Prof. Reinhold P. Linke, sinYmed GmbH i.G. IM FOKUS ... · dungsreaktionen, hat die Krankheit...

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31 30 NEWS IZB MARTINSRIED Viele Antibiotika helfen nicht mehr bei Infektionen MULTIRESISTENZ IM FOKUS Auf der Basis firmeneigener entwickel- ter monoklonaler Antikörper hat Prof. Linke wichtige Funktionen der Phago- zyten (Fresszellen) aus dem Blut in vitro blockieren und eine entzündungshem- mende Wirkung nachweisen können. Diese Resultate haben Prof. Linke und Ulrich Platte zusammengeführt und zur Bekämpfung von schweren Entzündun- gen und nicht therapierbaren Infekti- onskrankheiten 2015 die Firma sinYmed gegründet. Das Geschäftsmodell des Eines der weltweit zunehmenden Gesundheitsprobleme und die immer noch unterschätzte Krankheit ist die Blutvergiftung bei bakteri- eller Infektion (Sepsis). Weltweit erkranken jährlich rund 25 Mio. Menschen an schweren bakteriellen Infektionen einschließlich Sepsis bei einer Sterberate von etwa 30 Prozent mit steigender Tendenz. Mittlerweile steht die Sepsis für die dritthäufigste Todesursache, ohne dass weltweit ein entscheidender Therapieansatz erkennbar wäre. Prof. Linke, Immunologe und Wissenschaftler im Bereich der Entzün- dungsreaktionen, hat die Krankheit Amyloidose, die nach schweren Entzündungen auftritt, in der Pathologie kennen gelernt und diese Krankheit im Detail untersucht. Auf Basis einer zellbasierten Immuntherapie erforschte er eine Methode zur Bekämpfung von schweren Infektionskrankheiten. IZB im Dialog interviewte Prof. Linke und sprach mit ihm über die Auswirkungen seiner Untersuchungen. Unternehmens sinYmed besteht in der Entwicklung präziser diagnostischer Verfahren und hocheffektiver Therapien für schwere chronische Infektionskrank- heiten einschließlich Sepsis. Das Unter- nehmensziel von sinYmed umfasst auch die Entwicklung und den Aufbau einer Technologieplattform im Bereich schwe- rer Entzündungsreaktionen einschließ- lich die Fort- und Weiterentwicklung von Antikörpern für diagnostische Kits um die verschiedenen Verlaufsformen der Entzündungen bewerten und zielge- richtet therapieren zu können. Parallel zur Arbeit an Entzündungsreaktionen hat Prof. Linke amyloidtypspezifische Antikörper zur Klassifizierung der ver- schiedenen Amyloidosen im Hinblick auf eine krankheitsspezifische The- rapie entwickelt. Deren Erfolg für die Therapie dieser Amyloidosen bei Kin- dern und Jugendlichen hat im Jahr 1996 zum Tossepreis für Kinderrheumato- logie und im Jahr 2005 zur Gründung seines Unternehmens amYmed (www. amymed.net) geführt. sinYmed GmbH i.G. Prof. Reinhold P. Linke Am Klopferspitz 19 82152 Martinsried Tel.: +49(0)89/57 933775 E-Mail: offi[email protected] www.sinymed.com Prof. Linke, Sie forschen seit Jahrzehnten an Proteinspeicherkrankheiten, an ent- zündungsbedingten Amyloidosen, Al- tersherzkrankheiten, Polyneuropathien, und der Alzheimerschen Krankheit. Wie analysieren Sie diese Krankheiten schon im frühen Stadium? Der Verdacht des Arztes ist entscheidend für die Erkennung einer dieser Krankhei- ten. Dieser Verdacht führt zur Entnahme einer winzigen Gewebeprobe (Biopsie), die durch eine pathologisch – anatomi- sche Untersuchung auf Proteinspeicher- krankheiten mit Hilfe von Kongorot mik- roskopisch diagnostiziert wird. Liegt eine Amyloidose vor erfolgt als zweiter Schritt die Klassifizierung der Amyloidose, zur Erkennung der verschiedenen Ursachen die wir über die Immunhistochemie erst- mals etabliert haben. Wie viele unterschiedliche Arten von Amyloidosen gibt es und wodurch werden diese ausgelöst? Es gibt über 30 chemisch verschiedene Amyloidosen die jede ihre eigene Ursa- che hat. Es gibt