sungssystems hat gezeigt, dass die Bus-Lei-tung von den einzelnen Sensoren zurzentralen Rechnereinheit besondersempfindlich ist gegen mechanische Einwir-kungen aus dem Baubetrieb. In der Praxishat sich eine Installation der Leitung in PVC-Hüllrohren an Festpunkten unter anderemam festinstallierten Bauzaun bzw. Gebäudenbewährt.

    4.3 Automatische Verschiebungs-

    messungen an Gebäuden

    Die Überwachung der Absolutverschiebun-gen der Gebäude und der Verbauwand inLage und Höhe erfolgt durch die 3 installier-ten Totalstationen (Bild 6). Mit den Totalsta-tionen werden insgesamt 98 Messpunkte,die jeweils mit Miniprismen ausgestattetsind, in Lage und Höhe permanent, d. h. Tagund Nacht eingemessen. Das Datenerfas-sungssystem errechnet aus diesen Mess-werten automatisch die Verschiebungsvekto-ren der einzelnen Messpunkte.Die Punktgenauigkeit, d. h. die Standardab-weichung in Lage und Höhe liegt bei Mess-distanzen < 100 m in einer Größenordnungvon weniger als 0,3 mm. Die Totalstationensind jeweils auf ca. 3 m langen Stahlträgernmontiert und zum Schutz gegen Witterungs-einflüsse durch Blechgehäuse geschützt.Die Messung erfolgt in einzelnen Messzyk-len mit einer Dauer von jeweils ca. einer 3/4Stunde. In jedem Messzyklus werden die

    einzelnen Messpunkte nacheinander anvi-siert, anschließend werden Messungen anReferenzpunkte, welche an unverschiebli-chen Bauwerken montiert wurden, in denMessdurchgang eingebunden. Nach jedemMesszyklus werden die Messwerte auf Plau-sibilität überprüft, mittels der Justierwerte(Temperatur, Luftdruck) korrigiert, statistischaufbereitet, in Koordinaten transformiert unddann abgespeichert. Die Messwerte stehendann numerisch bzw. grafisch zur weiterenInterpretation zur Verfügung. Bei Mess-wertüberschreitungen erfolgt eine Alarm-auslösung. Weitere Erfahrungen mit demeingesetzten Messsystem sind z. B. beiHartkorn & Pils (2000) für die Überwachungeines Viadukts in Chemnitz beschrieben.Über den Einsatz von Online-Messverfahrenim Tunnelbau berichten z. B. Knoll et al.(1999).

    4.4 Grundwassermessstellen

    Die Erfassung des Grundwasserspiegelni-veaus erfolgt über Drucksensoren. Bei demhier installierten Messsystem werden jeweilsaus Grundwasserspiegelschwankungen re-sultierende Druckänderungen in dem luft-dicht abgeschlossenen Pegelrohr aufge-nommen.Die Dauer der einzelnen Messzyklen ist aufden jeweiligen Einsatzort abgestimmt undliegt zwischen 5 Minuten, z. B. bei derDurchführung von Pumpversuchen undmehreren Stunden bei Grundwassermess-stellen im weiteren Umfeld der Baumaß-nahme. Die Datenübertragung erfolgt ent-weder online oder periodisch mittels Daten-auslesegeräten (Datenloggern).

    4.5 Inklinometermessungen

    Zur Erfassung der Verformungen der Ver-bauwände wurden sowohl in als auch hinterder Schlitzwand Inklinometermesspegel ein-gerichtet. Die Messwerte werden jeweils perNotebook automatisch erfasst und auf dasDatenerfassungssystem übertragen.

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    Steuerung und Überwachung des unter Druckluft aufgefahrenen, 900 Meter langen Straßentunnels Hemelingen in Bremen durch eh geotechnisches Netzwerk

    Die Messungen erfolgen jeweils nach bzw.während der Durchführung verformungsrele-vanter Bauphasen wie z. B. dem Aushub derBaugrube.

    4.6 Erfassung der Vertikalver-

    schiebungen der Schlitzwand

    Bei der zur Ausführung kommenden Wand-Deckel-Bauweise unter Druckluft müssen dieaus Auftrieb und Druckluft vertikal nach obengerichteten Kräfte zum überwiegenden Teilüber die Mantelreibung an den Schlitzwän-den abgetragen werden. Zur Überprüfungder tatsächlich mobilisierten Mantelreibungan der Schlitzwand wird während der Bau-ausführung die Stauchung der Schlitzwandmittels einer TRIVEC-Sonde in einzelnenMessstellen aufgenommen.Die Messstellen sind mit Pegelrohren ausge-rüstet, die in Meter-Abständen keilförmigeAufweitungen aufweisen. Beim Messvor-gang wird die Sonde zwischen diesenMessmarken verspannt und die Relativver-schiebung der Messmarken mit einerGenauigkeit von 1/100-Millimeterneingemessen. Neben den beschriebenenVerformungen in z-Richtung werdenaußerdem die Verschiebungen in x- und y-Richtung erfasst.

