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Forum Z. Das Informationsmagazin des Schweizer Zolls Juli 2/2004 www.zoll.admin.ch Eidgenössische Zollverwaltung EZV Administration fédérale des douanes AFD Amministrazione federale delle dogane AFD Administraziun federala duana AFD Beilage:Personalia Fokus GWK: Kontrollen – oder vom Umgang mit Provokation Dossiers e-dec: neue Platt- formfür elektro- nische Zollabferti- gung EU-Schweiz:Bilate- rale II und der Zoll Aktuell Streitgespräch: garaNto-Zentral- präsident versus Oberzolldirektor Forum Z.-Gast: Urs Hadorn, BFF- Direktor a.i. Sparmassnahmen: Ist der Gesetzes- auftrag noch zu erfüllen? Panorama Kolumne:Grenz- wacht-Aspirantin PatriciaAndrighetto Unterwegs mit dem GWK IV 20 Jahre Zollmusik

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1Forum Z. 2/2004

Forum Z.Das Informationsmagazin des Schweizer Zolls

Juli 2/2004

www.zoll.admin.ch

Eidgenössische Zollverwaltung EZV Administration fédérale des douanes AFD Amministrazione federale delle dogane AFD Administraziun federala duana AFD Beila

ge:Pe

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FokusGWK: Kontrollen –oder vom Umgangmit Provokation

Dossierse-dec: neue Platt-form für elektro-nische Zollabferti-gung

EU-Schweiz: Bilate-rale II und der Zoll

AktuellStreitgespräch:garaNto-Zentral-präsident versus Oberzolldirektor

Forum Z.-Gast:Urs Hadorn, BFF-Direktor a.i.

Sparmassnahmen:Ist der Gesetzes-auftrag noch zu erfüllen?

PanoramaKolumne: Grenz-wacht-AspirantinPatricia Andrighetto

Unterwegs mit demGWK IV

20 Jahre Zollmusik

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Zitiert«Mit dem Fortschreiten der europä-ischen Integration dürften sich tech-nische Probleme, die sich politisierenkönnten, mehren und nicht vermin-dern.» Joschka Fischer, deutscherAussenminister, NZZ 4/04

«Nein, in der EU liebt man uns nicht.» Monique Jametti Greiner,Vizedirektorin Bundesamt für Justiz,Berner Zeitung 5/04

«Grenzen sind nicht dazu da, um uns abzuschotten, sondern sie sind da,damit wir ungestraft in den Gartendes Nachbarn gehen können, wennwir die dafür geltenden Regelnbeachten.» Rudolf Nebel, Direktor Zollkreis I, Basellandschaftliche Zei-tung 5/04

«Wir haben etwas dagegen, wennwir für Retourkutschen herhal-ten müssen.» Patrick Gantenbein,Informationskoordinator GWK I,auf die Forderung, die Schweizer Grenzwache solle die Kontrollen ander deutsch-schweizerischen Grenzeebenfalls verstärken; Basler Stab 3/04

«Wir verstehen uns als Partner undnicht als Gegner.» Astrid Ratzinger,Zollfachfrau, ZI Kreuzlingen-Au-tobahn, sieht das Verhältnis der Schweiz zur EU völlig unverkrampft; Thurgauer Zeitung 5/04

«Nachfrage kann auch erzeugt werden, indem man einen Markt mit Stoff überschwemmt. Die Preisefallen, der Konsum verschärft sich.»Andrea Canonica, Leiter EZV-Fach-stelle Drogenschmuggel-Bekämp-fung, Facts 4/04

AdressenZollEidgenössische ZollverwaltungOberzolldirektionMonbijoustrasse 403003 BernTelefon 031 322 65 11Fax 031 322 78 72E-Mail [email protected]

Zollkreisdirektion IElisabethenstrasse 314010 BaselTelefon 061 287 11 11Fax 061 287 13 13E-Mail [email protected]

Zollkreisdirektion IIBahnhofstrasse 628200 SchaffhausenTelefon 052 633 11 11Fax 052 633 11 99E-Mail [email protected]

Direction des douanes IIIAv. Louis-Casaï 841216 CointrinTéléphone 022 747 72 72Fax 022 747 72 73E-Mail [email protected]

Direzione delle dogane IVVia Pioda 106900 LuganoTelefono 091 910 48 11Fax 091 923 14 15E-Mail [email protected]

GWKZentrales KommandoMonbijoustrasse 403003 BernTelefon 031 322 67 92Fax 031 322 65 54E-Mail [email protected]

Grenzwachtkommando IWiesendamm 44057 BaselTelefon 061 638 14 00Fax 061 638 14 05E-Mail [email protected]

Grenzwachtkommando IIEbnatstrasse 778201 SchaffhausenTelefon 052 630 60 00Fax 052 630 60 10E-Mail [email protected]

Commandement des gardes-frontière IIIChemin de l’Etang 571219 ChâtelaineTéléphone 022 979 19 19Fax 022 979 19 18E-Mail [email protected]

Comando delle guardie di confine IVVia Calprino 86900 ParadisoTelefono 091 986 75 50Fax 091 986 75 51E-Mail [email protected]

Joschka Fischer

Rudolf Nebel

Patrick Gantenbein

Astrid Ratzinger

Andrea Canonica

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Inhalt EditorialLiebe Leserin, lieber Leser

«Wie sollen wir unsere Aufgaben nochlösen, wo wir doch heute schon zu wenig Personal haben?», fragt der neue garaNto-Zentralpräsident RolfUster im Streitgespräch mit dem Ober-zolldirektor (siehe Seite 12). RudolfDietrich rechnet im Zuge der Spar-massnahmen beim Bund mit einemAbbau von etwa 450 Stellen in unsererVerwaltung bis 2008. Dass der Zollmit fast zehn Prozent weniger Perso-nal nicht mehr dasselbe leisten kannwie bisher, liegt auf der Hand. Da wir bei den gesetzlich vorgeschriebenenAufgaben nichts sparen können, ist einDienstleistungsabbau unausweichlich.Mit entsprechend negativen Konse-quenzen für Wirtschaft und Staat.

Zur Diskussion stehen zum Beispieldie Öffnungszeiten von Zollämtern.Unsere Wirtschaftspartner sind aufeine reibungslose Abwicklung des grenzüberschreitenden Warenverkehrs angewiesen. Dies umso mehr, wennder Aufschwung wie prognostiziert einsetzt und das Verkehrsvolumenwieder zunimmt. Schon in den erstenMonaten dieses Jahres hat man zumBeispiel im Zollamt Basel/Weil-Auto-bahn gegenüber der Vorjahresperiodezehn Prozent mehr LKWs abgefertigt.

Die Wirtschaft fordert vom Zoll genau das Gegenteil – nämlich einen Aus-bau der Dienstleistungen. Denn diesebilden die Voraussetzungen, damit unsere Wirtschaft überhaupt die für unser Land so wichtige Wertschöpfunggenerieren kann. Bei allem noch vor-handenen Rationalisierungspotenzial:Geht diese Rechnung auf?

Walter PavelInformation und Dokumentation

ImpressumForum Z. – Herausgeberin: Eidgenössische Zollverwaltung EZV; Erscheinungsweise: drei- bis viermal jährlich auf Deutsch, Französisch und Italienisch; Auflage: 8500 Exemplare; Redak-tion: Walter Pavel (wp), Roger Hermann (rh), Florence Maeder (fm); Sekretariat/Personalia:Elisabeth Sarta, Patricia Meichtry; Redaktionsadresse: Eidgenössische Zollverwaltung EZV,Oberzolldirektion, Information und Dokumentation, Monbijoustrasse 40, 3003 Bern,Telefon: 031 322 67 43, Fax 031 322 42 94, [email protected], www.zoll.admin.ch; Gestaltung: Oliver Slappnig, Herrenschwanden; Druck: gdz – AG für grafi sche Erzeugnisse.Copyright: Nachdruck nur mit Quellenangabe.

FOKUSAuch bei groben Sprüchen gelassen bleiben:Kontrollen im Reisendenverkehr .................................................................. 4

DOSSIERSe-dec – Cargo Processing by Swiss Customs: die neue Plattformder EZV für die elektronische Zollabfertigung............................................... 7

In Kürze .................................................................................................... 8

Bilaterale Abkommen und der Zoll: Worum gehts? –Das Wichtigste zu den «Zoll-Dossiers» ....................................................... 10

AKTUELLSo dezentral wie möglich – so zentral wie nötig:Die EZV hat ein neues Kommunikationskonzept ........................................ 11

«Alle sind gefordert» – Streitgespräch zwischen Oberzolldirektor Rudolf Dietrich und dem neuen garaNto-Zentralpräsident Rolf Uster.......... 12

Ist der gesetzliche Auftrag noch zu erfüllen? – Wie sich die Spar-massnahmen auf die Zollämter auswirken. Vier Zollinspektorennehmen Stellung ....................................................................................... 14

Informieren und motivieren statt kommandieren –innovatives Projekt der Westschweizer garaNto-Sektion ............................. 16

Asyl und Grenze: Urs Hadorn, BFF-Direktor a.i. über dieZusammenarbeit mit dem Grenzwachtkorps .............................................. 17

Neue Wege beim Konfliktmanagement: Mediation beim Zoll? ................... 18

Chronik einer erfolgreichen Zoll-Mission: Wie die EU-Zölle aufRe-Exporte verhindert werden konnten – von EZV-VizedirektorRoman Bisaz ............................................................................................. 19

PANORAMA«Unterwegs» … mit dem Grenzwachtkorps IV – Bildreportage .................. 20

Aus Theorie mach Praxis… Kolumne der Grenzwacht-AspirantinPatricia Andrighetto .................................................................................. 21

Jubiläum: 20 Jahre Zollmusik ..................................................................... 22

Presseschau ............................................................................................... 23

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wp. Dass es bei den Kontrollendes GWK zu Spannungen mit denReisenden kommen kann, scheint fast unausweichlich, schliesslich wirdniemand gerne überprüft. Genau das ist es, was die Aufgabe der Grenzwächterinnen und Grenzwäch-ter so anspruchsvoll macht. So sollensie in jeder Situation freundlich seinund eine nette Visitenkarte für unser Land abgeben – ihren gesetzlichenAuftrag aber trotzdem mit Bestimmt-heit erfüllen. Eine Aufgabe, die vielFingerspitzengefühl verlangt. Oft fehlt das Verständnis für die Kontrol-len. Erschwerend hinzu kommt, dass ein Grenzwächter nie zum vornhe-rein weiss, wen er vor sich hat. An-gesichts der zunehmenden Gewalt-bereitschaft, muss er immer auch andie eigene Sicherheit denken. Fälle,in denen Grenzwächter Opfer vongewalttätigen Übergriffen wurden,gibt es leider zuhauf.

