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Inhalt Biogeochemische Kreisläufe im Erdsystem Forschungsansatz und Struktur Wissenschaftliche Bereiche Abteilung Biogeochemische Prozesse Susan E. Trumbore Molekulare Biogeochemie Gerd Gleixner Abteilung Biogeochemische Systeme Martin Heimann Abteilung Biogeochemische Integration Markus Reichstein Biospärische eorie und Modellierung Axel Kleidon Organische Paläobiogeochemie Christian Hallmann Kohlenstoffbilanzen und Ökosystemforschung Ernst-Detlef Schulze Internationale Max-Planck-Graduiertenschule Anna Görner (IMPRS) für globale biogeochemische Kreisläufe Wissenschaftliche Servicebereiche Stabile Isotope Willi Brand Gasanalytik Armin Jordan 14 C-Analytik Axel Steinhof Spektrometrie-Labor Michael Rässler Routinemessungen & Analysen Ines Hilke Freilandexperimente & Instrumentierung Olaf Kolle Zentrale Servicebereiche Max-Planck-Institut für Biogeochemie Inhalt

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Inhalt

Biogeochemische Kreisläufe im Erdsystem Forschungsansatz und Struktur

Wissenschaftliche Bereiche Abteilung Biogeochemische Prozesse Susan E. Trumbore Molekulare Biogeochemie Gerd Gleixner Abteilung Biogeochemische Systeme Martin Heimann Abteilung Biogeochemische Integration Markus Reichstein Biospärische Theorie und Modellierung Axel Kleidon Organische Paläobiogeochemie Christian Hallmann Kohlenstoffbilanzen und Ökosystemforschung Ernst-Detlef Schulze

Internationale Max-Planck-Graduiertenschule Anna Görner (IMPRS) für globale biogeochemische Kreisläufe

Wissenschaftliche Servicebereiche Stabile Isotope Willi Brand Gasanalytik Armin Jordan 14C-Analytik Axel Steinhof Spektrometrie-Labor Michael Rässler Routinemessungen & Analysen Ines Hilke Freilandexperimente & Instrumentierung Olaf Kolle

Zentrale Servicebereiche

Max-Planck-Institut für Biogeochemie

Inhalt

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Wissenschaftliche BereicheAbteilung Biogeochemische ProzesseDirektorin: Prof. Susan E. Trumbore, PhD [email protected]: 03641 57-6101 Abteilung Biogeochemische SystemeDirektor: Prof. Dr. Martin [email protected]: 03641 57-6301

Abteilung Biogeochemische IntegrationDirektor: Dr. Markus Reichstein [email protected]: 03641 57-6201

Biosphärische Theorie und ModellierungDr. Axel Kleidon [email protected]: 03641 57-6201

Organische Paleobiogeochemie Dr. Christian Hallmann [email protected]: 0421 21865517

Kohlenstoffbilanz und ÖkosystemforschungProf. Dr. Ernst-Detlef Schulze (Direktor emeritus)[email protected]: 03641 57-6100

Molekulare Biogeochemieapl. Prof. Dr. Gerd [email protected]: 03641 57-6172

Max-Planck-Institut für BiogeochemieHans-Knöll-Str. 1007745 [email protected]: 03641 57-60

Forschungskoordination Dr. Eberhard [email protected]: 03641 57-6800

Wissenschaftliche ServicebereicheStabile Isotope Dr. Willi [email protected]: 03641 57-6400

Gasanalytik Dr. Armin Jordan [email protected]: 03641 57-6403

14C- Analytik Dr. Axel [email protected]: 03641 57-6450

Labor für Spektromie Dr. Michael Rä[email protected]: 03641 57-6500

Routinemessungen & Analysen (RoMA) Ines [email protected]: 03641 57-6503

Freilandexperimente & Instrumentierung Olaf Kolle [email protected]: 03641 57-6555

Wissenschaftliche Datenverarbeitung Bertram Smolny [email protected]: 03641 57-6700

Internationale Max-Planck-Graduierten-schule für globale biogeochemische KreisläufeDr. Anna Gö[email protected]: 03641 57-6260

Kontakte April 2013

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Kohlenstoff, Sauerstoff, Wasserstoff und Stickstoff: Diese vier Elemente sind für das Leben auf der Erde unentbehrlich. Sie werden durch biologische, chemische und physikalische Prozesse perma-nent umgesetzt. Eingebaut in verschiedenartige chemische Verbindungen, werden sie durch die Biosphäre freigesetzt und über die Atmosphäre, Hydrosphäre und langfristig auch über die Geo-sphäre transportiert und verteilt. Am Ende finden sie irgendwann den Weg zurück in die Biosphäre, um dort erneut von Organismen umgesetzt zu werden. Da diese zyklischen Umwandlungspro-zesse miteinander verbunden sind und sowohl durch die Biologie der Organismen als auch durch chemisch-physikalische Abläufe in der Atmosphä-re, Hydrosphäre und Geosphäre gesteuert werden, bezeichnen wir sie als „Biogeochemische Kreisläufe der Elemente“.

Die biogeochemischen Kreisläufe sind nicht nur einfach passive von der physikalischen Umgebung bestimmte Flüsse der Elemente, sondern vielmehr als sich wechselseitig beeinflussende Komponenten des Erdsystems zu verstehen. Beispiele für sol-che Verknüpfungen liefern die atmosphärischen Spurengase Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Lachgas (N2O) und Wasserdampf (H2O). Obwohl die Luft – mit Ausnahme von Wasserdampf – nur

geringe Konzentrationen dieser Gase enthält, haben sie als Treibhausgase einen entscheidenden Einfluss auf das Klima und damit auf die Lebens-bedingungen auf der Erde. Umgekehrt wird die Konzentration und Verteilung dieser Gase durch biologische, chemische und physikalische Prozesse gesteuert, die in terrestrischen Biosphären, in den Ozeanen und in der Atmosphäre ablaufen. Diese wechselseitigen Abhängigkeiten ermöglichen eine Vielzahl von Rückkopplungsprozessen, die auf verschiedenen Zeitskalen zwischen dem physika-lischen Klimasystem und den biogeochemischen Kreisläufen ablaufen und Störungen des Gesamt-systems entweder stabilisieren oder verstärken können. Bestes Beispiel hierfür sind die parallel verlaufenden Schwankungen der Gaskonzentration in der Atmosphäre und der Temperatur während der letzten Eiszeit, wie Daten aus Eisbohrkernen belegen (Abb. unten).

Biogeochemische Kreisläufe

im Erdsystem

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Antarctic ice cores, which effectively record the history of the air’s composition and temperature, can

serve as a ‘Rosetta stone’ of the Earth system (Fig. 2). Over the last 400,000 years Earth’s temperature

has fluctuated in lockstep with the concentrations of the trace gases methane (CH4) and CO2, even

though these gases are regulated by quite different biological processes. However, externally dri-

ven temperature changes cannot explain the fluctuations of these biogenic trace gases, nor are these

fluctuations sufficient to cause the observed changes in climate. This leads to the hypothesis that the

biosphere along with its geophysical and geochemical environment constitutes an inextricably linked

system with multiple and complex feedbacks that must be approached as a whole. Previously, Earth

scientists had believed that biological processes were subordinate to the physical-geological climate

system and that they adapted through evolution to the external physical conditions. While it remains

vitally important to research the processes within the components of the Earth system – the circulation

of the ocean, the composition of the atmosphere as well as their regulating mechanisms, for instance

– it is increasingly necessary to analyse the interrelatedness of the components. How, for example, do

we understand the ocean-atmosphere interactions in the context of mantle convection, volcanisms,

and other long-term Earth processes? Additionally, the enormous human impact on the environment

means that humans must be factored into our systemic approach to the whole.

Fig. 2 (from Hansen, Clim. Chan-

ge, 68, 269-279, 2005). Record of at-

mospheric carbon dioxide (CO2), me-

thane (CH4), and temperature change

extracted from Antarctic ice cores by

Petit et al. (Nature, 399, 429-436, 1999)

and from in situ and other data for the

past century. The mean temperature

for 1880-1899 defi nes the zero level of

temperature. These curves show the

intricate and unexplained interplay

of variations in physical climate pa-

rameters and the composition of the

atmosphere.

Parallel verlaufende Änderungen von atmosphä-rischem Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und globaler Temperatur (relativ zum Mittel von 1880–1899) während der letzten 400 000 Jahre, bestimmt aus antarktischen Eisbohrkernen, in-situ-Messungen und anderen Daten aus dem letzten Jahrhundert. Der dramatische Anstieg der atmo-sphärischen Treibhausgase im letzten Jahrhundert ist deutlich sichtbar (aus Hansen, Clim. Change, 68, 269-279, 2005).

Biogeochemische Kreisläufe im Erdsystem

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Diese Rückkopplungsprozesse waren nicht nur in der Vergangenheit bedeutend, sondern werden der-zeit durch globale menschliche Einflüsse verstärkt, ohne dass man die Langzeitwirkungen vorhersagen könnte. So setzen z.B. die weltweite Verbrennung fossiler Energieträger (Öl, Kohle, Gas) sowie die massive Abholzung für die Landwirtschaft und andere Zwecke Kohlendioxid in beträchtlichen Mengen frei. Als eine Folge davon könnten wieder eine mit früheren geologischen Zeiten vergleich-bare Atmosphäre und ein entsprechendes Klima entstehen, was mit enormen ökonomischen und gesellschaftlichen Konsequenzen verbunden wäre. Des Weiteren hat die massive Veränderung der Landnutzung und des Landmanagements gewal-tige, noch weitgehend unbekannte Auswirkungen auf die Ökosysteme und die Biodiversität.

Die Analyse dieser vielfältigen biogeochemischen Wechselwirkungen im Erdsystem ist somit eine wichtige und dringende wissenschaftliche Heraus-forderung, der sich die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) mit der Gründung des Max-Planck-Insti-tuts (MPI) für Biogeochemie in Jena 1997 stellte.

Die globale Biogeochemie ist kein isoliertes Forschungsgebiet, sondern vielmehr als neuer interdisziplinärer Forschungsbereich innerhalb der verschiedenen Geowissenschaften anzusehen. Nur gemeinsam können wir das äußerst komplexe Erd-system verstehen, quantifizieren und letztendlich Veränderungen aufgrund natürlicher und mensch-licher Einflüsse vorhersagen (Abb. unten).

Grundlegend wichtige Fragen sind z.B.:1. Wie ist das Erdsystem organisiert? Welche Pro-

zesse kontrollieren den Fluss von Energie und Materie zwischen den verschiedenen Kompo-nenten? Und wie beeinflussen sich die verschie-denen Komponenten gegenseitig?

2. Wodurch wird die Verteilung und Verfügbarkeit von Wasser gesteuert?

3. Wie kann die Komplexität des Erdsystems durch theoretische und numerische Modelle dargestellt werden?

4. Wie können Erdsystemmodelle und ihre Kom-ponenten evaluiert und verbessert werden?

5. Welche Regionen und Bestandteile des Erdsys-tems reagieren besonders empfindlich auf Kli-maveränderungen und menschliche Einflüsse?

6. Kann man das Erdsystem langfristig „steuern“?

Diese anspruchsvolle Grundlagenforschung wird im Verbund „Erdsystempartnerschaft (ESRP)“ der MPG verfolgt, der sich aus dem MPI für Meteoro-logie in Hamburg (Erforschung des physikalischen Klimasystem, z.B. Atmosphäre, Ozean und Land-flächen), dem MPI für Chemie in Mainz (Schwer-punkt atmosphärische Chemie und Aerosole) und dem MPI für Biogeochemie in Jena (Erforschung der globalen biogeochemischen Kreisläufe) zusam-mensetzt. Daran assoziiert sind weitere nationale und internationale Partner.

Stark vereinfachtes, schematisches Diagramm der Hauptkomponenten und Wechselwirkungen des Erdsystems (aus „Earth System Research Partnership“: MPI für Biogeochemie, MPI für Meteorologie, MPI für Chemie, 2006).

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Der dreigliedrige Forschungsansatz: 1. Anhand von Prozessstudien und Experimenten

bestimmen und quantifizieren wir die Schlüs-selorganismen und -prozesse sowie die umwelt-bedingten Einflussfaktoren, die den Austausch von Energie, Wasser und Elementen zwischen den verschiedenen Ökosystemkomponenten und ihrer Umgebung bestimmen.

2. Mittels langfristiger flächendeckender biogeo-chemischer Beobachtungen quantifizieren und überwachen wir das großräumige Verhalten der Austauschprozesse zwischen Erdoberfläche und Atmosphäre.

3. Die Weiterentwicklung von Theorien und Modellen ermöglicht uns, die Vielzahl von punktuellen Informationen in eine schlüssige Darstellung der biogeochemischen Prozesse in umfassenden Erdsystem-Modellen zu übertra-gen, um biogeochemisch-klimatische Rück-

kopplungen auf regionaler und globaler Ebene zu erforschen.

Die drei Forschungsabteilungen des Instituts spiegeln die drei Forschungsansätze wider:1. Die Abteilung Biogeochemische Prozesse unter

der Leitung von Susan Trumbore untersucht Prozesse terrestrischer Ökosysteme mit Schwer-punkt Böden und Walddynamik.

2. Die Abteilung Biogeochemische Systeme unter der Leitung von Martin Heimann untersucht atmosphärische Veränderungen biogeochemi-scher Spurengase, und deren Beeinflussung durch regionalen Oberflächenaustausch.

3. Die Abteilung Biogeochemische Integration un-ter der Leitung von Markus Reichstein analysiert die Zusammenhänge zwischen biogeochemischen Elementkreisläufen (C, H2O, P) und Pflanze-Boden-Wechselwirkungen. Die umfangreichen Daten werden dazu aufbereitet und in dynami-

schen globalen Ökosystemmo-dellen ausgewertet. Ergänzt werden die Abteilun-

Forschungsansatz und Struktur

Forschungsansatz und Struktur

Wie hängen Ökosysteme und biogeochemische Kreisläufe miteinander sowie mit Veränderungen des Klimas, der Landnutzung und der Artenvielfalt zusammen? Diese komplexen wechselseitigen Einflüsse zu erforschen, hat sich das Max-Planck-Institut für Biogeochemie zur Aufgabe gemacht.

Atmosphere795

4 ± 0.2

Deep Sea 37100

Surface Ocean 900Marine

Biosphere 3

Fossil Fuel Reserves:Gas: 90-100Oil: 150-180

Coal: 430-570

Vegetation350-550

0.2

13102

90

92

122

90

120

0.9 ± 0.5 7.7 ± 0.5

Foss

il Fu

els

(Coa

l, O

il, G

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Cem

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Phot

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Res

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nges

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andu

se

Gas

exch

ange

Permafrost~1500

Soils1500- 2400

Wetlands200-450

Rivers 0.8

Land-AtmosphereFlux

-2.3 ± 0.9

Ocean-AtmosphereFlux

-2.3 ± 0.5

Wea

ther

ing

Volc

anis

m

Sedi

men

tatio

n

0.10.2

Globale Kohlenstoff-Flüsse (Schema)

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gen durch unabhängige Forschungsgruppen:- Die Max-Planck-Forschungsgruppe Biogeoche-

mische Theorie und Modellierung unter der Leitung von Axel Kleidon entwickelt und nutzt theoretische und numerische Methoden, um den Einfluss der Biota auf die globalen geochemi-schen Kreisläufe im Erdsystem zu untersuchen.

- Die Max-Planck-Forschungsgruppe Organische Paläobiogeochemie unter der Leitung von Chris-tian Hallmann kombiniert Geländearbeiten und organische Geochemie, um die Entwicklung des frühen Lebens auf der Erde zu erforschen.

- Die Max-Planck Fellow-Gruppe Funktionelle Biogeographie, gemeinsam geleitet von Chris-tian Wirth (Fellow) und Jens Kattge, erforscht die Biodiversität von Pflanzen und ihre Rolle in biogeochemischen Kreisläufen.

- Die W2-Gruppe Molekulare Biogeochemie, ge-leitet von Gerd Gleixner, untersucht organische Stoffkreisläufe der Landoberfläche, metabolische Isotopenfraktionierung und die Rekonstruktion des Paläoklimas.

- Die Emeritus-Gruppe von Ernst-Detlef Schulze erforscht Kohlenstoffbilanzen und widmet sich der Ökosystemforschung.

Die Forschung in der Biogeochemie ist hochgra-dig interdisziplinär und international angelegt. Erfolgreiche biogeochemische Forschung kann nur durch einen hohen Integrationsgrad zwischen den wissenschaftlichen Disziplinen erreicht werden. Eine enge Verknüpfung von Modellierung und Beobachtung sowie theoretischer und experimen-teller Forschung ist daher unerlässlich. Biologen, Physiker, Meteorologen, Geologen, Ökologen,

Chemiker, Computerexperten, Mathematiker und Statistiker arbeiten in unseren Abteilungen und Forschungsgruppen, der neuen Internationalen Max-Planck Graduiertenschule für globale biogeo-chemische Kreisläufe (IMPRS) und in den Zentra-len Servicebereichen eng zusammen. Des Weiteren kooperieren unsere Mitarbeiter mit Wissenschaft-lern aus zahlreichen wissenschaftlichen Institutio-nen weltweit.Unsere Zentralen Servicebereiche unterstützen die wissenschaftlichen Abteilungen, indem sie analytische und technische Unterstützung auf dem neuesten Stand der Technik bereitstellen:• Stabile Isotope und Gasanalytik • Chemische Analytik (RoMA-Labor, Spektromet-

rielabor)• 14C-Analytik • Wissenschaftliche Datenverarbeitung• Freilandmessungen und -Experimente • Mechanische und elektronische Werkstatt • BibliothekZahlen und Fakten: Derzeit (2013) hat das Institut über 200 Mitarbeiter aus 26 verschiedenen Nati-onen, darunter etwa 65 Wissenschaftler und 45 Doktoranden. Der jährliche Gesamtumsatz beträgt ca. 10 Millionen Euro, wovon 15 - 20 % aus Dritt-mitteln stammen. Das MPI für Biogeochemie wurde im September 1997 als neues Institut innerhalb der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. gegründet. Es befindet sich in Jena auf dem Beutenberg Campus, an dem zwölf Forschungsinstitutionen und Ausgründungszentren angesiedelt sind.

Scienti�c Advisory Board

Board of DirectorsMartin Heimann (managing)

Markus ReichsteinSusan e. Trumbore

Administration Petra Bauer

Workshops Harald Schmalwasser, Frank Voigt

Building Services René Schwalbe

IMPRS Graduate School Ste� Rothhardt

Research Coordination, PR Eberhard Fritz

Library Linda Maack

- Global Terrestrial Biosphere Modelling

- Integrated Global Earth Observation and Model-Data Fusion

- Carbon-water-nitrogen-phosphorus cycle interactions

- Climate extremes and biogeochemical cycling

- Soil and vegetation in the Earth system

- Ecosystem and landscape physiology

Department Biogeochemical Integration Markus Reichstein

- Tall Tower Atmospheric Gas Measurements

- Atmospheric Remote Sensing

- Satellite-based Remote Sensing

- Airborne Trace Gas Measurements and Mesoscale Modelling

- Inverse Data-Driven Estimation

- Terrestrial Biosphere Modelling & Data Assimilation

Department Biogeochemical SystemsMartin Heimann

- Soil Carbon Storage & Dynamics

- Mechanisms of Plant Mortality

- Environmental and Genetic Controls on Carbon Allocation and Respiration

- Linking Functional Traits, Biodiversity and Biogeochemical Function

Department Biogeochemical Processes Susan E. Trumbore

Max Planck Research GroupPaleobiogeochemistryChristian Hallmann

Max Planck Research GroupBiospheric Theory and ModellingAxel Kleidon

Emeritus GroupCarbon Balance and Ecosystem ResearchErnst-Detlef Schulze

Max Planck Fellow GroupFunctional BiogeographyChristian Wirth & Jens Kattge

Spectrometry LabMichael Rässler

RoMA LabInes Hilke

14C AnalysesAxel Steinhof

Field Measurements &InstrumentationOlaf Kolle

Stable IsotopesWilli BrandGasLabArmin Jordan

Scienti�c ComputingBertram Smolny

Independent research units Scienti�c service groups

Scienti�c Executive Council

W2 Research Group Molecular BiogeochemistryGerd Gleixner- Isotope Organic Geochem.- Past Climate Reconstruction Organigramm, 04/2013

April 2013

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Terrestrische Ökosysteme unterliegen derzeit einem raschen und bisher noch nie dagewesenen Wandel. Der Mensch hat mehr als die Hälfte der weltweiten Landfläche durch Aktivitäten wie Entwaldung, Land- und Weidewirtschaft stark verändert, und indirekte Einflüsse wie Klimawan-del, erhöhte Kohlendioxidemissionen und Luft-verschmutzung bringen weitere Veränderungen mit sich. Da Landökosysteme eine Schlüsselkom-ponente des globalen Klimasystems sind, ist mit Rückkopplungen auf das Klima zu rechnen. Daher untersucht unsere Abteilung die biogeochemi-schen Funktionsweisen von Landökosystemen im Hinblick auf aktuelle Klimatendenzen und deren Einflüsse auf die Beständigkeit von Vegetation und Böden.

