Peerarbeit bei adipösen Minderjährigen2012-2014 Referent Andreas Heuer Bern, 01.06.2014....

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Peerarbeit bei adipösen Minderjährigen Regula Joller Berner Fachhochschule Fachbereich Gesundheit DAS-Studiengang Experienced Involvement 2012-2014 Referent Andreas Heuer Bern, 01.06.2014

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Peerarbeit

bei

adipösen

Minderjährigen

Regula Joller

Berner Fachhochschule Fachbereich Gesundheit

DAS-Studiengang Experienced Involvement

2012-2014

Referent

Andreas Heuer

Bern, 01.06.2014

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Peerarbeit, Adipositas, Minderjährige

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ZUSAMMENFASSUNG

Die Anzahl der Personen, die an Adipositas erkrankt sind, hat in den letzten Jahrzehnten

stark zugenommen und ist heute nicht mehr nur das Problem des einzelnen Betroffenen,

sondern auch ein gesellschaftliches. Adipositas geht oft mit psychischen Problemen

einher. In dieser Arbeit wird erläutert, wie Peers bei der Begleitung adipöser

Minderjähriger eingesetzt werden können.

Neben der Literaturrecherche wurden auch Befragungen mit Leitern von

Therapieprogrammen und ehemaligen adipösen Jugendlichen durchgeführt.

Die Ursachen sind vielfältig, sie liegen mehr im Lebensstil und kulturellen Bereich, als

bei körperlichen Prävalenzen. Unser beschleunigter Alltag, der durch Arbeit und

Freizeitprogramm bestimmt wird, lässt kaum noch fixe Essenszeiten in der Familie zu.

Die Familien werden desorganisiert, das Ess- und Bewegungsverhalten der

Heranwachsenden entzieht sich der Kontrolle der Eltern. Unsere technisierte Umwelt

animiert uns immer weniger, uns zu bewegen. Fastfood und industriell hergestellte

Nahrung tragen ihren Teil zum Risiko bei. Das emotional gesteuerte Essverhalten ist ein

weiterer Grund adipös zu werden.

So multifaktoriell die Ursachen sind, so multikausal sind die Folgen. Sie betreffen nicht

nur den einzelnen adipösen Menschen, sondern sie wirken bis auf die höchste Stufe

eines Staatsgefüges. Heute werden zur Behandlung der Kinder und Jugendlichen

altersgerechte multimodale Therapien angeboten, bei denen Fachpersonen

verschiedener Berufe eingesetzt werden. Nicht nur die Gewichtsreduktion ist wichtig,

sondern ein neuer Umgang mit Stress und Stigmatisierung sowie neue

Verhaltensweisen müssen erlernt werden.

Psychiatrie-Erfahrene können unterstützend mitwirken, da ihr Wissen um ressourcen-

und recoveryorientiertes Arbeiten zur Verbesserung der Selbstakzeptanz,

Selbstwirksamkeit und des Selbstwertgefühls beiträgt. Dies sind für die Nachhaltigkeit

der Therapie entscheidende Veränderungen der Betroffenen. Drei Therapieprogramme

(Klemon 0-5 Jährige, Chinderleicht 8-18 Jährige und Guglera 15-25 Jährige) werden

vorgestellt, so dass mögliche Vorgehensweisen zur Behandlung adipöser

Minderjährigen aufgezeigt werden.

Jugendliche, die ohne therapeutische Intervention ihr Gewicht nachhaltig reduzieren

konnten, erzählen von ihrer Motivation und ihren Strategien. Meine Empfehlungen

beinhalten einerseits einfache Präventionsmassnahmen andererseits Anleitungen wie

Peers minderjährige Adipöse auf ihrem Genesungsweg unterstützen können und

Hoffnung auf eine spätere gute Lebensqualität vermitteln.

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Peerarbeit, Adipositas, Minderjährige

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INHALT Zusammenfassung ............................................................................................................ ii

1. Einleitung ...................................................................................................................... 1

1. 1. Heutige Situation .................................................................................................. 1

1. 2. Mein Bezug ........................................................................................................... 2

1. 3 Relevanz von Peerarbeit bei adipösen Minderjährigen ......................................... 3

1. 4. Historische Inputs ................................................................................................. 3

2. Fragestellung und Thesen ............................................................................................. 4

3. Zielsetzung .................................................................................................................... 4

4. Methodik ....................................................................................................................... 4

5. Hintergründe zu Adipositas und Übergewicht .............................................................. 5

5. 1. Definition .............................................................................................................. 5

5. 2. Bestimmungskriterien für Adipositas ................................................................... 5

5. 3. Ursachen von Übergewicht und Adipositas .......................................................... 7

5. 3. 1. Auf der körperlichen Ebene .......................................................................... 7

5. 3. 2. Psychosoziale Dimension ............................................................................. 9

5. 3. 3. Lebensmittelbranche ................................................................................... 10

5. 3. 4 Essverhalten und die Rolle der Psyche ...................................................... 11

5. 4. Folgen von Adipositas ........................................................................................ 13

5. 4. 1. Stigmatisierung ........................................................................................... 13

6. Anforderungen an die Therapie von Adipositas ......................................................... 15

6. 2. Basisprogramm ................................................................................................... 16

6. 3. Peerarbeit ............................................................................................................ 17

6. 4. Recoveryorientiertes Arbeiten ............................................................................ 18

6.5. Therapieprogramme ............................................................................................. 20

6. 5. 1 Klemon ......................................................................................................... 20

6. 5. 2. Chinderleicht ............................................................................................... 20

6. 5. 3. Institut St. Josef Guglera AG ...................................................................... 22

6. 6. Strategien zum Selbstmanagement .................................................................... 23

6. 6. 1. Motivation ................................................................................................... 23

6. 6. 2. Strategien .................................................................................................... 23

7. Empfehlungen ............................................................................................................. 24

8. Diskussion ................................................................................................................... 26

8. 1. Adipositas aus sicht einer betroffenen Mutter .................................................... 27

8. 2. Aus sicht einer Lehrerin ...................................................................................... 27

8. 3. Aus Sicht eines adipösen Kindes ........................................................................ 27

Literaturverzeichnis ........................................................................................................ 28

Anhang ............................................................................................................................... I

Fragen für die Projektleiter .............................................................................................. V

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1. EINLEITUNG

1. 1. HEUTIGE SITUATION

Übergewicht und Adipositas werden heute zu den wichtigsten Gesundheitsproblemen

der Welt gezählt. Fettleibigkeit kann die Lebens- und Selbstverwirklichungschancen

beeinträchtigen, es können Folgeerkrankungen entstehen, die grosse Kosten

verursachen. Wissenschaftler verschiedener Gebiete forschen angestrengt zu diesem

Thema, Ursachen, Präventionen und Therapien werden gesucht. So gibt es mehrere

Fachzeitschriften, die sich nur diesem Thema widmen. Adipositas und Übergewicht

sind nicht mehr nur Begriffe für Fachleute, sondern haben sich in der Bevölkerung

etabliert (Momm-Zach, H. 2007, S.17). Unterhaltungs-, Dokumentations- und

Ratgebersendungen, die im Fernsehen angeboten werden, tragen zur Popularität dieses

Themas bei. Zudem weisen die vielen Diäten in Zeitschriften und auf dem Internet auf

das Interesse der Bevölkerung am Reduzieren ihres Körpergewichtes hin. Besonders

beliebt scheint z.Zt. die Sendung The Biggest Loser auf dem Kanal SAT 1 zu sein, aber

auch Kinofilme wie z.B. Super Size Me (Spurlock, 2004) und Fat Head (Naughton,

2008) regen zur Diskussion des Themas an.

Adipositas und Übergewicht nimmt auch bei Kindern und Jugendlichen weltweit stetig

zu, nicht nur in Industrieländer, sondern auch in Schwellenländern. Als ich letzten

Frühling eine Reise nach China unternahm, war ich überrascht, wie oft ich

übergewichtigen Kleinkindern begegnete.

Bei der Epidemie von Adipositas, die sich seit ca. 30 Jahren entwickelt, wird

beobachtet, dass die Zunahmen im oberen Perzentilbereich deutlich höher ausfallen. Die

Übergewichtigen werden also immer dicker (Wabitsch, M., Hebebrand, J., Kiess, W., &

Zwieauer, K., 2005).

In der Schweiz sind ca. 17 Prozent der Kinder und Adoleszenten übergewichtig oder

adipös, davon vier Prozent sehr. Die Zahl der Betroffenen stagniert zur Zeit in unserem

Land, nachdem sich die Zahl der betroffenen 0-18 Jährigen in den letzten dreissig

Jahren fast verdoppelt hat (Schweizerischer Fachverband Adipositas im Kindes- und

Jugendalter).

Die Japaner gehen dieses Thema speziell an: Wer bei der jährlichen innerbetrieblichen

Gesundheitsuntersuchung zu schwer ist, und das Gewicht nicht in der vorgegebenen

Zeit reduziert hat, verliert seinen Arbeitsplatz. Da festgestellt wurde, dass viele Kinder

in Japan übergewichtig werden, darf in den Schulen kein Brot zum Essen serviert

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werden. Die Menus müssen hauptsächlich aus Reis und Fisch bestehen (Brugger, T. lebt

seit 32 Jahren in Japan).

1. 2. MEIN BEZUG

Das Thema Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen beschäftigt

mich seit fünfundzwanzig Jahren. Ich litt in den letzten Monaten meiner

Schwangerschaften unter Diabetes, der nicht behandelt wurde. So gebar ich einen Sohn,

der schon mit 4,5 kg das Licht der Welt erblickte. Meine Tochter wurde während der

Pubertät übergewichtig. Sie kämpfte in dieser Zeit mit psychischen Problemen. Durch

die Einnahme eines Medikaments stieg ihr Gewicht rasant.

Die grösste Herausforderung für mich war, den Kindern das Gefühl von Sicherheit,

Angenommen-, Geliebt-, und Geschätztsein zu vermitteln und trotzdem das

Gewichtsproblem anzusprechen. Die Frage, „bin ich gut und richtig so wie ich bin, auch

mit einem schweren Körpergewicht?“, stand schnell im Raum. Zwei meiner Kinder

wurden deswegen gehänselt. Auch als Mutter musste ich viele schmerzhafte

Bemerkungen in diesem Zusammenhang verarbeiten. Diese Gratwanderung ist mir

gelungen, denn beide Kinder konnten ohne diese Altlast ins Erwachsenenalter

übertreten.

Ich bin Hauswirtschafts-, Werk- und Sportlehrerin. Da fallen Kinder mit

Gewichtsproblemen besonders auf. Auch als Leiterin der Tagesschule stellte ich einen

psychosozialen Zusammenhang zwischen Kindern mit Adipositas, Anorexie und/oder

dem Ausleben von Aggressionen fest. Kulturelle und familiäre Hintergründe und das

Ansehen in der Klasse oder Gruppen können in direktem Zusammenhang zu diesen

Problemen gestellt werden.