Jährlich 7 Mio. Kontrollen –200 BeschwerdenTäglich reisen um die 650’000 Men-schen in die Schweiz ein. Davon wer-den rund 20’000 Personen eingehendkontrolliert. Dies entspricht über sie-

Kontrollen im Reisendenverkehr

Auch bei groben Sprüchengelassen bleibenNiemand wird an der Grenze gerne kontrolliert. Als Vollzugsbehörde ist das GWK aber beauftragt, diegesetzlichen Vorgaben durchzusetzen. Der Ziel-konflikt ist programmiert. Wie gehen Reisende mit dieser Situation um? Was beanstanden sie am häu-

figsten an Kontrollen? Was tut die EZV, um Konflik-te zu vermeiden? Und: Wie gehen die Grenzwächte-rinnen und Grenzwächter mit Beschimpfungen undProvokationen um? Wie können sie sich zur Wehr setzen? Forum Z. auf der Suche nach Antworten.

ben Millionen Kontrollen pro Jahr. Dasind die rund 200 Beschwerden, die inderselben Zeit beim GWK eingehen,sehr bescheiden. Und sie stellen denGrenzwächterinnen und Grenzwäch-tern gleichzeitig ein gutes Zeugnis für ihre Arbeit aus. Trotzdem lassensich Reklamationen nie ganz vermei-den. «Am häufigsten beanstandenReisende, sie seien unfreundlichbehandelt worden, oder die Kon-trollen seien zu lang und zu intensiv gewesen. Oft werden die Kontrol-len auch als Schikane empfunden.Vereinzelt werden Rassismusvorwürfeerhoben», sagt Andrejas Marijan, imZentralen Kommando GWK unter anderem zuständig für die Bearbei-tung von Aufsichtsbeschwerden.

GeringereAkzeptanz für KontrollenBeim GWK wird jedoch auch eineTendenz festgestellt, wonach dieLeute Kontrollen im Vergleich zu früher weniger akzeptieren. Marijan:«Das hängt auch mit der Öffnungin Europa zusammen. Man ist sichKontrollen gar nicht mehr gewohnt.So kann jemand beispielsweise durchhalb Europa reisen, ohne jemals kontrolliert zu werden – ausser an

der Schweizer Grenze. Hinzu kommt,dass von den Reisenden auch bei der Grenzkontrolle ‹just-in-time› erwar-tet wird.» Dies mag mit ein Grundsein, weshalb Beschimpfungen undProvokationen gegenüber GWK-Angehörigen in den letzten Jahrenmassiv zugenommen haben. EinProblem, mit dem die Betroffenenumzugehen lernen müssen, gilt es doch, auch bei groben Sprüchengelassen zu bleiben. ChristophKiechler, Kommandant der Grenz-wachtkurse im AusbildungszentrumLiestal: «Dem korrekten und freund-lichen Verhalten gegenüber Reisen-den messen wir in der Ausbildungeinen sehr hohen Stellenwert bei.Sowohl in der Grund- wie auch inder Weiterbildung führen wir Kursein angewandter Psychologie, Kom-munikation und Konfliktbewältigungdurch. Wir analysieren die Gründe,die zu Reklamationen führen, laufendund bauen entsprechende Übungenin den Unterricht ein. Und natürlichtrainieren wir auch den Umgang mit Beschimpfungen und Provokationen.Letztlich ist das aber sehr individuell.Jeder und jede reagiert anders aufsolche Anwürfe und verarbeitet sieauch unterschiedlich.»

FOKUS

«...Was ich aber nicht verstehe ist, dass dieser Beamte immer wieder auf michzukam, mich ansprach, mich anstarrte und versuchte, mich aus der Ruhe zu bringen. Er hat mich an einen tollwütigen Hund erinnert... Ich finde es eineZumutung, dass man sich einem so gestörten Menschen aussetzen muss.»*

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«Der Zollbeamte, der unseren Wagen unter-suchte, war ungemeinkalt, beleidigend und inseiner Erscheinung direkt unangenehm… Er knurr-te meinen sehr ruhigenBegleiter an, der ebenseinen 60. Geburtstaggefeiert hatte...»*

Sich nicht alles gefallen lassenZwar sind verbale Attacken – ab-gesehen von Drohungen – unge-fährlich, aber sie zerren doch amNervenkostüm, schliesslich sind auchGrenzwächterinnen und Grenzwäch-ter Menschen, die nicht immer gleichaufgelegt sind. Und sie müssen unddürfen sich auch nicht alles gefal-len lassen. Welche Möglichkeitenhaben sie überhaupt zu reagieren?Hans Georg Nussbaum, Leiter des EZV-Rechtsdienstes: «Bei Gewalt

und Drohung gegen Beamte oder beiBehinderung einer Amtshandlung,so genannten Offi zialdelikten, reicht die Oberzolldirektion auf Antrag der Grenzwachtkommandos Strafanzeigebei der Bundesanwaltschaft ein. BeiBeschimpfungen haben die Betroffe-nen die Möglichkeit, mit Einwilligungdes Arbeitgebers selber Anzeige zu erstatten.» Allerdings sei der Nach-weis der Beschimpfung, so Nussbaum,oft recht aufwändig oder schwierig.* Ausschnitte aus Beschwerdebriefen an das GWK

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FOKUS

Holger Rahmel, GWK I«Und das im heutigen Europa!»«Machten Reisende ihrem Ärger über Kontrollen in den 80er Jahrennoch mit Sprüchen wie ‚....das ist jawie in der DDR!...’ Luft, so heisst es seit dem Fall der Mauer immer häu-figer ‚...und das im heutigen Euro-pa!...’. Solche Vorfälle gehören zum«courant normal» und dürfen nicht überbewertet werden. Die meistenProvokationen sind ohnehin nicht persönlich gemeint, sondern richtensich gegen die Uniform respektivedie Staatsgewalt. Damit umzuge-hen lernt man schon im Aspiranten-jahr, und auch in den Folgekursenwird man entsprechend geschult.Erschreckender – und leider kommt dies immer mehr vor – sind Be-schimpfungen der gröberen Art,wie etwa Rassismusvorwürfe oder gar Morddrohungen. Dazu kommt die erhöhte Gewaltbereitschaft. DieLeute haben im Vergleich zu früher heute generell mehr Mühe, jeglicheArt von Staatsgewalt zu akzeptie-ren. Die Häufung von Provokati-onen und Beschimpfungen seheich als Spiegelbild der Gesellschaft – die Leute werden immer mehr zur Eigenverantwortung erzogen, dapasst eine Kontrolle natürlich nicht ins Schema.»

Wie gehen Sie mit Provokationen und Beschimpfungen um?Vincent Revaz, GWK III«Es braucht eine dicke Haut»«Es kommt immer wieder vor, dass meine Kollegen und ich währenddem Dienst beleidigt und be-schimpft werden. Besonders häufigan Wochenenden. Wenn es heikelwird, so habe ich die Erfahrunggemacht, bewährt es sich, eineDrittperson beizuziehen, welche dieSituation in der Regel entschärfenkann. Ich erinnere mich an einenbesonders krassen Fall, als eine Frau bei einer Kontrolle völlig ausgeras-tet ist und auf mich einschlug undmir mehrmals ins Gesicht spuckte.Ausserdem schimpfte sie mich einenHurensohn und drohte, mich zu tö-ten. Ich habe mir in meiner Tätigkeit zwar eine dicke Haut zugelegt, aber so etwas lasse ich mir nicht gefallen.Wir haben schliesslich das Recht,uns gegen solche Übergriffe zu wehren. Ich habe deshalb Anzeigegegen die Person erstattet wegenBeleidigung und Bedrohung. Inden meisten Fällen handelt es sichaber um harmlosere Beschimpfun-gen und Provokationen, die michkalt lassen. Ich weiss, dass sie nicht mir persönlich gelten, sondern der Staatsgewalt, die ich repräsentiere.»

Alexandra Blattner, GWK II«Werden auf Uniform reduziert»«Übergriffe reichen von verbalenBeschimpfungen und Beleidigungenüber Drohungen bis hin zu Hand-greiflichkeiten. Spontan fällt mir beispielsweise ein Mann ein, der sichbeim Wegfahren mit dem Stinkefin-ger verabschiedet hat. Zur Tagesord-nung gehören solche Provokationenglücklicherweise nicht, dennoch sindsie aber auch keine Einzelfälle.Für die Reisenden sind wir Beam-te und Autoritätspersonen. Daher reduzieren sie uns oft nur auf unsereUniform, und sie nehmen denMenschen dahinter gar nicht wahr.Ich versuche, mich durch Beschimp-fungen und andere Aggressionenmöglichst nicht kränken zu lassen.Oft können Provokationen durch einruhiges, aber überzeugendes Auftre-ten und einen freundlichen Kom-munikationsstil vermieden werden.Obwohl persönliche Beleidigungenund Beschimpfungen grundsätzlichstrafbar sind, lohnt sich eine Ausein-andersetzung kaum. Bagatellisierendarf man solche Vorkommnissedeswegen aber nicht. Bei massivenverbalen Übergriffen, Drohungenund Tätlichkeiten ist es unbedingt notwendig, die Täter strafrechtlich zu verfolgen.»

«Zusätzlich musste ich Angaben zu meinen Eltern machen,was den Schikanen die Krone aufsetzte. Haben die SchweizerAmts-Angestellten nichts Besseres zu tun?»*

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DOSSIERS

Von Urban Riedi, Project Manager Stv RM90; OZDEine wichtige und grösstenteils bereits produktive Komponente vone-dec ist das «Neue computerge-stützte Transitsystem» NCTS, das der Zollabfertigung von Export- undTransitwaren dient. Im Rahmen des Projektes «Redesign Zollmodell 90»(RM90) entsteht zudem ein neues Importmodul: «e-dec Import».

Zollmodell 90: nur noch bis Ende2005Eine abgespeckte Version von «e-dec Import» wird im Rahmen eines Pilotbetriebs bei den Zollinspekto-raten Aarau und St. Margrethen imHerbst 2004 erstmals zum Einsatz kommen. Parallel dazu wird «e-decImport» auf die volle Funktionalität erweitert und anschliessend schritt-weise einem grösseren Kundenkreis sowie weiteren Zollstellen zugänglichgemacht. Per 1. Januar 2006 wird«e-dec Import» das Zollmodell 90 Einfuhr sowie die zollinterne Lösung(ZIL) vollständig ersetzen.

Neue MöglichkeitenWichtige Merkmale von «e-decImport» sind beispielsweise diekomplett neu gestaltete Benutzer-oberfläche (GUI) oder die Erfassungvon Kontrollbefunden im IT-System,wodurch unter anderem eine wir-

Elektronische Zollabfertigung

e-dec –CargoProcessingbySwiss CustomsUnter dem Label e-dec entsteht bei der Eidgenös-sischen Zollverwaltung eine neue Plattform für dieelektronische Zollabfertigung von Waren (CargoProcessing). Ziel dieses Vorhabens ist es, bestehen-

kungsvolle Risikoanalyse und ein ef-fi zientes Reporting ermöglicht wird.Kundenseitig zeichnet sich «e-decImport» durch die Möglichkeit aus,Korrekturdeklarationen zu übermit-teln, elektronische Zoll- und Mehr-wertsteuer-Ausweise zu empfangensowie durch weitere Features.