Diese Untersuchungen verfolgen wir mit einer ganzen Palette von Instrumenten und Herange-hensweisen. Feldstudien bestimmen die Flüsse von

Energie, Wasser und Gasen zwischen dem Land und der Atmosphäre in Ökosystemen – von tropi-schen Wäldern und Savannen bis zu bewirtschaf-teten Wäldern und Grasländern in Deutschland. Labor- und Feldexperimente untersuchen den Ein-fluss einzelner Faktoren wie Temperatur, Artenviel-falt oder Nährstoffverfügbarkeit, um zu bewerten, wie verschiedene Komponenten des Ökosystems auf veränderte Umwelteinflüsse reagieren.

Dabei konzentrieren wir uns auf Ökosysteme und Prozesse, bei denen im 21. Jahrhundert starke Auswirkungen des Klimawandels und direkter menschlicher Bewirtschaftung zu erwarten sind. Hauptschwerpunkte sind die Untersuchung von lokaler Landbewirtschaftung, Trockenperioden in Deutschland, Bestandsstörungen und Stoffkreis-läufen in tropischen Wäldern des Amazonas sowie des Einflusses der Erwärmung auf Kohlenstoffdy-namiken in borealen Böden.

Abteilung Biogeochemische Prozesse

Wir untersuchen Schlüsselprozesse und -organismen, die den Austausch von Energie, Wasser und Elementen zwischen Ökosystemen und deren Umgebung regulieren. Mittels Beobachtun-gen, Experimenten und Modellen erforschen wir den Einfluss menschlicher Aktivitäten auf diese Prozesse. Die gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen Rückschlüsse auf das Fortbestehen von Ökosystemen sowie auf die Auswirkungen auf regionale und globale Klimatendenzen.

Portrait der Direktorin

Prof. Susan E. Trumbore, PhD ist seit Oktober 2009 Direktorin der Abtei-lung Biogeochemische Prozesse. Ihre Forschung widmet sich der Rolle, die die terrestrische Vegetation und Böden in Kreisläufen der Grundstoffe irdischen Lebens spielen. Sie erhielt eine Reihe von Auszeichnungen und ist Mitglied der National Academy of Sciences (USA) und der American Geophysical Union. Ihre Abteilung wurde ursprünglich von E.-D. Schulze gegründet, der seine wissenschaftlichen Aktivitäten als emeritiertes Mitglied des Instituts fortsetzt. Kontakt: [email protected]

Biogeochemische Prozesse

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Schwerpunkt 1. Ursprung, Umsatz und Ver-bleib von in Böden gespeichertem organischen Material

In Böden gespeichertes organisches Material (Koh-lenstoffverbindungen) kann durch Stoffwechsel-kreisläufe in Kohlendioxid oder Methan umgesetzt werden und somit zum Treibhauseffekt beitragen. Faktoren wie Klima, Bodenflora und -fauna oder die mineralische Zusammensetzung des Bodens, haben Einfluss auf die Verweildauer des Kohlen-stoffs im Boden. Einige Gruppen unserer Abtei-lung arbeiten an diesem Thema, bestimmen das Vorkommen, die chemische Zusammensetzungen und das Alter organischer Substanzen im Boden und sie erforschen, wie diese durch Veränderungen von Vegetation, Temperatur, Feuchtigkeit oder Landbewirtschaftung beeinflusst werden.

Schwerpunkt 2. Bedeutung von Kohlenstoffver-teilung, Atmung und Bildung von kohlenstoff-basierten Verteidigungsstoffen für die Pflanzen-mortalität

Pflanzen nutzen Photosyntheseprodukte für Atmung, Wachstum, Abwehr, Speicherung und zur Versorgung der Wurzeln. Zudem geben sie Kohlenstoffverbindungen an den Boden ab. Bisher gibt es jedoch wenige Theorien zu Verteilungs-strategien zwischen den diversen Senken und dazu, wie diese Strategien mit Änderungen der Umweltbedingungen oder Artenzusammensetzung variieren. Trockenstressexperimente mit Bäumen liefern uns Informationen über die Kopplung des Kohlenstoff- und Wasserkreislaufs im Hinblick auf trockenstressbedingtes Baumsterben. Erkenntnisse über Alter und Verwendung von kohlenstoffbasier-ten Speicherstoffen der Atmung führen zu einem

verbesserten Verständnis darüber, wie Pflanzen auf Stress reagieren (Abb. unten).

Schwerpunkt 3. Rolle funktioneller Pflanzenei-genschaften und der Biodiversität in biogeoche-mischen Kreisläufen

Die Lebewesen der Ökosysteme spielen spezifische Rollen im System globaler Elementkreisläufe. Hierbei ist es besonders wichtig, diejenigen Pflan-zeneigenschaften zu identifizieren, die auf Verände-rungen der Umweltbedingungen am deutlichsten reagieren. Unsere Studien dazu reichen von Experi-menten, in denen die Artenvielfalt manipuliert wird, bis hin zur Untersuchung von Langzeitef-fekten der Landbewirtschaftung. In tropischen Wäldern untersuchen wir Effekte von Bestandsstö-rungen (z.B. Waldbrände und Windbruch) auf die Artenzusammensetzung der Ökosysteme und auf Kohlenstoffverteilungsmuster. Solche Feldstudien erlauben uns auch, die Bedeutung von Pflanzen-eigenschaften für Funktionsbestimmungen auf höheren Betrachtungsebenen zu testen.

Schwerpunkt 4. Rekonstruktion früherer Vege-tation und Klimate

Pflanzen produzieren Stoffverbindungen, die durch ihre Isotopenzusammensetzung als Indikatoren für Umweltparameter dienen können. In unseren Untersuchungen definieren wir die Isotopenver-hältnisse und nutzen sie, um vergangene (Klima-)Veränderungen zu rekonstruieren. Wir studieren insbesondere die Einflüsse vergangener Trocken-perioden auf Bestandsdynamiken in deutschen Wäldern sowie historische Veränderungen der Monsunaktivität auf der Tibetischen Hochebene.

Trockenstressexperiment, bei dem die Mechanismen des Baumsterbens infolge von Trockenheit bestimmt wer-den. Alle physiologisch relevanten Funktionen und Prozesse der gestressten Bäume (insbesondere die Kohlen-stoffverteilung und -flüsse) werden mittels Sensoren nachverfolgt.

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Der Boden ist ein wichtiger Standortfaktor, denn seine Fruchtbarkeit beeinflusst die Pflanzen- und damit auch die Nahrungsmittelproduktion. Or-ganische Substanz im Boden ist ein wesentliches Merkmal der Bodenfruchtbarkeit und gleichzeitig der wichtigste terrestrische Speicher im Kohlen-stoffkreislauf. Die Mineralisation der organischen Bodensubstanz durch Bodenorganismen führt zu einer Verkleinerung des Speichers. Durch neues, abgestorbenes Pflanzenmaterial kann er wieder aufgefüllt werden. Da die Mineralisation zur Frei-setzung von CO2 in die Atmosphäre führt, sind Böden eine wichtige Quelle dieses Treibhausgases.

Um vorhersagen zu können, wie Böden auf Landnutzungs- oder Umweltänderungen wie den Klimawandel reagieren, ist es wichtig, die Prozes-se, die zur Speicherung oder Mobilisierung von Kohlenstoff im Boden führen, zu verstehen. Be-stimmt werden sie von der Zusammensetzung und Produktivität der Vegetation, der Diversität und

Aktivität der Bodenorganismen, den abiotischen Bodenmerkmalen (z.B. Korngrößenverteilung, Mineralogie) und dem Klima. Erschwert werden Bodenuntersuchungen durch die hohe räumliche Variabilität, die von der Oberfläche aus nicht ein-fach sicht- und messbar ist. Dadurch ist es schwie-rig, die Ergebnisse von punktuellen Messungen auf größere Flächen zu übertragen.

Schwerpunkt 1. Monitoring des Kohlenstoff-gehalts der Böden

Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass Wälder sowie Wiesen und Weiden in Europa Kohlen-stoffsenken sind, Ackerstandorte hingegen leichte Quellen. Diese Ergebnisse basieren auf Messungen des Gasaustauschs zwischen Ökosystemen und der Atmosphäre sowie auf Modellrechnungen. Eine Überprüfung dieser Ergebnisse durch direkten Nachweis der Änderungen in Vorräten im Boden und der Biomasse steht allerdings noch aus. An

Böden und Ökosystemprozesse

Böden spielen für globale Stoffkreisläufe eine wichtige Rolle. Der Gehalt an organischer Substanz im Boden ist ein Indikator für seine Fruchtbarkeit, aber auch eine wichtige Quelle und Senke von Treibhausgasen. Wir untersuchen, wie sensibel Bodenkohlenstoff auf Umweltänderungen reagiert und wie sich Wechselbeziehungen zwischen Vegetation, Klima, Bodenorganismen und Bodeneigen-schaften auf die Kohlenstoffspeicherung auswirken.

Portrait der Arbeitsgruppenleiterin

Dr. Marion Schrumpf studierte Geoökologie an der Universität Bayreuth, wo sie über Wasser- und Nährstoffflüsse in Bergregenwäldern promovierte. Im Jahr 2004 kam sie als Postdoc an das MPI für Biogeochemie in Jena, um den Boden-teil des EU-Projekts CarboEurope zu bearbeiten. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt heute in der Bestimmung der räumlichen und zeitlichen Variabilität von Bodenkohlenstoff, den Folgen von Landnutzung und Umweltänderungen für die Kohlenstoffspeicherung und den zugrundeliegenden Prozessen und Mechanismen. Kontakt: [email protected]

Biogeochemische Prozesse

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zwölf europäischen FLUXNET-Standorten unterschiedlicher Landnutzung haben wir 2004 eine umfangreiche Erstinventur der Bodenkohlenstoffgehalte durchgeführt (CarboEurope-IP). Derzeit werden die Flächen nach und nach wiederbeprobt, ana-lysiert und die Ergebnisse ausgewertet.

Schwerpunkt 2. Mechanismen der Koh-lenstoffspeicherung in Böden

Abgestorbene Pflanzenteile bilden die wichtigste Quelle für neuen Kohlenstoff im Boden, aber nur ein Bruchteil dieses Kohlenstoffs wird längerfristig im Boden gespeichert. Indem wir den Kohlenstoff von Pflanzen auf einem Acker durch das stabile Kohlenstoffisotop 13C markieren, können wir den Weg des Kohlenstoffs von der Pflanze in den Boden verfolgen. So können wir bestimmen, welcher Teil des pflanzen-bürtigen Kohlenstoffs in Abhängigkeit von Temperatur und Bodenfeuchte wieder zu CO2 mineralisiert wird, welcher Anteil in die mikrobielle Biomasse eingebaut wird und wie viel als neuer Kohlenstoff im Boden verbleibt. Neben dem Klima beeinflussen auch Bodeneigenschaften wie Mineralogie, pH-Wert oder Redoxbedingungen den Ab-bau der organischen Substanz. Wir beschäf-tigen uns mit der Frage, wie viel Kohlenstoff in verschiedenen Bodentypen an Minerale gebunden wird und wie stark diese Bindung den Abbau der organischen Substanz hemmt.

Schwerpunkt 3. Landnutzung, Biodiversi-tät und Umweltänderungen

Ökosystemprozesse und -funktionen werden heute durch verschiedene Störungen, wie Landnutzungs-änderungen, Klimawandel oder Stickstoffeinträge, verändert. Im Rahmen der Biodiversitätsexplora-torien (www.biodiversity-exploratories.de) unter-

suchen wir auf Plot- und Landschaftsebene, wie sich Landnutzung und -management über Ände-rungen der Pflanzen- und Tiergemeinschaften auf die Kohlenstoffspeicherung auswirken. Neben den Kohlenstoffgehalten untersuchen wir die Abbau-barkeit der organischen Substanz und ihre Umsatz-zeiten in Laborinkubationen. Wurzeln sind eine wichtige Quelle für Bodenkohlenstoff, aber ihr Anteil an der langfristigen Kohlenstoffspeicherung im Boden ist unklar. Wir messen die Produktion von Wurzeln und analysieren, wie sich Wurzelqua-lität, Nährstoffe, Bodentiere und Klima auf deren Abbau auswirken.

Verteilung unserer Bodenmonitoring-Standorte in Europa (Kreise). Dazu gehören Wiesen und Weiden (grün), Äcker (rot), Laubwälder (schwarz) und Nadelwälder (blau).

Wir untersuchen den Weg von neuem, pflanzenbürti-gem Kohlenstoff im Boden, indem wir Pfefferminz-pflanzen im Gewächshaus kontinuierlich über das CO2 der Luft mit einer bestimmten Isotopenzusammenset-zung markieren (Quasom-Freilandexperiment).

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Bäume bilden im Verband eines der wichtigsten terrestrischen Ökosysteme – die Wälder. Diese be-decken nahezu 30% der Landoberfläche, beherber-gen den Großteil der tierischen und pflanzlichen Artenvielfalt und spielen eine bedeutende Rolle für eine Reihe elementarer Stoffkreisläufe (z. B. Kohlen- und Stickstoffkreislauf ). Wälder existieren generell an Standorten, wo zum einen die Wärme Wachstum und Verjüngung erlaubt, zum anderen die Niederschläge ausreichend sind.

Die Klimaentwicklung in den letzten Jahrzehnten hat zu einer weltweiten Zunahme von Dürreperio-den geführt, mit oft katastrophalen Auswirkungen für die Waldökosysteme. In vielen Teilen der Welt wurden erhöhte Raten der Baumsterblichkeit und das Absterben ganzer Wälder auf Hitze- und Dürreperioden zurückgeführt, und die Anzahl der betroffenen Gebiete scheint unaufhörlich zu steigen.

Erstaunlicherweise sind die Mechanismen, wie Bäume bei Austrocknung absterben, nur wenig erforscht und den bisher formulierten Hypothesen – Kohlenstoffmangel, eingeschränkte Kohlenstoff-verlagerung innerhalb des Baums sowie Stoff-wechselversagen durch Wassermangel – fehlt der empirische Unterbau (siehe umseitige Graphik).

Ein umfassendes Verständnis der Mechanismen ist jedoch für die Vorhersage der Auswirkung zukünftiger Dürreereignisse auf Waldökosysteme und Stoffkreisläufe von zentraler Bedeutung. Das Jenaer Trockenstress-Experiment besteht aus einer Abfolge von Versuchen, die die unterschiedli-chen Mechanismen im Detail untersuchen. Der Versuchsaufbau ermöglicht dabei die Charakteri-sierung verschiedener morphologischer, physiolo-gischer und funktioneller Abläufe in Bäumen bei Wasser- oder Kohlenstoffmangel.

Die gleichzeitige Wirkung von Trockenstress auf die Aufnahme und die Verlagerung von Kohlen-

Auswirkungen des Klimawandels auf den Stoffwechsel von Bäumen

Wälder gehören zu den wichtigsten Ökosystemen der Erde, doch zunehmende Dürren bewirken das Absterben ganzer Waldregionen. Die Mechanismen dieses Baumsterbens sind nur wenig erforscht, ein umfassendes Verständnis ist jedoch unentbehrlich, um das Wirkungsgefüge zwischen Vegeta-tion und Klima zu erfassen. Unser Projekt untersucht physiologische Aspekte in trockengestressten Bäumen, um das Grundverständnis von dürrebedingtem Baumsterben zu verbessern.

Portrait des Arbeitsgruppenleiters

Dr. Henrik Hartmann hat lange Zeit in Kanada gelebt und arbeitete dort alsForstwart und Forstingenieur, bevor er sich dem Studium der Waldökologie zu-wandte. Nach seiner Promotion 2009 über die Mortalität des Zuckerahorns nach Bestandsstörungen kam er im selben Jahr als Postdoc ans MPI für Biogeochemie. Seitdem befasst er sich mit stressbedingten Veränderungen der Baumphysiologie mit Schwerpunkt auf dem Wasser- und Kohlenstoffhaushalt. Kontakt: [email protected]

Biogeochemische Prozesse

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stoff erschwert jedoch die Ursachenforschung. In unserer Versuchsreihe simulieren wir daher die Verringerung der Kohlenstoffaufnahme durch Ent-zug von CO2 aus der Luft (Abb. oben). Die Bäume werden weiterhin bewässert und deren Fähigkeit, Kohlenstoff zu verlagern, bleibt erhalten. Wir kön-nen somit die Wirkung von Trockenstress auf die Kohlenstoffaufnahme und -verlagerung voneinan-der trennen. Die dafür notwendigen technischen Installationen sind in dieser Art bisher einzigartig.

Bisher gewonnene Ergebnisse zeigen, dass Trocken-stress die physiologische Integrität der Bäume stört und die einzelnen Kompartimente (Blätter, Äste, Stamm, Wurzeln) voneinander isoliert. Während die oberirdischen Teile eher der Austrocknung erliegen (Abb. unten links), können die Wurzeln dem Austrocknen länger widerstehen und somit Speicherstoffe länger und nachhaltiger nutzen. Für die Versuchsbäume ändert dies nichts an ihrem Schicksal, auch deren Wurzeln starben – an Koh-lenstoffauszehrung.

Die Ergebnisse dieser Versuche verbessern unser Grundverständnis davon, wie Bäume und Wäl-der durch Austrocknung absterben (Abb. unten rechts). Sie bieten somit Ansatzpunkte für mög-liche Anpassungs- oder Vermeidungsstrategien, um den Fortbestand von Wäldern in einer immer wärmeren Welt zu sichern. Wir planen derzeit die Ausweitung dieser Versuchsreihen in naturnahe Ökosysteme, um damit sowohl die Aussagekraft als auch die Umsetzbarkeit der zu erwartenden Ergebnisse zu steigern.

In unseren Experimenten wird die physiologische Aktivität der Versuchsbäume wie bei Patienten auf einer In-tensivstation kontinuierlich überwacht und vermessen. Um die Auswirkungen des Trockenstresses auf den Was-serhaushalt von den Auswirkungen auf den Kohlenstoffhaushalt zu trennen, simulieren wir die dürrebedingte Kohlenstoffunterversorgung durch Entziehen von CO2 aus der Luft bei ausreichender Wasserversorgung.

Durch die Dürre müssen Bäume Wasser sparen und verhindern dadurch allerdings auch die Kohlenstoff-assimilation. Dies kann zum Verhungern führen, vorausgesetzt, dass der Wasserhaushalt und/oder dieVerlagerung von gespeichertem Kohlenstoff innerhalbdes Baumes nicht vorher zusammenbricht.