Unsere Tagesschule besuchten auch Kinder von zwei Flüchtlingsheimen. Oft hatten die

Familien mit unserer Art der Ernährung Schwierigkeiten, besonders afrikanische

Migranten. So stellten wir z.B. fest, dass Mütter ihre Kinder mit Essen überhäuften,

weil in ihrem Stammland Hungersnot herrschte. Diese Kinder hatten sehr schnell mit

Übergewicht zu kämpfen.

Im Unterricht griff ich diese Problematik mehrmals auf und suchte das Gespräch mit

Betroffenen. Als Tageschulleiterin achtete ich darauf, dass uns jederzeit eine Turnhalle

zur Verfügung stand. Spiel, Bewegung, gesunde Ernährung, Hilfestellung bei den

Hausaufgaben und Gespräche mit den Teilnehmern und deren Eltern und Lehrer waren

wichtige Eckpunkte in der Tagesschule.

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1. 3 RELEVANZ VON PEERARBEIT BEI ADIPÖSEN MINDERJÄHRIGEN

Adipöse Minderjährige erleben ähnliche Herausforderungen wie ich während meiner

psychischen Krise. Aus diesem Grund bin ich in der Lage, die Betroffenen als Peer zu

begleiten.

Sobald mein soziales Umfeld – Arbeitskollegen, Freunde, Nachbarn, Bekannte – von

meiner Krankheit erfuhren, erlebte ich einen anderen Umgang von ihnen mir gegenüber.

Ich spürte, dass ich nicht mehr als ICH wahrgenommen wurde, sondern mir gewisse

unrechtmässige charakterliche Eigenschaften zugewiesen wurden, die typischen

Vorurteilen psychisch kranker Menschen entsprechen. Genau eine solche Zuweisung

von negativen Eigenschaften erleben adipöse Menschen auch. Ebenso wie Adipöse zog

ich mich immer mehr aus dem sozialen Umfeld zurück und verlor dadurch viele meiner

Freunde. Diese sozialen Probleme führten zur Verstärkung meiner Krankheit.

Für die Betroffenen ist es als erstes wichtig, ihre Probleme zu ergründen. Sind die

Schwierigkeiten erkannt, kann ihr Verhalten und eventuell die Tagesstrukturen geändert

werden, wie z.B. bei adipösen Menschen sich zu bewegen anstatt fernzusehen,

ungesunde Ernährung durch massvolle gesunde Mahlzeiten zu ersetzen.

Ich hätte während meiner psychischen Krise die Begleitung eines Peers gewünscht, der

mich bei der Änderung meiner Verhaltensweisen im Alltag unterstützt und mir

Hoffnung auf Genesung gegeben hätte.

1. 4. HISTORISCHE INPUTS

Im Laufe der Geschichte finden wir verschiedene Bedeutungen und Darstellungen des

Dickseins:

schlechter Lebenswandel (Bibel, Zefania 2.12) (Bibel, 2009)

Bild der Göttlichkeit (Buddhas)

Dicksein als Zeichen der Macht (Mittelalter)

Dicksein als Zeichen des Wohlstands (bis ins 20. Jahrhundert)

Dicksein als Zeichen der Fruchtbarkeit (vor 20000 Jahren bis heute bei

Urvölkern, wie in Papua Neu Guinea)

Molligsein als Schönheitsideal für Frauen (19. Jahrhundert)

Dicksein bei Kindern als Garant für Gesundheit und Überleben

Dicksein als Depot für schlechte Zeiten

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2. FRAGESTELLUNG UND THESEN

Wie können Peers bei der Betreuung adipöser Kinder und Jugendlicher eingesetzt

werden?

Folgenden Thesen möchte ich nachgehen:

Die Ursachen von Übergewicht und Adipositas liegen vorwiegend im

psychosozialen Bereich und körperliche Prävalenzen sind nur teilweise die

Ursache

Das Problem muss möglichst früh behandelt werden, damit die Erkrankung

nicht mit ins Erwachsenenalter mitgenommen wird

Ein grosser Teil dieser Heranwachsenden leidet unter psychosozialen

Problemen, die psychische Störungen hervorrufen können

Lebensstilveränderungen für die ganze Familie müssen in Betracht gezogen

werden

Adipositas verdient eine recoveryorientierte Sicht der Betreuenden und dem

direkten sozialen Umfeld

Ressourcenorientierte Therapie stärkt Selbstwirksamkeit, Selbstakzeptanz und

Selbstwertgefühl

Peers können mit ihrem psychologischen Erfahrungswissen unterstützend

mitwirken

3. ZIELSETZUNG

Das Problem Übergewicht und Adipositas möchte ich als multifaktorielles und

multikausales Phänomen verstehen. Darüber hinaus werde ich in der Schweiz nach

geeigneten Therapieprogrammen für Kinder und Jugendliche von 0-18 jährig suchen.

Zwei ambulante und ein stationäres Angebot sollen nach recovery- und

ressourcenorientierten Ansätzen beleuchtet werden. Ideen wie eine Peerbegleitung

unterstützend wirken könnte, werden entwickelt werden. Jugendliche, die ohne

therapeutische Intervention ihr Gewicht massiv reduzieren konnten, erhalten die

Gelegenheit von ihren Strategien zu erzählen, damit diese individuellen Methoden in

der Therapie eingearbeitet werden können.

4. METHODIK

Nachdem ich mich in der entsprechenden Fachliteratur in Bibliotheken und auf Internet

mit dem Problemkreis auseinandergesetzt hatte, galt mein Interesse den

schweizerischen Institutionen. Dank des zuvor erworbenen Wissens konnte ich einen

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Fragebogen ausarbeiten und mit den Projektleitern Kontakt aufnehmen (siehe Anhang

S. V). Ich führte mehrere Befragungen durch. Danach wählte ich drei Institutionen aus,

und zwar so, dass alle Altersstufen von 0-18 jährig eingeschlossen sind. Diese stellten

sich für eine vertiefte Befragung zur Verfügung, und es wurden Gespräche mit den

einzelnen Therapeuten der verschiedenen Modulen möglich. Themen wie recovery- und

ressourcenorientiertes Arbeiten, sowohl die Frage nach Peers mit psychologischen

Erfahrungen wurden erörtert. Anhand des Trainermanuals: Leichter, aktiver, gesünder

vom „aid“ Infodienst e. V. Bonn wurde mir die Wichtigkeit der multidisziplinären

Therapie von Adipositas bewusst. Ich besuchte eine stationäre Einrichtung, deren Ziel

es ist, übergewichtigen und adipösen Jugendlichen eine Lehr-oder Arbeitsstelle zu

vermitteln. Ich verbrachte zwei Tage dort, um mir ein vertieftes Bild dieser

Arbeitsweise zu machen. Meine Kinder vermittelten mir Jugendliche, die ohne

therapeutische Intervention massiv ihr Gewicht reduzieren konnten. Bei einem

gemütlichen Essen liess ich diese erzählen.

5. HINTERGRÜNDE ZU ADIPOSITAS UND ÜBERGEWICHT

5. 1. DEFINITION

Adipositas ist eine generalisierte Vermehrung von Fettgewebe, die mit Fettleibigkeit

und Übergewicht einhergeht (wissen.de).

Adipositas (lat. adeps, adipis Fett) f: (engl.) adiposity; syn. Obesität, Obesitas; über

Normalmass hinausgehende Vermehrung des Körperfetts (Pschyrembel, 2013, S. 29).

Die Begriffe „Adipositas“, „Fettsucht“, Fettleibigkeit“ und Übergewicht bedeuten nicht

dasselbe und können nicht synonym gebraucht werden. Am Beispiel von Bodybuildern

können wir den Unterschied zwischen Übergewicht und Adipositas gut verstehen. Ein

Bodybuilder hat wohl eine erhöhte Körpermasse aber nicht übermässig viel Körperfett.

Übergewicht zeigt lediglich ein oberhalb der Alters- und Geschlechtsnormen liegendes

Körpergewicht. Bei Adipositas liegt ein übermässiger Anteil der Fettmasse am

Körpergewicht vor. Diese Unterscheidung zwischen Übergewicht und Adipositas

beeinflusst die klinische Indikation (Momm-Zach, 2007), (Wabitsch et al., 2005).

5. 2. BESTIMMUNGSKRITERIEN FÜR ADIPOSITAS

Die Werte zur Bestimmung der Klassifizierung des Gewichts basieren alle auf

statistischen Untersuchungen. Das Abweichen vom Mittelmass ist dabei

ausschlaggebend. Die Körperfettmasse kann nur mit aufwendigen und teuren Methoden

exakt bestimmt werden. Daher haben sich einfach messbare Methoden zur Abschätzung

des Körperfettes durchgesetzt (Wabitsch et al., 2005). Heute wird zur Feststellung einer

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Adipositas vor allem der Body-Mass-Index (BMI) nach Quételet angewendet. Dieser

Index wird der Konstitution, der Grösse und dem Ernährungszustand eines Menschen

zu seinem Gewicht relativ gerecht. Er ist einfach zu bestimmen und beruht auf

Messungen, die normalerweise bei einer Routineuntersuchung durchgeführt werden. Er

wird definiert als:

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) legte eine Gewichtsklassifikation anhand des

BMI für Erwachsene fest: Untergewicht, Normalgewicht, Übergewicht, Adipositas I bis

III (Wabitsch et al., 2005). Weitere hilfreiche Mittel um das Fettverteilungsmuster zu

erkennen, sind das Messen des Bauchumfangs sowie der Quotient aus Bauch- und

Hüftumfang (waist-hip-ratio). Diese Werte weisen auf das Risiko von Komorbiditäten

hin (Barnstorf,J. & Jäger,B., 2005).

Wegen der körperlichen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen von 0-18 Jahren

können die Werte der Erwachsenen nicht übernommen werden. Sie werden sogar

geschlechtsspezifisch getrennt. Es wurden altersspezifische BMI-Normwerte

entwickelt, und die Beurteilung wird mittels Perzentilenkurven ermittelt. Das

Überschreiten der 90. Perzentile bedeutet Übergewicht, das der 97. Adipositas. Dieses

BMI-Perzentil geht im Alter von 18 Jahren in einen BMI von 25 kg/m2 für Übergewicht

und 30kg/m2 für Adipositas über (Wabitsch et al., 2005). Dieser Grenzwert wurde so

gewählt, weil ab diesem eine erhöhte Prävalenz für Folgeerkrankungen besteht. Die

Perzentilverteilung ist im Anhang, Abb. I und Abb. II ersichtlich.