Mit «e-dec Import» wird die Zoll-verwaltung ein leistungsstarkes, effi-

Fiorenzo Falconi

Haben an der Benutzeroberfläche von «e-dec Import» mitgearbeitet:(hintere Reihe von links) Urban Riedi (OZD, Sektion Organisation), Pascal Pil-lonel (OZD, Sektion Organisation), Egon Albrecht (ZI Aarau), Martin Haag (ZIKreuzlingen), Gilbert Hutter (ZI Zürich), Turabi Köse (Bundesamt für Informa-tik); vordere Reihe von links: René Odermatt (ZI Kreuzlingen, DA St. Gallen);Sylvain Maudamey (ZI Basel-Weil Autobahn); Michèle George (ZI ChiassoStrada), Ruth Schlub (ZI St. Margrethen), Alexandra Rüegger (ZI Rheinhäfen-Basel), Michael Marugg (ZI Zürich-Flughafen)

de elektronische und formulargebundene Abferti-gungssysteme weitgehend zu ersetzen und dadurchdas Angebot zu straffen.

Per 1. Januar 2006 wird «e-dec Import» das Zollmodell 90 Einfuhr sowie die zollinterneLösung (ZIL) vollständig ersetzen.

zientes sowie kunden- und benut-zerfreundliches Werkzeug für dieZollabfertigung von Importwarenanbieten.

Nähere Informationen zu «e-decImport» finden Sie unter www.e-dec.ch. Ausserdem steht Ihnen das Project Team für detailliertere Aus-künfte gerne zur Verfügung.

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DOSSIERS

In KürzeRILO-Arbeitstreffen in ZürichAnfang Juni haben sich Vertreter der «Regional Intelligence LiaisonOffices» (RILO) Westeuropa zum 7.Arbeitstreffen in Zürich versammelt.Die Verbindungsbüros sind von der Weltzollorganisation (WZO) ins Lebengerufen worden, um den Informati-onsaustausch und die Zusammenar-beit zwischen den Zollverwaltungenund ihren Partnerorganisationen zu fördern. RILO-Mitarbeitende sindbeauftragt, Informationen zu allenmöglichen Zoll-Delikten zu beschaffenund auszuwerten. Beim zweitägi-gen Anlass in Zürich ging es primär darum, Standortbestimmungen beilaufenden Projekten vorzunehmenund Arbeitsschwerpunkte für das kommende Jahr zu definieren. Ins-gesamt nahmen Vertreterinnen undVertreter aus 20 Ländern daran teil.Für die Durchführung zeichnete dieEZV verantwortlich.Andrea Canonica, OZD

Das GWK gewährt den ausländischenGästen einen Einblick in seine Arbeit.

Erklärt von Daniel Hug, SektionZollbegünstigungen-Ausfuhrbeiträ-ge-Veredelungsverkehr, OZDZölle haben ursprünglich zwei Funk-tionen: Einerseits dienen sie dazu,dem Staat Einnahmen zu beschaf-fen (Fiskalzölle), andererseits sollensie die heimische Wirtschaft vor ausländischer Konkurrenz schützen(Schutzzölle). Zölle werden jedochnur erhoben, wenn die eingeführtenWaren endgültig in den nationalenWirtschaftskreislauf gelangen. Wenneine Ware nur vorübergehend zur Herstellung von Veredelungsproduk-ten eingeführt wird, gibt es dafür Zollbefreiungen oder Zollermässi-gungen. Gleiches gilt für inländi-sche Waren, die Unternehmen imAusland veredeln lassen.

Aktiv und passivZu unterscheiden ist zwischenaktivem und passivem Veredelungs-verkehr (AVV und PVV). Beim AVVwerden ausländische Rohstoffeeingeführt und nach deren Be- oder Verarbeitung durch inländischeUnternehmen wieder ausgeführt.Die inländische Wirtschaft wird also«aktiv». Ein Beispiel dafür ist die vo-rübergehende Einfuhr von Gewebezum Besticken. Beim PVV werdeninländische Waren im Auftrag vonSchweizer Unternehmen im Auslandbe- oder verarbeitet und anschlies-send wieder importiert. Die inlän-dische Wirtschaft bleibt «passiv».Ein Beispiel dafür ist die Herstellungvon Schlagrahm in Spraydosen aus inländischem Flüssigrahm.

Zoll-ABC: Folge II –«Der Veredelungsverkehr»

Existenziell für Nahrungsmittel-industrieDer Veredelungsverkehr findet heuteüberwiegend bei landwirtschaftlichenRohstoffen oder Produkten Anwen-dung. Der AVV wird im Agrarbereichgewährt, wenn gleichartige Wa-ren im Inland nicht in genügender Menge verfügbar sind oder wennsich der Preisnachteil der inländischengegenüber den ausländischen Roh-stoffen nicht durch andere geeigneteMassnahmen (Ausfuhrbeiträge nachdem «Schoggigesetz» oder privat-rechtliche Beiträge von Branchenor-ganisationen) ausgleichen lässt. EinBeispiel dafür ist die vorübergehendeEinfuhr von Salami zur Herstellungvon Fertigpizzas. Die Verwendung in-ländischer Salami würde die preislicheKonkurrenzfähigkeit der Fertigpizzaim Ausland verringern, und für Sala-mi stehen keine anderen geeignetenMassnahmen zur Verfügung. Dies zeigt, dass der AVV für die Schweizer Nahrungsmittelindustrie existenziellist. Im Industriesektor hingegen hat der Veredelungsverkehr wegen der zollfreien Einfuhr auf Grund der Frei-handelsabkommen und der Zollprä-ferenzen für Entwicklungsländer anBedeutung verloren.

Daniel Hug

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DOSSIERS

Wie lange arbeiten Sie schon für den Zoll, und welches waren Ihrewichtigsten Stationen?

Ich bin am 16. Juli 1973 zur Zollver-waltung gekommen und arbeitetebei den Zollämtern Zürich-Frachtgut und Zürich-Flughafen. Bereits nachder 2. Fachprüfung wechselte ich1980 zum Untersuchungsdienst Zürich (UD). 1981 wurde ich zumGruppenchef ernannt, 1991 zumStellvertreter des Chefs UD, 1994zum Chef UD und 1996 zum Sekti-onschef Untersuchung gewählt.

Welche Ziele haben Sie sich per-sönlich im neuen Amt gesetzt?

Ich denke und arbeite teamorien-tiert und wünsche mir von alleneine offene Kommunikationskultur.

Von den Chefs erwarte ich eineFührung mit Respekt und Vertrau-en. Wertschätzung und interessanteArbeitsinhalte sind dabei wichtigeVoraussetzungen. In der Einarbei-tungsphase stehen persönlicheGespräche und Begegnungen imVordergrund. Detailliertere Aus-sagen werde ich dann nach 100 Tagen machen können.

Was sind aus Ihrer Sicht die wich-tigsten Herausforderungen für den Zollkreis II?

Der neue Job fasziniert mich, weildie vielfältigen Aufgaben eineechte Herausforderung bedeuten.Stichworte sind: Leistungsauftrag/Leistungsvereinbarung, Leitbild, Bi-laterale II, Zukunft etc. Ich will nicht

alles auf den Kopf stellen, sondernauf der soliden Grundlage weiter aufbauen. Es ist mir aber auch klar,dass keine Organisation so gut ist,dass man sie nicht noch verbessernkönnte. Prozesse und Organisationmüssen so geschaffen sein, dass diean uns gestellten Erwartungen imbesten Verhältnis zwischen Aufwandund Wirkung erfüllt werden können.Dabei wird das Umfeld und die stets knapper werdenden Ressourcen analle hohe Anforderungen stellen.

«3 Fragen an...»Hanspeter Hefti, neuer Direktor Zollkreis II

Info-Grafik: Welthandel 1990 – 2003:Exportanteil und Rang der Schweiz

Gemäss Berechnungen des WTO-Sekretariats wurden im Jahr 2003global Waren für rund 7’482 Mrd.USD exportiert. Die Schweiz be-legte dabei mit einem Anteil von1,3% Rang 20 in der Liste der weltgrössten Exportnationen. Der Anteil unseres Landes hat sich inden vergangenen Jahren fortlau-fend verringert. So machten dieschweizerischen Exporte im Jahr

1990 noch 1,8% aller weltweitenAusfuhren aus, was immerhin Platz 14 in der Weltrangliste entsprach.Die kontinuierliche Rückstufungin diesem Zeitraum liess sich trotz des Anstiegs der schweizerischenWarenexporte um durchschnittlich3,6% pro Jahr nicht abwenden. Der Welthandel verzeichnete derweilein durchschnittliches Exportwachs-tum von 6,2% pro Jahr.

2.0

1.6

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GWK im Einsatz für EurodouaneErstmals hat 2003 auch das GWK anMissionen von Eurodouane teilge-nommen. Insgesamt waren siebenGrenzwächter in Tschechien, Polenund Ungarn im Einsatz. Unter ihnenauch Wachtmeister Alfred Burla, Chefder mobilen Autorevisionsequipe IILysbüchel, und Stefan Hostettler, ehe-maliger Betäubungsmittel-Kreiskoor-dinator I (im Bild rechts). Eine Wochelang waren sie in Prag, wo sie für Zöll-nerinnen und Zöllner einen Weiter-bildungskurs durchführten. Themen:mobile Autorevision, Schmuggelver-stecke in PWs und LKWs etc.

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003

Anteil in %

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10 Forum Z. 2/2004

Schengen: Grenzwächter bleibenAuch mit Schengen werden ander Schweizer Grenze weiterhinGrenzwächterinnen und Grenzwäch-ter stehen. Weil wir nicht Mitgliedder EU-Zollunion sind, werden dieWarenkontrollen beibehalten. Des-halb können bei der Erfüllung der Zollaufgaben auch Personenidenti-täts-Feststellungen vorgenommenwerden. Das Schengener-Überein-kommen untersagt lediglich syste-matische und verdachtsunabhängigePersonenkontrollen auf der Grenze,nur auf Grund der Tatsache, dass jemand die Grenze überschreitet.Sicherheits- und kriminalpolizeilichmotivierte Kontrollen sind dagegenweiterhin möglich, sofern ein be-gründeter Anfangsverdacht besteht.Im Landesinnern bestehen auf Grundvon Schengen keine Einschränkun-gen bei der Durchführung von Perso-nenkontrollen. Mit Schengen erhält

EU-Schweiz

Bilaterale Abkommen und der Zoll:Worum gehts?Nach Abschluss der Bilateralen Verhandlungen IImit der EU steht nun die innenpolitische Umset-zung der insgesamt neun Dossiers an. Bei dreienist auch die Zollverwaltung betroffen: «Schengen»,

«Betrugsbekämpfung» und «Verarbeitete Land-wirtschaftsprodukte». Forum Z. sagt, worum es beidiesen Abkommen geht.

die Schweiz zudem Zugriff auf das computergestützte FahndungssystemSIS. Davon erhofft man sich eineeffi zientere grenzüberschreitendeVerbrechensbekämpfung.