Versuchsbäume (Fichten) des Freilandexperiments, links Kontrollbaum, rechts nach ca. 13 Wochen Trockenstress

Lufttemperatur

Dickenzuwachs

Probenluft

Probenluft

Bodentemperatur

Ventilator

Probenfeuchtesensor

Lichtsensor

Luft ausLuft ein

WasserstandWaser

Blattgas-wechsel

Lufttemperatur

DickenzuwachsBodenwasserpotential Bodentemperatur

Bodenfeuchtesensor

Luft ein

Luft aus

Luft ausLuft ein

Wasser ein

Wurzel-atmung

Wassertransport

April 2013

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Landschaften sind mosaikartig aus verschiedenen Bereichen zusammengesetzt, die sich in Größe, Form, Beschaffenheit und räumlichem Aufbau viel-fältig unterscheiden. Diese räumliche und zeitliche Heterogenität wurde in der Ökologie oft ignoriert, da sich diese traditionell eher auf Gemeinsamkei-ten denn auf Unterschiede innerhalb ökologischer Systeme bezieht. Wir nutzen Fernerkundung, um genau diese Heterogenität innerhalb von Landschaften zu quantifizieren und die Gründe ihrer Entstehung zu erforschen. Wir verwenden insbesondere Laser-basierte Höhenmessungen aus der Luft (LiDAR), um Landschaften und Vegeta-tionsstrukturen in verschiedensten Ökosystemen wie Savannen sowie Wäldern in den Tropen und in gemäßigten Zonen dreidimensional zu kartieren (Abb. nächste Seite oben). Wir wollen das Ver-ständnis und die Modellierung von Ökosystem-prozessen auf verschiedensten Ebenen und Skalen verbessern, zum Schutz der Artenvielfalt und für eine verbesserte Landbewirtschaftung.

Schwerpunkt 1. Einfluss des Bodengeländes auf ÖkosystemprozesseÖkologische Prozesse treten selten einheitlich oder zufällig im Raum auf, da Landschaften räumliche Strukturen enthalten, die die Bewegung von Energie, Material und Organismen lenken. Die Beschaffenheit des Bodens und die Morphologie von Abhängen sind zwei grundlegende Faktoren, die biogeochemische Prozesse beeinflussen, deren räumliche Heterogenität in regionalen und globa-len Modellen jedoch kaum berücksichtigt wird. Wir untersuchen daher eine Reihe von Hügelket-ten auf verschiedenen geologischen Untergründen entlang eines Niederschlagsgradienten in der süd-afrikanischen Savanne, um besser zu verstehen, wie das Klima und das Bodensubstrat biogeochemische Prozesse (wie z.B. Speicherung und Austausch von Bodenkohlenstoff) in Hügelketten beeinflussen. Wir erweitern derzeit diese Forschung auf Gebiete in Australien und Südamerika, um eine globale Perspektive über solche Prozesse zu bekommen.

Prozesse im Landschaftsraum

Aus biogeochemischen Messungen einzelner Standorte (Bodenproben, Messtürme, Pflanzenanbau-flächen) Aussagen für größere Skalen abzuleiten, wird durch die starke räumlich-zeitliche Hetero-genität ökologischer Systeme erschwert. Wir erforschen die Prozesse, welche die landschaftliche Heterogenität erschaffen, aufrechterhalten und modifizieren. Wir bewerten die Auswirkungen der Heterogenität für biogeochemische Funktionen vor dem Hintergrund des globalen Wandels.

Portrait des Arbeitsgruppenleiters

Dr. Shaun Levick studierte Landschaftsökologie an der Universität von Wit-watersrand, Südafrika, wo er 2008 seinen Doktortitel erlangte. Er arbeitete als Postdoc an der Carnegie Institution of Science, Stanford CA, und als Fernerkund-ungs-Wissenschaftler bei GNS Science, Neuseeland, bevor er 2012 ans Institut kam. Hier leitet er die Forschung über Heterogenität ökologischer Systeme und ist besonders an Savannen und tropischen Landschaften interessiert. Kontakt: [email protected]

Biogeochemische Prozesse

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Schwerpunkt 2. Organismen als Gestalter von Ökosystemen„Ökosystem-Gestalter“ sind Organismen, die direkt oder indirekt die Verfügbarkeit von Ressour-cen für andere Organismen modulieren, indem sie physikalische Zustände der belebten oder unbeleb-ten Umgebung verändern. Wir untersuchen den Einfluss von zwei solcher Organismen, Termiten und Elefanten, auf das Ökosystem der afrikani-schen Savanne. Termitenhügel repräsentieren innerhalb der Landschaft Hotspots für Nährstoffe bei gleichzeitig hoher Biodiversität. Termiten bauen ihre Hügel aus Lehm und sind daher eine Hauptquelle für die Umverteilung von Partikeln und Nährstoffen in der Savanne. Wir verwenden LiDAR-Daten des Carne-gie Airborne Observatory (CAO), um die räum-liche Verteilung der Termitenhügel zu kartieren (Abb. unten) und somit die Verteilung und Häufig-keit der Hügel auf verschiedenen Bodentypen und in verschiedenen Niederschlagsregionen besser zu verstehen. Mit Feldstudien wollen wir außerdem bewerten, wie groß die Bedeutung der Termitenhü-gel als Futterquelle für andere Organismen ist. Am anderen Ende der Größenskala sind es Elefan-ten, die durch Brechen von Ästen oder Umstürzen von Bäumen ihre physikalische Umgebung beein-flussen. Große Bäume stellen Inseln biogeochemi-scher Aktivität innerhalb der Landschaft dar, ver-

schwinden jedoch in vielen Savannen immer mehr durch zunehmende Elefantendichte und auch durch Feuer. Wir nutzen Satellitenbilder und LiDAR, um die Rate und räumliche Verteilung der durch Elefanten hervorgerufenen Baumschäden im Zusammenhang mit verschiedenen Bodensubstra-ten, den Hügelketten und Niederschlagsmengen zu verstehen. Wir arbeiten hier eng mit Wissenschaft-lern des South African National Parks (SANParks) zusammen, um die biogeochemischen Folgen der Baumverluste zu verstehen sowie wesentliche Informationen für die Evaluierung von Schutzpro-grammen zu liefern.

Schwerpunkt 3. Störeffekte auf Ökosystempro-zesseDie Vegetation an einem beliebigen Punkt einer Landschaft wird nicht nur durch das Klima und die Ressourcen der Umgebung bestimmt, sondern auch durch großräumige Störfaktoren. In Savan-nen ist die Diversität und Biomasse der Vegeta-tion oft geringer als man aufgrund klimatischer Faktoren erwarten sollte. Grund hierfür ist, dass Feuer, Pflanzenfresser, Wind und eine störende Landnutzung durch den Menschen die Biomasse reduzieren und somit die Struktur und Dynamik der Vegetation wesentlich mitbestimmen. Wir wollen verstehen, wie diese Störeffekte räumlich in der Landschaft variieren und wie die Bedeutung verschiedener Störeffekte mit dem räumlichen Hintergrund zusammenhängt.Die Auswirkung von Feuern auf die Kohlenstoff-speicherung in Savannen stellt eine signifikante Unsicherheit in der Berechnung des globalen Kohlenstoffhaushalts dar und sie bedingt den Unterschied zwischen möglicher und tatsächlicher Biomasse. Wir nutzen ein Netzwerk langfristig angelegter Feuerexperimente in Savannen im südlichen Afrika, nördlichen Australien und in Südamerika, um zu lernen, wie Feuer die Vege-tationsstruktur und die Kohlenstoffspeicherung beeinflusst. Diese Forschungsaktivitäten erfolgen in enger Absprache mit lokalen Landbewirtschaftern, die an den Auswirkungen verschiedener Feuer-Stra-tegien und -Richtlinien auf die Biodiversität und den Kohlenstoffhaushalt interessiert sind.

Querschnitt durch eine hochaufgelöste LiDAR-Punktwolke, aufgenommen über dem Hainich Nationalpark, Thüringen. LiDAR bietet eine einmalige Methode zur großflächigen 3D-Kartierung von Wäldern.

Überblick generiert aus LiDAR-Daten des Car-negie Airborne Observatory (CAO, http://cao.ciw.edu, © Carnegie Institution for Science). Termiten-hügel sind als kleine, regelmäßig verteilte Punkte auf den Hügelkämmen sichtbar.

April 2013

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Die Ökosystemforschung betrachtet sowohl Pro-zesse in der Vegetation („Biosphäre“) als auch im Boden („Pedosphäre“). Dieser integrative Ansatz erlaubt es uns, die Mechanismen der Speicherung und des Transports von Kohlenstoff und anderen biogeochemisch relevanten Elementen zu verste-hen. Anders als z.B. die Populationsökologie ist die Theorie- und Modellbildung in der Ökosystemfor-schung ein noch junger Forschungszweig, was es ermöglicht, grundlegend zu der Entwicklung des Forschungsfelds beizutragen.Die Ökosystemforschung steht im Zentrum der Forschung über den Kohlenstoffkreislauf und den globalen Wandel. Natürliche also auch anthropogen geprägte Ökosysteme speichern große Mengen an Kohlenstoff und spielen darüber hinaus auch eine wichtige Rolle in der Steuerung der Umsatzraten anderer Elemente. Fortschritte in der theoretischen Ökosystemforschung können zu verbesserten nume-rischen Modellen führen, die sowohl die Wechsel-

beziehung zwischen dem Kohlenstoffkreislauf und dem Klima besser simulieren, als auch die Auswir-kungen menschlicher Aktivitäten auf den Kohlen-stoff- und Nährstoffkreislauf von Ökosystemen.Unsere übergeordnete Forschungsfragen sind: Wie sensitiv reagieren terrestrische Ökosysteme auf Veränderungen des Klimas sowie des Nähr-stoffangebots? Wodurch werden Verweildauer und Reaktionszeiten verschiedener biologisch relevanter Elemente in Ökosystemen kontrolliert und wie können wir diese beschreiben? Gibt es allgemein-gültige mathematische Modelle, die biogeoche-mische Kreisläufe in Ökosystemen abbilden? Wie können die zeitliche Variabilität, die Heterogenität innerhalb eines Systems sowie dessen Störung durch äußere Faktoren in die Modelle einbezogen werden?

Schwerpunkt 1. Dynamik der organischen Bo-densubstanzEine der dringlichsten Aufgaben in der Erdsystem-forschung ist es, mathematische Unsicherheiten

Theoretische Ökosystemanalyse und Modellbildung

Wir wollen verstehen, wie Energie und Materie in Ökosystemen transportiert wird. Insbesondere untersuchen wir die Kohlenstoffverteilung in Pflanzenorganen, die Umwandlung organischen Ma-terials im Boden sowie die Auswirkungen von Klimaveränderungen auf die Kohlenstoffspeicherung des Bodens und auf die Wechselwirkungen zwischen biogeochemischen Kreisläufen. Zum besseren Verständnis grundlegender Prozesse entwickeln wir Konzepte für neue mathematische Modelle.

Portrait des Arbeitsgruppenleiters

Dr. Carlos A. Sierra machte seinen Bachelor-Abschluss in Forstwirtschaft an der National University in Kolumbien und erhielt seinen Masters- und Doktortitel in Forstwissenschaften an der Oregon State University, USA. Er kam 2010 an das Max-Planck-Institut um die Gruppe Theoretische Ökosystemanalyse und Modellbil-dung in der Abteilung Biogeochemische Prozesse aufzubauen. Kontakt: [email protected]

Biogeochemische Prozesse

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in der Darstellung der Zusammenhänge zwischen Kohlenstoffvorräten in Böden und den globalen Temperaturen zu verringern. Böden speichern große Mengen an organischem Kohlenstoff, der bei steigenden Temperaturen durch erhöhte mikrobielle Abbauraten vermehrt als CO2 in die Atmosphäre entlassen wird. In der Atmosphäre verstärkt dieses CO2 den Treibhauseffekt, und die damit einherge-hende weitere Erwärmung erhöht möglicherweise wiederum die Kohlenstofffreisetzung aus den Böden – wir sind also hier mit einem kritischen, sich selbst verstärkenden Prozess konfrontiert. Diese Problematik war aufgrund eingeschränkter Beobachtungsdaten und des Fehlens eines zusam-menhängenden und schlüssigen theoretischen Konzepts bisher schwer zu untersuchen. Wir arbei-ten daran, die mathematische Theorie zum Abbau organischer Bodensubstanz voranzubringen. Insbe-sondere beschäftigt uns, wie organisches Material im Boden stabilisiert bzw. destabilisiert wird und wie diese Prozesse auf verschiedene, sich simultan ändernde Umweltvariablen reagieren.Um unsere theoretische Arbeit darzustellen, entwickeln wir das „SoilR“-Modellpaket in der freien Programmiersprache R. „SoilR“ beinhaltet von uns entwickelte Konzepte und ermöglicht es den Nutzern, viele verschiedener Modelle für den Abbau organischen Bodenmaterials zu testen und zu kombinieren, so dass z.B. variable Einflüsse von Temperatur- und Bodenfeuchte gezielt untersucht werden können.

Schwerpunkt 2. Kohlenstoffverteilung in der VegetationDer durch Pflanzen in der Photosynthese gebunde-ne Kohlenstoff wird in Blättern, Zweigen, Stämmen und Wurzeln gespeichert oder durch Stoffwechsel-prozesse wieder veratmet. Hierzu gibt es eine Fülle

von Messdaten, Experimenten und Modellen, aber es mangelt an einer geeigneten mathematischen Beschreibung dieser Vorgänge. Wir untersuchen auf Ökosystemebene, welcher Anteil des fixierten Kohlenstoffs in unterschiedlichen Pflanzenorganen wie Blättern, Stamm und Wurzeln verteilt wird und wie viel durch Atmung wieder freigesetzt wird.Aktuell ermitteln wir die Rolle von unterirdischen Ressourcen, wie Nährstoffen und Wasser, auf die Verteilung der Primärprodukte, also des fixierten Kohlenstoffs. Als Modellsystem dient ein Waldge-biet im Amazonas, das unterschiedliche Bodentypen aufweist, so dass die Verteilung des Kohlenstoffs auf unterschiedliche Pflanzenorgane unter verschiede-nen pedogenen, aber gleichen klimatischen Bedin-gungen untersucht werden kann. Zusätzlich entwickeln wir eine mathematische Theorie um die Allometrie- und Verteilungstheorien in einem gemeinsamen Rahmen zu integrieren. Wir erhoffen uns dadurch ein besseres Verständnis der globalen Muster von Allometrie und Allokation.

Schwerpunkt 3. Die Kohlenstoffbilanz der WälderDer Kohlenstoffkreislauf auf Ökosystemebene umfasst Kohlenstoff-Flüsse zwischen unter - und oberirdischen Speichern sowie die Umwandlung des organischen Kohlenstoffs in unterschiedliche che-mischen Verbindungen. Wir erforschen die zeitliche Entwicklung von Kohlenstoffspeichern in Wäldern und wie diese auf natürliche oder anthropogene Störungen reagieren.Wir haben Modelle für die Änderungen von unter-schiedlichen Kohlenstoffpools in Sekundärwäldern entwickelt, und ihre Bedeutung für die Kohlen-stoffbilanzen auf kontinentaler Skala ermittelt. Darüber hinaus haben wir die Auswirkungen des Waldmanagements auf die verschiedenen Kohlen-stoffspeicher des Ökosystems und deren Potential für langfristige Strategien zur Kohlenstoffbindung untersucht.

Die Empfindlichkeit der Zersetzung organischer Bodensubstanz auf gleichzeitige Änderungen von Temperatur und Feuchtigkeit. Punkte repräsentieren die Kombination von Bodentemperatur und Bo-denwassergehalt des Kontrollexperiments, Pfeile die Richtungsänderungen nach experimenteller Behand-lung. Rote Pfeile bedeuten Bodenerwärmung, blaue Pfeile Abkühlung. Hintergrundfarben und –umrisse repräsentieren Modellvorhersagen der Empfindlich-keit enzymatischer Reaktionsgeschwindigkeiten.5 10 15 20 25 30 35

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Im Laufe der letzten Jahrhunderte hat der Mensch die Umwelt in globalem Maßstab verändert – mit weitreichenden Konsequenzen für die Artenviel-falt. Heute sterben täglich etwa 130 biologische Arten aus, während gleichzeitig viele Arten durch menschliche Aktivitäten rund um den Globus verteilt werden und der jeweils heimischen Flora und Fauna Konkurrenz machen. Wie reagieren Ökosysteme auf den Verlust einheimischer Arten bei gleichzeitiger Ansiedelung fremder Arten? Wie werden Ökosysteme auf die zu erwartenden Änderungen des Klimas reagieren? Wie wird die Veränderung des Klimas die Verbreitung der Arten beeinflussen – und umgekehrt: Welchen Einfluss hat Biodiversität auf Klimaänderungen? Um diese Fragen zu beantworten, müssen wir eine Brücke schlagen von der Erfassung der Artenvielfalt mit ihren funktionellen Eigenschaften bis hin zur Erdsystem-Modellierung.

Als Primärproduzenten spielen Pflanzen im Ökosystem eine besondere Rolle. Ihre morpholo-gischen und physiologischen Eigenschaften bilden eine quantitative Verbindung zwischen Artenviel-falt und ihrer Funktion im Ökosystem. Allerdings sind Daten zu Pflanzeneigenschaften bisher auf unzählige kleinere und größere Datenbanken verteilt, die für die wissenschaftliche Gemein-schaft oft nicht zugänglich sind. Unsere Gruppe hat daher 2007 eine internationale Initiative ins Leben gerufen, um diese Datenbanken weltweit zusammenzuführen, die Daten zu konsolidieren und sie der wissenschaftlichen Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen.

Diese Initiative, genannt TRY (www.try-db.org), hat sich zu einem internationalen Netzwerk von Wissenschaftlern entwickelt (Abb. nächste Seite), das von unserer Gruppe in Zusammenarbeit mit der Universität Leipzig, der Universität Córdoba (Argentinien), der Macquarie Universität in Syd-

Funktionelle Biodiversität der Pflanzen

Die Eigenschaften der Pflanzen bestimmen weitgehend die Reaktion der Landbiosphäre auf Klimaänderungen – von Akklimatisierung und Anpassung bis hin zum Aussterben einzelner Arten oder kompletter Ökosysteme. Wir arbeiten daher daran, die Datenbasis zu Pflanzenmerkmalen zu konsolidieren, ihre Bedeutung für Ökosystemfunktionen besser zu verstehen und die Anpassungs-fähigkeit der Vegetation in globalen Modellen des Erdsystems zu berücksichtigen.

Portrait des Arbeitsgruppenleiters

Dr. Jens Kattge studierte Biologie und Chemie mit Vertiefung in Pflanzenökolo-gie und Bodenkunde an der Universität Gießen, wo er auch promovierte. In 2002 kam er als Postdoc an das Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena. Seit 2010 leitet er das Projekt Funktionelle Biodiversität der Pflanzen. Kontakt: [email protected]

Biogeochemische Prozesse

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ney (Australien) und den Universitäten Grenoble und Paris (Frankreich) koordiniert wird. Bis heute hat die Initiative über 100 unterschiedliche Datenbanken mit Pflanzenmerkmalen zusam-mengeführt. Der neue Datensatz enthält ca. drei Millionen Einträge zu rund 1.000 verschiedenen Pflanzenmerkmalen für 69.000 der etwa 300.000 bekannten Pflanzenarten. Mittlerweile wird die TRY-Datenbank in einer Reihe von Forschungs-projekten weltweit genutzt.

Darüber hinaus befassen wir uns mit folgenden Forschungsschwerpunkten:

Schwerpunkt 1. Globale Muster funktioneller Biodiversität

Im Rahmen der TRY-Initiative erfassen wir die Variationsbreite der Pflanzenmerkmale weltweit. In Zusammenarbeit mit der Universität von Minnesota nutzen wir diesen Datensatz im Zu-sammenhang mit modernen statistischen Verfah-ren, u.a. aus den Bereichen maschinelles Lernen, Data-Mining und Matrix-Completion, um die Pflanzenmerkmale in Abhängigkeit von Klima und Bodeneigenschaften zu charakterisieren und zu verstehen. Der TRY-Datensatz erlaubt es darüber hinaus, Pflanzenmerkmale vor dem Hintergrund der Evolution zu untersuchen, die Korrelation verschiedener Merkmale zu berücksichtigen und die Variation innerhalb und zwischen Arten und Pflanzentypen zu vergleichen.