Lange existierten noch keine einheitlichen Grenzwerte zur Bestimmung von

Übergewicht und Adipositas. Erst 1997 bestimmte die WHO erstmals weltweit

einheitliche Grenzwerte. Durch dieses Festsetzen wurde die globale Epidemie von

Adipositas erst richtig einschätzbar. So wurden in den USA z.B. über Nacht 35

Millionen „Normalgewichtige“ zu Übergewichtigen gemacht (Schorb & Helmert,

2011). Auch bei Adipositas gilt Niehoffs Aussage: Wer die Norm bestimmt, bestimmt

[...] letztendlich das Gewicht des Problems und damit die Dominanz einer Auswahl von

Interessen (Niehoff, 1990). Würde Übergewicht z.B. schon bei einem BMI von 23

definiert, wären bereits 72 Prozent der Erwachsenen davon betroffen. Bei

Minderjährigen werden nicht in allen Ländern dieselben Grenzwerte, wie sie die WHO

vorgibt, benutzt. Das Team um Kromeyer- Hauschild benutzt statistische Werte, die nur

in Deutschland erhoben wurden, um qualifizierte Aussagen über die epidemischen

Werte für Deutschland zu erhalten (Kromeyer-Hauschild, K., Wabitsch, M., & Kunze,

D., 2011). Je nach Wahl des Referenzsystems gibt es in einem Land prozentual mehr

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oder weniger adipöse Kinder und Jugendliche, weil zur Festlegung der 97. Perzentile

verschieden statistisch ermittelte Grenzwerte gelten. So wurden Kinder bei Schuleintritt

nach den verschiedenen Referenzwerten beurteilt. Die Zahl der Gefährdeten ist von 4,0

Prozent bis 11,3 Prozent verschieden. Siehe Tabelle I bis Tabelle IV im Anhang.

5. 3. URSACHEN VON ÜBERGEWICHT UND ADIPOSITAS

Die Entstehung von Adipositas im Kindes- und Jugendalter ist ein vielschichtiges und

komplexes Phänomen. Daran beteiligt sind Veränderungen auf gesamtgesellschaftlicher

und institutioneller Ebene genauso wie individuelle Dispositionen, Gewohnheiten und

Präferenzen. Ob ein adipöses Kind auch ein adipöser Erwachsener wird, hängt viel

mehr vom sozioökonomischen Status und der Organisation der Familie ab. Die folgende

Abbildung 1 soll verdeutlichen, wie vielschichtig das Problem ist.

5. 3. 1. AUF DER KÖRPERLICHEN EBENE

Adipositas entsteht, wenn die Energiebilanz zwischen Verbrauchen und Einnehmen

positiv ist. In den letzten Jahren wurden verstärkt die biologischen und genetischen

Faktoren untersucht, die eine Adipositas beeinflussen, weil Adipositas oft eine familiäre

Erkrankung ist. Hormonelle, metabolische und physiologische Prozesse spielen eine

wichtige Rolle. Vererbt wird aber eher die Empfänglichkeit adipös zu werden (Laessle,

R., Lehrke, S., Wurmser, H., & Pirke, K. M., 2001).

Folgende pränatalen und postnatalen Risikofaktoren wurden nachgewiesen:

Tabakkonsum der Mutter während der Schwangerschaft

Schwangerschaftsbedingter Diabetes mellitus

Übergewicht der Mutter zu Beginn der Schwangerschaft

Flaschennahrung

Zu wenig Schlaf des Kindes

Chemische Zusatzstoffe in der Nahrung

Hat sich eine Fettleibigkeit beim Kleinkind entwickelt, erweist sich die Behandlung als

schwierig, da sowohl physiologische Mechanismen wie Verhaltensmuster dieser

entgegenwirken (Schopper, 2010) (Mohuer, B. & Slinger, H., 2013).

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Abbildung 1: Multifaktorielle Ursachen von Adipositas

Die richtige Energiebilanz ist ausschlaggebend dafür, dass wir übergewichtig oder sogar

adipös werden. Jeder Mensch hat seinen eigenen Grundumsatz (Energieverbrauch im

Ruhezustand). Bei muskulösen Menschen ist dieser höher. Unser Energieverbrauch

richtet sich nach dem Grundumsatz und der körperlichen Bewegung. Essen wir z.B.

täglich 25 Gramm zu viel Nahrungsfett, kann diese unbedeutend kleine Differenz zu

einer Gewichtszunahme von neun Kilogramm im Jahr führen (Laessle, R. et al. 2001).

Ersetzen wir zwei Süssgetränke durch Wasser oder ungezuckerten Tee, würde die

Energiebilanz um 600 kcal vermindert, dies ist gleichviel wie eine Stunde laufen.

Drei Phasen im Leben eines Menschen begünstigen durch hormonelle Veränderungen

die Aufnahme von zu viel Kalorien: die pränatale Zeit, die Pubertät und die

Wechseljahre bei Frauen. Zudem können Medikamente und chemische Zusatzstoffe auf

den endokrinen Stoffwechsel wirken, so dass die Fettablagerung im Körper begünstigt

wird. Fructose, die in vielen Getränken und Lebensmittel als Süssmittel vorhanden ist,

spielt dabei eine bedeutende Rolle (Schopper, 2010).

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5. 3. 2. PSYCHOSOZIALE DIMENSION

Das Ausmass von Übergewicht und Adipositas ist hochgradig mit dem

sozioökonomischen Entwicklungsstand und den Lebensbedingungen in

unterschiedlichen Weltregionen assoziiert. In sogenannt „armen“ Ländern können sich

nur wenige einen Lebensstil leisten, der zu Übergewicht führt. Der Anteil beleibter

Menschen wird in nächster Zeit vor allem in Schwellenländern stark zunehmen (Zwick,

2011). In unseren Wohlfahrtsstaaten ist es schwierig, dem Überfluss zu trotzen.

Individuelle und kulturelle Faktoren wie Familie, Lebensumgebung,

Umweltdispositionen und sozioökonomische Strukturen einer Gesellschaft, in der sich

das Kind/der Jugendliche bewegt, sind miteinander vernetzt und können gemeinsam zu

Adipositas führen. In klassischen Industrieländern und Schwellenländern sind

sozioökonomische benachteiligte Gruppen stärker von Übergewicht betroffen. Ebenfalls

hat man dies für ethnische Minderheiten und Migranten festgestellt. Diese haben oft

auch andere Vorstellungen von Schönheitsidealen, gutem Essen und Leben.

Die Entwicklung des Körpergewichts im Kindes- und Jugendalter spiegelt in

erheblichem Masse die soziokulturellen Lebensbedingungen und den

Modernisierungsgrad einer Gesellschaft wider. Die Metamorphose von einer

Knappheits- zu einer Überflussgesellschaft wird von der Technisierung des Arbeits-,

Freizeit-, und Alltagsleben flankiert. Die extensive Nutzung der IT-Technologie von

Minderjährigen führt zu einem bewegungsarmen, sitzenden Lebensstil. Die

Globalisierung, die technisierten Herstellungsprozesse für Fertig- und

Halbfertigprodukte, die Zunahme des Konsums von Zuckerwaren, Fleisch, gesüssten

Erfrischungsgetränken, Fastfood, und Alkohol beeinflussen unseren Energiehaushalt

sehr. Das riesige, attraktive und billige Angebot von Lebensmitteln und die dauernde

Aufforderung durch alle Medien zum Konsum jener tragen ihren Teil bei.

Ein weiterer Grund für das häufige Auftreten dieser Krankheit ist die

Deinstitutionalisierung der Familie. Die Institution „Hausfrau“ wird immer seltener.

Einerseits nehmen Alleinerziehende durch Trennung zu, anderseits sind die veränderten

Bildungs-, Erwerbs-, und Karrierechancen für Frauen viel grösser. Die Ausweitung und

Verdichtung der Anforderungen im Berufsleben und die Erwerbstätigkeit beider

Elternteile bewirken Funktionsdefizite wie z.B. die Desorganisation des

Familienalltags. Die Entwicklung zu einem stark beschleunigten Alltag, der von Arbeit

und Freizeitprogramm dominiert ist, lässt fixe Essenszeiten kaum mehr zu und noch

weniger Zeit für aufwendiges Kochen. Je geringer der Bildungsstand, das

Erwerbseinkommen und je problematischer das Wohnumfeld (Verkehr, Fehlen von

Grün- und Spielflächen) für Kinder sind, desto mehr vergrössern sich die

Sozialisierungsdefizite und die Neigungen zu schwierigen Eltern-Kind-Interaktionen.

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Peerarbeit, Adipositas, Minderjährige

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Die verschiedenen Tagesabläufe der Familienmitglieder verunmöglichen gemeinsame

Mahlzeiten und somit die Kontrolle über das Essverhalten des Kindes. Ähnliche Folgen

werden in der Freizeitgestaltung wahrgenommen. Die individuelle Freizeitgestaltung

jedes einzelnen Familienmitglieds verhindert wiederum das Erleben der Familie als

soziales Ganzes. Wie viel IT-Technik in einem Haushalt vorhanden ist, und über die

Häufigkeit deren Nutzung wird wieder vom Bildungsstand und Migrationshintergrund

geprägt. Für Migranten ist es besonders schwierig, sich in unserer technischen Welt

zurechtzufinden. Sie müssen sich innerhalb kürzester Zeit von ihrem mehr traditionell

bestimmten Alltag trennen und sich in einer modern- technisierten Umwelt einleben

und sozialisieren (Zwick, 2011). Kinder aus sozial benachteiligten Familien, deren

Eltern einen geringen Bildungsstand aufweisen, trinken mehr süsse Getränke, essen

mehr Fastfood und Weissbrot. Der Verzehr von Gemüse und Obst wird vernachlässigt,

da diese relativ teuer im Erwerb sind und mehr Zeit für die frische Zubereitung

benötigen. Vorgefertigte Menus werden bevorzugt. Kohlenhydratreiche Nahrungsmittel

werden mit viel Fett zubereitet. Dadurch ist ihre Ernährung insgesamt kalorienhaltiger

und arm an essentiellen Nährstoffen (Müller, Landsberg, Plachta-Danielzik, Lange, &

Johannsen, 2009). Die Arbeit ausser Haus wird bezahlt, diejenige zum Kochen nicht.

1950 kochte eine Frau täglich 2,5 Stunden, heute gerade noch eine Stunde.

Vorgefertigte Nahrungsmittel werden immer mehr bevorzugt (Hofstetter, 2011).

5. 3. 3. LEBENSMITTELBRANCHE

1884 kam die erste Instantsuppe (Leguminose Maggi) von Julius Maggi in der Schweiz

auf den Markt. Die Ernährungssituation der Bevölkerung war während der

Industrialisierung schlecht, und der Alkoholismus nahm stark zu. Deshalb wurde Julius

Maggi beauftragt, eine nahrhafte, billige Instantsuppe zu entwickeln. Heute sind die

Fertigprodukte kaum mehr wegzudenken. Auch in der Gastronomie werden

Fertiggerichte verkauft. 2009 setzte der Swiss Convenience Verband 1800 Millionen

Schweizerfranken um (Hofstetter, 2011).