Betrugsbekämpfung: Mehr Mög-lichkeiten der ZusammenarbeitDas Betrugsabkommen regelt dieZusammenarbeit bei der Bekämp-fung des Schmuggels und andererDelikte im Bereich der indirektenSteuern (Zollabgaben, Mehrwertsteu-er, Verbrauchssteuern wie z. B. aufTabak und Alkohol), der Subventio-nen und des öffentlichen Beschaf-fungswesens. Im Bereich der indi-rekten Fiskalität wird erstmals einegenerelle Zusammenarbeit statuiert.Zwangsmassnahmen wie Zeugen-einvernahme, Hausdurchsuchung,Beschlagnahmung oder Einsicht inBankkonten werden für den ersu-chenden Staat unter den gleichen

Voraussetzungen vollzogen wie nachschweizerischem Recht in einemschweiz-internen Verfahren. Damit wird auch Amts- und Rechtshilfe ingrösseren Fällen von Abgabenhin-terziehung (ab einem Betrag von25’000 Euro) geleistet.

Verarbeitete Landwirtschaftspro-dukte: Weniger Zolleinnahmenund Einsparungen bei Ausfuhrbei-trägen und ZollrückerstattungenVerarbeitete Landwirtschaftsproduk-te nehmen eine Sonderstellung einzwischen Industrie (Freihandel) undLandwirtschaft (Agrarschutz). Dankdem Abkommen können Schweizer Unternehmen der Nahrungsmit-telindustrie künftig Produkte wieSchokolade, Biskuits oder Teigwarenzollfrei in die EU exportieren. Die EUverzichtet zudem auf Exportsubven-tionen. Im Gegenzug reduziert dieSchweiz entsprechende Zölle. DieAusfuhrbeiträge werden für Exportein die EU gekürzt und die Zollrücker-stattung für z.B. Zucker nicht mehr gewährt. Dank der höheren Wettbe-werbsfähigkeit der verarbeitendenNahrungsmittelindustrie kann dieSchweizer Landwirtschaft, welche dieRohstoffe liefert, ihren Absatz besser sichern oder sogar steigern. DieEinsparungen bei Ausfuhrbeiträgenund Zollrückerstattungen betragenrund 60 Mio. Franken. Im Gegenzugvermindern sich die Zolleinnahmenum rund 100 Mio. Franken.

DOSSIERS

Dank der höheren Wettbewerbsfähigkeit der verarbeitenden Nahrungsmit-telindustrie kann die Schweizer Landwirtschaft, welche die Rohstoffe liefert,ihren Absatz besser sichern oder sogar steigern.

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11Forum Z. 2/2004

AKTUELL

Von Walter PavelDie Öffentlichkeitsarbeit bei Zollund Grenzwache richtet sich nachdem Grundsatz «so dezentral wiemöglich, so zentral wie nötig». Dies gilt in zweifacher Hinsicht: Personellsind für die Öffentlichkeitsarbeit inder EZV primär die fachlich zustän-digen Mitarbeiterinnen und Mitar-beiter verantwortlich. Das heisst: DieInformation ist zu einem grossenTeil Aufgabe der Linie. Dies weil dieKommunikationsinhalte und dieentsprechende Sachkompetenz beiden Mitarbeitenden der verschiede-nen Fachabteilungen liegen. Sie sindes auch, die mit ihren Zielgruppenin Kontakt stehen. So soll sicherge-stellt werden, dass die Informationfachlich kompetent erfolgt. Geogra-fi sch hängt die Informationsaufgabedavon ab, ob eine Botschaft von(inter)nationaler oder regionaler Bedeutung ist.

Bei internationalen und natio-nalen Angelegenheiten informiert grundsätzlich die Oberzolldirektion.Auf regionaler und lokaler – auchgrenzüberschreitend – Ebene sind dieZollkreisdirektionen verantwortlich.Beim GWK sind dies die Komman-danten.

Netzwerk mit Informationskoor-dinatorenGleichzeitig mit dem neuen Kommu-nikationskonzept wird ein Netzwerkmit so genannten Informationskoor-

Öffentlichkeitsarbeit

So dezentral wie möglich –so zentral wie nötigDie Eidg. Zollverwaltung (EZV) hat ein neues Kom-munikationskonzept. Danach ist primär die Liniefür die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Unterstützt werden die Verantwortlichen in den verschiedenenFachdiensten durch ein Netzwerk von Informati-

onskoordinatoren in der Oberzolldirektion, denZollkreisen und in den Grenzwachtkommandos. ImUnterschied zu anderen Bundesämtern gibt es beiZoll und Grenzwache auch künftig keinen zentralenPressesprecher.

dinatoren in der Oberzolldirektion,den Zollkreisen und in den Grenz-wachtkommandos etabliert. DerenAufgabe ist es, die Fachdienste insämtlichen Belangen der Öffentlich-keitsarbeit zu unterstützen. Die In-formationskoordinatoren sind zudemerste Anlaufstelle für Anfragen vonMedienschaffenden. Das Netzwerksoll auch dazu beitragen, dass der In-formationsaustausch bei der Öffent-lichkeitsarbeit in der geografi sch undorganisatorisch weit verzweigten EZVverstärkt wird.

Konzept plus HandbuchIm Intranet (Rubrik «Informationen»> «Kommunikation») steht denMitarbeitenden in der Rubrik «Infor-mationen» ausserdem eine Kommu-nikationsplattform für die Öffent-

lichkeitsarbeit zur Verfügung. Nebendem Kommunikationskonzept ist hier das «Handbuch für die externe Kom-munikation der EZV» zu finden.Dieses enthält detaillierte Angabenzum Vorgehen bei wichtigen Aufga-ben der Öffentlichkeitsarbeit und sollin Zukunft laufend ergänzt werdenmit Tipps, Adressen und Checklisten.

Auch mit dem neuen Konzept – wichtigste Aufgabe der Kommu-nikation der EZV ist und bleibt, dazu beizutragen, den grenzüberschrei-tenden Verkehr von Personen undWaren so reibungslos wie möglich zu gestalten und dazu unseren «Kun-den» die nötigen Informationen zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitiggeht es aber auch darum, vermehrt aufzuzeigen, welche Aufgaben Zollund Grenzwache wahrnehmen.

Die Kommunikation des Zolls soll dazu beitragen, den grenzüberschreitendenVerkehr von Personen und Waren so reibungslos wie möglich zu gestalten.

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12 Forum Z. 2/2004

AKTUELL

Herr Uster, flache Hierarchien sindIhnen ein Dorn im Auge. Wiesoeigentlich?

Rolf Uster: Beim Abbau von Hierar-chiestufen handelt es sich doch umreine Sparmassnahmen. Es werdenimmer mehr Aufgaben delegiert,und der Druck auf die Mitarbei-tenden nimmt zu. In anderenVerwaltungen ist man auf Grundschlechter Erfahrungen wieder vonflachen Hierarchien abgekommen.Ein gravierender Nachteil besteht darin, dass Verantwortlichkeitenverwischt werden. KürzereWege zu den Chefs sind grundsätzlich zu be-grüssen, doch dafür müssen nicht Hierarchiestufen abgebaut werden.

Rudolf Dietrich: Seit ich Ober-zolldirektor bin, sind keine Hierar-chiestufen abgebaut worden.Wir haben nach wie vor die Oberzoll-direktion, die Kreisdirektionen unddie Zollämter. Das bleibt vorderhandauch so. Trotzdem ist diese Dreitei-lung nicht in Stein gemeisselt. Solltesich das Umfeld einschneidend ver-ändern, müssen wir reagieren. Diezahlreichen bisherigen Reorganisati-onen waren stets Zusammenfassun-gen von Organisationseinheiten.

Auch sonst kritisiert garaNto ei-niges an der Geschäftspolitik der EZV. Das Zollpersonal sei verun-sichert. Was bereitet am meistenSorgen?

Uster: In erster Linie die Sparpro-gramme des Bundes. Kommt es zu

Streitgespräch

«Alle sind gefordert»An der letzten Delegiertenversammlung ist RolfUster, Dienstchef beim Zollamt Muttenz, zum neuenZentralpräsidenten von garaNto, der Gewerkschaft des Zoll- und Grenzwachtpersonals, gewählt wor-

den. Früher bereits hat sich Rolf Uster als scharfer Kritiker der EZV-Geschäftspolitik einen Namengemacht. Forum Z. hat ihn zum Streitgespräch mit Oberzolldirektor Rudolf Dietrich aufgefordert.

Entlassungen?Werden Arbeitsplät-ze verschoben? Leidet die Arbeits-platzqualität? Das sind die Fragen,die uns unter den Nägeln brennen.Bereits heute haben wir zuwenigPersonal, um die ständig steigen-den Anforderungen zu bewältigen.Wird weiter abgebaut, nimmt der Druck noch mehr zu. Die Geschäfts-leitung soll Farbe bekennen undsagen, wo die Limite beim Personal-bestand liegt. Mit wie vielen Stellenlässt sich der Aufgabenvollzug nochgewährleisten? Beunruhigend ist auch das Tempo, mit der die EZVständig neue Reorganisationspro-jekte lanciert. garaNto stellt sichnicht gegen eine Modernisierung,es besteht aber die Gefahr, dass sich die EZV bald mehr mit sichselbst beschäftigt, anstatt sich

ihrem Kerngeschäft zu widmen.Dazu kommen Unsicherheiten vonpolitischer Seite. Ich denke da etwaans Thema Zollunion, das immer wieder aufs Tapet gebracht wird.

Dietrich: Der Spardruck ist enorm.Beim zivilen Personal müssen wir bis 2008 rund neun Prozent einsparen.Das bereitet auch mir grosse Sor-gen. Diese Sparmassnahmen umzu-setzen, wird äusserst schwierig. Ichbetone aber – bei uns stehen weder Entlassungen noch Lohnkürzungenzur Diskussion. Der Abbau soll über natürliche Abgänge erfolgen.

Uster:Wie aber sollen wir dennunsere Aufgaben noch erfüllen,wo wir doch heute schon zu wenigPersonal haben?