Schwerpunkt 2. Funktionelle Biodiversität und Ökosystemfunktion

CO2-, Wasser- und Energieaustausch sind Funkti-onen der Ökosysteme, die sich aus der Interaktion von Boden, Klima und Vegetation ergeben. Der TRY-Datensatz erlaubt es, die Verbindung zwi-schen der Vielfalt der Pflanzenarten und den Ei-genschaften der Ökosysteme zu studieren: Können wir auf Basis der Pflanzenmerkmale einen Einfluss der Artenvielfalt auf Ökosystemeigenschaften (a) innerhalb eines Standortes und (b) zwischen verschiedenen Standorten quantifizieren? Eddy-

Kovarianz-Messungen ermöglichen es hierbei, das dynamische Verhalten der Ökosysteme, wie den saisonalen Zyklus der Primärproduktion oder ihre Sensitivität gegenüber Dürreereignissen, zu untersuchen. In Kooperation mit der Abteilung Biogeochemische Integration bringt dieser Schwer-punkt den TRY-Datensatz mit Eddy-Kovarianz-Messungen im Rahmen der FLUXNET-Initiative zusammen.

Schwerpunkt 3. Funktionelle Biodiver-sität und Erdsystem-Modellierung

Die meisten Erdsystem-Modelle verwen-den Pflanzenmerkmale als Modellpara-meter, ohne den Reichtum der heute verfügbaren Daten auszuschöpfen und die Variationsbreite und Anpassungsfä-higkeit der Pflanzenarten zu berücksich-tigen. In Kooperation mit dem Max-Planck-Institut für Meteorologie und der IGBP-Initiative zur Modellierung von Vegetationsverschiebungen durch Klima-

änderungen schlagen wir eine Brücke zwischen den ansonsten getrennten Forschungsbereichen Biodiversität und Erdsystem-Modellierung. Um aus den Messungen von Pflanzeneigenschaften, wie zum Beispiel Stickstoff- und Phosphorgehalt in Blättern (Abb. unten), geeignete Modellparameter abzuleiten, nutzen wir auch hier moderne statis-tische Methoden, wie hierarchische Bayesische Modellierung, und entwickeln diese weiter.

Globaler Nord-Süd-Gradient des Verhältnisses von Phosphor zu Stickstoff in Blättern. Die Farben ge-ben den Phosphorgehalt wieder: von blau (gering) zu rot (hoch); TRY-Datenbank, 12.651 Messungen.

Partnerinstitute (rot) und Messstandorte (cyan) im Rahmen des TRY-Netzwerks (Stand April 2011).

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Als Biomarker verwenden wir chemische Fossilien, also Moleküle, die Rückschlüsse auf das frühere Vorkommen spezifischer Organismen erlauben. Da sowohl DNA als auch RNA in der Umwelt relativ leicht abgebaut werden, analysieren wir als wider-standsfähigere Molekülklasse Lipide, z. B. aus Zell-membranen und Wachsschichten, die bereits aus Gesteinen des Archaikum (vor 4 – 2,5 Mio. Jahren) isoliert werden konnten. Anhand der Charakte-risierung einzelner Lipide und ihrer Funktionen wollen wir nicht nur Individuen bzw. Gruppen von Organismen identifizieren, sondern auch deren Abhängigkeiten von Umweltparametern, wie dem Salz- oder Sauerstoffgehalt bzw. der Wasserverfüg-barkeit, besser verstehen.

Um die Funktionen individueller Prozesse zu erforschen und die Verbindung mikrobieller Flüsse mit der übergreifenden Funktionalität des Ökosys-tem herstellen zu können, werden zusätzliche Infor-mationen aus den Isotopengehalten der Biomarker

herangezogen. Mit Hilfe substanzspezifischer Iso-tope (13C, 14C, 15N, 18O und 2H) in den Biomarkern können Stoffflüsse in den einzelnen Stoffkreisläufen besser nachvollzogen werden. Wir verbinden verschiedene Ansätze, um die Schlüsselprozesse in der Umwelt zu erfassen: die natürlich auftretenden stabilen Isotope, spezielle Isotopenmarkierungen und stabile Isotopensondierung (SIP).

Schwerpunkt 1. Ursprung, Umsatz und Stabilität der organischen Substanz in Böden Die organische Bodensubstanz ist die letzte große Unbekannte im terrestrischen Kohlenstoffkreis-lauf. Wir untersuchen in verschiedenen Projekten, inwieweit abiotische Faktoren - wie der Eintrag von organischem Material, das Ausgangsmaterial, die Luftfeuchtigkeit und Temperatur - bzw. biotische Faktoren - wie das Bestandsalter und die Diversität der Pflanzen und Mikroorganismen - die Speicher-ung von organischer Bodensubstanz beeinflussen. Die isotopischen Informationen (13C, 14C und 15N)

W2 - Forschungsgruppe Molekulare Biogeochemie

Unsere Forschungsgruppe untersucht Schlüsselprozesse der globalen biogeochemischen Stoffkre-isläufe auf molekularer Ebene. Die dafür benötigten Informationen werden aus molekularen, fos-silen Biomarkern und deren Isotopensignalen gewonnen. Wir nutzen hierzu etablierte Techniken oder entwickeln neue Methoden, die es uns erlauben, den molekularen Fingerabdruck biogeoche-mischer Prozesse zu untersuchen.

Portrait des Forschungsgruppenleiters

apl. Prof. Dr. Gerd Gleixner ist Gruppenleiter in der Abteilung Biogeochemische Prozesse und hat an der Friedrich-Schiller-Universität eine Professur für or-ganische Geochemie inne. Er studierte Landwirtschaft und Biotechnologie an der Technischen Universität München. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen den terrestrischen Kohlenstoffkreislauf, die metabolische Isotopenfraktionierung sowie die Rekonstruktion des Paläoklimas. Kontakt: [email protected]

Molekulare Biogeochemie

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der Biomarker aus spezifischen chemischen Sub-stanzen und Fraktionen geben Anhaltspunkte über die Umsatzraten und die hohe Anfälligkeit der organischen Bodensubstanz.Um die Bedeutung und Rolle des gelösten or-ganischen Kohlenstoff (DOC, dissolved organic carbon) besser zu verstehen, ermitteln wir gaschro-matographisch und massenspektrometrisch dessen molekulare und isotopische Zusammensetzung, den molekularen Fingerabdruck. Er gibt Auskunft über die Quellen dieses Kohlenstoffs und deutet darauf hin, dass DOC von der Oberfläche in den Boden hinein transportiert wird und dass DOC in tieferen Bodenschichten nicht mit dem in höheren Schichten zusammen hängt.

Schwerpunkt 2. Transport des Kohlenstoffes in-nerhalb der PflanzenKohlenhydrate sind zentrale Moleküle im Stoff-wechsel der Pflanzen. Am Tage transportieren und speichern sie Energie in Form von photosynthe-tisch reduziertem Kohlenstoff der Atmosphäre, der zur Energiegewinnung, Verteidigung und zum Wachstum an anderer Stelle benötigt wird. In der Nacht stellen sie die Energie für die mitochondriale Atmung und den Zellmetabolismus bereit. Die Regulation des Kohlenhydratmetabolismus und seine Rolle beim Wechselspiel zwischen Primär- und Sekundärmetabolismus sind bisher noch nicht vollständig geklärt. Wir nutzen und entwickeln molekulare Techniken, um den Transport und die Regulation der Kohlenhydrate in Pflanzen anhand der isotopischen Informationen aus Pflanzenme-taboliten zu verstehen.

Schwerpunkt 3. Bedeutung der Biodiversität in biogeochemischen KreisläufenPflanzen reagieren nicht nur auf abiotische Fak-toren wie das Klima, sondern auch auf andere Pflanzen und Mikroorganismen im Boden. Diese positiven oder negativen Wechselwirkungen sind auf Ebene der Pflanzengemeinschaften sehr schwer zu untersuchen. Molekulare Werkzeuge können helfen, zwischen Reaktionen individueller Arten oder der Gemeinschaft zu unterscheiden.

Wir untersuchen hauptsächlich die Auswirkun-gen der Baum- und Graslanddiversität auf (1) den Zusammenhang zwischen oberirdischer und unterirdischer Diversität, und (2) die Verbindung zwischen Pflanzendiversität und der Dynamik organischer Bodensubstanz. In Kurzzeit-Experi-menten nutzen wir Isotopenmarkierung, um die Auswirkungen der Diversität auf den Kohlenstoff-transport zwischen Pflanzen, Mikroorganismen und der organischen Bodensubstanz zu untersuchen. Darüber hinaus möchten wir herausfinden, ob eine höhere Pflanzendiversität langfristig den Erfolg einer Gemeinschaft sichert, selbst wenn einige Arten wieder verschwinden.

Schwerpunkt 4. Rekonstruktion der Klima- und VegetationsgeschichteDurch ein besseres Verständnis der Zusammenhän-ge zwischen Ökosystemen und Klimaänderungen können sowohl die Klimavorhersagen verbessert als auch deren Einfluss auf die Biodiversität und Ökosystemfunktionen genauer erklärt werden. Zur Rekonstruktion des regionalen Klimas der letzten 11.000 Jahre (Holozän) werden Eisbohrkerne, Seesedimente und Baumringe verwendet. Groß-flächige Klimarekonstruktionen, welche die Unter-scheidung von lokalen Klimaeffekten und großräu-migen Zirkulationssystemen erlauben, sind bislang noch sehr selten. In unserer Arbeitsgruppe nutzen wir stabile Wasserstoffisotope von Biomarkern als Indikator für das Paläoklima. Ein Fokus liegt auf der Verknüpfung von Wasserstoffisotopen mit dem Wasserkreislauf entlang von gemäßigten, tropisch-en, borealen und Gebirgsökosystemen. Mit diesen Methoden können wir großräumige Klimarekon-struktionen anhand der Monsunschwankungen in den letzten 10.000 Jahren auf dem Tibetischen Plateau und im Zentralasiatischen Hochgebierge Tien Shan nachvollziehen (Abb. unten).

Versuchsaufbau im Nationalpark Hainich

Entnahme von Sedimentproben eines Sees des tibetischen Plateaus

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Viele der globalen biogeochemischen Kreisläufe spiegeln sich in der Atmosphäre durch Spurengase wider, wie Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O) oder auch Aerosole. Räum-liche und zeitliche Änderungen der atmosphäri-schen Konzentration dieser Gase liefern wichtige Informationen über Lage, Ausmaß und zeitliche Änderungen ihrer jeweiligen Quellen und Senken. Aufgrund der schnellen Durchmischung der Luft wirkt die Atmosphäre dabei als natürlicher „Integ-rator“ der komplexen Austauschflüsse dieser Gase an der Erdoberfläche. Insgesamt können atmo-sphärische Messungen daher dazu dienen, Ober-flächenprozesse auf verschiedenen räumlichen und zeitlichen Skalen zu beobachten – vom regionalen Ökosystem über Kontinente bis hin zur ganzen Erde. Dabei muss der atmosphärische Transport durch den Wind berücksichtigt werden – dies geschieht durch die Verwendung von numerischen meteorologischen Modellen. Dieses Verfahren wird in der Abteilung für Biogeochemische Systeme in

vier Schwerpunktbereichen weiterentwickelt und angewandt:

Schwerpunkt 1. Erweiterung des atmosphä-rischen Netzwerkes von in-situ-Messungen biogeochemischer Spurengase

Das derzeitige globale atmosphärische Netzwerk zur Messung biogeochemischer Spurengase weist noch viele Lücken in klimatisch wichtigen Ge-bieten auf. Unsere Abteilung ist daher bestrebt, neue Messstationen in solchen schwächer er-fassten Gegenden aufzubauen, die sogenannte „Hotspots“ im Erdsystem bilden. Geographisch verfolgen wir dazu drei Richtungen: (1) Eine Kette von hohen Messtürmen von Europa bis in die Eurasische Taiga bei 60° N, die u.a. einen 300 m hohen Messturm (ZOTTO, Abb. nächste Seite) in Zentralsibirien einschließt. (2) Eine Kette von Messstationen auf entlegenen Inseln und Küsten entlang des östlichen Atlantiks (z.B. Shetland, Kap Verde, Namibia), um ozeanische Prozesse

Abteilung Biogeochemische Systeme

Biogeochemische Kreisläufe äußern sich in der Atmosphäre durch wichtige Treibhausgase, wie Kohlendioxid, Methan und Lachgas. Wir entwickeln Methoden zur Messung und Fernerkundung dieser Gase. Dazu betreiben wir ein weltweites Netz von Messstationen in wichtigen, auch schwer zugänglichen Regionen dieser Erde. Mit numerischen Modellen berechnen wir, wo sich starke Quel-len und Senken befinden und wie sie sich durch Umwelt und menschliche Einflüsse verändern.

Portrait des Direktors

Prof. Dr. Martin Heimann ist seit 2004 Direktor der Abteilung Biogeochemi-sche Systeme am Max-Planck-Institut für Biogeochemie. Er ist Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft, Honorarprofessor an der Friedrich-Schiller-Uni-versität Jena und Mitglied der Academia Europaea. Seit über drei Jahrzehnten arbeitet er an der Analyse und Modellierung des globalen Kohlenstoffkreislaufs und seiner Interaktion mit dem physikalischen Klimasystem. Kontakt: martin. [email protected]

Biogeochemische Systeme

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und vom afrikanischen Kontinent stammende Luftmassen zu untersuchen. (3) Zusammen mit dem MPI für Chemie in Mainz und Partnern in Brasilien bauen wir einen 300 m hohen Messturm im zentralen Amazonasgebiet (ATTO). Durch die quasi-kontinuierliche, gleichzeitige Messung von verschiedensten biogeochemischen Spurengasen können wir zwischen unterschiedlichen Abgabe- („Quellen“) und Aufnahme-(„Senken“)Prozessen unterscheiden.

Schwerpunkt 2. Entwicklung von neuen Mess-techniken und Beobachtungssystemen

Die geringen räumlichen und zeitlichen Schwan-kungen der biogeochemischen Spurengase erfor- dern extrem genaue Messungen. Diese in entle-genen Gegenden und unter widrigen Umweltbe-dingungen zu gewährleisten, stellt eine schwierige technische Herausforderung dar. Daher erforschen wir eine Reihe von neuen Techniken: die Minia-turisierung von Messinstrumenten für den Einsatz an Bord von Passagier- und Forschungsflugzeugen, die Nutzung eines bodengestützten Fourier-Transformationsspektrometers zur Nah-Infrarotspektroskopie des Sonnenlichtes und, in Zusammenarbeit mit anderen Partnern, die Entwicklung von Systemen zur Messung atmosphä-rischer Spurengaskonzentrationen aus dem Weltraum.

Schwerpunkt 3. Kopplung von at-mosphärischen Punktmessungen mit regionalen Modellergebnissen

Eine „Achillesferse“ bei der Analyse der Treibhaus-gaskonzentrationen ist die Darstellung von lokalen Punktmessungen in raster-basierten atmosphä-rischen Modellen, insbesondere über Land, wo ein heterogenes Mosaik aus Treibhausgasquellen und -senken vorherrscht. Um die Lücke zwischen Modell und Messungen zu schließen, betreiben wir Prozessstudien auf regionaler Skala, indem wir

Beobachtungskampagnen mit hoher Datendichte durchführen. Dabei verwenden wir Messungen an Bord von Flugzeugen sowie am Boden und durch Fernerkundung. Die gewonnenen Daten werden mit hochauflösenden meteorologischen Regional-modellen analysiert.

Schwerpunkt 4. Entwicklung und Anwendung von inversen atmosphärischen Modellen und Datenassimilationssystemen

Für die Ableitung von Quellen und Senken aus atmosphärischen Beobachtungen benötigen wir numerische Modelle, die den Transport durch den Wind beschreiben und im „inversen“ Modus betrieben werden. Dabei werden auch andere Messungen mit einbezogen, wie z.B. die Konzen-trationen anderer Spurengase oder weitere, aus Satellitenmessungen ermittelte Eigenschaften der Erdoberfläche. Das Endziel ist die Entwicklung eines Systems zur Datenassimilation aus biogeo-chemischen Modulen der Land- und Ozeanober-flächen und einem meteorologischen Atmosphä-renmodell. Dieses System wird durch die Vielzahl von Beobachtungen konsistent optimiert, ganz so, wie dies routinemäßig bei der numerischen Wettervorhersage erfolgt. Mit diesem Werkzeug können wir beobachten und quantifizieren, wo und wie stark sich die Spurengasbilanzen durch klimatische (z.B. Hitze, Trockenheit) und humane (z.B. Verbrennung fossiler Brennstoffe, Feuer, Ab-holzung) Einflüsse verändern (Abb. unten). Diese wichtigen Informationen führen zu einem besseren Verständnis der biogeochemischen Kreisläufe – und damit auch zu einer verbesserten Darstellung dieser Kreisläufe in globalen Erdsystemmodellen.

Zotino Tall Tower Observatory (ZOTTO): ein 300 m hoher Turm zur Messung von biogeochemischen Spurengasen, Aerosolen und atmosphärischer Chemie, den wir in Zentralsibirien errichtet haben, zusam-men mit dem MPI für Chemie und dem Forstinstitut in Krasnojarsk; finanziert durch die Max-Planck-Gesellschaft.

Globale Verteilung von Kohlendioxidquellen und -sen-ken, ermittelt aus atmosphärischen Messungen (an den mit Dreiecken gekennzeichneten Orten) und model-liert mit dem Jenaer Inversionssystem. Das Diagramm zeigt den Mittelwert der Jahre 1996–2007 in gC/ m2 Jahr1 (Rödenbeck et al., 2003, ACP, aktualisiert). Blaue und grüne Farben stellen Senken dar, gelbe und rote Farben zeigen Quellen an. Der Einfluss von Emissionen aus hochindustrialisierten Regionen in der nördlichen Hemisphäre ist deutlich sichtbar.

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Treibhausgase wie Kohlendioxid, Methan oder Wasserdampf lassen sich sehr genau mit Messinst-rumenten messen, die ihre Umgebungsluft analy-sieren (in-situ). Mit zunehmender Höhe wird dies allerdings immer schwieriger. Da alle Treibhausgase Infrarotstrahlung absorbieren, kann man diese Gase auch aus der Entfernung messen. Infrarot-strahlung wird auf ihrem Weg durch die Atmo-sphäre von Treibhausgasmolekülen in charakteris-tischer Weise sowohl absorbiert als auch emittiert. Indem man diese Strahlung misst, kann man die vorhandene Menge einer Reihe von Treibhausgasen bestimmen. Das geht sowohl von oben mit Satelli-ten als auch vom Boden aus.

Fernerkundungsmethoden, die die natürliche elektromagnetische Strahlung beobachten, nennt man „passiv“. Andere Bestandteile der Atmosphä-re wie Aerosole lassen sich besser mit „aktiven“ Methoden beobachten. Bei der aktiven Fernerkun-dung beleuchtet eine künstliche Lichtquelle, wie

etwa ein Laser, den Teil der Atmosphäre, den man beobachten möchte. Aus der rückgestreuten oder absorbierten Strahlung erhält man dann z.B. die Aerosolmenge.

Schwerpunkt 1. Treibhausgasmessungen mit Fourier-Transformations-Infrarotspektroskopie

Das wichtigste Projekt unserer Gruppe ist die Fernerkundung atmosphärischer Treibhausgase mit Hilfe eines Fourier-Transformations-Infrarot (FTIR)-Spektrometers. Ein solches Instrument, auch Fourier-Transform-Spektrometer (FTS) ge-nannt, kann eine Vielzahl atmosphärischer Spuren-gase gleichzeitig beobachten. Die wichtigsten Spu-rengase sind Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Wasserdampf (H2O), Kohlenmonoxid (CO) und Lachgas (N2O). Tatsächlich kann man mit dem FTS noch viele weitere Gase sowie deren Isotope bestimmen. Das FTS verwendet eine passive Methode zur Messung dieser Spurengase. Sonnen-

Atmosphärische Fernerkundung

Die Gruppe Atmosphärische Fernerkundung beschäftigt sich mit der Messung atmosphärischer Parameter aus der Entfernung. Fernerkundungsmethoden basieren typischerweise darauf, dass elektromagnetische Strahlung mit Bestandteilen der Atmosphäre wie z.B. Treibhausgasmolekülen oder Aerosolen wechselwirkt. Aus der Analyse der gemessenen elektromagnetischen Strahlung bestimmt man atmosphärische Parameter, die für den globalen Kohlenstoffhaushalt wichtig sind.