Diese Industrie ist in einer ambivalenten Rolle. Zum einen erfüllt sie mit der

Herstellung von Lebensmitteln ein Grundbedürfnis der Menschen, gleichzeitig wirkt

kaum eine andere Branche entlang der Wertschöpfungskette von Nahrungsmitteln so

tiefgreifend auf die ökologische, ökonomische und soziale Umwelt ein. Die

Schuldzuweisung, dass sie die Nachhaltigkeit einer gesunden Gesellschaft beeinflusst,

ist gegeben. Ihr materielles Interesse will die Grenze zwischen Hunger und Appetit

eindeutig Richtung Appetit verschieben. Dazu stehen der Lebensmittelbranche

verschiedenartige und sehr wirkungsvolle Mittel zur Verfügung, mit denen zum grossen

Teil nur Teilwahrheiten vermittelt werden.

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Peerarbeit, Adipositas, Minderjährige

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Die Bewerbung für ihre Produkte ist enorm, wobei diese sich vor allem an

Minderjährige richtet. Diese brauchen einen Grossteil ihres Taschengeldes für

Süssgetränke und Snacks, beeinflussen das Einkaufsverhalten ihrer Eltern und sind die

zukünftigen Konsumenten mit einem grossen Kaufpotenzial. Produkte mit hoher

Energiedichte werden als gesund dargestellt, weil ihnen Mikronährstoffe zugefügt

wurden. Die Kunden werden getäuscht. Untersuchungen haben gezeigt, dass von

grossen Portionen mehr gegessen wird, als von kleinen (Hermanussen & Gonder, U.,

2009). Pommestüte, Hamburger und Colabecher sehen auf dem riesigen Tablett im

Fastfood-Restaurant klein aus. Man denkt, dies reicht doch nicht. In diesen Restaurants

wird auch extrem schnell gegessen. Unser Körper stellt aber erst nach einer gewissen

Zeit auf „gesättigt“ um. Salat ist gesund, aber die dazu servierten Salatsaucen haben

eine immense Energiedichte (Hermanussen & Gonder, U., 2009).

Die Zusatzstoffe in den Halb- und Fertigprodukten sind ein weiteres Problem. Die

freien Aminosäuren (wie z.B. Glutamat), Fruktose und endokrinwirkende Stoffe sind

besonders heimtückisch, da sie direkt in den Stoffwechsel einwirken, der zu

Fettleibigkeit führt. Strenge Richtlinien wie in der Pharmaindustrie fehlen (Mohuer, B.

& Slinger, H., 2013) (Hermanussen & Gonder, U., 2009) (Spurlock, 2004).

5. 3. 4 ESSVERHALTEN UND DIE ROLLE DER PSYCHE

Normalgewichtige Kinder und Jugendliche essen genauso Schokolade, Kuchen, Chips,

Salznüsse und Fastfood und trinken Süssgetränke oder Red Bull. Sie unterscheiden sich

von Adipösen durch den Lebensstil (Langguth, 2011). Essen wir aus Hunger oder wird

unser Appetit durch direkte oder indirekte Reize angeregt? Sind wir Schnellesser oder

Geniesser? Wie ist die soziale Atmosphäre beim Essen? Lenken wir uns während des

Essens ab? Warum, wie oft, wann und wo essen wir? Mit solchen Fragen beschäftigt

sich der Ernährungspsychologe.

Das Ernährungsverhalten entwickelt sich in der frühen Kindheit. Ein Neugeborenes

verlangt am Anfang aus rein physiologischen Bedürfnissen nach Nahrung. Je älter der

Säugling wird, desto mehr reagiert er für die Nahrungsaufnahme immer mehr auf

Aussen- oder Emotionsreize. Die Eltern sind Vorbild, sie bestimmen, was, wo, wann

gegessen wird, und wie ihr Essensverhalten ist. Das Kind entdeckt, was ihm schmeckt

und was es lieber meidet. Die Koppelung zwischen emotionalen Zuständen und der

Zufuhr von Nahrung wird früh erlernt. Quengeln, Wunsch nach Aufmerksamkeit, und

Trost, werden mit Nahrung gelindert, anstatt mit wirklicher Zuwendung. Das

Ernährungsverhalten ist immer soziokulturell geprägt und Prozesse der klassischen und

operanten Konditionierung spielen dabei eine wichtige Rolle (Laessle, R. et al. 2001).

Das Verhalten wird beibehalten, wenn Essen kurzfristig positiv wirkt.

Nahrungsaufnahme ohne Hungergefühl liegen meistens seelische Probleme wie Stress,

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Langeweile, Angst, Einsamkeit, gesuchter Trost, Frustrationen, misslungene

Diätversuche, depressive Stimmungen, oder aber zur Belohnung und Entspannung zu

Grunde. Diese Reaktion ist wesentlich an der Chronifizierung der Adipositas beteiligt.

Während sich Normalgewichtige mehr nach inneren Reizen wie Hunger und

Sättigungsgefühl richten, scheinen Adipöse zudem verstärkt auf äussere Reize wie z.B.

Geruch, Attraktivität, Erreichbarkeit und Zusammensetzung der Nahrung mit Essen zu

reagieren (Warschburger, 2011). Abbildung 2 zeigt das alte und das neu angestrebte

Essverhalten durch die Therapie.

Abbildung 2: Essverhalten vor und nach der Therapie

Folgende Essverhaltensweisen, die nicht als krank bezeichnet werden, findet man

vermehrt bei Übergewichtigen:

emotionales Essen (comfort oder problem eating)

während Diäten anfallsweise Kontrollverlust bei der Nahrungsmittelaufnahme

(restrained eating)

zu hastiges Essen, dadurch Verzehr grösserer Mengen

Essen zu unregelmässigen Zeiten

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nächtliches, anfallartiges Essen (night eating)

bei Gerichten, die schmecken, wird über den Hunger hinaus gegessen

sich während des Essens ablenken

sich intensiv mit Essen befassen und oft daran denken

Fressattacken (binge eating)

Zwanghafte, unstillbare Gier nach Essen (nibbling oder carving eating)

(Barnstorf,J. & Jäger,B., 2005) (Tenzer, 2014).

5. 4. FOLGEN VON ADIPOSITAS

Die folgende Auflistung zeigt, wie vielschichtig das Problem ist. Da vor allem die

Stigmatisierung für die einzelnen Betroffenen und deren psychischen Folgen eine

grosse Bedeutung haben, werde ich diese ausführlicher beschreiben. 54 Prozent der

adipösen Kinder und Jugendliche der Schweiz leiden darunter (Kirchhoff, Zumbrunn,

Sempach, Allemand. D., & Farpour-Lambert, N., 2012).

Körperliche Folgen: Diabetes mellitus; Hypertonie; Orthopädische

Erkrankungen; Gicht; Kardio-vaskuläre Erkrankungen; Stoffwechselstörungen;

Asthma; Gallensteine; Schlaf-Apnoe

Psychische Folgen: Stigmatisierung; Depressionen; Angstzustände; Diätesser;

Suchtverhalten

Unternehmerische Folgen: Produktivitätsverlust durch die häufigen Arztbesuche

und Krankschreibungen; Arbeitsunfähigkeit; vorzeitige Berentung

Wirtschaftliche Folgen: Kosten für Folgeerkrankung und Arbeitsunfähigkeit als

direkte Belastung des Versicherungswesens und als indirekte Belastung der

Solidaritätsgemeinschaft, der Kantone und des Bundes

5. 4. 1. STIGMATISIERUNG

Man kann nicht nicht kommunizieren (Watzlawick, Beavin, & Jackson, 2000). Wir

drücken uns nicht nur mit Worten aus, sondern Mimik, Gestik, Körperhaltung, die

Kleidung, den Haarschnitt, und bei Frauen besonders auch durch Schminken und Stylen

der Fingernägel, und sogar die Körperform eines Menschen sprechen mit. Uns wichtige

Menschen nehmen wir facettenreich wahr. Bei Unbekannten oder für uns

uninteressanten Mitgliedern einer Gruppe, lassen wir die individuellen Merkmale ausser

Acht. In unserer Fantasie werden diese zu einem bestimmten Typ, dem wir sofort

bestimmte negative oder positive charakterliche Merkmale zuweisen; er wird zum

Stereotyp. Sind die Zuweisungen negativ, reden wir von Stigma. Stereotypen werden

schon im Kleinkindalter durch Beeinflussung von Eltern, Geschwistern, Spielsachen,

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Märchen und Jugendbücher, Filme und Medien als negativ oder positiv erlernt und

später beibehalten. Schon dreijährige Kinder zeigen stigmatisierende Einstellungen und

diskriminierende Verhaltensweisen gegenüber dem Stereotyp „Übergewichtiger“. Von

Gleichaltrigen wird dieser als Spielkamerad zuletzt gewählt und gilt als am faulsten,

wenigsten nett, wenigsten schön, wenigsten intelligent, aggressiver, störender und zeigt

vermehrt delinquentes Verhalten. Zudem ist er an seiner Situation selbst schuld, denn er

isst zu viel (Deuschle, J. & Sonnberger, M., 2011).

In der Gesellschaft schwingt gegen die „Dicken“ eine Angst und latente Aggressivität

mit. Die Schattenseiten der modernen, technischen und überflussreichen Gesellschaft

werden direkt und anschaulich sichtbar. So sieht „Einer“ aus, der keinen Erfolg hat der

undiszipliniert und wenig Ich-Stärke besitzt (Peters, 2011). Andere Schwächen der

Gesellschaft sind versteckt, wie z.B. unser Hunger nach Adrenalinkick, Gamen,

Ablenkung, Immer-erreichbar-sein-müssen, Immer-dabeisein-müssen.

Füllige Kinder werden schon früh mit negativen Äusserungen gegenüber ihrem

Aussehen konfrontiert. Die Stigmatisierung begleitet sie durch ihr ganzes Leben.

Gleichaltrige, Lehrer, Freunde, sogar die eigenen Familien unterstützen diese auf dem

Bildungsweg, in der Berufsbildung weniger als Normalgewichtige. Der persönliche

Entwicklungsprozess kann gestört werden, daraus können geringere Leistungen, Schul-

Lehrabbruch, schwierige Berufsfindung, reduzierte Chancen auf dem Arbeitsmarkt,

Zuteilung weniger angesehener Tätigkeiten am Arbeitsplatz, schlechtere

Beförderungsaussichten und somit geringere Verdienstmöglichkeiten resultieren.