Rolf Uster

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13Forum Z. 2/2004

Dietrich: Wir müssen unserenAuftrag mit den Mitteln erfüllen,die uns die Politik zubilligt. Das macht es auch so schwierig, eineSchmerzgrenze beim Personalbe-stand zu definieren. Die Aufgabenkönnen wir nicht reduzieren, wohlaber die Dienstleistungen. Mit demEntlastungsprogramm 04 werdenwir auch über Öffnungszeiten vonZollämtern und über Kontrolldichtediskutieren müssen. Ich rechne bis 2008 mit etwa 450 Stellen weniger inklusive GWK. Damit können wir nicht mehr dasselbe leisten wievorher. Davon werden in erster Linieunsere Partner in der Wirtschaft betroffen sein. Wir können deshalbnur immer wieder darauf hinwei-sen, welche negativen Konsequen-zen ein Dienstleistungsabbau beimZoll für Dritte hat.

Uster: Mich beunruhigt, dass dieEZV quasi einen Abbau auf Vorrat betreibt und zum Beispiel das EU-Szenario – zehn Zollämter in der ganzen Schweiz ohne Kreisdirekti-onen – weiter verfolgt. Bei Zoll undGWK gibt es überwiegend Mono-

polberufe. Für Mitarbeitende, die insolchen Berufen arbeiten, wäre einStellenwechsel schwierig. Die Perso-nalpolitik der EZV muss berechen-bar bleiben, sonst wird früher oder später zwangsläufig die Qualität der Arbeit leiden.

Weniger Geld, weniger Personal– immer mehr zu tun. Kann der Zoll unter diesen Umständentrotzdem ein attraktiver Arbeit-geber bleiben?

Dietrich: Zunächst möchte ichfesthalten, dass unsere Aufgabenweder von der Politik noch der Wirtschaft in Frage gestellt werden.Das gilt sowohl für den Fiskal- wieden Sicherheitsbereich. Sowohlfür Waren- wie Personenkontrol-len. Das EU-Szenario stammt von 1992. Seither haben sich dieRahmenbedingungen grundlegendgeändert. Zum Beispiel sind Zölle inVerbrauchssteuern umgewandelt worden. Gleichzeitig hat auch dieinternationale Zusammenarbeit bei den Untersuchungsdiensten anBedeutung gewonnen. Das Szena-rio ist nicht mehr ganz aktuell. Der

EU-Beitritt wäre für den Zoll sicher eine Mega-Veränderung. Unser gut ausgebildetes Personal braucht aber davor nicht Angst zu haben.

Uster: Es wäre zu begrüssen, wennwir dazu auch verbindliche Aussa-gen von unserem Departements-chef bekommen würden. Denn derDruck auf den öffentlichen Dienst generell hat enorm zugenommen.Wir erwarten, dass harte Massnah-men offen kommuniziert werden.Befremdend ist, dass es demZoll- und GWK-Personal auf Grundseiner besonderen Bedeutung für Staat und Wirtschaft gesetzlich ver-boten ist, zu streiken. Wenn es aber darum geht zu sparen, relativiert sich diese Bedeutung plötzlich. Dawird einfach nicht mit gleich langenEllen gemessen.

Dietrich: Alle müssen sparen– auch der Zoll. Die Zeiten sindschwierig, der Kuchen wird kleiner.Alle sind gefordert, umso mehr sindwir auf die Einsatzbereitschaft jedes einzelnen Mitarbeiters, jeder ein-zelnen Mitarbeiterin angewiesen.Ziel unserer Geschäftspolitik ist es seit jeher, die Aufgaben so rationellwie möglich zu bewältigen. Dies ist der Grund, weshalb wir uns laufendreorganisiert haben – und nicht we-gen eines allfälligen EU-Beitrittes.Hätten wir das nicht getan, wärendie Entlastungsprogramme nochviel schwieriger, wenn überhaupt,zu bewältigen. Wir haben nicht aufdie Entlastungsprogramme gewar-tet, sondern uns aus eigenem An-trieb modernisiert und – gemessenauch an der Zunahme der Aufga-ben und des Verkehrs – riesige Pro-duktivitätsschritte erzielt. Dies gibt mir die Zuversicht, dass wir auchfür die kommenden Veränderungengut gerüstet sind.

Rudolf Dietrich

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14 Forum Z. 2/2004

AKTUELL

Man spricht von einem Stellenab-bau von bis zu 9% bis 2008. Wiewerden sich die Sparmassnahmenauf den Betrieb in Ihrem Zollamt auswirken?

Ruedi Flükiger, Basel/Weil-Auto-bahn: Ein Abbau in dieser Grös-senordung ist nur mit einem Verzicht auf die Erfüllung von bisherigenAufgaben und Dienstleistungenmöglich. Wir sind in vielen Bereichenextrem schalterabhängig und kön-nen mit einer weiteren Senkung der bisher schon tiefen Kontrollquotenkaum noch Personal einsparen. Dazu haben wir in den ersten Monaten2004 über zehn Prozent mehr Lastwagen als 2003 abgefertigt.Für mich ist es derzeit unvorstellbar,bei einem Abbau von 15 Stellenweiterhin unsere Kernaufgaben zu erfüllen. Es sei denn, man nimmt inKauf, dass wir die gute und notwen-dige Zusammenarbeit mit unserenPartnern gefährden.

Kurt Wyss, Thayngen: Ein Stel-lenabbau von bis zu neun Prozent hätte auf das grösste Strassenzoll-amt des II. Zollkreises einschneiden-de Auswirkungen. Mit dem Verlust von sieben Stellen wären wir nicht mehr in der Lage, die Dienstleis-tungen im heutigen Umfang zu bieten. Wir wären gezwungen, dieÖffnungszeiten – heute von 05.00 bis 22.00 Uhr – massiv einzuschrän-ken. Für den Wirtschaftsstandort Schweiz hätte dies gravierendeAuswirkungen. Kontrolltätigkeitenmüssten auch bei Risikowaren auf

Sparmassnahmen in den Zollämtern

Ist der gesetzliche Auftragnoch zu erfüllen?Der Zoll ist im Umbruch: Leistungsauftrag, Reorga-nisationsprojekte, Sparmassnahmen etc. Vier Zollin-

spektoren sagen, wie sie die Veränderungen wahr-nehmen und wo sie der «Schuh ammeisten drückt».

ein nicht mehr tolerierbares Mass reduziert werden. Die gesetzlicheAuftragserfüllung wäre in Fragegestellt.

Claude Chatton, Genève-Aéro-port: Wegen Personalengpässenkommt es schon heute vor, dass wir uns auf Kosten der Kontrollauf-gaben vermehrt auf Dienstleistun-gen für unsere Wirtschaftspartner konzentrieren müssen. Ein weitererStellenabbau würde sich sowohl aufden Waren- als auch den Reisen-denverkehr negativ auswirken:kürzere Öffnungszeiten, weniger Kontrollen. Das Betrugsrisiko würdezwangsläufig zunehmen. Ange-sichts der angespannten finanziel-len Lage wäre das völlig kontrapro-duktiv. Hinzu kommt: Je weniger Kontrollen stattfinden, destoweniger werden sie akzeptiert.

Walter Soldati, Chiasso Ferrovia:Eine solche Reduktion hätte ein-schneidende Auswirkungen auf dieVerzollungen und die Organisation.Da in diesen Bereichen schon in denletzten Jahren sehr viel rationalisiert wurde, ist der Spielraum äusserst gering. Wird das laufende Re-strukturierungsprojekt wie geplant umgesetzt wäre eine Reduktion zu verkraften. Der Hauptzweck des

Projektes besteht jedoch nicht da-rin, Personal einzusparen, vielmehr streben wir mehr Effi zienz und einebessere Organisation an.

Abgesehen von den Sparmassnah-men, wo drückt der Schuh sonst noch?

Flükiger: Fast täglich bin ich mit kleineren und grösseren Proble-men konfrontiert und stosse dabeiöfters an Grenzen. Aber geradediese ständige Herausforderungist spannend. Die möglichst ge-rechte Umsetzung der Vorgabenfür die Personalbeurteilung unddas Mitarbeitergespräch bereitendem gesamten Kader BWA Mühe.Wir haben 170 in Rotation ein-gesetzte Mitarbeitende mit vielenunregelmässigen Diensten undständig wechselnden Unterstel-lungsverhältnissen. Dies verursacht viel Kommunikations- und Koordi-nationsaufwand. Sorgen bereitenimmer mehr auch Mitarbeitendemit persönlichen Problemen, weilsich diese auf die Arbeit auswirken.Dazu kommen die ständigen LKW-Stauprobleme.

Wyss: Durch die EU-Erweiterungist der Preisdruck auf das Spediti-onsgewerbe wesentlich gestiegen.Die Fahrer werden zu noch höhe-

«Ein Abbau in dieser Grössenordung ist nur mit einem Verzicht auf die Erfüllung von bisherigenAufgaben und Dienstleistungen möglich.»

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15Forum Z. 2/2004

ren Leistungen angetrieben, was zwangsläufig in vielen Fällen zu Gesetzesübertretungen führt. Wir sind in diesem Bereich gezwungen,mit der Polizei vermehrt gezielteKontrollen vorzunehmen.

Chatton: Die Zunahme von ad-ministrativen Aufgaben, die nicht direkt mit unserer Arbeit zu tunhaben, ist enorm: Wir verfassenStudien, Berichte, machen Aufstel-lungen usw. Manchmal habe ichdas Gefühl, wir könnten auch ohneden Verkehr ständig arbeiten. Dazu kommt die Ungewissheit, ob die Ar-beitsplätze im Postverkehr in Genferhalten bleiben.

Soldati: Das Personal ist hin undher gerissen: Einerseits schätzt man die modernen Zollverfah-ren wie ZE, NCTS, risikogerechteKontrollen etc., durch die einemmehr Verantwortung übertragenwird. Anderseits ist es frustrierendzu sehen, dass solche Übungenzu einer eigentlichen Erosion der Arbeitskräfte führen. Als Leiter binich froh, vermehrt unternehmerischhandeln zu können, ich befürchtejedoch, dass dies mit der Zeit zu einer eigentlichen Konkurrenz unter den Inspektoraten ausarten könnte.

Was hat sich in Ihrem Zollamt inden letzten Jahren am meistenverändert?

Flükiger: Erstens: Die Einführungder LSVA im Jahr 2001 mit 36 neuen Mitarbeitenden hat einengrossen Motivationsschub gegeben.Ausserdem konnten wir dadurcheine völlig neue Organisationaufbauen. Zweitens: Das neue

Bundespersonalgesetz mit denLeistungslohnelementen räumt uns ZA-Leitern mehr Kompetenzen ein.Drittens: Die konsequente Umstel-lung auf zielorientiertes Handelnmit Handelswarenkontrolle undLeistungsvereinbarung.

Wyss: Mit der flächendeckendenEinführung von EDV-Mitteln hat dieEZV einen Quantensprung voll-bracht. Die Arbeit kann bedeutendeffi zienter erfüllt werden. Die mo-dernen Zollverfahren haben für dieSchweizer Wirtschaft wesentlicheVereinfachungen gebracht. Unsereprozessorientierten Teams habenheute viel mehr Kompetenzen undVerantwortung wahrzunehmen.Jeder einzelne Mitarbeiter im Teamist gefordert, die vorgegebenen Zie-le zu erfüllen. Nicht mehr Quotenzählen, sondern der Output.