Portrait des Arbeitsgruppenleiters

Dr. Dietrich Feist studierte Physik an der Universität Heidelberg und pro-movierte 1999 an der Universität Bern, Schweiz, über die Bestimmung atmo-sphärischer Parameter aus Daten eines Space-Shuttle-Experiments. Als Postdoc in Bern verbrachte er über 300 Stunden an Bord von Forschungsflugzeugen und hatte Auslandsaufenthalte in den USA, Japan und Großbritannien. Seit 2006 leitet er die Arbeitsgruppe Atmosphärische Fernerkundung (ARS) am Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena. Sein Spezialgebiet ist die Fernerkund-ung atmosphärischer Spurengase. Kontakt: [email protected]

Biogeochemische Systeme

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licht wird auf seinem Weg durch die Atmosphäre von den Molekülen vieler Spurengase vor allem im infraroten Bereich des Spektrums absorbiert. Die Moleküle absorbieren das Licht nur bei charakte-ristischen Wellenlängen (Spektrallinien), aus denen sich ein spektraler Fingerabdruck für das jeweilige Spurengas ergibt. Aus dem einfallenden Sonnen-licht bestimmt das FTS die Stärke tausender Spekt-rallinien. Über die Position der Spektrallinien kann man das Spurengas identifizieren. Die Linienstärke ist dabei ein direktes Maß für die Anzahl der Mole-küle zwischen der Sonne und dem FTS.

Da das Sonnenlicht die gesamte Atmosphäre durchquert hat, liefert die Messung Informationen vom Boden bis zur Obergrenze der Atmosphäre. Sie unterscheidet sich damit grundlegend von in-situ-Messungen, die zwar sehr genau sind, aber nur Informationen aus der unmittelbaren Umgebung des Messinstruments liefern. Bodengestützte FTIR-Messungen sind deshalb besonders gut geeignet, um Treibhausgasmessungen von Satelliten zu vali-dieren. Satelliteninstrumente messen typischerweise ebenfalls die gesamte Atmosphäre, z.B. wenn sie reflektiertes Sonnenlicht beobachten, welches die Atmosphäre zweimal durchquert hat.

Unser FTS ist Teil des Total Carbon Column Ob-serving Networks (TCCON), eines Netzwerks von FTIR-Instrumenten, die Treibhausgase in verschie-denen Teilen der Welt messen. Im Jahr 2010 wurde unser FTS zur Universität Wollongong in Australi-en transportiert, um dort einige Monate Vergleichs-messungen neben einem anderen TCCON-FTS durchzuführen. Solche Vergleiche sind wichtig, um die Datenqualität des Netzwerks zu verbessern. Letztendlich soll das FTS auf Ascension Island aufgestellt werden, einer kleinen tropischen Insel im Südatlantik zwischen Afrika und Südamerika, die zu den britischen Überseegebieten gehört. An

diesem einzigartigen Standort kann man tropische Luftmassen messen, die hauptsächlich aus Afrika und gelegentlich aus Südamerika kommen – zwei Kontinente, auf denen solche Messungen bislang noch nicht durchgeführt wurden.

Schwerpunkt 2. Fernerkundung der atmosphäri-schen Mischungsschichthöhe

Neben den Treibhausgasen lassen sich auch andere wichtige atmosphärische Parameter mit Fernerkun-dungsmethoden bestimmen. Ein solcher Schlüssel-parameter ist die Höhe der Mischungsschicht, die zwischen der Erdoberfläche und der freien Tropo-sphäre (unterste Schicht der Atmosphäre) liegt. Sie wird sehr stark von Oberflächenprozessen beein-flusst: z.B. der Freisetzung oder Deposition von Schwebeteilchen oder dem Gasaustausch zwischen Biosphäre und Atmosphäre.

Die Höhe der Mischungsschicht reicht von einigen hundert bis über zweitausend Meter. Sie ist ein Schlüsselparameter für Computermodelle, die den Transport von Treibhausgasemissionen von der Oberfläche hinauf in die Atmosphäre simulieren. Tatsächlich ist die in den Modellen angenommene Mischungsschichthöhe in der Regel sehr ungenau und führt zu Fehlern in den Ergebnissen. Dies würde auch das zukünftige International Carbon Observing System (ICOS) betreffen, ein Netzwerk europäischer Stationen, an denen Treibhausgase europaweit überwacht werden sollen.

Um die Situation zu verbessern, testen wir Fern-erkundungsmethoden zur Bestimmung der Mischungsschichthöhe an den zukünftigen ICOS-Stationen. Mit einem sogenannten Lidar wird die Atmosphäre mit einem Laserstrahl beleuchtet und das rückgestreute Licht analysiert. Da Lidar-Systeme normalerweise sehr teuer sind, testen wir hierfür auch den Einsatz sogenannter Ceilometer.

Das sind einfacher konstruierte Lidar-Systeme, die normalerweise nur zur Bestimmung der Wolkenhöhe eingesetzt werden. Mit einer aufwendigeren Da-tenauswertung kann auch mit ihnen die Mischungsschichthöhe bestimmt werden. Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) und der Jenoptik AG durchgeführt.

CO

CH4

H2O O

2

CO2HF

HCl

N2O

Mis

chu

ng

ssch

ich

thö

he

CeilometerFTIR

Übersicht unserer verwendeten Messme-thoden: passive Messung von Treibhausga-sen mit einem FTIR-Spektrometer (links), aktive Bestimmung der Mischungsschicht-höhe mit einem Ceilometer (rechts).

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Biogeochemische Spurengase in der Atmosphäre können durch Bodenstationen, durch Fernerkun-dung und mit Flugzeugen gemessen werden. Um aus diesen Messdaten den Austausch der Spurenga-se zwischen der Atmosphäre und der Erdoberfläche zu verstehen, müssen sie mit einer Kombination aus atmosphärischen Transportmodellen und Flussmodellen der Erdoberfläche interpretiert werden. Die dabei verwendeten Transportmodelle sind ein Nebenprodukt der Wettervorhersage, die jedoch angepasst werden, um das Verhalten lang-lebiger Spurengase zu beschreiben. Um einzelne Messpunkte darzustellen, müssen die Modelle die räumliche Verteilung der Spurengase auflösen kön-nen. Am besten lässt sich deren dreidimensionale Verteilung in der Atmosphäre durch flugzeugge-stützte Messungen erfassen, weshalb sich diese ideal zum Testen und Optimieren der Modelle eignen. Zudem sind flugzeuggestützte Messungen die einzige Möglichkeit, atmosphärische Fernerkun-dungsdaten zu validieren. Daher liegt der wissen-

schaftliche Fokus der Gruppe Flugzeuggestützte Messungen atmosphärischer Spurengase und deren hochaufgelöste Modellierung (ATM) in folgenden Forschungsbereichen:

Schwerpunkt 1. Entwicklung hochpräziser Messgeräte für flugzeuggestützte Messungen Aufgrund der besonderen Bedingungen an Bord von Flugzeugen (Vibrationen, Gewichtsbeschrän-kungen, Sicherheitsvorschriften), müssen die dort eingesetzten Messgeräte bestimmte Ansprüche erfüllen, was bei kommerziellen Geräten meist erhebliche Umbauten erfordert. In unserer Grup-pe werden zurzeit verschiedene Messgeräte für den Einsatz an Bord von Flugzeugen entwickelt: (1) Zusammen mit Industriepartnern entwickeln wir ein Messgerät für Treibhausgasmessungen an Bord von Linienflugzeugen. Im Rahmen des EU-Projekts IAGOS-ERI soll dieses System an Bord der Airbus-A340-Flotte weltweit CO2 und Methan (CH4) messen. (2) Für den Einsatz an Bord

Flugzeuggestützte Messungen atmosphärischer Spurengase und deren hochaufgelöste ModellierungTreibhausgas-Messungen im Rahmen von Linienflügen oder gezielten Flugkampagnen liefern wich-tige Informationen über regionale CO2-Bilanzen. Neben einer hohen Datendichte liefern sie den dreidimensionalen Kontext für Langzeitmessungen an der Erdoberfläche. Die Interpretation der Flugzeug-Messdaten erfolgt durch räumlich hoch-aufgelöste atmosphärische Transportmodelle, die aus Wettervorhersagemodellen in Kombination mit Biosphärenmodellen gewonnen werden.

Portrait des Arbeitsgruppenleiters

Dr. habil. Christoph Gerbig studierte Physik in Aachen und Wuppertal, wo er auch seinen Doktortitel in Atmosphärenchemie erhielt. Danach arbeitete er am Forschungszentrum Jülich und der Harvard-Universität, wo er seine For-schungsinteressen an der Geräteentwicklung sowie der Anwendung und Ent-wicklung atmosphärischer Transportmodelle verfolgte. Seit 2004 ist er der Leiter der Arbeitsgruppe Flugzeuggestützte Messungen atmosphärischer Spurengase und deren hochaufgelöste Modellierung (ATM). Kontakt: [email protected]

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kleinerer Forschungsflugzeuge ist das ICON-Inst-rument gedacht, welches hochpräzise Messungen des O2/N2-Verhältnisses durchführt. Solche O2/N2- Messungen liefern Informationen über Quellen und Senken von CO2, da bei den meisten Prozes-sen, die CO2 erzeugen bzw. verbrauchen, Sauerstoff verbraucht bzw. erzeugt wird. Dies geschieht in einem für den jeweiligen Prozess typischen Verhält-nis. (3) In Zusammenarbeit mit anderen Partnern entwickeln wir im Rahmen des EU-Projektes ICOS ein Gerät zur automatisierten Luftprobennahme, das sowohl im Flugzeug als auch an Bodenstatio- nen eingesetzt werden kann. Diese Luftproben können am Institut sowie in anderen Laboren auf der Welt im Hinblick auf verschiedene Spurengase analysiert werden.

Schwerpunkt 2. Flugzeuggestützte Messkampag-nen atmosphärischer Spurengase Die räumliche Verteilung von Spurengasen in der Atmosphäre, die aus flugzeuggestützten Profilmes-sungen ermittelt wird, liefert wichtige Informatio-nen für regionale Treibhausgas-Bilanzen sowie zur Validierung von Transportmodellen und Ferner-kundungsdaten. In diesem Sinne haben wir bereits mehrere gezielte Flugzeugkampagnen durchge-führt: (1) Bei regionalen Studien in der Nähe von Beobachtungsstationen in Deutschland und Süd-frankreich wurden Einflüsse der lokalen Geogra-phie (z.B. Land-See- sowie Berg-Tal-Winde) auf die atmosphärische CO2-Verteilung untersucht. (2) Als Teil des EU-Projekt IMECC wurden Treibhausgas-messungen von sechs Fourier-Transformationsspek-trometern in Deutschland, Frankreich und Polen durch gleichzeitige Profilmessungen dieser Treib-

hausgase an Bord eines Forschungsjets validiert. (3) Mit Partnern aus Brasili-en und den USA wurden Kampagnen im brasilianischen Amazonasbecken durchgeführt. Diese hatten zum Ziel, die CO2- und CH4-Bilanz des Ama-zonasbeckens zu charakterisieren – unter klimatischen Aspekten eine der interessantesten Gegenden der Welt, da sie mehr als die Hälfte des globalen Regenwaldes enthält (Abb. unten).

Schwerpunkt 3. Hochaufgelöste Modellierung als Brücke zwischen Beobachtungen und globa-len Modellen Kleinräumige Variationen in Landnutzung und fossilen Emissionen führen zu entsprechenden Mustern in der atmosphärischen Verteilung von Spurengasen. Um Messungen von Beobach-tungsstationen hinreichend genau darzustellen, werden Modelle mit einer Auflösung von 20 km oder besser benötigt. Hierbei liegt der Fokus in folgenden Bereichen: (1) Unsere Gruppe entwi-ckelte ein hochaufgelöstes Modellsystem, das ein Wettervorhersagemodell mit Modellen für Flüsse von CO2 und anderen Treibhausgasen kombiniert. Dieses System wurde mit Hilfe von Messdaten aus Flugzeugkampagnen validiert. Es wird verwendet, um den Einfluss regionaler CO2-Variabilität zu untersuchen, z.B. Messungen an Bergstationen oder Fernerkundungsdaten darzustellen, sowie um die Kohlenstoffbilanz im Amazonasbecken zu analysieren. (2) Das Partikel-Dispersionsmodell STILT wurde entwickelt, um zu untersuchen, wie Luftpakete von stromaufwärts gelegenen Gegen-den beeinflusst werden. Dieses Modell ist auch als regionales Modell in das Jenaer Inversionssystem eingebaut, um die Lücke zwischen Beobachtungen und globalen Transportmodellen zu schließen. (3) Um aus atmosphärischen Beobachtungen die entsprechenden Austauschflüsse zu erhalten, sind hochgenaue Transportmodelle notwendig. Da-her ist die Quantifizierung und Reduzierung von Unsicherheiten und Modellfehlern ein wichtiger Forschungsbereich.

Gemessene Erhöhung der Methankonzentration in der unteren Atmosphäre, dargestellt als Höhe-Dis-tanz-Querschnitt während des BARCA-Forschungs-fluges am 21. Mai 2009. Die rechte Seite zeigt die Route des Flugzeugs.

Mischungsverhältnisse von CO2 in der Atmosphäre über Europa (150 m Höhe über Grund, 12. Juli 2003 um 14:00 GMT). Durch die Kombination von Flussverteilung und at-mosphärischem Transport hervorgerufene Strukturen sind deutlich erkennbar.

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Die Akteure des globalen Kohlenstoffkreislaufs – die terrestrische Biosphäre, die Ozeane, mensch-liche Aktivitäten – tauschen Kohlendioxid (CO2) und andere Treibhausgase mit der Atmosphäre aus und beeinflussen somit das Klima durch den Treibhauseffekt. Die Stärke des biosphärischen und ozeanischen Austauschs variiert in Raum und Zeit – von Jahr zu Jahr, im Laufe der Jahreszeiten, von Tag zu Tag, zwischen Tag und Nacht. Diese Variabilität ist wiederum eng an klimatische Einflüsse gekoppelt. Um die Rolle des Kohlen-stoffkreislaufs im Klimasystem zu verstehen, muss man wissen, in welcher Weise Kohlenstoffquellen und -senken auf Klimaeinflüsse reagieren. Dafür müssen die zeitlichen Änderungen und räumlichen Muster des CO2-Austausches bestimmt werden.

Unsere Gruppe beschäftigt sich mit einer solchen Quantifizierung auf der Grundlage von Messda-ten. Gegenwärtige Aktivitäten umfassen:

Schwerpunkt 1. Quasi-operationelle CO2 -Fluß-schätzungen („Jenaer Inversionssystem“)

Wird in verschiedenen Teilen der Erdoberfläche CO2 aufgenommen oder abgegeben, entstehen räumliche und zeitliche Änderungen im CO2-Gehalt der Atmosphäre. Diese CO2-Änderungen werden durch regelmäßige Messungen – durchge-führt von verschiedenen Institutionen, darunter dem MPI für Biogeochemie – an weltweit mehr als 100 Stationen erfasst. Anhand dieser Messdaten und der numerischen Simulation des CO2-Trans-ports in der Atmosphäre können die CO2-Quellen und -Senken zurückverfolgt und ihre Stärke mit inversen Methoden abgeschätzt werden.

Wir konzentrieren uns dabei insbesondere auf Veränderungen von Jahr zu Jahr. Indem wir Schwankungen im CO2-Austausch mit Klima-schwankungen in Beziehung setzen, können wir zugrundeliegende Mechanismen aufdecken (Abb. nächste Seite oben).

Datenbasierte Abschätzungen Die Quantifizierung der großräumigen Quellen und Senken von CO2 und anderen Treibhausgasen ist eine wesentliche Voraussetzung, um das Klimasystem und seine Rückkopplungseffekte zu verstehen. Auf der Grundlage atmosphärischer Spurenstoffmessungen und verschiedener anderer Datenströme erstellt unsere Gruppe mit Hilfe inverser Methoden Schätzungen des Spurenstoffaus-tauschs und seiner klimatischen Einflüsse.

Portrait des Arbeitsgruppenleiters

Dr. Christian Rödenbeck studierte Physik an der Universität Leipzig, wo er auch promovierte. Als Postdoc am Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme in Dresden beschäftigte er sich mit Dynamischen Systemen. Im Jahr 2000 wechselte er an das Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena.

Kontakt: [email protected]

Biogeochemische Systeme

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Die Schätzungen des CO2-Flusses aus dem „Jenaer Inversionssystem“ werden regelmäßig aktualisiert und stehen auch anderen Forschungsgruppen für gemeinsame Projekte zur Verfügung (Dokumen-tation und Download unter http://www.bgc-jena.mpg.de/~christian.roedenbeck/download-CO2/).

Schwerpunkt 2. Diagnostische datengetriebene Modelle der Landbiosphäre

Die atmosphärischen Daten können auch mit Fernerkundungsdaten zum Zustand der Vegetati-on oder mit meteorologischen Daten kombiniert werden. Mit Hilfe empirischer Modelle und wie-derum inverser Methoden kann die Beziehung der CO2-Flüsse zu klimatischen Einflussfaktoren direkt bestimmt werden. Diese Methode wird gegenwär-tig getestet, mit dem Ziel, die Klimasensitivität des Kohlenstoffkreislaufs gegenüber Temperatur, Niederschlag oder Sonneneinstrahlung aus Daten abzuschätzen.

Schwerpunkt 3. Diagnostische datengetriebene Modelle des ozeanischen Kohlenstoffkreislaufs

Da der Kohlenstoffkreislauf auch mit Sauerstoff-austausch verbunden ist, liefern atmosphärische Sauerstoffmessungen zusätzliche Informationen über die ozeanische Biogeochemie (Abb. rechts). Gegenwärtig entwickeln wir ein diagnostisches Modell, das auch Kohlenstoff- und Sauerstoffmes-

sungen in der ozeanischen Deckschicht, Oberflächentemperatur, Wärmeaustausch, Nährstoffkonzentration oder Größen in Zusammenhang mit Gasaustausch, Trans-port oder Kohlenstoffchemie des Ozeans einbeziehen kann. Es zeigt sich, dass ver-schiedene, voneinander unabhängige Da-tenströme zu konsistenten Schätzungen des CO2-Austauschs zwischen Ozeanen und der Atmosphäre führen und sich so gegenseitig bestätigen. Mit Hilfe solcher diagnostischen Modelle kann auch die Vorhersagekraft geplanter Messstrategien bewertet werden.

Schwerpunkt 4. Regionale Inversionen

Heutige globale Modelle des atmosphäri-schen Transports sind noch zu grob, um die tatsächliche Variabilität des Transports und der CO2-Flüsse aufzulösen. Um daraus resultierende Fehler zu verringern, kann man sich auf ein Zielgebiet kon-zentrieren, in dem Flüsse und Transport detaillierter aufgelöst werden. Dazu entwickeln wir geeignete Strategien und wenden sie auf verschiedene Zielgebiete

an (Europa, Sibirien).

Schwerpunkt 5. Weitere Spurenstoffe

Die für CO2 entwickelten Methoden werden auch auf andere atmosphärische Spurenstoffe angewendet, wie die Treibhausgase Methan (CH4) und Stickoxid (N2O). Interessant ist auch Car-bonylsulfid (COS), sowohl wegen seiner Rolle in der Atmosphärenchemie als auch wegen seiner Verbindung zum Kohlenstoffkreislauf durch die Photosynthese.

Anomalien des CO2-Austauschs im Sommer 2003 (Mai–Sep-tember, in g/m2/Jahr). In roten Gebieten wurde mehr CO2 an die Atmosphäre abgegeben als im langjährigen Mittel (1999–2008) – deutlich zu erkennen ist die Reaktion der Vegetation auf die un-gewöhnliche Hitze und Trockenheit in Europa. Die Dreiecke ken-nzeichnen die verwendeten atmosphärischen Messstationen. Die vergröberten Umrisse der Kontinente entsprechen der räumlichen Auflösung des Spurengas-Transportmodells.

Jährliche Schwankungen im Sauerstoffaustausch zwischen tropischem Ozean und Atmosphäre (schwarz), verglichen mit einem El-Niño-Index (rot). In El-Niño-Jahren (erhöhter Index) nimmt tendenziell auch die Sauerstoffabgabe zu.