Erstaunlicherweise wurde die gewichtsbezogene Stigmatisierung sogar im

Gesundheitswesen bei Ernährungsberatern und Fachärzten festgestellt. Hier wird den

Adipösen geringe Willensstärke, mangelnde Motivation, schlechte Hygiene und

Compliance vorgeworfen. Der Glaube beim Fachpersonal, dass ihre Behandlung bei

solchen Patienten keine Wirkung zeigt, wirkt demotivierend und frustrierend auf sie

(Hilbert, A., Ried, J., Zipfel, M., & de Zwan, M., 2013).

Die Diskriminierung und Stigmatisierung von aussen führt zur Selbststigmatisierung.

Die betroffenen Minderjährigen identifizieren sich mit den negativen Stereotypen und

werten sich ab. Die reduzierten sozialen Netzwerke oder sozialen Ausgrenzungen

können verschiedene Wirkungen zeigen wie gestörter Selbstwert, geringes

Selbstbewusstsein, schlechte Selbstreflexion, depressive Symptome, Angststörungen,

sozialer Rückzug, Verhaltensprobleme, vermehrte Unzufriedenheit mit dem eigenen

Körper, Sucht, schlechte Stressregulation, Binge-Eating (Essanfälle), bis hin zu

Suizidgedanken und -versuchen. Sogar bei Gewichtsverlust auf Normalgewicht bleibt

ein residuales Stigma bestehe. (Hilbert, A. et al. 2013).

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6. ANFORDERUNGEN AN DIE THERAPIE VON ADIPOSITAS

In einer Therapie müssen direkte Einflussfaktoren wie Energiebilanz und Bewegung

behandelt werden, es ist aber gleichzeitig notwendig, die dahinterliegenden indirekten

Ursachen in ihrem multikausalen Zusammenspiel einzubeziehen. Dieser

Zusammenhang ist in Abbildung 3 dargestellt. Die Multikausalität von Adipositas lässt

erahnen, dass eine nachhaltige Therapie nicht einfach ist. Ernährung und Bewegung

sind wichtige Anteile der Intervention. Die Ursachen sind multifaktoriell, und die

Reaktionen auf Diskriminierung, Stigmatisierung von Kindern oder Jugendlichen und

sozialem Familiengefüge hängen von der Persönlichkeit jedes Kindes oder

Adoleszenten ab. Die Motivation am Programm teilzunehmen ist für das Gelingen und

Durchhalten ausschlaggebend. Das Vermitteln von Wissen und vor allem das Ersetzen

ungünstiger Verhaltensmuster durch neue angemessene Verhaltensweisen sollen zum

nachhaltigen Erfolg verhelfen. Verhaltensmuster gründen auf Erlerntem und

Erfahrungen von Kindheit an, auch diese unterliegen einer Multikausalität. Der

Heterogenität jedes Teilnehmers muss unbedingt Rechnung getragen werden, und eine

gewisse Bandbreite an nachgewiesenen Therapieoptionen sollte zur Verfügung stehen.

Es ist von Vorteil, wenn die Anlaufstellen in der Nähe des Wohnortes sind, lange

Anfahrtswege belasten die Betroffenen und Familien zusätzlich. Die Frage, ob stationär

oder ambulant behandelt wird, muss geklärt werden.

Der Erfolg einer Therapie wird oft nur über den signifikanten Gewichtsverlust bewertet.

Psychosoziale und familiäre Aspekte sowie medizinische Risikofaktoren werden sehr

selten als „Outcomer“ berücksichtigt. Dabei ist erwiesen, dass die psychologischen

Ansätze bei multimodalen Programmen wesentlich zum Gelingen der

Gewichtsreduktion beitragen (Warschburger, 2011). Die meisten Therapieprogramme

finden in Gruppen statt. Einerseits empfinden die Teilnehmer dies als Erleichterung, da

in diesen Gruppen nicht gehänselt wird, und man dazugehört, anderseits ist die Frage

nach der Gruppenfähigkeit gegeben, da bei übergewichtigen Kindern und Jugendlichen

vermehrt aggressive, dissoziale und hyperaktive Verhaltensweisen beobachtet werden.

Stark psychosozial belastete Familien und Kinder benötigen zudem einen höheren

Unterstützungsbedarf und ergänzende Angebote (Warschburger, 2011). Da in unserer

Gesellschaft und im sozialen Zusammenleben Knaben und Mädchen, sowie weiblichen

und männlichen Adoleszenten verschiedene Rollen, Aufgaben und Stereotypen

zugeordnet werden, ist die Frage nach geschlechtsspezifischen Therapieinhalte

aufzuwerfen (Schiek, 2011).

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Abbildung 3: Vielschichtigkeit der Kausalitäten und Interventionen

Der Nachhaltigkeit von therapeutischen Massnahmen gegen Adipositas sollte eine

besondere Bedeutung zukommen. Die Langzeitwirkung dieser Programme ist

umstritten. Im Durchschnitt beträgt die Gewichtszunahme bei Jugendlichen nach einem

Jahr wieder 30-35 Prozent der erfolgten Gewichtsreduktion und nach fünf Jahren der

Intervention wiegen 95 Prozent der Teilnehmer gleichviel wie zu Beginn (Wabitsch, M.

et al. 2005) (Becker, S., Teufel, M., Rapps, N., & Zipfel, St., 2008). Gezielte

Nachsorgeprogramme verhelfen das erreichte Gewicht beizubehalten. Niederfrequente

therapeutisch begleitete Nachtreffen müssen angeboten werden. In den vergangenen

Jahren gewannen Internet-Programme, sowohl bei der Gewichtsreduktion sowie bei der

Gewichtserhaltung, an Bedeutung. Besonders effektiv sind diese, wenn der Benutzer in

regem E-Mail Kontakt mit dem Betreuer steht.

6. 2. BASISPROGRAMM

Der Multikausalität muss bei der Behandlung von Adipositas Rechnung getragen

werden. Dies wird am besten durch ein multimodales Basisprogramm erreicht. Es

besteht aus den Komponenten wie Bewegung, Ernährung, Verhalten und Gesundheit

und evtl. persönliche psychologische Unterstützung Dazu müssen verschiedene

Berufsgruppen wie Fachärzte, Psychotherapeuten, Ernährungsberater,

Physiotherapeuten, Sozialpädagogen Sportlehrer usw. beteiligt sein (Hauener, 2013).

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Das Vermitteln der Inhalte muss altersgerecht sein. Im Kindesalter müssen Eltern oder

andere betreuende Bezugspersonen mit einbezogen werden. Durch ihre Vorbildrolle

tragen diese das Ernährungs- und Bewegungsverhalten bedeutend mit. Im Jugendalter

gilt dies in vermindertem Masse, da der Einfluss der Familie abnimmt, dafür jener der

Freunde zunimmt (Wabitsch, M, Kiess, W. , Neef, M., & Reinehr, T, 2013).

Dem Modul Verhalten kommt die Schlüsselrolle zu. Für eine komplexe Therapie

adipöser Kids sind psychologische Konzepte unverzichtbar (Becker, S. et al. 2008). Sie

finden nicht nur bei Themen wie Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung, angemessener

Umgang mit Stresssituationen und Steigerung des Selbstwertes Anwendung, sondern

sind auch in den Modulen Ernährungs- und Bewegungsschulung und Elternarbeit

unabdingbar. Es ist wichtig, dass die Teilnehmer lernen, sich zu beobachten, ihr Tun zu

reflektieren, um so die Auslöser ihres Verhaltens (übermässiges Essen) zu

identifizieren. Das Führen von Selbstbeobachtungsprotokollen (z.B. Bewegungs-

Esstagebücher oder Gewichtskurven) hilft, realistische Zwischenziele zu setzen.

Weitere sozial-kognitive Variablen sind von Bedeutung, wie unter anderem die

Selbstwirksamkeit. Dies ist die Überzeugung, trotz auftretender Schwierigkeiten am neu

erlernten Verhalten festhalten zu können und dadurch die Herausforderung zu meistern

(Warschburger, 2011). Das Selbstmanagement ist das oberste Ziel (Momm-Zach,

2007).

In der kognitiven Verhaltenstherapie liegt der Hauptfokus auf Kognition und Verhalten.

Man geht davon aus, dass sich der Patient selber durch ungünstige Gedanken behindert,

wie z. B.:“ ich werde in der Schule immer gehänselt oder ausgelacht werden“. Dies

erzeugt Spannung und Angst, die der Adipöse mit Essen zu beruhigen versucht (Beck,

1994).

Emotionsfokussierte Therapie, die aus der humanistischen Psychotherapie stammt,

fokussiert auf Emotionen. Sie versucht mit Empathie und speziellen Strategien alte

„emotionale Schemata“ zu verändern, z.B.: „ich schäme mich, weil ich so dick bin, ich

werde immer ausgelacht werden“. Diese Therapie würde sich auf das maladaptierte

Schamgefühl konzentrieren (Greenberg, 2006).

6. 3. PEERARBEIT

Die Recherche, wie und wo Peers zur Mitbetreuung von adipösen Heranwachsenden

eingesetzt werden, erwies sich als schwierig. Bei einjährigen ambulanten Programmen

werden zum Teil Jugendliche als Peer eingesetzt. Diese Programme bestehen aus zwei

Phasen, dem Intensivjahr und dem Jahr der Nachbetreuung. Die Peerarbeit gestaltete

sich schwierig, da diese eigentlich selber für diese Arbeit instruiert und unterstützt

werden müssten. Dazu fehlt oft die Kapazität. Zudem fühlten sich einige Jugendliche

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Peerarbeit, Adipositas, Minderjährige

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mit dieser Aufgabe überfordert. Die Peers profitierten von ihrer Arbeit sehr, da diese ihr

Selbstwertgefühl und die Selbstwirksamkeit zusätzlich stärkte.

Der Studiengang Experienced Involvement (EX-IN) qualifiziert Psychiatrie-Erfahrene

zu Mitarbeitern in psychiatrischen Einrichtungen und Diensten oder als Vermittler und

Dozenten zu speziellen Themen. Peers im Sinne von EX-IN kannte kein Projektleiter

oder Verhaltenstherapeut für die Betreuung adipöser 0-18 Jährigen. Dies gilt nur für

Projekte, die auf meine Anfrage geantwortet haben. Da 54 Prozent der jugendlichen

Teilnehmer mit psychischen Problemen kämpfen (Kirchhoff, E. et al. 2012), würden

alle einen solchen Peer begrüssen. Umso mehr auch deshalb, weil die Teilnehmerzahl in

den Gruppen gross ist (12-14 Personen), und grosse Altersunterschiede (8-18) bestehen.

Im Modul Verhalten werden nur zwei Therapeuten eingesetzt. Durch Verstärkung mit

einem Peer könnte intensiver auf jeden Einzelnen eingegangen werden, vor allem wenn

auch die Eltern teilnehmen. Ein Genesungsbegleiter mit Psychiatrieerfahrung würde bei

diesen Anlässen besonders hilfreich sein, da vielen Eltern das Wissen für einen

günstigen Umgang mit den eigenen psychischen Problemen wie mit denjenigen ihrer

Kinder fehlt.