lokale und systemische Formen, wobei die systemischen im All- gemeinen die gefährlicheren sind. Die häufigsten Amyloidosen werden durch Plasmazellneoplasien ausgelöst. Andere Amyloidosen werden durch chronische Entzündungen und wieder andere durch genetische Mutationen unterschiedlicher Proteine ausgelöst. Von einer Reihe von Amyloidosen kennt man die Ursachen und damit die Therapie. Bei anderen ist die Analyse noch nicht abgeschlossen. Wo kann man diese Amyloide im Körper nachweisen? Die verschiedenen Amyloide findet man zum Teil in denselben, zum Teil auch in anderen Organen. Die verschiedenen Lokalisationen bedingen die unterschied- lichen klinischen Bilder. So befindet sich bei der Alzheimer Krankheit das Amylo- id ausschließlich im Gehirn wie auch bei der Kreuzfeld-Jakob Krankheit und den übrigen Prionosen bei Tieren, z.B. BSE. Andere Amyloidosen können lokal (Typ 2 Diabetes) oder systemisch auftreten die in den meisten Organen zu finden sind. Wie werden Entzündungen im Organis- mus bekämpft und verhindert? Die schwersten Infektionskrankheiten stellen die Seuchen dar, die über Jahr- tausende die Menschheit heimgesucht haben. Hier haben Impfungen die ent- scheidende Wende gebracht. Bei Ent- zündungskrankheiten, für die es keine Impfung gibt, wurden beginnend mit Pe- nicillin eine Fülle von Antibiotika entwi- ckelt gegen praktisch alle Mikroorganis- men und die mit großem Erfolg bis heute eingesetzt werden. Das gilt aber nicht für alle Bakterien. Man liest in der Presse immer häufiger von Bakterien (Krankenhauskeimen), die das Leben von Menschen gefährden können. Diese Tatsache war u.a. auch ein Agendapunkt auf dem G7 Gipfel in Elmau. Was ist so bedrohlich? In steigendem Maße können bestimmte Bakterien nicht mehr durch die Verord- nung der bisher wirkungsvollen Antibio- tika erfolgreich therapiert werden. Die Ursache ist eine Resistenzentwicklung bestimmter Bakterien gegen die ge- bräuchlichen und auch neueren Antibio- tika. Dadurch treten schwere chronische Infektionen bis hin zur Sepsis (Blutvergif- tung) auf und sind nicht mehr therapeu- tisch beherrschbar. Welches Ziel verfolgen Sie Beide nun mit Ihrer neuen Firma sinYmed? Im Gegensatz zur Entwicklung herkömm- licher Antibiotika zur Bekämpfung von Entzündungen befasst sich unsere Firma sinYmed mit körpereigenen Abwehrme- chanismen, mit dem Ziel einer therapeu- tischen Anwendung. Trotz weltweiter intensiver Bemühungen gibt es bisher keinen therapeutischen Ansatz zur Behe- bung dieser schwerwiegenden Probleme. 1995 erhielten Sie den Tossepreis für Kin- derrheumatologie. Für welche Neuerung haben Sie diesen Preis erhalten? Für die Früherkennung der Amyloidose bei juveniler Rheumatoider Arthritis, zu- sammen mit Chefarzt Dr. H. Michels im Deutschen Zentrum für Kinder- und Ju- gendrheumatologie in Garmisch-Parten- kirchen. Diese fatale Krankheit hat einen Teil betroffener Kinder nicht überleben lassen. Durch die Entwicklung der his- tologischen Frühdiagnose können diese Kinder frühzeitig gerettet werden, da diese Krankheit jetzt etwa 2,5 Jahre vor deren Ausbruch erkannt und entspre- chend therapiert werden kann, d.h. bevor Organschädigungen auftreten können. Susanne Simon Prof. Reinhold P. Linke, sinYmed GmbH i.G. Prof. Reinhold P. Linke und Ulrich Platte, Geschäftsführer sinYmed 30

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NEWS IZB MARTINSRIED

Viele Antibiotika helfen nicht mehr bei Infektionen

MULTIRESISTENZ IM FOKUS

Auf der Basis fi rmeneigener entwickel-ter monoklonaler Antikörper hat Prof. Linke wichtige Funktionen der Phago-zyten (Fresszellen) aus dem Blut in vitro blockieren und eine entzündungshem-mende Wirkung nachweisen können.