Tropischer Ozean

1995 1998 2001 2004Jahre(A.D.)

-200

-100

0

100

200

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Bodengestützte atmosphärische Dauermessungen und separate Flaschenbeprobung sind wichtige In-strumente für die Untersuchung atmosphärischer Transportvorgänge, biogeochemischer Flussraten und menschengemachter Emissionen. Sie ergän-zen andere atmosphärische Messmethoden wie boden- und weltraumgestützte Fernerkundung sowie flugzeuggestützte Messungen. An unseren Stationen messen wir neben Kohlendioxid (CO2), als dem wichtigsten anthropogenen Treibhausgas (THG), auch Methan (CH4), Lachgas (N2O) und das synthetische THG Schwefelhexafluorid (SF6). Darüber hinaus wird Kohlenmonoxid (CO) gemessen, das zwar selbst kein THG ist, aber die Konzentrationen von Methan und Ozon in der Atmosphäre beeinflusst und als Indikator für anthropogene Aktivitäten dient. Die isotopische Zusammensetzung von CO2 und das O2/N2-Ver-hältnis geben Einblick in die Aufteilung des land- und ozeanbezogenen Kohlenstoffhaushaltes.

Trotz erheblicher internationaler Anstrengungen deckt das globale THG-Beobachtungsnetzwerk nicht den gesamten Globus ab. Von besonderem Interesse sind die noch vorhandenen Lücken in den Hotspot-Gebieten, wie z.B. dem nördlichen Eurasien und den tropischen Regionen von Afrika und Südamerika. Sie gelten als wichtige klimati-sche Regulatoren wegen ihres großen Potentials zur Speicherung („Senken“) oder Abgabe („Quel-len“) von Kohlenstoff im Zusammenhang mit Landnutzungsänderungen und Klimawandel (z.B. Entwaldung, Auftauen der Permafrostböden).

Im Gegensatz zu bodennahen atmosphärischen Messstationen erlaubt ein hoher Turm, die Atmo-sphäre in verschiedenen Höhen über dem Boden zu erforschen. Er ermöglicht die Messung von ver-tikalen Konzentrationsgradienten, die Schätzung lokaler Kohlenstoffflüsse und die Probennahme von Luftmassen oberhalb der nächtlichen

Atmosphärische Gasmessungen an hohen Türmen Hochpräzise, bodengestützte und vertikal aufgelöste atmosphärische Messungen von Spurengasen an Küsten und kontinentalen Standorten sind entscheidend für die Erforschung von atmosphärisch-em Transport, biogeochemischen Flüssen und anthropogenen Emissionen. Wir unterhalten die dafür benötigten atmosphärischen Messstationen und Instrumente mit dem Ziel, globale Klima-Hotspots zu beobachten und globale atmosphärische Beobachtungsnetzwerke zu unterstützen.

Portrait des Arbeitsgruppenleiters

Dr. Jošt V. Lavrič studierte Geologie in Ljubljana und promovierte in anorga-nischer und organischer Isotopen-Geochemie an der Universität von Lausanne. Während der darauffolgenden PostDoc-Aufenthalte am LGGE (Grenoble) und LSCE (Gif-sur-Yvette) verschob sich der Schwerpunkt seiner Forschung zur Paläoklimatologie und Atmosphärenforschung. Seine Expertise umfasst hoch-präzise Gasmessinstrumente und Einrichtungen für Molekular- und Isotopen-analytik. Seit 2009 leitet er die Arbeitsgruppe Atmosphärische Gasmessungen an hohen Türmen (TAG). Kontakt: [email protected]

Biogeochemische Systeme

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planetaren Grenzschicht. Die Zusammensetzung dieser oberen Luftmassen ist für eine viel größere Region repräsentativ als lokal geprägte Luftmassen in Bodennähe.

Technologische Fortschritte in der Instrumentie-rung verringern den Wartungsbedarf und erhöhen die Anzahl der unterschiedlichen Gase, die wir im Feld kontinuierlich und mit hoher Präzision messen können. Dies ist besonders wichtig für Messstationen an abgelegenen Standorten.

Im Rahmen einer internationalen Kooperation errichtet unsere Gruppe Messstationen entlang eines West-Ost-Transsekts bei ungefähr 60° N vom Nordatlantik bis nach Sibirien und entlang eines Nord-Süd-Transsekts im ostatlantischen Raum. Darüber hinaus widmen wir uns der Entwicklung und Verbesserung von Instrumenten und Mess-verfahren (Abb. oben). Derzeit betreiben wir vier Stationen, an denen kontinuierliche Messungen vorgenommen werden und zwei Stationen, an denen in bestimmten Zeitfenstern Luftproben genommen werden (Abb. unten rechts).

Die Ochsenkopf-Station liegt auf dem Ochsen-kopf-Berg in Nordbayern und misst in erster Linie Luft, die durch das zentral-nördliche Deutschland und die Benelux-Länder beeinflusst wird. Die Bialystok-Station in Polen liegt östlich vom dicht besiedelten Westeuropa und ermöglicht unter anderem, die dortigen anthropoge-nen Emissionen zu erforschen.

Das Zotino Tall Tower Obser-vatorium (ZOTTO) ist eine deutsch-russische wissenschaftliche

Plattform in Zentralsibirien zur Beobachtung und Erforschung der biogeochemischen Veränderungen im nördlichen Eurasien.

Das Kapverdische atmosphärische Observatorium (CVAO) ist ein internationales Projekt zur Beob-achtung und Untersuchung des komplexen west-afrikanischen Auftriebs des Tiefenwassers und der darunter liegenden sauerstoffarmen Zone. Unsere Messungen werden helfen, den biogeochemischen Spurengashaushalt in dieser Region abzuschätzen.

Zwei wichtige anstehende Projekte sind die neuen Stationen zur kontinuierlichen atmosphärischen Messung von biogeochemischen Spurengasen in Namibia (Gobabeb) und im Amazonas-Urwald (Brasilien, ATTO-Projekt).

Der Benguelastrom vor der namibischen Küste treibt eines der vier großen Auftriebsökosysteme der östlichen Grenzströmungen. Am Namibischen Atmosphärischen Observatorium (NAO) in der Nähe der südlichen afrikanischen Atlantikküste begannen wir das O2/N2-Verhältnis und biogeo-chemische Spurengase (CO2, CH4, N2O, CO) kontinuierlich zu messen. Der Standort ist ideal gelegen, um den Luft-Meer-Gasaustausch des nahen Benguelastroms zu beobachten und die natürlichen und anthropogenen Gasflüsse auf dem südlichen subtropischen Teil Afrikas zu studieren.

Der Bau des Amazonian Tall Tower Observatory (ATTO) im Amazonas-Urwald ist das Ergebnis eines brasilianisch-deutschen Forschungspro-jekts. Unsere kontinuierlichen THG-Messungen auf mehreren Einlasshöhen an dem etwas über 300 m hohen Turm wird die Lücke zwischen Flusstürmen, Fernerkundung und luftgestützten Messungen an einem wichtigen globalen Hotspot schließen.

Am ZOTTO-Turm erlauben die sphä- rischen Puffervolumen (oben links) eine nahe- zu gleichzeitige Mes-sung von Luft aus al-len sechs Einlasshöhen mit einem einzigen Messinstrument.

Unser atmosphärische Netzwerk MPI-BGC-BSY-TAG umfasst Messstationen an Küsten und kon-tinentalen Standorten.

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Die komplexen Wechselwirkungen zwischen ter-restrischen Ökosystemen und dem Klima führen zu großen Unsicherheiten in der langfristigen Prognose globaler Klimatrends. Zur Verbesserung dieser Vorhersagen benötigen wir ein vertieftes Verständnis der Funktionsweise dieser Ökosys-teme und ihrer Abhängigkeit von Umweltbedin-gungen. Dabei spielen räumliche und zeitliche Skalen eine entscheidende Rolle. Die wichtigen Fragen werden auf großer Skala gestellt (z.B.; ‘Wie sind die jährlichen Trends im Kohlenstoff-haushalt der Atmosphäre?’), und geeignete Mess- und Modellier-Systeme stehen in eher grober Auflösung zur Verfügung (z.B. Satellitendaten mit monatlichem Zeitschritt und Gitterweiten von 10-50 km). Während diese Ansätze erfolg-reich Trends in den Austauschprozessen zwischen Vegetation und Atmosphäre erfassen können, ist es oft nicht möglich, die Ursachen für diese Ver-änderungen zu identifizieren, da die zu Grunde liegenden Mechanismen auf kleineren Skalen

stattfinden. Bodengestützte, höher aufgelöste Datensätze mit Zeitschritten von Sekunden bis wenigen Stunden, repräsentativ für Flächen von einem m2 bis zu wenigen km2, können Aufschlüs-se über diese Mechanismen geben. Allerdings sind diese Messungen oft nur für ein eingeschränktes Gebiet aussagekräftig und somit nur bedingt zur Beantwortung globaler Fragestellungen geeignet.

Unsere Arbeitsgruppe befasst sich mit der Ent-wicklung von skalenübergreifenden Beobacht-ungssystemen für Treibhausgase sowie mit der Verwendung der daraus gewonnenen Informati-onen zur Optimierung von flexiblen Computer-modellen. Ein erster Schwerpunkt liegt dabei auf der Integration verschiedener Messverfahren, um Treibhausgas-Austauschflüssen zwischen Öko-system und Atmosphäre zu erfassen. Wichtig ist hierbei, dass sich diese Messverfahren zur Quanti-fizierung zeitlich und räumlich hochvariabler Pro-zesse (z.B. Methan-Flüsse im Permafrost) eignen.

Skalenübergreifende Messung und Modellierung hochvariabler Austauschprozesse zwischen Erdoberfläche und Atmosphäre Räumliche und zeitliche Skalen beeinflussen die Analyse und Bewertung klima-relevanter Aus- tauschprozesse zwischen Vegetation und Atmosphäre. Um langfristige, globale Trends in Ökosystem-Funktionen vorhersagen zu können, ist es notwendig, die zugrundeliegenden Mechanismen in höch-ster Auflösung zu untersuchen. Dazu müssen skalenübergreifende Ansätze entwickelt werden, die durch Einbeziehung vielfältiger Datenquellen die Unsicherheiten langfristiger Vorhersagen verringern.

Portrait des Arbeitsgruppenleiters

Dr. Mathias Göckede studierte Geoökologie, mit den Schwerpunkten Mikrometeor-ologie und Hydrologie, an der Universität Bayreuth, wo er auch an der Einbindung von Einzugsgebietsanalysen (Footprint-Modellen) in mikrometeorologische Quali-tätsprotokolle promovierte. Während seiner Postdoc-Zeit an der Oregon State Uni-versity (Corvallis, USA) verschob sich sein Forschungsgebiet in Richtung größerer Skalen, und dem Einsatz atmosphärischer inverser Modellierung zur Simulation regionaler CO2 -Kreisläufe. Seit 2012 leitet er eine Arbeitsgruppe in der Abteilung ‘Biogeochemische Systeme’. Kontakt: [email protected]

Biogeochemische Systeme

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Der zweite Schwerpunkt der Gruppe konzentriert sich auf die kombinierte Verwendung vielfältiger Datenquellen zur Verbesserung von prozess-orien-tierten Vegetationsmodellen. Die dabei abgedeck-ten Skalen reichen von kleinräumigen Boden-kammern (<1 m2) bis zu global operierenden Satelliten (>100 km2) sowie von hochfrequenten mikrometeorologischen Austauschflüssen (<1 s) bis zu langfristigen biometrischen Inventurdaten (>5 Jahre).

Schwerpunkt 1. Kohlenstoff-Flüsse im Perma-frost.

Im Rahmen des europaweiten Verbundprojekts PAGE21 wird unsere Gruppe ein Langzeit-Expe-riment zur Vermessung des Kohlenstoffkreislaufs in Nordost-Sibirien (Chersky, 68.7°N, 161.3°O) aufbauen und betreuen. Dieses Netzwerk an Beobachtungssystemen wird u.a. Bodenkam-mern, mikrometeorologische Turbulenzmessun-gen, meteorologische Türme zur Erfassung von Treibhausgas-Konzentrationen in der Atmosphäre sowie Flugzeugmessungen beinhalten. Zudem sol-len kleinsträumige Isotopen-Analysen Aufschluss über die Details der Kohlenstoffumsetzung in Abhängigkeit von den Klimabedingungen geben. Zur besseren Interpretation unserer Daten auf kontinentaler Skala werden wir Ergebnisse mit Kooperationspartnern in Nordwest-Sibirien (Le-na-Delta) und Nord-Alaska (Barrow) zusammen-führen. Das Hochskalieren der kleinräumigen Messungen zur Verwendung in globalen Anwen-dungen wird mit Hilfe von Vegetationsmodellen, atmosphärischer Transport-Modellierung sowie atmosphärischer Inversion erfolgen.

Schwerpunkt 2. Datenassimilation mit hoch-aufgelöster atmosphärischer Inversion.

‚Klassische’ atmosphärische Inversion analysiert Zeitreihen von Spurengasmessungen, um, in Verbindung mit Transport-Simulationen, die Austauschflüsse am Erdboden auf regionaler bis globaler Skala zu erfassen. Gleichzeitig können auch andere Daten in die Berechnungen eingebunden werden, wobei die Gewich-tung der verschiedenen Informationsquel-len eine hohe Bedeutung für den Erfolg der Simulation hat. Wir testen und bewer-ten verschiedene Strategien zur Datenassi-milation im Rahmen der atmosphärischen Inversion. Hierbei kommt der Technik der ‚geostatistischen Inversion’ eine besondere Bedeutung zu. Dieser Ansatz ermöglicht eine ‚datenlastige’ Inversion, d.h. eine Si-mulation ohne Einschränkung durch vor-

gegebene Rahmenbedingungen. Diese Fragestel-lungen werden z.T. im 1. Schwerpunkt bearbeitet; zusätzlich verwenden wir Daten einer regionalen Studie aus dem Bundesstaat Oregon im Nord-westen der USA. In Oregon steht ein Netzwerk von insgesamt sieben Beobachtungsstationen für Treibhausgase zur Verfügung, inklusive eines instrumentierten, 283 m hohen Fernsehturms, an dem die Emissionen von CO2 und Kohlenmono-xid sowohl aus biologischen als auch aus anthro-pogenen Quellen gemessen werden sollen.

Schwerpunkt 3. Überwachung der Geo-Seques-trierung von CO2.

Die CO2-Sequestrierung, d.h. die permanente Speicherung von aufgefangenen CO2-Emissionen in geologische Reservoiren, ist das Ziel einer global wachsenden Industrie zur möglichen Entlastung der Atmosphäre von steigenden Treib-hausgas-Emissionen. Diese Strategie wird derzeit vor allem in Ländern wie Australien, Kanada und den USA verfolgt. Bisher existieren allerdings nur ansatzweise Konzepte, wie die Betreiber von Sequestrierungsstandorten überwachen bzw. nachweisen können, dass das eingepumpte CO2 tatsächlich im Untergrund verbleibt. Wir sind an einem Pilotprojekt an zwei existierenden CO2-Sequestrierungsstandorten in Kanada beteiligt, an denen verschiedene Überwachungssysteme getes-tet und bewertet werden sollen. Unsere Forschung zielt auf die verlässliche Ortung von bestehenden CO2-Lecks ab, um den Betreibern ein Werkzeug an die Hand zu geben, mit dem sich der Anteil des dauerhaft gespeicherten CO2 bewerten lässt. Hierbei wird, ähnlich zu den Arbeiten im Per-mafrost, eine Kombination skalenübergreifender Messtechniken wie z.B. Bodenkammern, Turbu-lenzmessungen oder Spurengasmessungen zum Einsatz kommen. Der erweiterte Forschungsan-satz wird zudem Vegetationsmodelle, atmosphäri-sche Transportmodellierung sowie Isotopen-Ana-lysen von erfassten Spurengasen beinhalten.

April 2013

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Die aktuelle Debatte über den „globalen Wandel“ beschränkt sich meist auf den anthropogenen Treib-hauseffekt mit der damit verbundenen Erwärmung der Erdatmosphäre und deren Rückkopplungen mit dem Kohlenstoffkreislauf. Unser Erdsystem ist jedoch komplexer. Um Ursachen und Folgen von Umweltveränderungen abschätzen zu können, ist es notwendig, auch das Zusammenspiel von Kohlen-stoff-, Wasser- und Nährstoffkreisläufen sowie die Rückkopplungen zwischen Vegetation und Böden zu berücksichtigen. Wir entwickeln deshalb neue Methoden und Modelle, die den Zustand und die Dynamik der terrestrischen Biosphäre besser beschreiben. Sie sollen u.a. die Rekonstruktion und die Vorhersage des Verhaltens von Ökosystemen unter unterschiedlichen vergangenen sowie zu-künftigen Umweltbedingungen ermöglichen. Dies geschieht derzeit in fünf miteinander verknüpften Arbeitsschwerpunkten.

Schwerpunkt 1. Interaktion biogeochemischer Kreisläufe Die Wechselbeziehungen zwischen den großen biogeochemischen Kreisläufen sind noch nicht gut verstanden. Der Wasserkreislauf spielt dabei eine zentrale Rolle im Erdsystem, denn er regelt eine Fülle biogeochemischer und biophysikalischer Prozesse auf regionaler und globaler Ebene. Der Stickstoffkreislauf beeinflusst wiederum den Koh-lenstoffkreislauf, indem er das Pflanzenwachstum und die Aktivität der Bodenorganismen steuert. Die Auswirkungen des Klimawandels und anstei-gender CO2-Konzentrationen auf verschiedene Ökosysteme müssen daher unter Berücksichtigung der gleichzeitigen Begrenzung durch Wasser- und Nährstoffkreisläufe untersucht werden. Dafür müs-sen wir verstehen, welche Abhängigkeiten zwischen biogeochemischen Kreisläufen bestehen und wie sie sich im Laufe der Zeit verändern können. Phosphor ist hier ein Schlüsselelement. Er weist einen völlig andersartigen Kreislauf ohne eine Gasphase auf,

Abteilung Biogeochemische IntegrationIn der Abteilung Biogeochemische Integration untersuchen wir die Wechselbeziehungen zwischen globalen Umweltveränderungen (z.B. Klima), Pflanzen und Böden. Mit Hilfe von Computermodel-len, die Beobachtungen auf der Ebene von Organismen bis hin zu globalen Größenordnungen einbeziehen, möchten wir das Verhalten von Ökosystemen abschätzen – unter vergangenen sowie zukünftigen Umweltbedingungen.

Portrait des Direktors

Dr. Markus Reichstein studierte Landschaftsökologie mit den Nebenfächern Chemie, Botanik und Informatik in Münster und promovierte an der Universität Bayreuth. Als Marie-Curie-Stipendiat arbeitete er an der Universität von Tuscia in Viterbo (Italien) und war zu Forschungsaufenthalten in den USA, an den Uni-versitäten in Missoula und Berkeley. Im Jahr 2006 gründete er die Max-Planck-Forschungsgruppe „Biogeochemische Modell-Daten-Integration“ in Jena. Im Juli 2012 wurde er zum Direktor der Abteilung Biogeochemische Integration ernannt. Kontakt: [email protected]

Biogeochemische Integration

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wodurch dem Boden eine besondere Bedeutung zukommt (Schwerpunkt 2).

Schwerpunkt 2. Die Rolle des Bodens im globa-len Erdsystem Ein umfassendes Bild der Rolle von Böden in biogeochemischen Kreisläufen zu erhalten, ist eine besondere Herausforderung. Die Eigenschaften von Böden variieren kleinräumig und ändern sich mit der Zeit. Dafür sind beispielsweise biologische Um-formungs- und Transportprozesse verantwortlich, an denen Wurzeln, Mycorrhiza und Bodenorganis-men beteiligt sind. Theorien über die Dynamik der organischen Bodensubstanz in globalen Modellen basieren noch weitgehend auf der Ansicht, dass nur chemische Eigenschaften ihre Stabilität bestimmen. Neue experimentelle Erkenntnisse zeigen jedoch, dass die Zugänglichkeit von organischer Bodensub-stanz für Mikroorganismen, ihr Zusammenspiel mit Bodenmineralien und deren räumliche Anordnung mindestens ebenso wichtig sind. Unser zentrales Anliegen ist daher, in (globalen) Modellen einen Wechsel vom Paradigma eines toten Bodens (“dead-soil paradigm”) hin zur Betrachtung des lebenden Bodens (“living-soil paradigm”) zu vollziehen. Dies ermöglicht eine bessere Beschreibung der vielfälti-gen Rückkopplungen biogeochemischer Prozesse innerhalb des Bodens sowie mit der Vegetation, der Atmosphäre und der Hydrosphäre.