6. 4. RECOVERYORIENTIERTES ARBEITEN

Der Begriff „Recovery“ war nicht geläufig. Diesen Begriff in wenigen Sätzen zu

erklären, empfand ich als sehr schwierig. Recovery war für mich die Reise von einem

für mich sinnlosen Leben (Krankheit gab mir das vor) zu einem neuen, sinngebenden

und erfüllten Leben. Der starke Glaube meiner Kinder, der Therapeutin und Freunde auf

Genesung, erfüllten mich mit so grosser Hoffnung, dass ich die Reise nie abbrach.

Dabei halfen das Erlernen neuer Fertigkeiten zur Selbstwirksamkeit, das Wiederfinden

für mich heilenden Ressourcen und das Entdecken neuer Talente. Diese Reise führte

durch tiefe Täler, über Hängebrücken, durch Schneefelder und Kletterpartien. Sie geht

weiter, und manchmal muss ich vor Sturmböen Schutz suchen. Ich als Peer will diese

Hoffnung weitertragen. Recovery ist auch meine Haltung jedem Menschen gegenüber:

er verdient Achtung, ein selbstbestimmtes Leben, hat Anrecht auf Teilhabe in einem

sozialen Umfeld, auf Bildung und Arbeit, hat Stärken, Talente und Fertigkeiten und

auch Schwächen, und indem ich seine Stärken fördere und sein Genesungsweg als

einzigartig, kurvenreich und richtig mit viel Geduld anerkenne

Diese Hoffnung gilt es auch adipösen Heranwachsenden zu vermitteln und diese in

jeder Hinsicht auf dem Genesungsweg zu unterstützen. Ressourcen wie Talente,

Fertigkeiten, Interessen, Hobbies, das Erlernen der Selbstwirksamkeit zu fördern, sein

Selbstbild zu akzeptieren, und dass Kinder und Jugendliche ihrem Alter angemessen,

über sich selber bestimmen dürfen, sind Voraussetzungen für Gesundung.

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Peerarbeit, Adipositas, Minderjährige

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Selbstbestimmung darf nicht selbstschädigend sein, aber mit Zwang ändert ein

Jugendlicher sein Verhalten und sein Gewicht nicht nachhaltig.

Recovery ist ein Genesungsweg, der nachhaltig das Wohlbefinden und die

Lebensqualität der Betroffenen verbessert. Es ist ein neuer Umgang, einen Weg aus der

psychischen Krise zu finden. Recovery ist ein zirkulärer Prozess und verläuft nicht

linear. Rückschläge, neue Krisen und Schwierigkeiten können durch Recovery besser

bewältigt werden. Auf meinem Genesungsweg halfen mir Recovery-Elemente, wie sie

in der Literatur beschrieben werden:

Hoffnung

Meine Therapeutin war überzeugt, dass für mich mit Veränderungen wieder ein

besseres Leben sowohl möglich als auch erreichbar ist.

Beziehungen

Ohne die tragenden Beziehungen zu meinen Kindern, meiner Familie, meiner

Therapeutin wie auch meinen Freunden wäre eine Gesundung nicht möglich

gewesen.

Sinnfindung

Die Aufgabe als Mutter, das Ausleben meiner Kreativität, meine Ausbildungen und

mein Glauben halfen mir, mein Leben wieder als Herausforderung annehmen zu

können.

Ressourcen

Geben mir Kraft, Erholung und Mut, und mit ihnen fand ich neue Wege zur

Stressbewältigung

Kreativer Umgang mit Risiken

Das Ausprobieren neuer Strategien und Verhaltensweisen kann zu Rückschlägen

führen. Das absolute Vertrauen meiner Therapeutin mir gegenüber liess dies zu.

Entschlossenheit und Orientierung

Realistische Ziele können umgesetzt werden, dies fördert die Selbstwirksamkeit,

das Selbstwertgefühl und macht Mut, weiter am Prozess zu arbeiten.

Mitsprache

Ich bin „Experte in eigener Sache“, und kann das weitere Vorgehen mitentscheiden.

Soziale Teilhabe

Mein Umfeld ermunterte mich wieder Kurse und Vereinsanlässe zu besuchen, mich

mit Verwandten und Freunden zu treffen. Langsam fand ich dadurch wieder Zugang

zu einem sozialen Netz.

Stimmungsbarometer

Mit Hilfe einer Liste lernte ich so, meine Stimmungen wahrzunehmen.

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Peerarbeit, Adipositas, Minderjährige

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Verhaltensanalyse

Was löst eine Krise oder inneren Stress aus? Wie verhalte ich mich in der Krise?

Welche Strategien helfen? Wie finde ich das nötige Selbstvertrauen, diese auch

umsetzen zu können?

(Watkins, 2009) (Perkins, R. & Rinaldi, M., 2012) (Burr, Schulz, M., Winter, A., &

Zuaboni, G., 2013)

6.5. THERAPIEPROGRAMME

Ich werde nun drei Projekte vorstellen. Ich habe versucht, die ganze Bandbreite von 0-

18 Jahren abzudecken. Zu jedem Projekt werde ich meine Ideen einbringen, wie ich

diese als Peer mit meinem Erfahrungswissen, mit meinen Ausbildungen und

Fertigkeiten unterstützen könnte.

6. 5. 1 KLEMON

Klemon ist ein Projekt, das sich an Eltern mit übergewichtigen Kleinkindern von 1-5

Jahren richtet. Speziell ausgebildete Mütterberaterinnen bieten über mehrere Monate

kostenlose Settings an. Die Eltern führen Tagebücher über das Ess- und

Bewegungsverhalten des Kindes und treffen die Beraterin individuell zweimal im

Monat. Die Protokolle werden verglichen und Fortschritte sichtbar. Zudem erhalten die

Eltern wertvolle Tipps zu Ernährung, Bewegung und Verhaltensfallen, wie z.B.

emotionales Unwohlsein des Kindes mit gesüssten Getränken oder Snacks zu

beruhigen, oder wie eine klare Tagesstruktur helfen kann. Ein Kinderarzt untersucht vor

und nach dem sechsmonatigen Programm die Kinder und ist auch in dieser Zeit für

gesundheitliche Probleme zuständig. Bei schwierigen Familienverhältnissen kann die

Kantonale Erziehungsberatung konsultiert werden. Das Therapieprogramm wird von

Projektpartnern finanziert und in den Kantonen Aargau, Bern, Solothurn, Thurgau und

Uri angeboten. In Basel gibt es ein ähnliches Programm für Migranten mit

übergewichtigen Kleinkindern. Die Beratung wird in Gruppen und in der jeweiligen

Muttersprache durchgeführt.

Als Peer würde ich Mutter-Vaterkind-Turnen anbieten; Märchenstunden mit Musik,

Bewegung, und Tanz vorbereiten. Ich würde auch Kochkurse für Kinder und Eltern

durchführen, in denen vor allem die Kinder kochen würden. Speziell die Kochkurse

würden den Selbstwert und die Selbstwirksamkeit der Kinder fördern. Bei solchen

Tätigkeiten zeigt sich die Verhaltensweise untereinander besonders gut, ich könnte

diese thematisieren.

6. 5. 2. CHINDERLEICHT

Das Therapieprogramm Chinderleicht wird in Chur angeboten. Da es von der

Krankenkasse finanziert wird, sind die Aufnahmekriterien, die Finanzierung sowohl die

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Peerarbeit, Adipositas, Minderjährige

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Anzahl der Therapiestunden in den einzelnen Modulen klar vorgegeben. Nur Kinder (8-

18 jährige), die als adipös eingestuft wurden, dürfen teilnehmen. Die Motivation und

psychische Gesundheit wird anhand eines Fragebogens ermittelt. Die Kids müssen

schul- und gruppenfähig sein. Es darf keine primäre psychische Störung oder

orthopädische Erkrankung vorhanden sein. Die Kostengutsprache muss vor Beginn

gesprochen werden und diese erlischt, wenn das Kind oder die Eltern zu oft fehlen.

Das Konzept von Chinderleicht ist multimodal. Als Grundlage für das

Therapieprogramm benutzen die Verantwortlichen das Konzept, die Leitlinien und

Hilfsmittel des Trainermanuals Leichter, aktiver, gesünder (Stübing, Egmond-Fröhlich,

A., Stachov, R, & Wabitsch, M, 2007). Dies entstand aus dem Wunsch, ein

einheitliches Schulungskonzept für die Adipositas-Therapie im Kindes- und Jugendalter

anzubieten. Schulung meint hier weniger die Aneignung von Wissen, sondern die

salutogenetische Herangehensweise nach Antonovskys Überlegungen. Dieser versteht

Gesundheit und Krankheit als Kontinuum, in der nicht nur die Verminderung von

Risikofaktoren betont wird, sondern besonders die Entwicklung von

gesundheitsfördernden Fähigkeiten hervorgehoben wird. Dies bedeutet, die Kinder und

Jugendlichen sollen sich aktiv an den selbstbestimmten Verhaltensänderung beteiligen.

In allen Modulen wird Wissen vermittelt, und es werden verhaltenstherapeutische

Prinzipien eingesetzt und Verhaltensänderungen eingeübt. Jede Woche finden Settings

in den Bereichen Bewegung, Ernährung und Verhalten statt. Die Eltern müssen jede

3.Woche am Programm teilnehmen. Chinderleicht hat sein Angebot durch spezielle

Familienanlässe (Tagesausflüge, Weekends, Lager) erweitert.

Als Peer mit meinem Erfahrungswissen wäre ich eine weitere Ansprechperson für

Eltern und Kinder. In einzelnen Sitzungen könnte ich spezielle Aufgaben übernehmen.

Die Altersunterschiede sind gross, ein 8-jähriger erlebt gewisse Themen emotional,

kognitiv und sozial anders als ein 14-jähriger und dieser wieder anders als ein

18jähriger. Mein Angebot würde sich mehr im kreativ-emotionalen Bereich befinden.

Welche Gefühle nehmen wir bei Märchen, Sagen, Erlebnisberichten (je nach Alter)

wahr, mit welcher Gestalt oder Person identifizieren wir uns, und warum? Mit

Rollenspielen z.B. können die Kinder verschiedene Verhaltensweisen ausprobieren,

damit sie sich das nächste Mal bei Hänseleien wehren können. Das Märchen

Drosselbart der Brüder Grimm zeigt wie der Prinz trotz Stigmatisierung durch sein

Handeln als verkleideter Bettler die Prinzessin heiraten kann. Das Ausdrucksmalen

ermöglicht, einen neuen Zugang zu Gefühlen, die man nicht in Worte fassen kann.