Chatton: Im Vergleich zu früher ist die Führungsaufgabe anspruchsvol-ler und arbeitsintensiver geworden.Der Einsatz von EDV ist markant gestiegen, was viele Prozesse ver-ändert hat. Zugenommen hat aber auch der entsprechende Aufwandfür die Schulung des Personals.

Soldati: Wir haben uns in den letz-ten Jahren vom reinen Bahn-Zoll-inspektorat zu einem Inspektorat gewandelt, dem vorwiegend ZE/ZAunterstellt sind. Logistisch gesehenist die Situation derzeit alles andereals optimal. Die dezentrale Struktur mit verschiedenen Abteilungen ist heute nicht mehr effi zient. Dieses Problem werden wir aber mit der vorgesehenen Restrukturierunglösen.

Claude Chatton

Ruedi Flükiger

Walter Soldati

Kurt Wyss

«Jeder einzelne Mitarbeiter im Team ist gefor-dert, die vorgegebenen Ziele zu erfüllen. Nicht mehr Quoten zählen, sondern der Output.»

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16 Forum Z. 2/2004

AKTUELL

wp. Darf der Chef meine E-Mails kontrollieren? Warum erfolgt dieFerienzuteilung in den einzelnenGrenzwachtabschnitten nach unter-schiedlichen Kriterien? Was passiert mit den Dienstwohnungen? War-um habe ich als Grenzwächter eineAufforderung erhalten, Wehrsteuer zu zahlen? Dutzende solcher Fragenhaben der Präsident von garaNtoRomandie, Philippe Hamann, und seinStellvertreter, Michel Bachar, in denletzten Monaten erhalten. Vor etwas mehr als einem halben Jahr haben diebeiden initiativen Gewerkschafter das Projekt «Was macht eigentlich garaN-to?» gestartet. In einem Bulletin in-formieren sie seither regelmässig über Themen, welche die Mitarbeitendenbeschäftigen. Gleichzeitig ist auf der Website (www.garanto-romandie.ch)eine entsprechende Rubrik aufge-schaltet worden, wo man detaillierteUnterlagen zu den einzelnen Fragendes Personals findet.

garaNto-Projekt in der Westschweiz

Informieren und motivierenstatt kommandierenUnter dem Titel «Was macht eigentlich garaNto?»hat die Westschweizer Gewerkschafts-Sektion eineInitiative gestartet mit dem Ziel, die Mitarbeitendenbei allen Fragen rund um die Arbeit zu unterstüt-

zen. Damit sollen der Zusammenhalt des Personals gestärkt und das Arbeitsklima verbessert werden– zur Nachahmung empfohlen.

Gerüchte verunsichern«Das Informationsbedürfnis ist enorm. Wir werden von Fragen über-häuft», sagt Michel Bachar. Geradebeim GWK, das sich im Umbruchbefindet, stellten sich viele Fragen.«Veränderungen schaffen Unsicher-heit, und es entstehen zum Teil wildeGerüchte, die sich negativ auf dieArbeit auswirken. Dem wollen wir begegnen, indem wir objektiv undverlässlich informieren», so der ga-raNto-Romandie-Vizepräsident. Diemeisten Fragen seien exemplarischund deshalb für alle Angestellten vonZoll oder Grenzwache von Interesse.Die Absender der Fragen bleibenanonym, für Bachar eine wichtigeVoraussetzung für das Projekt.

Kommandieren genügt nichtEin anderes Ziel der Initiative besteht laut Philippe Hamann darin, denZusammenhalt unter den Mitarbei-tenden und das gegenseitige Ver-

ständnis zu fördern, und zwar über alle Hierarchiestufen hinweg. Geradejetzt, da man die Sparmassnahmendes Bundes zu spüren bekomme, seidies besonders wichtig. «Das Projekt baut neue Brücken zwischen Vor-gesetzten und der Basis. Die Chefs sind heute vielmehr gezwungen, ihreEntscheide zu erklären. Wer will, dass die Leute ihre Aufgaben kompetent und motiviert erfüllen, muss mehr tun, als nur kommandieren. Mit demProjekt provozieren wir einen Dialog.Es geht aber auch darum, die Leutedafür zu sensibilisieren, was sie imArbeitsalltag unmittelbar betrifft und somit wichtig für ihre Zukunft ist. Nur so können sie sich mit demArbeitgeber identifi zieren.»

Entscheide besser nachvollziehbarDas garaNto-Projekt ist ein Erfolg: Wa-ren früher etwa durchschnittlich 20 Zugriffe pro Monat auf die Website zu verzeichnen, sind es heute bis zu 800.Und die Mitarbeitenden schätzen das Angebot als Forum für Anliegen aller Art. Die Transparenz habe eindeutigzugenommen, und Entscheide seienviel besser nachvollziehbar, meint etwa ein Postenchef. Auch aus demKommando erntet das Projekt Lob.Alain Brenneisen, stv. Grenzwacht-kommandant: «Heute herrscht eineganz andere Diskussionskultur als noch vor ein paar Jahren. Dabei bietet die neue garaNto-Plattform einenzusätzlichen Kanal, um sich mit der Basis auszutauschen.»Philippe Hamann und Michel Bachar

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AKTUELL

Wie sieht die Zusammenarbeit zwi-schen GWK und BFF konkret aus?Gesetzlich geregelt ist die Situation,in der jemand am Grenzposten umAsyl nachsucht. Dazu gibt es entspre-chende Handlungsanweisungen, undwenn diese nicht weiter helfen, steht den Diensthabenden unser Pikett-dienst zur Verfügung. Asylgesuchean der Grenze sind heute allerdings die Ausnahme; die meisten aller Asylsuchenden aus jährlich rund 120 unterschiedlichen Staaten meldensich nach illegalem oder unkont-rolliertem Grenzübertritt bei einer unserer Empfangsstellen in Vallorbe,Basel, Kreuzlingen oder Chiasso.

Wichtige GWK-StatistikenAusserordentlich wichtig sind für uns die Statistiken des GWK über Auf-griffe an der Grenze und das Schlep-perwesen. Sie erlauben uns wertvolleRückschlüsse über Flüchtlings- undWanderungsbewegungen und helfenuns, sich abzeichnende Migrations-trends frühzeitig zu erkennen. Mit der geplanten, detaillierteren Statistikwird dies noch in einem umfassende-ren Ausmass möglich sein.

Fakten für AsylentscheidDas grösste Problem, mit dem wir uns im Zusammenhang mit der irregu-lären Migration heute konfrontiert sehen, ist der Umstand, dass diemeisten Asylsuchenden ohne Identi-tätspapiere einreisen. Sei es, dass sietatsächlich keine haben, diese nicht vorlegen, sie ihnen von Schleppern

Forum-Z.-Gast: Urs Hadorn, BFF-Direktor a.i.

Asyl und GrenzeFlucht, um Schutz vor Verfolgung durch einenanderen Staat zu finden, ist naturgemäss mit demÜberschreiten von Grenzen verbunden. Allein diesesimple Erkenntnis macht deutlich, dass eine engeZusammenarbeit zwischen Grenzpolizei- und Asyl-

behörden die logische Konsequenz ist. Das ist auchin der Schweiz nicht anders, und, um es vorweg zu nehmen: Ich erachte die Zusammenarbeit zwischender Grenzwache und dem Bundesamt für Flüchtlin-ge (BFF) als ausgezeichnet.

zwecks Weiterverwendung abgenom-men wurden oder dass sie diese nachder Einreise in die Schweiz vernichtet haben. Ohne Identität ist aber aucheine Rückführung in einen Heimat-oder Herkunftsstaat nach einemrechtskräftigen ablehnenden Ent-scheid nicht möglich. Auch hier helfenuns die Zollbehörden oft weiter. Vor allem die Resultate des noch nicht lange eingeführten «AutomatisiertenFingerabdruck-Identifikationssystems»(AFIS) an den Grenzstellen und derstichprobenartigen Untersuchungenvon Briefpostsendungen erlaubenes uns immer öfters, Personen zu identifi zieren und deren Asylgesuch

gestützt auf Fakten besser zu beurtei-len oder für sie nach ablehnendemEntscheid die Rückführung zu reali-sieren. Im gleichen Zusammenhangsind wir auch dankbar, dass wir uns immer wieder an die Fachstelle Do-kumente des GWK wenden können,um fragwürdige Identitätspapiere aufihre Echtheit hin zu überprüfen undjährlich rund 20 Mitarbeitende unse-res Amtes in dieser «Wissenschaft»durch die Spezialisten des GWKausbilden zu lassen.

Ich hoffe, im Namen unseres ganzen Amtes, auch in Zukunft aufdiese erspriessliche Zusammenarbeit zählen zu dürfen.

Urs Hadorn

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AKTUELL

Von Peter Siegenthaler, Postenchef,Flughafen Basel-MülhausenIm Gegensatz zu Eheleuten, die sichscheiden lassen und danach getrenn-te Wege gehen können, sind zer-strittene Mitarbeitende gezwungen,weiterhin im selben Umfeld zusam-menzuarbeiten. Genau hier setzt die «Mediation» an: Eine unabhän-gige Person versucht, zwischen denKonfliktparteien zu vermitteln undeine Lösung herbeizuführen, die denInteressen beider Seiten entspricht.Dabei geht es nicht darum – wieetwa vor Gericht – dass die eine Par-tei siegt und die andere unterliegt.Angestrebt wird viel mehr eine Win-Win-Situation. Unter Anleitung des Vermittlers sollen die Beteiligten ihreSicht der Dinge darlegen, offen auf-einander zugehen und einander zu-hören können. So wahren beide ihrGesicht und gehen gestärkt aus demKonflikt hervor. Dies im Unterschiedzu einem Konflikt, der unbewältigt bleibt und so bereits die Basis für einerneutes Zerwürfnis bilden kann.

Vom Familien- bis zum Arbeits-konflikt«Mediation» eignet sich für Konflik-te verschiedenster Art: So etwa beiArbeits-, Familien-, Miet- und Umwelt-konflikten oder bei Scheidungsrege-lungen. Aber auch: in juristischen undpolitischen Auseinandersetzungen (einaktuelles Beispiel ist das Mediationsver-fahren beim Fluglärm-Streit zwischender CH und Deutschland), in Schulenoder gar bei ethnischen Konflikten.

«Mediation»

Neue Wege beim KonfliktmanagementWo Menschen zusammenkommen, entstehenfrüher oder später Konflikte. Beinahe jeden Tagerleben wir solche Situationen, die uns mehr oder weniger belasten. Je nachdem können dadurch un-ternehmerische Ziele gefährdet werden. Konflikte

bieten aber immer auch eine Chance – Beziehungenzu vertiefen sowie sich und andere besser kennenzu lernen. «Mediation» ist eine in den USA entwi-ckelte Methode, um solche Chancen zu nutzen.