Diese Resultate haben Prof. Linke und Ulrich Platte zusammengeführt und zur Bekämpfung von schweren Entzündun-gen und nicht therapierbaren Infekti-onskrankheiten 2015 die Firma sinYmed gegründet. Das Geschäftsmodell des

Eines der weltweit zunehmenden Gesundheitsprobleme und die immer noch unterschätzte Krankheit ist die Blutvergiftung bei bakteri-eller Infektion (Sepsis). Weltweit erkranken jährlich rund 25 Mio. Menschen an schweren bakteriellen Infektionen einschließlich Sepsis bei einer Sterberate von etwa 30 Prozent mit steigender Tendenz. Mittlerweile steht die Sepsis für die dritthäufi gste Todesursache, ohne dass weltweit ein entscheidender Therapieansatz erkennbar wäre. Prof. Linke, Immunologe und Wissenschaftler im Bereich der Entzün-dungsreaktionen, hat die Krankheit Amyloidose, die nach schweren Entzündungen auftritt, in der Pathologie kennen gelernt und diese Krankheit im Detail untersucht. Auf Basis einer zellbasierten Immuntherapie erforschte er eine Methode zur Bekämpfung von schweren Infektionskrankheiten. IZB im Dialog interviewte Prof. Linke und sprach mit ihm über die Auswirkungen seiner Untersuchungen.

Unternehmens sinYmed besteht in der Entwicklung präziser diagnostischer Verfahren und hocheffektiver Therapien für schwere chronische Infektionskrank-heiten einschließlich Sepsis. Das Unter-nehmensziel von sinYmed umfasst auch die Entwicklung und den Aufbau einer Technologieplattform im Bereich schwe-rer Entzündungsreaktionen einschließ-lich die Fort- und Weiterentwicklung von Antikörpern für diagnostische Kits um die verschiedenen Verlaufsformen der Entzündungen bewerten und zielge-

richtet therapieren zu können. Parallel zur Arbeit an Entzündungsreaktionen hat Prof. Linke amyloidtypspezifi sche Antikörper zur Klassifi zierung der ver-schiedenen Amyloidosen im Hinblick auf eine krankheitsspezifi sche The-rapie entwickelt. Deren Erfolg für die Therapie dieser Amyloidosen bei Kin-dern und Jugendlichen hat im Jahr 1996 zum Tossepreis für Kinderrheumato-logie und im Jahr 2005 zur Gründung seines Unternehmens amYmed (www.amymed.net) geführt.

sinYmed GmbH i.G.Prof. Reinhold P. LinkeAm Klopferspitz 1982152 Martinsried

Tel.: +49(0)89/57 933775E-Mail: offi [email protected]

Prof. Linke, Sie forschen seit Jahrzehnten an Proteinspeicherkrankheiten, an ent-zündungsbedingten Amyloidosen, Al-tersherzkrankheiten, Polyneuropathien, und der Alzheimerschen Krankheit. Wie analysieren Sie diese Krankheiten schon im frühen Stadium?Der Verdacht des Arztes ist entscheidend für die Erkennung einer dieser Krankhei-ten. Dieser Verdacht führt zur Entnahme einer winzigen Gewebeprobe (Biopsie), die durch eine pathologisch – anatomi-sche Untersuchung auf Proteinspeicher-krankheiten mit Hilfe von Kongorot mik-roskopisch diagnostiziert wird. Liegt eine Amyloidose vor erfolgt als zweiter Schritt die Klassifi zierung der Amyloidose, zur Erkennung der verschiedenen Ursachen die wir über die Immunhistochemie erst-mals etabliert haben.