    5 BISHERIGE ERGEBNISSE UND

    ERFAHRUNGEN

    Das geotechnische Messnetzwerk wurde vorBeginn der Tiefbauarbeiten installiert. Ent-sprechend dem aktuellen Baustellenstandliegen zum Zeitpunkt Mai 2000 die Ergeb-nisse aus den Bauphasen zur Ausführungvon Sicherungsmaßnahmen an Gebäudenmittels HD-Injektionen, der Herstellung derSchlitzwand sowie des Voraushubs der Bau-grube bis ca. 3 m unter Gelände zur Herstel-lung des Deckels vor.Im Folgenden werden die Funktion desMesssystems sowie die abgeleiteten Hand-

    lungsanweisungen an einzelnen Beispielenerläutert:Vor Herstellung der Schlitzwand war dieGründung von zwei unmittelbar an der Ver-bauwand gelegenen Gebäuden mittels HD-Injektion tiefer zu führen. Etwa 6 Stundennach Beginn der Injektionsarbeiten wurdenan einem zu sichernden Gebäude Verfor-mungen in der z-Achse, d. h. Setzungen ineiner Größenordnung von etwa 10 mm fest-gestellt. Diese Verformungen waren visuellan dem Gebäude nicht feststellbar.Seitens der Ausführenden wurde in Abstim-mung mit der Fremdüberwachung eine Op-ti mierung der Einstichfolge beim Injizierenvorgenommen. Bei den nachfolgenden Injek-tionsarbeiten konnten die Setzungen aufeine Größenordnung von ca. 3 mm reduziertwerden.Während der Herstellung der Schlitzwandwurden an den unmittelbar an die Verbau-wand angrenzenden Gebäuden (Abstand ca.0,5 bis 1,5 m) überwiegend Setzungen ineiner Größenordnung von ca. 3 mm bis4 mm gemessen. An einem dieser Gebäude,dem sogenannten Bürgerhaus (vgl. Bild 7),traten bei der Schlitzwandherstellung erheb-liche Setzungen und Schiefstellungen ein,die zunächst die Sperrung des Gebäudeserforderlich machten.Auf Grundlage der Verschiebungsmessun-gen konnte zunächst der Zeitpunkt desSchadenseintrittes mit einer Genauigkeit vonca. ± 0,5 Stunden eingegrenzt werden. Dienach Schadenseintritt erfassten Messwertegaben zusätzliche Informationen über dasweitere Verformungsverhalten des Gebäu-des im Hinblick auf die Kontrolle der Stand-sicherheit des Bauwerks. In Verbindung mitden vor und nach Schadenseintritt durchge-führten Inklinometermessungen konnte dasVerformungsverhalten des Untergrundes imBereich der Schadensstelle der Verbauwandnachvollzogen werden. Anhand der be-schriebenen Parameter, dem Zeitpunkt desSchadenseintrittes, der Art und Ausbreitungder Verformungen am Gebäude sowie derVerformung des Untergrundes war eine ein-deutige Korrelation des Schadenshergangsmit der Herstellung der Schlitzwand möglich.

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  • 26. Baugrundtagung vom 18.-21. September 2000 in Hannover- Vortrag Dr.-Ing. K H. Schwinn; Dr.-Ing. C. Boley, Dipl.-Ing. T. Weg

    Steuerung und Überwachung des unter Druckluft aufgefahrenen, 900 Meter langen Straßentunnels Hemelingen in Bremen durch ein geotechnisches Netzwerk