Schwerpunkt 3. Die Auswirkungen von Klimava-riabilität und Extremereignissen auf die Biosphäre Bislang hat sich die Forschung auf steigende CO2-Konzentrationen und die damit verbundene allmähliche Erwärmung konzentriert. Allerdings variiert das Wetter von Jahr zu Jahr in einer kaum vorhersagbaren Weise. Extremereignisse wie Dür-ren, Wirbelstürme, Eisstürme und Überschwem-mungen wirken sich auch auf die biogeochemischen Kreisläufe aus. Der Zusammenhang zwischen Klima- bzw. Witterungsvariationen von Jahr zu Jahr und der Kohlenstoffbilanz von Ökosystemen stellt uns vor ein großes Rätsel. Dies zu lösen würde auch

dazu beitragen, die Reaktion von Ökosystemen auf den Klimawandel zu entschlüsseln. Das welt-weite Netzwerk zur dauerhaften Beobachtung des Austauschs von Spurengasen and Energie zwischen Biosphäre und Atmosphäre (FLUXNET) ist eine der wichtigsten Kooperationen und wissenschaftli-chen Informationsquellen dazu.

Schwerpunkt 4. Die Rolle von biologischer Anpassung und Biodiversität für die Modulation biogeochemischer Kreisläufe Biologische Vielfalt („Biodiversität“) und biologi-sche Anpassung stellen vermutlich Absicherungen gegenüber starken Belastungen durch Umwelt-veränderungen dar. Andererseits können viele Funktionen der globalen Biosphäre beschrieben werden, ohne die Biodiversität zu berücksichtigen. Dies kann man mit „funktionaler Konvergenz“ in Verbindung bringen. Damit ist die Entwicklung vergleichbarer biologischer Strukturen und Funktio-nen unter ähnlichen Umweltbedingungen gemeint. Mit Hilfe der TRY-Datenbank, die Merkmale von zehntausenden von Pflanzenarten speichert, wollen wir Zusammenhänge zwischen Pflanzeneigenschaf-ten und Ökosystemfunktionen wie deren Produk-tivität untersuchen und verstehen, ob die lokale Konstellation von Pflanzenmerkmalen regionale Besonderheiten in biogeochemischen Kreisläufen erklären kann. Darüber hinaus erforschen wir, wie sich das Vegetations-Boden-System an veränderte Nährstoff- oder Wasserverfügbarkeit anpasst.

Schwerpunkt 5. Laterale BiogeowissenschaftenLaterale Prozesse wie z.B. der Transport von Materie und Energie in Luft und Wasser werden in der Me-teorologie und Hydrologie gut erfasst. Sie spielen aber auch bei biogeochemischen Kreisläufen auf unterschiedlichen zeitlichen und räumlichen Skalen eine wichtige Rolle, wie z.B. bei der Nährstoffdif-fusion zu den Wurzeln, Bodenerosion, sowie bei Ausbreitung von Feuer und Vegetationsdynamik. Wir untersuchen, ob es allgemeingültige Prinzipi-en gibt, die über räumliche und zeitliche Skalen

hinweg gültig sind, und ob durch das Zusammenpiel von vertika-len und lateralen Prozessen neue Systemeigenschaften entstehen, die sich in den Erdbeobachtungs-daten widerspiegeln. Dazu nutzen wir sowohl datenbasierte als auch theoretische Ansätze.

Effekte und Rückkopplungen des Wasserkreislaufs auf den Kohlen-stoffkreislauf und weitere biogeo-chemisch relevante Ökosystemproz-esse am Beispiel von Trockenheit.

April 2013

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Die terrestrischen biogeochemischen Kreisläufe werden auf unterschiedlichen Zeitskalen durch das Klima beeinflusst. Umgekehrt üben sie über sich ändernde atmosphärische Treibhausgaskonzentrati-onen Einfluss auf das Klima aus. Diese Wechselwir-kungen sind sehr wichtig für das Verständnis von früheren und jüngsten globalen Umweltverände-rungen, sowie für verlässliche Prognosen zum Kli-mawandel. Das Studium dieser Zusammenhänge beruht auf der Anwendung numerischer Modelle der terrestrischen Biosphäre, die die wesentlichen biologischen Prozesse beschreiben; beginnend auf der Skala eines individuellen Blattes, über ganze Ökosysteme, bis hin zu Biomen und Kontinenten. Die Vorhersagekraft dieser Modelle beruht auf der Abbildung grundlegender biogeochemischer und ökologischer Zusammenhänge, und dem Einbezie-hen von Ökosystembeobachtungen, die ihrerseits Informationen über die terrestrischen biogeoche-mischen Kreisläufe (insbesondere Kohlen- und Stickstoff) sowie die Energie- und Wasseraustäu-

sche liefern. Die Arbeit unserer Arbeitsgruppe Terrestrische Biosphärenmodellierung, innerhalb der Abteilung Biogeochemische Integration, kon-zentriert sich auf die folgenden Gebiete:

Schwerpunkt 1. Interaktionen zwischen terrest-rischen Kohlenstoff- und NährstoffkreisläufenPflanzenwachstum und Abbau von organischer Bodensubstanz werden unter anderem durch die Verfügbarkeit von Nährstoffen wie Stickstoff und Phosphor begrenzt. Die Reaktion eines Ökosys-tems auf Umweltveränderungen, wie zum Beispiel Klimaänderungen oder die Erhöhung der atmo-sphärischen CO2 -Konzentration, wird durch die Verfügbarkeit und Dynamik dieser Nährstoffe sowie der anteiligen Zusammensetzung der biolo-gischen Systeme aus diesen Elementen beeinflusst. Wir entwickeln numerische Modelle der gekoppel-ten terrestrischen Kohlenstoff-Stickstoffkreisläufe, um bessere Abschätzungen über die Auswirkung von Luftverschmutzung (z.B. Ozon und Stickstoff-

Terrestrische Biosphärenmodellierung

Die Wechselwirkungen zwischen terrestrischer Biogeochemie und Klima sind wichtig für das Ver-ständnis vergangener und zukünftiger Veränderungen der atmosphärischen Treibhausgaskonzen-trationen und des Klimas. Das momentane Verständnis der wesentlichen Landoberflächenprozesse wird in numerischen Modellen der terrestrischen Biosphäre abgebildet. Wir entwickeln solche Modelle, um die Vorhersagefähigkeit von komplexen Erdsystemmodellen zu verbessern.

Portrait des Arbeitsgruppenleiters

Dr. Sönke Zaehle studierte Geoökologie in Braunschweig und Norwich und schrieb seine Doktorarbeit an der Universität Potsdam und dem Potsdam Insti-tut für Klimafolgenforschung. Während seiner PostDoc Zeit am Laboratoire des Sciences du Climat et de l ’Environnement in Gif-sur-Yvette begann er sich für die Interaktionen zwischen terrestrischer Biosphäre und Klima - und deren Mo-dellierung mittels komplexer numerischer Modelle - zu interessieren. Seit 2009 leitet er die Arbeitsgruppe Terrestrische Biosphärenmodellierung. Kontakt: [email protected]

Biogeochemische Integration

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eintrag), Klimaänderungen und atmosphärischem CO2-Anstieg zu erstellen. Ein wichtiges Ziel ist dabei, die Auswirkung der Stickstoffverfügbarkeit auf langfristige Kohlenstoffspeicherung in terres-trischen Ökosystemen quantitativ zu erfassen (s. Abb. oben). Solche Studien tragen weiterhin dazu bei, die klimarelevanten Auswirkungen historischer (und zukünftiger) Änderungen in der Landnutzung zu verstehen. Ein bedeutender Teil dieser Arbeit besteht in der Untersuchung und Quantifizierung von Unsicherheiten in diesen Abschätzungen, die durch ein unvollständiges Prozessverständnis bedingt sind, oder durch uneindeutige Prozessbe-schreibungen für wesentliche Ökosystemprozes-se, wie zum Beispiel der Stickstofffixierung oder Nährstoffverluste. Informationen über die Rolle der Nährstoffdynamik auf Ökosystemveränderungen durch zukünftige Umweltveränderungen werden unter anderem durch Manipulationsexperimente von Ökosystemen gewonnen. Im Rahmen einer internationalen Kooperation verwenden wir die Er-

gebnisse von atmosphärischen CO2-Anreicherungs-experimenten (FACE), um die wichtigen Kontroll-prozesse des Kohlenstoff- und Nährstoffkreislaufs besser zu verstehen und zahlenmäßig einzugrenzen.

Schwerpunkt 2. Integration von Erdsystembeob-achungen in Biosphären- und ErdsystemmodelleKomplexe Erdsystemmodelle (ESM) sind ein wichtiges Werkzeug, um Wissen über das Erdsys-tem aus verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen zu vereinen und so die Wechselwirkungen von Klima und biogeochemischen Kreisläufen besser zu ver-stehen. ESM verwenden in zunehmendem Maße terrestrische Biosphärenmodelle zur Darstellung von Landoberflächenprozessen. Letztere stellen aber durch ihre biogeophysikalischen und biogeoche-mischen Wechselwirkungen eine der wesentlichen Unsicherheitsquellen in den gekoppelten Modellen dar. Innerhalb des Europäischen Forschungsnetz-werks Greencycles II und als Teil der internationa-len Modellbewertungsinitiative ILAMB entwickeln wir daher umfassende Modelltests für die syste-matische und quantitative Modelbewertung von ESM und ihrer terrestrischen Komponenten. Diese Projekte zielen auf eine bessere Quantifizierung der Zusammenhänge zwischen regionalen und globalen Trends in biogeochemischen Kreisläufen und Kli-mavariabilität und -wandel ab. Wir gehen auch den logischen nächsten Schritt, in dem Erdsystembe-obachtungen mittels eines inversen Modellsystems systematisch in ein terrestrisches Biosphärenmodell integriert werden. Im Rahmen der Max-Planck-Partnerschaft Erdsystemforschung, ESRP, und insbesondere in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg, entwickeln wir ein solches inverses System für das Jena Schema für Biosphären-Atmosphären-Kopp-lung (JSBACH), das Landoberflächenmodell des MPI-Erdsystemmodells. Die Datenquellen dieses Systems reichen von in situ Beobachtungen (z.B. FLUXNET), über Satellitendaten (z.B. Phäno-logie, Bodenfeuchte) bis hin zu Messungen der atmosphärischen CO2-Konzen-trationen innerhalb eines globalen Messnetzwerks. Das System soll in Zukunft dazu benutzt werden, systematisch die wesentlichen Modellparameter von JSBACH auf verschiedenen Zeit- und Raumskalen zu bestim-men (s. Abb. unten). Das Ziel dieser Arbeit ist, optimale Modellparameter zu finden, Modellfehler systematisch zu erkennen, sowie die Unsicherheit in Modellprojektionen zu berechnen und zu verrin-gern. Dieses Wissen soll dann in Projektionen des gekoppelten MPI-Erdsystemmodells einfließen.

RCP

2.6

RCP

4.5

RCP

6.0

RCP

8.5

Terr

estr

ial C

seq

uest

ratio

n (P

g C)

−100

0

100

200

300

400

500

600CMIP5 (Carbon only CMIP5 (Carbon+Nitrogen)

0 100 200 300

−10

−50

5

Daily averages

Day of the year

CO

2−

�ux

[µm

ol m

−2s−

1 ]

ObservationsPrior

1/2 hourlymonthly

Abbildung oben: Reduzierung der projizierten ter-restrischen Kohlenstoffspeicherung durch begrenzteterrestrische Stickstoffverfügbarkeit am Beispiel derCMIP5-Modelle. Unten: Integration halbstündli-cher Beobachtungen des Netto-CO2-Austauschs(NEE) simuliert durch das JSBACH-Modell.

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Die Abteilung Biogeochemischen Integration verfolgt verschiedene methodische Ansätze, um die terrestrische Biosphäre und deren Wechselwirkung mit dem Klimasystem besser zu verstehen. Der methodische Schwerpunkt der Gruppe „Globa-le empirische Inferenz“ liegt in der rein daten-orientierten Exploration von lokalen und globalen Umweltbeobachtungen und Modellergebnissen. Die Motivation für diesen Ansatz kommt aus der Einsicht, dass die gerichtete Erforschung von Beobachtungen komplexer Phänomene zu wichti-gen Erkenntnissen führt und „herkömmliche“, von Hypothesen geleitete Forschung sinnvoll ergänzen kann. Unser Ziel ist es, unerwartetes Ökosystem-verhalten mit Hilfe von Methoden zu entdecken, die speziell für ökologische Daten angepasst sind. Schwerpunkt 1. Extreme Anomalien in Ökosys-tem-Funktionen: globale Detektion und lokale EinordnungDer Klimawandel manifestiert sich nicht nur in

Änderungen globaler Mitteltemperaturen; vielmehr sind wir mit einer Reihe von subtilen Änderungen im Klimasystem konfrontiert. Zum Beispiel erwar-ten wir eine Verkürzung der Wiederkehrintervalle klimatischer Extremereignisse und gehen von deren steigenden Intensitäten aus. Dementsprechend widmete sich eine Reihe von Studien der Frage, in welchem Maße Klimaextreme den globalen Kohlenstoffkreislauf verändern können. Unserer Gruppe wählt hierfür aber eine ganz neue Her-angehensweise: Wir versuchen zuerst, die global relevanten Anomalien in Beobachtungen zu Koh-lenstoffflüssen zu identifizieren, und untersuchen erst im zweiten Schritt, ob diese Extrema in der Biosphäre anomalen Verlaufskurven von Klimava-riablen zuzuordnen sind. Über diese „Umkehrung der Beweislast“ erhalten wir eine Übersicht, welche Ökosysteme sehr empfindlich auf Klimaanomalien reagieren (sogenannte „Responders“) und welche Ökosysteme träger sind („Nonresponders“). Un-sere nächsten Arbeiten werden sich um die Frage

Globale Empirische Inferenz Die Analyse großer Datensätzen spielt in den Geowissenschaften eine immer wichtigere Rolle. Lange Beobachtungszeitreihen, z.B. Satelliten-basiertes Monitoring des Vegetationszustands, lief-ern zentrale Informationsquellen, um die Reaktionen terrestrischer Ökosysteme auf klimatische oder anthropogen bedingte Veränderungen zu beschreiben. Wir entwickeln neue Methoden, um die entscheidenden Informationen in solchen Datensätzen zu entschlüsseln und somit unser Verständ-nis von Landökosystemen zu verbessern.

Portrait des Arbeitsgruppenleiters

Dr. Miguel Mahecha studierte Geoökologie an den Universitäten Bayreuth und Exeter, U.K., bevor er an seiner Dissertation zu den Wechselwirkungen zwischen Ökosystemen und der Atmosphäre am MPI für Biogeochemie und der ETH Zürich arbeitete. Im Oktober 2012 hat er begonnen, die Forschungs-gruppe „Globale Empirische Inferenz“ für die Abteilung Biogeochemische Integration aufzubauen. Kontakt: [email protected]

Biogeochemische Integration

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drehen, ob beispiellose (also lokal nie dagewesene) klimatische Extreme zwangsläufig mit außerordent-lichen Reaktionen biochemischer Funktionen der Ökosysteme einhergehen müssen (Abb. oben).Schwerpunkt 2. Die Rolle der interanuellen Variabilität für Austauschflüsse von Land und AtmosphäreDie Relevanz von Extremereignissen in der terres-trischen Biosphäre kann nur unter Bezugnahme auf die natürlicherweise „erwartete“ Variabili-tät richtig bewertet werden. Aus diesem Grund arbeiten wir auch an einem besseren Verständnis von Landoberfläche-Atmosphäre-Flüssen auf verschiedenen zeitlichen Skalen. In diesem Zusam-menhang wollen wir auch erklären, welche Prozesse Jahr-zu-Jahr-Unterschiede („interannuell“) in Landatmosphäre-Flüssen auslösen. Hier verlassen wir uns nicht ausschließlich auf Erdbeobachtungen und profitieren vielmehr von der Auswertung von Modellszenarien (z.B. die CMIP5-Experimente).Schwerpunkt 3. Antworten von Ökosystemen auf KlimaeinflussfaktorenDer Austausch von CO2 und anderen Spuren-gasen zwischen der terrestrischen Biosphäre und der Atmosphäre ist ein deutlicher „Fühler“ für Ökosystem-interne Prozesse und deren Sensitivitä-ten auf Klimaschwankungen. Viele entscheidende Prozesse, wie z.B. die Photosynthese und deren zu Grunde liegende Mechanismen, sind weitestgehend verstanden. Für bestimmte Prozesse jedoch haben wir kein ausgereiftes Bild davon, wie verschiedene Einflussvariablen im Detail aufeinander wirken. Ein Beispiel ist der Komplex verschiedener CO2-freisetzender Prozesse in Ökosystemen und dessen

Reaktion auf verschiedene äußerliche (abiotische) und innere (biotische) Einflussgrößen. Um diesen Aspekt besser zu beleuchten, wenden wir neuartige nichtlineare Methoden an, die Rückkopplungen identifizieren und auf verschiedenen Zeitskalen analysieren können. Wir arbeiten mit einem brei-ten Methodenspektrum, von verbesserten halbem-pirischen Modellen bis hin zu nichtparametrischen Methoden. Unsere neuesten Ansätze verfolgen das Ziel, die grundlegenden Funktionalitäten von biogeochemischen Prozessen in Landökosystemen mit Methoden des „reverse engineerings“ zu appro-ximieren, also die zu Grunde liegenden Mechanis-men aus dem Verhalten abzuleiten (Abb. unten).Schwerpunkt 4. Effekte von Biodiversität auf bio-geochemische Funktionen unserer ÖkosystemeDie schnelle Erweiterung des Fundus der zur Ver-fügung stehenden Erdbeobachtungen, über neue Satelliten, mit schnelleren Datenaufnahmeraten so-wie höheren räumlichen Auflösungen, geht einher mit vergleichbaren Entwicklungen in benachbarten Forschungsfeldern. Insbesondere erfährt die Biodi-versitätsforschung eine nie dagewesene Wandlung, indem mehr und mehr Beobachtungdaten dem Fachpublikum zur Verfügung stehen. Zum Beispiel werden regionale floristische Inventare in nationa-len und kontinentalen Datenbanken zusammen geführt. Die TRY-Initiative (www.try-db.org, neue Gruppe „Funktionelle Biodiversität der Pflanzen“) hat vor kurzem die erste Sammlung von Pflanzen-eigenschaften des gesamten Globus präsentiert. Unsere Gruppe unterstützt diese Arbeit, indem wir daran mitwirken, diesen hoch-dimensionalen Raum zu erkunden und dabei die intrinsischen

Nichtlinearitäten zu verstehen. In einem Pro-jektbeispiel gehen wir der Frage nach, wie man die „funktionelle Diversität“ berechnen kann und wie sich diese im geographischen Raum verändert.

Karte der 100 größten Extrema in fAPAR (Maß für die Photosyntheseleis-tung), gemittelt über die Jahre 1982-2011. Der korrespondierende Anteil von nicht aufgenommenem Kohlenstoff ist in kg/Jahr pro Zelle angegeben (Dok-torarbeit: J. Zscheischler).

Empirische Responsefunktionen von GPP (CO2-Aufnahme) und Reco (Ökosystemrespiration) auf Temperatur (laufende Arbeiten, Jannis von Buttlar)

April 2013

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Terrestrische Ökosysteme reagieren sehr unter-schiedlich auf Veränderungen von Klima- und Umweltbedingungen. Das Klimasystem beein-flusst insbesondere den Austausch von Wasser und Kohlenstoff zwischen Ökosystemen und der Atmosphäre. Der Schlüssel für unser Verständnis des Kohlenstoff- und Wasserkreislaufs liegt in der Quantifizierung räumlicher und zeitlicher Muster dieser Austauschprozesse zwischen Ökosystem und Atmosphäre.