Anliegen ernst nehmen«Mediation» kann nur erfolgreichsein, wenn der Arbeitgeber dieseArt von Konfliktlösung unterstützt.Die Betroffenen müssen das Gefühlhaben, dass sich die Vorgesetzten für ihre Anliegen und Sorgen interes-sieren. Die Mitarbeitenden auf allenStufen wollen ernst genommenwerden. Eine tragfähige Lösung lässt sich zudem nur erzielen, wenn beideKonfliktparteien den Einsatz einer Vermittlungsperson befürworten.Steht bereits eine gerichtliche Beur-teilung als «Damoklesschwert» imRaum, dürfte eine «Mediation» nicht zum gewünschten Ziel führen.

Hierarchieunterschiede zwischenden Konfliktparteien sind für eineerfolgreiche «Mediation» kein

Hindernis – im Gegenteil, lassen sichso doch gemeinsame Ziele herausar-beiten. Stellt sich beim Vermittlungs-gespräch heraus, dass der geradeschwelende Konflikt benutzt wird,um vom eigentlichen «Brandherd»,also von den tiefer liegenden Ursa-chen, abzulenken, muss der Media-tor Transparenz schaffen.

Mediation beim Zoll?Der Zoll verfügt über verschiedeneInstrumente, um Konflikte in der täglichen Arbeit anzugehen. «Medi-ation» wäre eine weitere, bewährteMethode, um die Anstrengungen indiesem Bereich zu verstärken.

Literatur:Udo Haeske: Konflikte im Arbeits-leben, Verlag Kösel, ISBN 3-466-30611-6Harald Pühl (Hrsg): Mediation in Or-ganisationen, Ulrich Leutner Verlag,SBN: 3-934391-16-8

Zum AutorPeter Siegenthaler arbeitet amGrenzwachtposten FlughafenBasel-Mülhausen. 2002 liess er sicham Schweiz. Polizei-Institut Neu-enburg (SPIN) zusammen mit fünfweiteren Grenzwächtern zum Peer (Moderator) für «Stressbearbeitungnach belastenden Ereignissen»ausbilden. Er ist für den Zollkreis Itätig als Moderator in den Kursen«Verhaltens- und Konflikttraining»sowie «Kommunikation».

Die Mediation kann auch angewandt werden, um juristisch-politischeKonflikte beizulegen. Ein aktuelles Beispiel ist das Mediationsverfahrenbeim Fluglärm-Streit zwischen der Schweiz und Deutschland.

28762_Forum Z_d+1-24 18 16.07.2004, 9:15:48 Uhr

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AKTUELL

Eine kurze Mitteilung am 9. Februar 2004 auf der Homepage des deut-schen Zolls schlug in der Schweiz wieeine Bombe ein: Für Waren mit EG-Ursprung, die wieder in die EU ein-geführt werden, sollten ab 1. März 2004 keine Zollpräferenzen mehr gelten. Die Ankündigung sorgte inPolitik und Verwaltung für einigeIrritationen und in der Wirtschaft für grosse Verunsicherung. Kein Wunder,wären doch aus EU-Ländern impor-tierte und unverarbeitet wieder inden EU-Raum ausgeführte Waren mit happigen Zöllen belegt worden. BeiMaschinen hätte dies zu einer Mehr-belastung von drei und bei Textilienvon acht Prozent geführt. Betroffenwaren vor allem Industrie-, Handels-und Dienstleistungsbetriebe. DieKonkurrenzfähigkeit von Schweizer Unternehmen auf dem EU-Markt hätte stark gelitten.

Kolumne «VizeDir»: EU-Zölle auf Re-Exporte

Chronik einer erfolgreichen Zoll-MissionEigentlich werden Zölle eher selten zum öffentlichdiskutierten Politikum. Ganz anders jedoch in die-sem Frühjahr, als die EU angekündigt hat, künftigZölle auf Re-Exporte aus der Schweiz zu erheben.

Erst nach zähen Verhandlungen ist es gelungen,diese Praxis-Änderung abzuwenden. Für Forum Z.zeichnet Vizedirektor Roman Bisaz die erfolgreicheSchweizer Zoll-Mission nach.

30-jährige Praxis umgestossenDie angedrohten Zölle beruhten aufeinem Entscheid des EU-Ursprungs-komitees. Die Begründung: Gemäss EU-Zollkodex verliert eine Ware, dieexportiert wird, ihren Ursprung undist deshalb bei der Wiedereinfuhr als so genannte Rückware zu behandeln.Die Bestimmungen des Freihandelsab-kommens Schweiz-EG wurden nicht berücksichtigt. Danach dürfen näm-lich im Verkehr zwischen der Schweiz und der EG für Industrieproduktekeine Zölle erhoben werden. Dieseseit mehr als 30 Jahren angewandtePraxis sollte nun nicht mehr gelten?

VerschnaufpauseEin lange zuvor vereinbartes Treffenmit einer EU-Delegation in Basel ha-ben wir genutzt, um kurzfristig auchdie neuen Zölle zu traktandieren. Ineinem ersten Schritt gelang es, dieEinführung der Zölle zu verschie-ben. In der Zwischenzeit sollten dieAuswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft näher untersucht wer-den. Gleichzeitig bot der AufschubGelegenheit, die unterschiedlichenrechtlichen Interpretationen zu analysieren. Die EU forderte dieSchweiz im Gegenzug dazu auf, beider bestehenden Regelung, wonachAusfuhr- und Ausstellungsland des Ursprungsnachweises identisch seinmüssen, Ausnahmen zuzulassen.

Unzumutbares HandelshemmnisNachdem wir aufzeigen konnten,dass die neuen Zölle gegen dieBestimmungen des Freihandels-abkommens von 1972 verstossenund zudem gravierende Folgen für die Schweizer wie auch die EU-Wirtschaft hätten, erklärte sich dieEU-Kommission bereit, einer Lösungzuzustimmen, die den status quogewährleistet. Ausschlaggebend war auch die Einsicht der EU-Vertreter,dass die Wiedereinfuhr unter demRegime der Rückwaren ein unzu-mutbares Handelshemmnis gewe-sen wäre. Im Gegenzug sagte dieSchweiz zu, Rechnungserklärungenzu akzeptieren, auch wenn Ausfuhr-und Ausstellungsland des Ursprungs-nachweises nicht identisch sind.

Die EU hat die Zölle auf Re-Expor-te trotzdem auf den 1. Juni 2004in Kraft gesetzt – sie gelten aller-dings nicht im Warenverkehr mit der Schweiz. Das heisst: Waren mit Ursprung EG, die aus der Schweiz in die EU exportiert werden, könnenweiterhin präferenziell eingeführt werden. Möglich ist diese Ausnahme,weil sich das FreihandelsabkommenSchweiz-EG in wesentlichen Punktenvon entsprechenden Verträgen unter-scheidet, welche die EU mit anderenLändern abgeschlossen hat.

Waren mit Ursprung EG, die aus der Schweiz in die EU exportiert werden, können weiterhinpräferenziell eingeführt werden.Roman Bisaz, Vizedirektor

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20 Forum Z. 2/2004

PANORAMA

Forum Z. war einen Tag lang zu Besuch bei der Grenzwache im Tessin.Bilder: Roland Tschabold, Zollinspektorat Basel Flughafen.

Unterwegs ...

... mit dem Grenzwachtkorps IV

Grenzüberschreitende Kooperation im «GemeinsamenZentrum für Polizei- und Zollzusammenarbeit Italien-Schweiz» in Chiasso.

Ist das Dokument echt? Grenzübergang Chiasso-Strada.

Die Grenze auf dem Bildschirm. Mobile Equipe bei einer Kontrolle im Grenzraum.

Im Bahnhof Chiasso. Überwachung im Zwischengelände.

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PANORAMA

«Guetä Tag, Ihren Uswiis bitte!» Eineinfacher Satz; hundert Mal geübt – auf dem Parkett der theoretischenAusbildung. Wie anders sind jedochdiese Worte auszusprechen, wenneinem nicht mehr ein Mitaspirant gegenüber steht, sondern die Familieaus dem Osten Europas, die nach 18-stündiger Autofahrt, mit kreischen-den Kleinkindern auf dem Rücksitz – leicht gereizt und der deutschenSprache nicht ansatzweise mächtig–, möglichst schnell die Schweizer-grenze passieren möchte. Oder der grau melierte Herr im Mercedes mit nachbarstaatlichem Kennzeichen, der die Aufforderung zwar versteht, de-ren Sinn aber partout nicht einsehenwill und der sich auch nicht mit Un-mutsäusserungen zurückhält. Oder etwa die junge Frau, die sich in der Aufregung bei der Suche nach ihremAusweis die Finger in der Handtascheeinklemmt...

Willkommen in der PraxisDas Wissen, das man uns in Liestalmitgegeben hat, dürfte «wasser-dicht» sein, die Vorbereitung auf die«Strasse» ausnehmend sorgfältig.Die Tatsache, dass Theorie und Praxis jedoch zwei völlig unterschiedliche«Baustellen» sind, wird ziemlichschnell klar. Der Mann gegenüber antwortet auf unsere Fragen näm-lich nicht wie abgesprochen, und erreagiert auch nicht so, wie wir es imAZL immer wieder durchgespielt ha-ben. Wir haben es mit völlig fremdenMenschen zu tun, deren Reaktionauf unsere Anordungen oft nur

Kolumne

Aus Theorie mach Praxis...Nach zweieinhalb Monaten im Einführungskurs Ihiess es für die rund 100 Grenzwacht-Aspirantinnenund -Aspiranten des Jahrgangs 2004 antreten zumersten Praxistest. Unter ihnen auch unsere Kolum-

nistin Patricia Andrighetto. Wie hat sie den Sprungvom «Labor» im Ausbildungszentrum Liestal an die«Front» erlebt? Folge II – das Praktikum.

schwer abzuschätzen ist. Aus demRollenspiel auf dem Übungsplatz wird mit einem Mal Ernstfall. Was hier zählt, sind unser Auftreten, un-ser Durchsetzungsvermögen, Persön-lichkeit und vor allem: die Sicherheit!

Den Beruf vorlebenGerade am Anfang gilt es oftmals,Schwellenängste abzubauen und Un-sicherheiten zu überwinden. Beson-dere Bedeutung kommt dabei demTeam im Rücken der Aspiranten zu.Dieses leistet einen wichtigen Beitragzur Nachhaltigkeit des Praktikums.Mit der jahre-, oft jahrzehntelangenErfahrung der Kolleginnen und Kolle-gen obliegt diesen die Aufgabe, denBeruf in einer Realität vorzuleben, inder nicht immer eitel Sonnenscheinherrscht – in der falsche Entscheidun-

gen fatale Folgen haben können unddie immer wieder Intuition und Taktikabverlangt, um erfolgreich arbeitenzu können.