Wie viele unterschiedliche Arten von Amyloidosen gibt es und wodurch werden diese ausgelöst? Es gibt über 30 chemisch verschiedene Amyloidosen die jede ihre eigene Ursa-che hat. Es gibt lokale und systemische Formen, wobei die systemischen im All-gemeinen die gefährlicheren sind. Die häufi gsten Amyloidosen werden durch Plasmazellneoplasien ausgelöst. Andere Amyloidosen werden durch chronische Entzündungen und wieder andere durch genetische Mutationen unterschiedlicher Proteine ausgelöst. Von einer Reihe von Amyloidosen kennt man die Ursachen und damit die Therapie. Bei anderen ist die Analyse noch nicht abgeschlossen.

Wo kann man diese Amyloide im Körper nachweisen?Die verschiedenen Amyloide fi ndet man zum Teil in denselben, zum Teil auch in anderen Organen. Die verschiedenen Lokalisationen bedingen die unterschied-lichen klinischen Bilder. So befi ndet sich bei der Alzheimer Krankheit das Amylo-id ausschließlich im Gehirn wie auch bei der Kreuzfeld-Jakob Krankheit und den übrigen Prionosen bei Tieren, z.B. BSE. Andere Amyloidosen können lokal (Typ 2

Diabetes) oder systemisch auftreten die in den meisten Organen zu fi nden sind.

Wie werden Entzündungen im Organis-mus bekämpft und verhindert?Die schwersten Infektionskrankheiten stellen die Seuchen dar, die über Jahr-tausende die Menschheit heimgesucht haben. Hier haben Impfungen die ent-scheidende Wende gebracht. Bei Ent-zündungskrankheiten, für die es keine Impfung gibt, wurden beginnend mit Pe-nicillin eine Fülle von Antibiotika entwi-ckelt gegen praktisch alle Mikroorganis-men und die mit großem Erfolg bis heute eingesetzt werden. Das gilt aber nicht für alle Bakterien.

Man liest in der Presse immer häufi ger von Bakterien (Krankenhauskeimen), die das Leben von Menschen gefährden können. Diese Tatsache war u.a. auch ein Agendapunkt auf dem G7 Gipfel in Elmau. Was ist so bedrohlich? In steigendem Maße können bestimmte Bakterien nicht mehr durch die Verord-nung der bisher wirkungsvollen Antibio-tika erfolgreich therapiert werden. Die Ursache ist eine Resistenzentwicklung bestimmter Bakterien gegen die ge-bräuchlichen und auch neueren Antibio-tika. Dadurch treten schwere chronische Infektionen bis hin zur Sepsis (Blutvergif-tung) auf und sind nicht mehr therapeu-tisch beherrschbar.

Welches Ziel verfolgen Sie Beide nun mit Ihrer neuen Firma sinYmed?Im Gegensatz zur Entwicklung herkömm-licher Antibiotika zur Bekämpfung von Entzündungen befasst sich unsere Firma sinYmed mit körpereigenen Abwehrme-

chanismen, mit dem Ziel einer therapeu-tischen Anwendung. Trotz weltweiter intensiver Bemühungen gibt es bisher keinen therapeutischen Ansatz zur Behe-bung dieser schwerwiegenden Probleme.

1995 erhielten Sie den Tossepreis für Kin-derrheumatologie. Für welche Neuerung haben Sie diesen Preis erhalten?Für die Früherkennung der Amyloidose bei juveniler Rheumatoider Arthritis, zu-sammen mit Chefarzt Dr. H. Michels im Deutschen Zentrum für Kinder- und Ju-gendrheumatologie in Garmisch-Parten-kirchen. Diese fatale Krankheit hat einen Teil betroffener Kinder nicht überleben lassen. Durch die Entwicklung der his-tologischen Frühdiagnose können diese Kinder frühzeitig gerettet werden, da diese Krankheit jetzt etwa 2,5 Jahre vor deren Ausbruch erkannt und entspre-chend therapiert werden kann, d.h. bevor Organschädigungen auftreten können.

Susanne Simon

Prof. Reinhold P. Linke, sinYmed GmbH i.G.

Prof. Reinhold P. Linke und Ulrich Platte, Geschäftsführer sinYmed

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