    Die im Baufeld installierten Grundwasser-messstellen dienen einerseits der Beobach-tung einer großflächigen Beeinflussung derGrundwasserfließverhältnisse durch dieBaumaßnahme sowie andererseits der Ü-berwachung und Steuerung des Bauprozes-ses.Im Bereich der westlichen Eisenbahnque-rung war in der mittels einer HD-Injektiongedichteten Baugrube eine Restwasserhal-tung zu betreiben. Auf dem unmittelbar an-grenzenden Grundstück liegt der Kernbe-reich einer starken Grundwasserkontamina-tion. Neben der generellen Forderung, dieGrundwasserabsenkung im umliegendenBereich im Hinblick auf die Schutzgüter Ve-getation und Bebauung zu minimieren, wareine Verschleppung der beschriebenenGrundwasserverunreinigung zu vermeiden.Hierzu wurde zwischen den Bereichen derGrundwasserentnahme sowie der anstehen-den Grundwasserverunreinigung eine Gale-rie von Schluckbrunnen installiert.Im Rahmen von Pumpversuchen wurde diein den Schluckbrunnen zu reinfiltrierendeWassermenge derart optimiert, dass derGrundwasserstand im Bereich der Grund-wasserverunreinigung nahezu im unbeein-flussten Niveau gehalten werden konnte. ImRahmen der weiteren Grundwasserentnah-me wurden dann die Grundwasserspiegel-höhen im Bereich der Grundwasserverunrei-nigung kontinuierlich überwacht. Durch ent-sprechende Nachregelung der Reinfiltrati-onsmengen konnte das Grundwasserspie-gelniveau im betroffenen Bereich nahezukonstant gehalten werden.Durch die Entnahme und Analyse von Was-serproben erfolgte der Nachweis, dass eineVerschleppung von Schadstoffen wirkungs-voll vermieden wurde.Neben den beschriebenen Funktionen alsMonitoring-System im Sinne der baubeglei-tenden Überwachung und Auswertung vonsingulären Einwirkungen der Bautätigkeit aufSchutzgüter wie Grundwasser und Bausub-stanz dienen die erhobenen Messdaten ins-besondere der baubegleitenden Dokumenta-tion. Im Planfeststellungsbeschluss wurdeeine umfangreiche Überwachung örtlicherEingriffe in den Grundwasserhaushalt fest-

    geschrieben. Mit dem weitestgehend auto-matisierten Messsystem werden die onlineerfassten bzw. regelmäßig ausgelesenenMessdaten automatisch erfasst und darge-stellt. Im Vergleich zu händisch ausgeführtenLotungen bzw. konventionellen Aufzeich-nungen mittels Pegelschreibern ergibt sicheine wesentliche Verringerung des Arbeits-aufwandes bei der Ausführung der Messun-gen bzw. Auswertung der Messergebnisse.Des Weiteren wird bei den automatisiertenGrundwasserstandsmessungen gegenüberkonventionellen Messverfahren eine erheb-lich höhere Messgenauigkeit erzielt. Fehlerbei der Auswertung der Messergebnissekönnen nahezu ausgeschlossen werden.Die Herstellung von tiefen Baugruben unmit-telbar vor bestehenden Gebäuden führt er-fahrungsgemäß auch bei sorgfältiger Bau-ausführung zu mehr oder weniger starkenEinwirkungen auf den Bauwerksbestand.Die zur Herstellung des Tunnelbauwerkeserforderlichen wasserdichten Verbauwändebinden bis ca. 16 m in den Untergrund ein.Wie aus Bild 3 hervorgeht, bilden die Ver-bauwände im oberen Grundwasserleiter,den Wesersanden, zumindest partiell eineBarriere, die eine Beeinflussung der Grund-wasserfließverhältnisse nach sich zieht.Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrenswurden daher hydromechanische Modellbe-rechnungen zur quantitativen Abschätzungdes Aufstaus im Anstrom bzw. eines Abfallsdes Grundwasserspiegels im Abstrom derTunneltrasse ausgeführt. Die Berechnungenerfolgten mit dem FE-Programm SEEP/Wmit einem rund 600 Knoten umfassendenBerechnungsmodell.Danach wurde bei den hier betrachteten„Normalwasserständen" trotz der erhebli-chen Barrierewirkung der Verbauwand immittleren Bereich der Tunneltrasse und derausgeprägten Grundwasserströmung einenur vergleichsweise geringe Beeinflussungder Grundwasserfließverhältnisse festge-stellt. Der Aufstau im Anstrom beträgt bis zuca. 4 cm, die Absenkung wurde mit ca. 6 cmermittelt. Hierbei ist festzustellen, dass bis-lang eine gute Überstimmung der berechne-ten mit den gemessenen Grundwasserspie-gelhöhen erzielt werden konnte.

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  • 11 =1,0 m

    L TRIVEC-Messpegel

    Tunneldeckel

    Druckluft

    7Schlitzwand

    Meßpunkte

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    Steuerung und Überwachung des unter Druckluft aufgefahrenen, 900 Meter langen Straßentunnels Hemelingen in Bremen durch ein geotechnisches Netzwerk