Noch viel zu lernenWas heute – wieder zurück in Liestal– anders ist: Die Theorie steht ineinem unmittelbaren Zusammen-hang zur Praxis. Visa- und Grenzkon-troll-Reglement, Tarife, Dokumente,Vorschriften etc. sind nicht mehr abstrakt, sondern ergeben einenSinn. Nach den ersten Erfahrungenim künftigen Beruf kommt der Rück-kehr in die «Backsteinfestung» vor allem eine wesentliche Bedeutungzu: Wir bauen hier unser Basiswissenund -können weiter auf, um gerüstet zu sein für einen Beruf, in dem dieErfahrung der beste Lehrmeister ist.

Patricia Andrighetto

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PANORAMA

Bevor es mit der Zollmusik losgehenkonnte, galt es diverse Hürden zu meistern: Wie Josef Suter, der heu-tige Ehrenpräsident, in einer frühenVereinsschrift schrieb, hatte die da-malige Direktion der Zollverwaltungzwar nichts gegen die Gründungeinzuwenden, die Begeisterung hielt sich aber in Grenzen. Man kenne dieMentalität gewisser Dorfmusikanten; deren Verhalten nach Proben undAnlässen könnte dem Image der Ver-waltung eher abträglich sein, wurdebefürchtet. Nachdem man intensiv für den neuen Verein geworbenhatte, meldeten sich immerhin 18 In-teressenten. Diese hatten glücklicher-weise alle ein eigenes Instrument.Nun fehlten nur noch etwas Geld,der Dirigent und ein Probelokal.

«Der Grenzwächter» – die Zoll-musik-HymneFritz Lüscher, der zum ersten Kas-sier gewählt worden war – und der heute übrigens noch immer im Amt ist –, organisierte das Startkapital.Bei der Suche nach einem Probelokalkonnte man auf die Unterstützungdes ehemaligen Grenzwächters EmilWürmli zählen. Er komponierte auchden Marsch «Der Grenzwächter»,der zur Hymne der Zollmusik gewor-den ist. Es gibt kaum ein Konzert,bei dem dieser Marsch nicht gespielt wird. Gleichzeitig wirkte Emil Würmlials Trompeter mit. Auch einen Di-rigenten fand man, der für sechzigFranken pro Auftritt die musikalischeLeitung übernahm. Der erste Auf-tritt der Zollmusik fand bereits im

Jubiläum

20 Jahre ZollmusikBei den meisten Anlässen der Zollverwaltung ist sienicht wegzudenken: die Zollmusik Basel. Und auchbei externen Veranstaltungen ist sie gefragt wie ehund je. So werden bis zu zwanzig Auftritte pro Jahr

absolviert. Gegründet worden ist der Verein 1984von ein paar musikbegeisterten Grenzwächtern.Chronist und Aktivmitglied Kurt Krähenbühl zum20-Jahr-Jubiläum der Zollmusik.

Gründungsjahr statt, und zwar amSchweizerischen Bauernkappellen-Treffen in Stein/AG. Der legendäreWisel Gyr stellte die neu gegründeteZollmusik Basel vor. Es folgten Auf-tritte in der ganzen Schweiz – so-wohl bei Zoll- als auch bei externenAnlässen.

Gemeinsam arbeiten – gemein-sam musizierenHeute zählt die Zollmusik 41 Aktiv-mitglieder. Ihnen gemeinsam ist derWunsch, gehaltvolle Blasmusik zu spielen. Genauso wichtig seien für die Zollmusik aber auch die Kame-radschaft und das Gesellige, sagtePräsident Daniel Pfl ugi am Jubilä-ums-Jahreskonzert. In all den Jahren

spielte die Musik bei kleineren undgrösseren Veranstaltungen auf. EinHöhepunkt war die Teilnahme amSchweizerischen Polizeimusik-Treffen2002 in Zürich. Wenn Grenzwächter und Polizisten schon miteinander ar-beiten, können sie auch gemeinsammusizieren, lautete die Devise. Zu er-wähnen ist auch das Gemeinschafts-konzert mit der Zollkapelle Aachen/D, das in diesem Jahr stattfand. DieZollmusik reiste dafür erstmals inihrer Vereinsgeschichte ins Ausland.

20 Jahre nach ihrer Gründung ist die Zollmusik zu einer Institution ge-worden, welche die Zollverwaltungbei ihren Anlässen mit berechtigtemStolz repräsentiert.

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PANORAMA

PresseschauFlûte de Champagne: le gruyère,c’est râpéDes meules de comté peuvent passer la frontière franco-suisse pour devenir, une fois râpées, l’un des ingrédients principaux des flûtes deChampagne au fromage. Grâce àl’application de l’accord bilatéral, lamarchandise ne sera pas taxée à sonentrée en Suisse, puisqu’elle ressor-tira sous forme d’amuse-gueule àdestination du marché européen.«Nous avons délivré une autorisationpour l’importation temporaire decomté en meules. Le fromage râpépeut être importé franchise de droits de douane dans le cadre de l’accordbilatéral», éxplique Heinz Eng, chefde section à la DGD. 24heures, 3/04

Mehr Polizeiaufgaben im Grenz-raumDas GWK soll sich nach den Vor-stellungen von Jürg Noth künftigverstärkt als nationaler Verbandprofilieren. Das heisst: Man will deneinzelnen Kommandos zwar nachwie vor die notwendige Autonomiezugestehen, die zentrale Führung abBern aber akzentuieren. NZZ 3/04

Von der Amtsstube zum moder-nen BetriebNicht morgen und auch nicht übermorgen, aber vielleicht in 20 Jahren, könnte die Zukunft beim Zollvielleicht so aussehen: Die Schweiz wird inzwischen der EU beigetretensein. Mit der Öffnung der Grenzenwird sich die Zollverwaltung neu ausrichten müssen. Infolge der Neuorganisation und der zuneh-menden Computerisierung wird sichdie Arbeitsweise für die Mitarbeiter grundlegend verändern. Die Zöll-ner werden nicht mehr wie früher stationär auf einem Zollamt, sondern

mobil und flexibel eingesetzt sein.Roman Hofer, Inspektor Zollkreisdi-rektion Basel in: SVS Journal 4/04

Hoffnung im GepäckMit einer Sonderausstellung zumThema «Migration» hat das Zoll-museum in Gandria dem Publikumwiederum die Tore geöffnet. Es ge-hört zwar mit zu den Aufgaben des GWK «unerwünschten» Fremden dieEinreise in unser Land zu verwehren,und allein im letzten Jahr hieltenseine Beamten mehr als 8000 Perso-nen an, die versuchten, illegal über die Grenze zu gelangen. Die vonder OZD und dem Landesmuseumgemeinsam gestaltete Ausstellungverzichtet aber verdienstvollerweisevollständig auf den polizeilichenBlickwinkel. NZZ 4/04

Geschichten aus dem LebenDie Ausstellung setzt einen klugenKontrapunkt zur häufig emotionsge-ladenen Debatte über Asylbewerber und Ausländer. Basler Zeitung 4/04

Papierformulare sind passéWährend einem Jahr hat der Bran-chenverband seine Mitglieder aufdie NCTS-Einführung vorbereitet und gemeinsam mit den ZollämternInfoveranstaltungen durchgeführt.

Auch hätten sich die Bedenken der Spediteure, dass es zu erheblichenStartschwierigkeiten kommen könn-te, in den ersten zwei Wochen des NCTS-Obligatoriums nicht bestätigt,so ein Spedlogswiss-Sprecher. Com-puterworld 4/04

Ostmärkte wachsenInteressant sei, dass sich der Auf-schwung breit auf alle Branchenverteile, sagt Matthias Pfammatter,zuständig für die Aussenhandelssta-tistik bei der Oberzolldirektion. DieWirtschaftsbelebung ist greifbar. «Es sieht wirklich so aus», so Pfammatter,«als würde sich diese Entwicklungfortsetzen.» Handelszeitung 6/04

ZollweltEin Koffer voller NasenAtemberaubender Gestank hat die Zollbeamten am AmsterdamerFlughafen zu einem Ekel erregendenFund geführt: Die Zöllner entdecktenin einem Koffer zwischen 1500 und2000 Pavian-Nasen. Die abgeschnit-tenen Nasen seien vermutlich für traditionelle afrikanische Heilmetho-den bestimmt gewesen, sagte einSprecher des ermittelnden Landwirt-schaftsamtes. Quelle: Basler Zeitung

In diesem Jahr noch bis am 24.Oktober zu se-hen: die Sonder-ausstellung zumThema Migrationim Zollmuseum.

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Blickfang

Umfrage

Zollgesetz: Etappenziel erreichtDonnerstag, 10. Juni 2004, Bundes-haus: (v.l.n.r.) Oberzolldirektor RudolfDietrich, Heinz Schreier, Projektleiter Zollgesetzrevision, und VizedirektorHermann Kästli verfolgen die Stände-ratsdebatte zum Zollgesetz. Der Rat heisst das neue Gesetz in der erstenLesung gut. Im Herbst wird sich der Nationalrat damit befassen.

«Das Spektrum der Waren wirdimmer breiter und die Fragen der Tarifeinreihung damit zunehmendkomplexer. Das macht die Tagung vonJahr zu Jahr interessanter. Als Mitor-ganisator und Protokollführer bin ichaber auch froh, dass der Anlass gut über die Bühne gegangen ist.»Luciano Piccioli, Tarifexperte, OZD

Was hat Ihnen die diesjährige Zollrechtstagung gebracht?

«In der Kreisdirektion Genf gibt es für viele Waren so genannte Spe-zialitäten-Regelungen, so etwa imBereich der Diplomatendienste. Ichhabe die Gelegenheit genutzt, umvon den Experten Informationen aus erster Hand zu bekommen.»Isabelle Maingot, Zollexpertin, KD III

«Vor zehn Jahren habe ich zumersten Mal an einer Zollrechtstagungteilgenommen. Ich schätze vor allemdie die grenzüberschreitenden Kon-takte und den Erfahrungsaustausch.Es werden hier wichtige Tarifent-scheide gefällt, und dabei kann ichmeine Sicht einbringen.»Berthold Hünten, Leiter des Zolltarif-referates im Finanzministerium, Bonn

Zollrechtstagung 2004 in LuzernDie jährlich vom Schweizer Zoll durchgeführte internationale Zollrechtstagung ist ein wichtiges Forum, an demaktuelle Tarif- und Rechtsfragen behandelt werden. Daneben dient die Tagung vor allem dem Informations- undErfahrungsaustausch zu grenzüberschreitenden Problemen. Zum ersten Mal fand der Anlass vor 16 Jahren statt.Austragungsort in diesem Jahr war Luzern.