Rhythmusübungen, Rhythmus mit Bewegung und Sprache fördert das Körpergefühl

und Koordination und kann als Skills in Stresssituationen helfen, weil zur Ausführung

der Übungen absolute Aufmerksamkeit gefordert wird. Das Rhythmisieren von Worten

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Peerarbeit, Adipositas, Minderjährige

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wie „ich schaffe es“ oder “ ich laufe vorwärts“, etc. und das Gehen im Takt dazu

verinnerlichen diese Sätze. Klangreisen (auf verschiedenen Instrumenten gespielt)

helfen achtsam zuzuhören. Mit Achtsamkeitsübungen, dem goldenen Tagebuch,

Klangreisen, aktivem Musikmachen und Übungen zur Stressbewältigung nach M.

Linehan kann ich das Schulen der Selbstwahrnehmung und Selbstwirksamkeit

unterstützend ergänzen. Einfache Musikinstrumente könnten gebaut werden.

6. 5. 3. INSTITUT ST. JOSEF GUGLERA AG

In diesem Internat leben adipöse junge Menschen im Alter zwischen 16-26 Jahren.

Infolge ihres Übergewichts können diese eine ihren Fähigkeiten adäquaten Ausbildung

nicht antreten, beenden oder finden keine Arbeitsstelle. Zudem führt die dortige

Stiftung deStart Motivationssemester als Hilfe für den Einstieg in die Berufswelt durch.

Ziel des Trainingsprogramms ist die berufliche Integration, welche durch eine

Persönlichkeitsentwicklung möglich gemacht werden soll. Die Gedanken sollen sich

nicht mehr nur um das Abnehmen des Gewichts drehen, sondern eine neue Ausrichtung

nach vorne erfahren. Zu Beginn eines Veränderungsprozesses steht immer die

Selbstwahrnehmung und Selbstzuwendung, diese soll positiv sein und zur

Selbstfürsorge führen. Den jungen Menschen wird im Internat ein klar und eng

strukturierter Tagesablauf vorgegeben, bei dem Sport und verschiedene individuell

gestaltete Förderprogramme integriert sind. Beim Arbeitstraining in den verschiedenen

Ateliers und in Kursen werden Stärken und Schwächen erkannt. Der ganzheitliche

Entwicklungsprozess wird durch das Malatelier, Gruppentherapien, Weekends und

Lager, spezielle Events, Projekttage und Teilnahme an verschiedenen Läufen, wie z.B.

Grand-Prix von Bern oder den Sommer- und Wintertriathlon unterstützt. Die Mithilfe

im Gastronomie- Hotel- und Seminarbetrieb ist bei den Teilnehmern beliebt. Am Abend

stehen Tanzen, Singen, Spielen, Kreativatelier und Fussball zur Auswahl. Durch das

Wohnen im Internat erleben einige erstmals in einer Gruppe akzeptiert zu sein und, sie

lernen für sich und für die Gemeinschaft Verantwortung zu übernehmen und motivieren

einander, die individuellen Ziele zu erreichen. Pro zehn Kilogramm Gewichtsverlust

und 100 Kilometer auf dem Hometrainer gibt es eine Belohnung, die immer grösser

wird. Einige werden zusätzlich von einem Psychiater betreut. Jedes Jahr finden

Nachtreffen statt. Wenn nötig können junge Erwachsene nach dem Intensivjahr noch

weiter im Internat wohnen, bis eine gute Lösung gefunden wurde. Die Kosten werden

von kantonalen Sozialversicherungen, dem Staatssekretariat für Wirtschaft, den

Familien und Sozialämtern übernommen. Ein Ausschnitt des Therapieerfolges kann im

Anhang in Tabelle V eingesehen werden.

Als Peer könnte ich in den verschiedenen Ateliers, Gruppentherapien und

Freizeitgestaltung mitarbeiten. Die bei Chinderleicht aufgeführten Ideen kann ich gut in

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Peerarbeit, Adipositas, Minderjährige

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der „Guglera“ adaptieren, dazu Kochkurse anbieten, bei denen Rezepte ausprobiert

werden, welche die jungen Erwachsenen nach ihrem neu erlernten Wissen selber

erfinden.

6. 6. STRATEGIEN ZUM SELBSTMANAGEMENT

Gerade die Konzentration auf die Ressourcen adipöser Kinder und Jugendlicher sowie

die Untersuchung von Personen, die ohne professionelle Unterstützung erfolgreich

abgenommen haben, könnten wichtige Erkenntnisse liefern, um das Therapieangebot zu

optimieren (Warschburger, P. 2011, S. 568).

Da ich einige Jugendliche kenne, die ihr Gewicht nachhaltig (mehr als fünf Jahre) bis zu

35 Kilogramm ohne Hilfe reduziert haben, lud ich sie zu einem gemütlichen Pizzaabend

ein und liess sie erzählen:

6. 6. 1. MOTIVATION

Alle wollten sich wieder im Spiegel ansehen können und sich geschmeidiger und ohne

Schmerzen bewegen, damit sie Spiel, Sport und Arbeit besser bewältigen und wieder

geniessen können. Sie waren der grossen Kleidergrössen überdrüssig.

6. 6. 2. STRATEGIEN

nur noch die Hälfte gegessen, keine Süssigkeiten und Snacks mehr zu Hause

mich an die (für mich) vorgegebenen Punkte nach Weight Watcher gehalten

langsames und achtsames Essen

Tanzkurs belegt und täglich die Choreografien intensiv geübt

alle zusätzlichen Sportangebote, die in der Schule angeboten wurden, belegt

jeden Tag zu Hause Fitnessprogramm zur Stärkung der Muskeln (45 Min.)

ablenken vom Hunger:

- Kaugummi und Rauchen

- aktiv Musik gemacht (Cello, Gitarre, Piano, Singen)

- Hausaufgaben gelöst oder Buch gelesen, Hörbücher

- gamen oder telefonieren

- Hobbies wie Modellbau, Schach und andere Spiele

Probleme mit Freunden besprochen und nicht mit Essen gelöst

versucht herauszufinden, warum ich ohne Hunger essen will

konnte erst Abnehmen, als ich meine psychischen Probleme gelöst hatte

gelernt im Stress kurze Achtsamkeitsübungen zu machen

Gewichtstagebuch geführt und nur einmal pro Woche auf die Waage, kleine

Ziele gesetzt

Hunger spürte ich als Befriedigung: „jetzt nehme ich ab“

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Peerarbeit, Adipositas, Minderjährige

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mich von Zeit zu Zeit mit Pizza oder Kinobesuch belohnt

7. EMPFEHLUNGEN

Das Problem Übergewicht und Adipositas wird in der Öffentlichkeit zwar

wahrgenommen und ist bekannt, trotzdem scheint es ein Tabuthema zu sein. Die

Gesellschaft weist noch zu oft dem einzelnen Betroffenen die Schuld zu. Zur gleichen

Zeit wird aber klar, dass die grosse Anzahl der Übergewichtigen, die in allen

Altersstufen und Sozialschichten mehr oder weniger präsent sind, nicht mehr nur ein

persönliches sondern auch ein gesellschaftliches Problem darstellt. Den Ursachen

müsste nachgegangen und wirkungsvolle Präventionsmassnahmen ergriffen werden.

Wissen und Bildung ist die beste Prävention. Besonders den Mütterberaterinnen fällt

eine wichtige Rolle zu, sie können die Eltern von der Geburt ihres Kindes an mit

wichtigen Hinweisen zur Ernährung schulen, die Kindergärtnerinnen können diese

Arbeit weiterführen, indem sie die Kids zu einem gesunden Znüni animieren. Vom

ersten bis zum letzten Schuljahr sollten Themen wie Ernährungslehre,

Einkaufsschulung und Tücken der Werbung in den Fächern Natur, Mensch, Mitwelt,

Geschichte und Deutsch vermittelt werden Dem Fach Hauswirtschaft soll mehr

Bedeutung zukommen, denn oft bereiten Jugendliche dort das erste Mal eine Mahlzeit

von Grund auf zu und können das Wissen unter fachkundiger Führung anwenden.

Kindertagesstätten, Tagesschulen und Schulkantinen sollte genügend Geld zur

Verfügung gestellt werden, damit frische, gesunde Menus den Heranwachsenden zur

Verfügung stehen. Eine einfache Beschriftung der Convenience-Produkten sollte

angewendet werden. In Deutschland wurde das Ampelsystem leider abgelehnt. Fertig

vorproduzierte Nahrungsmittel würden mit grünen, orangen und roten Punkten

bezeichnet, damit sofort ersichtlich ist, wie hoch die Energiedichte eines

Nahrungsmittel ist. So ähnlich, wie beim Zigarettenkonsum auf die

gesundheitsschädigende Wirkung mit Text und Foto hingewiesen wird. Mit Werbespots

und Plakaten könnte die Bevölkerung zum Verzehr von Gemüse und Früchten

aufgerufen werden.

Die Anforderungen der Gesellschaft und von unserem nahen sozialen Umfeld werden

immer grösser. Nicht nur wir Erwachsenen sind davon betroffen, sondern der

Leistungsdruck verschiebt sich immer mehr nach unten ins Kindesalter. Neben der

starken Beschleunigung unseres Alltags fordern die neuen Kommunikationsmittel eine

fast ununterbrochene Erreichbarkeit. Die technisierte Welt animiert uns nicht mehr zur

alltäglichen Bewegung. Wir benutzen das Auto, die öffentlichen Verkehrsmittel, Lift

und Rolltreppen und Kleinkinder werden fast bis zum Eintritt in den Kindergarten mit

dem Kinderwagen chauffiert. Mehr Bewegung im Alltag wäre ohne grossen Aufwand

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für alle möglich. Mit Slogans wie: "Treppensteigen ist cool" oder "Velos stehen nicht

im Stau", "ich kann selbst zur Schule laufen", etc. würde die Menschen zum

Nachdenken und Handeln führen. Wie in China sollten am Morgen, in der Mittagspause

und am Abend öffentliche Tanz- und Bewegung angeboten werden, und in den Parks

sollten einfache Hilfsmittel zum Kraft- oder Koordinationstraining zur Verfügung

stehen. Ich war erstaunt, wie in China in jeder Wohnsiedlung, auch in neu gebauten,

dies alles zur Verfügung steht und rege benutzt wird.

Der psychosoziale Zusammenhang von Übergewicht und Adipositas ist gegeben. Dies

hat zur Folge, dass neue Therapieprogramme entwickelt wurden, deren Ziel nicht nur

die Gewichtsreduktion ist. Die neuen Programme sind multimodal und schulen neue

Verhaltensweisen. Leider greifen diese oft nicht so tief, dass die Nachhaltigkeit

gewährleistet ist.