    Weitergehende Modellberechnungen habengezeigt, dass die Größe von Aufstau undAbsenkung durch die Grundwasserfließge-schwindigkeit maßgeblich beeinflusst wird.Diese korreliert, wie wir zeigen konnten, engmit den Spiegelschwankungen der Weser.Mit Aufnahme des Druckluftbetriebes erfolgteine weitergehende intensive messtechni-sche Überwachung und Betreuung der Bau-ausführung. Stellvertretend für die weitereMesswerterfassung werden im Folgendendie Verschiebungsmessungen in der Ortbe-tonschlitzwand mittels der TRIVEC-Sondennäher erläutert.Die während des Aushubes unter Druckluftauf den Verbau einwirkenden, vertikal nachoben gerichteten Kräfte müssen anteilig überdie Mantelreibung an den Schlitzwändenabgetragen werden. Aus wirtschaftlichenGründen wurde die Verbauwand auf die zurAbtragung von horizontalen Einwirkungenerforderliche Wandlänge optimiert, so dasszum Nachweis des vertikalen Kräftegleich-gewichts vergleichsweise hohe Mantelrei-bungsbeiwerte zugrunde gelegt wurden.Wie bereits erläutert, können mittels derTRIVEC-Sonde neben den horizontalenVerschiebungen auch Stauchungen mit ei-ner Messgenauigkeit von ca. 1/100 mm auf-genommen werden.Über die im Messabschnitt von 1 m ermittel-te Verschiebungsänderung des Schlitz-wandelementes wird dessen Stauchung be-rechnet. Daraus wird mittels Multiplikationmit dem E-Modul des SLW-Betons die derStauchung zugeordnete Spannung ermittelt.Über das Kräftegleichgewicht an jedemSchlitzwandelement wird der Verlauf derMantelreibung bestimmt.Die beschriebenen Messungen werden je-weils in Kombination mit den Verschiebungs-messungen in der z-Richtung durchgeführt, sodass neben den Verschiebungen im Wand-element auch die Verschiebungen des Ge-samtsystems aufgenommen werden.Auf Grundlage der beschriebenen Messun-gen können bei Bedarf entsprechende Ein-griffsmaßnahmen wie z. B. eine Ballastie-rung des Gesamtsystems vorgenommenwerden.

    Bild 8 Indirekte Erfassung derMantelreibung entlang der Schlitz-wand im Lastfall Druckluftbetrieb mit-tels TRIVEC-Sonden

    6 BEWERTUNG

    Die beschriebene Instrumentierung derBaumaßnahme mit einem geotechnischenMessnetzwerk hat im Betriebszeitraum vonetwa einem Jahr eine erhebliche Beschleu-nigung des Informationsflusses sowie eineVereinfachung der baubegleitenden Über-wachung herbeigeführt.Mit der weitgehenden Automatisierung derMesswerterhebung konnte die Anzahl dermit der Fremdüberwachung betrauten Mitar-beiter gegenüber vergleichbaren Baustellenerheblich reduziert werden.Durch die zentrale Datenerfassung sowie dievielfältigen Zugriffsmöglichkeiten auf dieaufbereiteten Datensätze ist der kontinuierli-che Informationsfluss im Zuge der Fremd-überwachung sichergestellt. Dies ermöglichteine laufende Überwachung und sofern er-forderlich Optimierung des Produktionsab-laufes.

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  • 26. Baugrundtagung vom 18.-21. September 2000 in Hannover - Vortrag Dr.-Ing. K. H. Schwinn; Dr.-Ing. C. Boley, Dipl.-Ing. T. Wieg

    Steuerung und Überwachung des unter Druckluft aufgefahrenen, 900 Meter langen Straßentunnels Heurelingen in Bremen durch ein geotechnisches Netzwerk

    Mit der eingesetzten differenzierten Mess-technik wird auf Grundlage der Beobach-tungsmethode eine Prüfung kritischer Be-rechnungsparameter durchgeführt. Hier-durch kann unter Beibehaltung des geforder-ten Sicherheitsstandards eine Massenopti-mierung einzelner Bauteile herbeigeführtwerden.Die online erfassten Messdaten bilden einekontinuierliche Dokumentation über den ge-samten Produktionsprozess. Durch die au-tomatisierte Messwerterhebung und externeSpeicherung der Daten besitzen die Mess-ergebnisse eine hohe Vertrauenswürdigkeitund Objektivität im Sinne der Beweissiche-rung während der Baumaßnahme.

    Literatur

    [1] Eurocode 7: Entwurf, Berechnung und Be-messung in der Geotechnik. Teil 1: Allge-meine Regeln. Deutsche Fassung ENV1997-1: 1994. Vornorm, April 1996

    [2] Hartkorn, P.; Pils, R. (2000): Automatischegeotechnisch/geodätische ÜberwachungBahrmühlenviadukt Chemnitz

    [3] Knoll, P.; Kowalle, G.; Kramer, J.; Isele, T.(1999): Moderne Verfahren der Beweissi-cherungsmessungen, dargestellt am Beispielder Bauwerkssicherung bei der Tunnelverle-gung der B 31 im Innenstadtbereich vonFreiberg/Breisgau. VDI-Berichte, Nr. 1436,269-287

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