Der Erfolg der Jugendlichen, die ohne Intervention von aussen ihr Gewicht massiv und

nachhaltig reduzieren konnten, zeigt wie Selbstwahrnehmung und Selbstreflexion zu

einer nachhaltigen Verhaltensveränderung führen kann. Der Leidensdruck ist sicher

gross, wenn Betroffene sich für ein ganzjähriges Interventionsprogramm anmelden.

Diese finden in Gruppen statt und werden vielleicht dem einzelnen mit seiner

einzigartigen Persönlichkeit nicht gerecht. Peers mit Psychiatrie-Erfahrung sollten

unbedingt in diesen Gruppen als zusätzliche Unterstützung eingesetzt werden. Sie

verfügen über Erfahrungswissen, das in der Therapie dringend gebraucht wird, da mehr

als die Hälfte der betroffenen Heranwachsenden mit psychischen Problemen zu

kämpfen hat. Peers vermitteln Hoffnung. Durch ihre Erfahrung können sie die Kinder

und Jugendlichen auf einen neuen Weg der Genesung führen. Jede Veränderung beginnt

mit der Zuwendung zu sich selbst und dem Übernehmen der Eigenfürsorge für das

Gesundwerden. Ressourcen helfen, emotionale Stresssituationen anders als mit Essen

zu lösen. Das Wissen, jederzeit auf Ressourcen zurückgreifen zu können, lässt sie ihren

Blick nach vorne richten und mutiger für Veränderungen werden. Achtsam und

fürsorglich mit sich umgehen heisst, sich erreichbare Ziele vorzugeben. Ressourcen

helfen Rückschläge zu verarbeiten und neuen Mut zu fassen. Jedes noch so kleine

erreichte Ziel stärkt den Selbstwert, gibt Gewissheit, selbst für das eigene Wohl

wirksam zu sein. Dies ermöglicht ungünstige Verhaltensweisen durch neue zu ersetzen.

Während die angebotenen Therapien eher auf kognitiver Ebene arbeiten, kann ein Peer

mit seinem recovery- und ressourcenorientierten Ansatz einen guten Ausgleich im

emotionalen Bereich der Therapie schaffen.

So wie ich bei den Programmen Klemon, Chinderleicht und Guglera beschrieben habe,

könnten Peers gut zur Betreuung adipöser Kinder und Jugendlicher eingesetzt werden.

Ich sehe die Aufgabe der Peers auch bei der Unterstützung der Eltern (Einbezug des

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sozialen Umfeldes, Stärkung des Selbstvertrauens der Eltern), da ich aus Erfahrung

weiss, dass auch die Eltern adipöser Kinder meist stigmatisiert werden und selbst mit

Problemen wie z.B. desorganisierten Familienalltag zu kämpfen haben.

Bei Kleinkindern kann ein Peer mit Anleitung der Eltern zum gemeinsamen Bewegen

(Mutter-Kind-Turnen) und gemeinsamen Kochen die Eltern-Kind-Beziehung nachhaltig

fördern (Beziehung, Ressourcen). Durch das Schulen der körperlichen Wahrnehmung,

spielerischer Umgang mit Nähe und wirklicher Zuwendung werden Ressourcen

entdeckt und das Selbstwertgefühl und das Selbstvertrauen aller Beteiligten gestärkt.

Mit Hilfe von Methoden wie Geschichten (Hoffnung, Strategien, Entschlossenheit und

Orientierung), Rhythmusübungen in Gruppen (Soziale Teilhabe, Achtsamkeit,

Körperwahrnehmung), Rollenspielen, (kreativer Umgang mit

Risiken),Stressbewältigung nach Linehan (Verhaltensanalyse, Strategien, Ressourcen,),

Anleitung zum Führen eines goldenen Tagebuches (nur schöne Momente eines Tages

werden darin täglich festgehalten, Stimmungsbarometer), Ausdrucksmalen, Musik,

Singen und andere kreative Tätigkeiten (Ressourcen) und mit aktivem Zuhören

(Mitsprache) kann der Peer die emotionalen Fähigkeiten der betroffenen Kindern und

Jugendlichen stärken. Nicht alle Minderjährige mit Gewichtsproblemen verfügen über

die Resilienz, damit sie die Abnahme ihres Gewichts selber bewältigen können.

Ein Peer kann massgeblich dazu beitragen, dass ein adipöses Kind nachhaltig und

langfristig Erfolge in Bezug auf einen gesunden Lebensstil finden kann.

8. DISKUSSION

Das Vorhandensein vieler Bücher, Journale, Zeitungsartikel, Dokumentar- und

Spielfilme erleichterte mir sehr, Adipositas von verschiedenen Sichtweisen her zu

erfassen. Dies stellt ganz klar eine Stärke dieser Arbeit dar, da das Thema vertieft und

umfassend behandelt werden konnte. Die Ursachen sind genauso multifaktoriell wie das

Angehen des Problems mit Präventionsmassnahmen und der Therapieansätzen

multikausal sind. Das aufrichtige Interesse von Mütterberaterinnen und Leiter von

Therapieprogrammen an der Mitarbeit eines Peers im Team spornte mich zusätzlich an,

mich diesem Thema zu widmen.

Die Literatursuche unter dem Suchbegriff „Adipositas, Kinder und Jugendliche, Peer“

ergab kein Resultat. Auch die Suche nach einem Peer, der mit adipösen Kinder,

Jugendlichen und deren Eltern arbeitet blieb erfolglos. Hier weist diese Arbeit eine klare

Schwäche auf, die jedoch nicht umgangen werden konnte, da es zu der Fragestellung

schlicht keine Literatur gibt. Der gewünschte Erfahrungsaustausch konnte somit nicht

stattfinden.

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Peerarbeit, Adipositas, Minderjährige

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Aus diesem Grund entwickelte ich selber eigene Ideen, wie ich als Peer adipöse Kinder

und Jugendliche mit psychischen Problemen und deren Eltern unterstützen könnte. Die

Ideen entstanden aus dem Wissen meiner Experienced Involvement-Ausbildung, dem

Weg zur Genesung von meiner psychischen Erschütterung, aus dem Erfahrungswissen

einer betroffenen Mutter und als Lehrerin und Tagesschulleiterin, und der Ausbildung

„Harfe und Begleitung kranker und sterbender Menschen“.

8. 1. ADIPOSITAS AUS SICHT EINER BETROFFENEN MUTTER

Es ist schwierig als Mutter zuzusehen, wie die Kinder leiden, und einen Weg aus

diesem Dilemma finden zu müssen. Es ist wichtig, ihnen das Gefühl zu vermitteln, dass

sie wertvolle Menschen sind und dazugehören, trotz ihrer Andersartigkeit. Durch das

Fördern von Ressourcen finden Kinder die Kraft, das Problem anzugehen. Allfällige

Schuldzuweisung anderer an die Mutter dürfen nicht auf die betroffenen Kinder

übertragen werden. Die Eltern sind Vorbild sowohl im Umgang miteinander wie im

Bewegungs- und Essverhalten.

8. 2. AUS SICHT EINER LEHRERIN

Eine Lehrerin muss die Klasse als Ganzes genau beobachten, damit sie den Ausschluss

und die Stigmatisierung eines Kindes sofort wahrnimmt. Die Wahl spezifischer

Unterrichtsthemen soll den Kindern die Folgen aufzeigen. Die Lehrerin muss zudem die

Stärken jedes Kindes fördern, damit ein gesundes Selbstwertgefühl entstehen kann.

8. 3. AUS SICHT EINES ADIPÖSEN KINDES

Die Betroffenen leiden nicht nur unter Stigmatisierung, Ausgrenzung und Mobbing,

sondern auch unter ihrer erschwerten Beweglichkeit. Jedes Kind will überall mithalten

können. In der Therapie müssen sie lernen, dass wir ihnen Hilfe zur Überwindung des

Problems anbieten, aber die Veränderung der Muster, die zu Adipositas geführt haben

müssen sie selbst vollziehen.

Die Peerarbeit in der Schweiz ist erst im Aufbau. Neue Möglichkeiten zur Mitarbeit von

Peers müssen noch evaluiert werden. Ob eine ergänzende Begleitung durch Peers bei

der Behandlung von adipösen Minderjährigen mit psychischen Problemen und deren

Eltern erwünscht ist, und ob meine Ideen zu einer nachhaltigen Verhaltensänderung

beitragen, müssten untersucht werden.

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I

ANHANG

Abb. I: Perzentilkurve (weiblich)

Abb. II: Perzentilkurve (männlich)

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II

Tabelle I: Übergewicht und Adipositas nach Referenzgruppen (männlich)

Tabelle II: Übergewicht und Adipositas nach Referenzgruppen (weiblich)

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Peerarbeit, Adipositas, Minderjährige

III

Tabelle III: Perzentilverläufe nach Referenzsystem (männlich)

Tabelle IV: Perzentilverläufe nach Referenzsystem (weiblich)

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Peerarbeit, Adipositas, Minderjährige

IV

Tabelle V: Gewichtsverlauf und entsprechende Anschlusslösung 2011 der Stiftung deStarts

Guglera

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Peerarbeit, Adipositas, Minderjährige

V

FRAGEN FÜR DIE PROJEKTLEITER

1. Beschreiben Sie mir bitte das Konzept ihres Therapieprogramms.

2. Zählen Sie bitte die Haupt-Schwerpunkte Ihres Therapieprogramms auf.

3. Wer ist Kostenträger? Krankenkassen? Migros-Kulturprozent? Sponsoren?

4. Wer wird in ihr Programm aufgenommen? Aufnahmekriterien?

5. Wie wird die psychische Gesundheit dieser Kinder beurteilt und erfasst?

6. Weicht diese von nicht-aufgenommenen Kindern und Jugendlichen ab ?

7. Wie ergründen Sie die Motivation für das Mitarbeiten im Programm?

8. Wie werden die Kinder am besten unterstützt?

Kognitiv (Verhaltenstherapie)

Körperlich (Bewegung, Kochen, Ernährungslehre, Diätlehre)

Emotional (Recovery, Freizeitgestaltung)

9. Werden die Eltern ins Therapieprogramm mit einbezogen ?

10. Wie arbeiten Sie mit der Familie?

Systemisch

Andere Ansätze

Führen Sie Familienanlässe durch? Weekends, Sport, wie z. B. Klettern, Lager ?

11. Sind die Geschwister auch adipös?

12. Werden die Geschwister mit ins Programm aufgenommen?

13. Wie fördern Sie

Selbstakzeptanz

Selbstkompetenz

Selbstwirksamkeit

14. Werden Peers zur Betreuung adipöser Kinder eingesetzt? In welchem Rahmen?

15. Kennen sie das Angebot von Experienced Involvement Peers?

16. Können Sie sich eine Mithilfe solcher vorstellen?

17. Wie und wo könnten EX-IN- Peers im Therapieprogramm mithelfen?