Beobachtungsdaten sind der Ausgangspunkt für unsere Hypothesen und Grundlage für die Erstellung von Modellen zur Funktionsweise von Ökosystemen. Anhand der Beobachtungsdaten können wir Modelle hinterfragen und verbessern. Unsere Beobachtungen erstrecken sich dabei von Messungen der Lichtreaktion einzelner Blätter über stündliche bis jahrzehntelange Eddy-Kovari-anz-Messungen von Stoffflüssen in Ökosystemen bis hin zu globalen Beobachtungen der Vegetati-

on durch Satelliten. All diese Beobachtungen bil-den Ökosystemreaktionen auf Klima- und andere Umweltfaktoren ab, welche aus unterschiedlichen Prozessen resultieren. Computermodelle zur Simulation des Kohlenstoff- und Wasserkreislaufs basieren in aller Regel auf einfachen Beschrei-bungen der Photosynthese und der Atmung, von der Kohlenstoffallokation im Ökosystem, dem Laubfall, der Sterblichkeit sowie von Biomasse-Zersetzungsprozessen.

Wir untersuchen Methoden, um Daten und Modelle zu integrieren, Modellstrukturen zu hinterfragen, Parametrisierungen von Modellen zu evaluieren und zu verbessern, und um damit Hypothesen über die Funktionsweise von Öko-systemen zu testen. Dadurch werden Unsicher-heiten in den Modellen reduziert, und aktuelle sowie zukünftige zeitliche und räumliche Muster der terrestrischen Kohlenstoff- und Wasserstoff-kreisläufe können besser berechnet werden.

Modell-Daten Integration

Eine der großen Herausforderungen im Bereich der Erdsystemwissenschaften besteht in der räumlichen und zeitlichen Beschreibung und Quantifizierung der Kohlenstoff- und Wasserflüsse von Land-Ökosystemen. Dazu entwickeln wir Strategien und Methoden, um die entsprechenden Infor-mationen aus Beobachtungsdaten zu extrahieren und damit Computermodelle des Kohlenstoff- Wasserkreislaufes zu überprüfen und zu verbessern.

Portrait des Arbeitsgruppenleiters

Dr. Nuno Carvalhais studierte Umweltwissenschaften an der Neuen Universi-tät Lissabon, wo er auch seinen Doktortitel erwarb. Während seiner Promotion arbeitete er u.a. beim NASA Goddard Space Flight Center und an der Universität Boston an der Integration terrestrischer biogeochemischer Modelle und fernerkun-dungsgestützter Beobachtungen von Vegetationseigenschaften. Sein Interesse, die Beschreibung von Ökosystemflüssen mit Hilfe von Daten und Modellen zu verbes-sern, führte ihn an unser Institut, wo er seit 2012 die Gruppe leitet. Kontakt: [email protected]

Biogeochemische Integration

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Schwerpunkt 1. Modellierung der interannuel-len Variabilität Die Modellierung von Jahr-zu-Jahr-Unterschie-den („interannuelle Variabilität“) im Austausch von Kohlenstoff und Wasser zwischen Öko-systemen und der Atmosphäre ist besonders knifflig. Verschiedene Computermodelle zeigen ausgeprägte Unterschiede in der Simulation der interannuellen Variabilität, so dass häufig starke Kohlenstoffsenken nicht von moderaten Kohlen-stoffquellen zu unterscheiden sind. Die Kombina-tion von Langzeituntersuchungen der Stoffflüsse und der Stoffspeicher in Ökosystemen bietet eine einzigartige Gelegenheit, die Unsicherheiten in den Modellen zu ermitteln. Mit dem Ansatz der „inversen“ Modellierung, wobei optimale Mo-dellparametrisierungen aus Beobachtungsdaten abgeleitet werden, können wir verstehen, wo grundlegende Probleme in den gegenwärtigen Modellen liegen. Mittels Langzeitbeobachtun-gen untersuchen wir die Auswirkungen extremer Umweltbedingungen (z. B. Trockenheit) und vergleichen die Sensitivität des realen Ökosystems sowie des Modells im Hinblick auf diese Bedin-gungen. Ebenso lässt sich der Frage nachgehen, wie sich der Schaden eines Trockenjahres auf die Ökosystemdynamik des Folgejahrs auswirkt (Carry-over-Effekte). Neben Langzeitbeobachtun-gen verwenden wir Erkenntnisse aus Ökosystem-Manipulations-Experimenten, in welchen z. B. Temperatur, Niederschlag und atmosphärische CO2-Konzentrationen kontrolliert verändert wer-den. Eine präzisere Simulation der interannuellen Variablität kann dazu beitragen, Abweichungen zwischen Modellen und Beobachtungsdaten zu verringern und damit Prognosen zu verbessern.

Schwerpunkt 2. Beobachtungen stützen Untersu-chungen des Kohlenstoff- und WasserkreislaufsSeit nunmehr 30 Jahren stehen Beobachtungen der Erdoberfläche durch Satelliten-Fernerkun-dung zur Verfügung. Sie dokumentieren den Einfluss von Klimavariabilität und Störungen wie Waldbränden auf Ökosysteme. Die Ausweisung von Regionen mit deutlich stärkerem oder deut-lich verringertem Vegetationswachstum erlaubt es, Hypothesen zu den Ursachen dieser spezifi-schen Trends zu entwickeln. Um das Wechselspiel von Klima und Ökosystemen zu verstehen, ist es notwendig, die Rolle der Klimavariabilität sowie anderer biotischer und abiotischer Störungen zu beschreiben und zu quantifizieren. Insbesondere erkunden wir simultan den Informationsgehalt von Standortmessungen der Kohlenstoff- und Wasserflüsse, sowie von Satellitenbeobachtungen der Vegetationsaktivität und des Bodenwasservor-rates für eine zusammenhängende Beschreibung der Kohlenstoff- und Wasserflüsse auf mehreren räumlichen und zeitlichen Skalen. Damit können wir die Frage beantworten, inwieweit Modelle

für die beobachteten Prozesse repräsentativ sind bzw. wo die Unsicherheiten in unse-rem Verständnis der Öko-systemprozesse überwiegen. Durch die Integration von prozessorientierten Modellen mit umfassenden Beobach-tungsdaten können wir eine schlüssige Untersuchung der Kohlenstoff- und Wasserflüsse in terrestrischen Ökosystemen erreichen.

Trends in der Aktivität der Vegetation in den letzten 30 Jahren, abgeleitet aus Satellitenbeobachtungen des Vegetationsindex (von Matthias Forkel).

Die Optimierung mit multiplen Kriterien (lila) zeigt eine bessere Performance als eine einfache Optimier-ung in der inversen Modellierung.

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Um zu untersuchen, wie Ökosysteme auf Klima-variabilität auf globaler Ebene reagieren und um Biosphärenmodelle zu testen, sind Beobachtungs-daten essentiell. Die Messungen an sich sind loka-ler Natur und auf der Erdoberfläche verstreut, was es schwierig macht, globale Flüsse zu quantifizieren und Prozessverhalten zu verallgemeinern. Die Beobachtung durch Satelliten steuert eine globale Abdeckung von einigen wichtigen Landober- flächeneigenschaften mit zeitlichen Wiederho-lungen bei, kann aber nicht direkt die Land-Atmosphärenflüsse liefern, die uns interessieren. Durch die Verknüpfung lokaler Messungen mit Satellitenfernerkundung und meteorologischen Daten schätzen wir die globale räumliche und zeitliche Verteilung relevanter Variablen ab. Wir benutzen Werkzeuge der künstlichen Intelligenz, um zu identifizieren, welche Fernerkundungs- und Klimavariablen informativ sind und trainieren Regressionsalgorithmen, die die uns interessieren-den Quantitäten anhand der Variablen vorhersa-

gen. Die dabei verwendeten Algorithmen sind so programmiert, dass sie die entsprechenden linearen oder nicht-linearen Beziehungen, die in den Daten stecken, automatisch finden, sodass keine Annah-men über funktionelle Zusammenhänge und deren Formen im Voraus gemacht werden müssen. Me-thodische Entwicklungen sind ein wichtiger Aspekt unserer Arbeit.

In den letzten Jahren haben wir solch einen Ansatz entwickelt und auf die FLUXNET-Daten angewandt. FLUXNET ist eine Zusammenstel-lung globaler Eddy-Kovarianz-Messungen von Ökosystem-Atmosphären-Flüssen von Kohlenstoff, Wasser, und Energie. Die resultierenden globalen Datensätze werden zunehmend mit Simulationen von Biosphärenmodellen verglichen. Unser Ansatz und der der Biospärenmodellierung sind sehr un-terschiedlich und unabhängig voneinander, sodass Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Ergeb-nissen wichtige Aufschlüsse über die Güte unserer

Globale Diagnostische Modellierung

Die Abschätzung der räumlichen und zeitlichen Variabilität biogeochemischer Flüsse ist wichtig, um zu verstehen, wie Ökosysteme und Klima interagieren. Unsere datenbasierten Modelle beruhen auf unzähligen Messungen und Satellitendaten und erlauben dadurch biogeochemische Flüsse und Ökosystemeigenschaften besser vorherzusagen. Unser Ansatz ist, “die Daten sprechen zu lassen”, anstatt funktionelle Beziehungen zwischen Ökosystemverhalten und Klimavariabilität vorzugeben.

Portrait des Arbeitsgruppenleiters

Dr. Martin Jung studierte Geographie in Jena und Durham (GB), und pro-movierte am Max-Planck-Institut für Biogeochemie und der Universität Hamburg. Während seines PostDocs in der Forschungsgruppe Biogeochemische Modell-Daten-Integration am MPI-BGC entwickelte er einen Ansatz, um lokale Messungen des Biospären-Atmosphärenaustauschs mit Hilfe von Satel-litendaten auf die globale Landoberfläche zu extrapolieren. Seit 2012 leitet er die Arbeitsgruppe Globale Diagnostische Modellierung innerhalb der Abteilung Biogeochemische Integration. Kontakt: [email protected]

Biogeochemische Integration

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Modelle und bezüglich unseres Verständnisses glo-baler biogeochemischer Kreisläufe geben können. Unsere Produkte ermöglichten Einblicke, wie das Klima die Ökosystem-Atmosphären-Flüsse steuert. Zum Beispiel fanden wir, dass die räumliche Vari-abilität der Bruttoprimärproduktion hauptsächlich mit dem Niederschlag zusammenhängt, dass der globale Trend der steigenden Landverdunstung (von 1982-1997) durch zunehmende Trockenheit abgeschwächt wurde (von 1998-2008) und dass die Regionen mit besonders starker Jahr-zu-Jahr Variabilität der Ökosystem-Atmosphären-Flüsse in semi-ariden / sub-humiden Gebieten liegen. Wir koordinieren derzeit die FLUXCOM- Initiative, in der ca. 10 internationale Gruppen an globalen datengetriebenen Produkten für Kohlenstoff- und Energieflüsse arbeiten. Hier werden standardisierte Datensätze und Protokolle verwendet, um verschie-dene Unsicherheitsquellen zu entschlüsseln. Wir werden unsere Methoden verstärkt auf Ökosystem-eigenschaften anwenden, um deren räumliche Variabilität besser zu verstehen, was zu einer berich-tigten Darstellung von Ökosystemeigenschaften in globalen Biospärenmodellen führen könnte.

Die engen Interaktionen des Wasserkreislaufs mit anderen biogeochemischen Kreisläufen hat unser Interesse in globaler ökohydrologischer Forschung, d.h. wie Ökosysteme mit Wasserverfügbarkeit interagieren, verstärkt. Wir arbeiten an einem globalen datengetriebenen Modellierungsansatz für den Kohlenstoff- und Wasserkreislauf mit, in dem

verschiedenste lokale Messungen und Satellitenbe-obachtungen integriert werden sollen. Wir wollen das Potenzial neuer Fernerkundungsdatensätze erkunden, wie z.B. die Fluoreszenz der Erdoberflä-che. Pflanzen fluoreszieren bei der Photosynthese, sodass Fluoreszenzmessungen durch Satelliten wei-tere Aufschlüsse über die Produktivität der Ökosys-teme auf globaler Ebene geben können.

Trotz unseres globalen Fokus haben wir Afrika, wo Wasserknappheit ein zentraler Faktor sowohl für die Ökosysteme als auch die Gesellschaft ist, als einen regionalen Schwerpunkt gewählt. Wir arbei-ten an einer Synthese zur Variabilität vergangener Feuchtebedingungen anhand von verschiedensten lokalen Messungen und Satellitenerdbeobachtung. Wir wollen gesellschaftlich relevante Regionen identifizieren, in denen die Feuchtebedingungen stark von Jahr zu Jahr schwanken und historische wie zukünftige Feuchtetrends abschätzen. Wir un-tersuchen, welche ökohydrologischen Faktoren die Aufteilung des Niederschlags in Verdunstung und Abfluss steuern. Weiterhin wollen wir die Faktoren besser verstehen, die den Zustand der Ökosysteme bestimmen und datenbasierte Modelle erstellen, die die Reaktion der Ökosysteme auf Umweltverände-rungen beschreiben. Diese datenbasierten Modelle können zum Beispiel in einem Frühwarnsystem benutzt werden, in dem man mit Hilfe von Wetter-und Klimavorhersagen die Reaktionen der Ökosys-teme abschätzen kann.

Karte der globalen Brut-toprimärproduktion (gC/m2/Jahr), die aus FLUXNET-Beobachtungen (schwarze Punkte) abgeleitet wurde.

Abstrakte Darstellung der unterschiedlichen Reak-tion der Vegetation auf Klimavariabilität (links, verschiedene Farben zeigen unterschiedliche Ökosys-temreaktion an), und eine abgeleitete Karte, in der die Vegetation nach ihrer Ökosystemreaktion klas-sifiziert wurde (rechts).

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Biosphärische Theorie und Modellierung

Stoffe vermischen sich, Wasser fließt den Berg hinunter, Holz verbrennt zu Asche. Gäbe es nur diese Prozesse, wäre alle Materie früher oder später einheitlich vermischt. Wasser würde sich in den Ozeanen sammeln, Gebirge würden bis zum Mee-resgrund erodiert und statt Holz gäbe es nur noch Asche. Diese Prozesse würden die Erde in einen toten Planeten verwandeln – ohne Gradienten, die die Dynamik des Erdsystems und geochemi-sche Kreisläufe antreiben. Diese Beobachtungen zeigen die allgemeine Richtung auf, in die sich alle Prozesse des Erdsystems mit der Zeit entwickeln. Die hier beschriebenen Prozesse sind irreversi-bel, sie lassen sich nicht umkehren und passieren spontan. Mit Hilfe der Thermodynamik können wir ihre Entwicklung verstehen und quantifizieren. Diese Betrachtung gilt für geochemische Prozesse und globale Kreisläufe der Erde ebenso wie für das Leben an sich.

Welche Mechanismen erlauben es nun der Erde,

weit vom „toten“ Zustand des thermodynamischen Gleichgewichts entfernt zu sein? Welche Prozesse leisten die physikalische und chemische Arbeit, die Stoffe trennt, Wasser bergauf bringt, Berge formt und aus Asche wieder Holz entstehen lässt? Welche Rolle spielen dabei das Leben und seine inhärente Vielfalt? Wird die Erde durch menschliche Akti-vitäten und den damit verbundenen Klimawandel näher oder weiter weg vom „toten“ thermodyna-mischen Gleichgewicht geführt?

Unsere Gruppe erforscht diese Fragen aus einer Perspektive, die die Funktion des thermodynami-schen Erdsystems in Gesamtheit betrachtet. Dabei konzentrieren wir uns vor allem auf (1) die Entwicklung einer thermodynamischen Grundlage von Erdsystemprozessen und ihren Wechselwirkungen, (2) ein detailliertes Verständ-nis der Prozesse, die Energie und geochemische Elemente an Land austauschen sowie (3) die Erklärung, wie eine diverse Biosphäre funktioniert

Max-Planck-Forschungsgruppe Biosphärische Theorie und Modellierung

Wir entwickeln theoretische Ansätze und numerische Modelle, um den Einfluss von Leben auf die globalen geochemischen Kreisläufe zu untersuchen. Diese Modelle nutzen wir, um beobachtete geographische Muster der terrestrischen Vegetation sowie der Flüsse von Energie, Wasser, Kohlen-stoff und anderer Elemente zu reproduzieren und zu verstehen. Dabei berücksichtigen wir Muster der Gegenwart und Vergangenheit und schätzen die Folgen menschlicher Einwirkungen ab.

Portrait des Forschungsgruppenleiters

Dr. Axel Kleidon studierte Physik, Mathematik und Meteorologie an der Uni-versität Hamburg und der Purdue University, Indiana, USA. Er promovierte in Meteorologie an der Universität Hamburg. Nach seiner Postdoc-Zeit an der Stanford University erhielt er einen Lehrauftrag an der University of Mary-land. Seit 2006 führt er eine Max-Planck-Forschungsgruppe. Seine Forschungs-schwerpunkte sind: Wechselwirkungen Atmosphäre–Biosphäre, Biodiversität, Vegetationsmodellierung, Nichtgleichgewichtsthermodynamik, Gaia-Hypothese, Evolution des Erdsystems. Kontakt: [email protected]

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und wie sie mit vorherrschenden geochemischen Bedingungen interagiert.

Schwerpunkt 1. Thermodynamik des Erdsys-tems

Wir beschreiben die Prozesse des Erdsystems mit Hilfe der Thermodynamik und übertragen diese Formulierungen in analytische und numerische Modelle. Dazu stellen wir biogeochemische Prozesse als Funktion von thermodynamischen Gradienten dar, die zu Flüssen führen, die diese Gradienten abbauen. Mit diesen Modellen können wir die thermodynamische Natur geochemischer Prozesse und deren Empfindlichkeit auf Verände-rungen quantifizieren, z.B. biotische Einflüsse oder menschliche Störungen wie die Rodung der Wälder oder die Nutzung von Windenergie. Wir testen die Anwendbarkeit der Hypothese der maximalen Entropieproduktion auf verschiedene Prozesse im Erdsystem. Diese Ansätze nutzen wir, um Modell-formulierungen zu verbessern und zu bewerten, inwiefern das rekonstruierte Muster der Koevolu-tion von Erde und Leben mit thermodynamischen Trends zusammenhängt. Mit dieser Forschung tra-gen wir zur Allianz „Planetenevolution und Leben“ der Helmholtz-Gemeinschaft bei.

Schwerpunkt 2. Veränderungen der Landober-fläche

Wir entwickeln numerische Modelle, um die Dynamik der Landoberfläche, kontinentale Trans-portprozesse, geochemische Kreisläufe an Land und die Sensitivität der beteiligten Prozesse auf biotische Aktivität zu beschreiben. Prozesse wie

die Verwitterung von Gestein, Bodenentstehung und Erosion haben Einfluss auf biotische Aktivität,

biogeochemische Kreisläufe und Rückkopplungen innerhalb des Erdsystems auf unterschiedlichen Zeitskalen. Die Verwitterungsrate von Silikatgestein hat z.B. einen starken Einfluss auf den globalen Kohlenstoffkreislauf, der wiederum den atmosphärischen Kohlendi-oxidgehalt auf Zeitskalen von Milli-onen von Jahren bestimmt. Mit der Verwitterung ist auch die Verfüg-barkeit von Phosphor verbunden, ein Element, das vermutlich das Wachstum von tropischen Öko-systemen begrenzt. Somit können Prozesse, die auf einer Zeitskala von Millionen Jahren ablaufen, eine kritische Rolle für Pflanzen und Stoffkreisläufe im globalen Klimawandel spielen. Unsere Mo-delle erlauben es uns, diese Aspekte

im Hinblick auf die Interpretation der Erdsystem-geschichte und zukünftige globale Veränderungen zu quantifizieren.

Schwerpunkt 3. Die diverse Biosphäre

Wir entwickeln neue Ansätze, um Muster und Funktion der diversen Biosphäre zu erklären. Unser Modell ermöglicht es uns, derzeitige Muster der terrestrischen Biosphäre – wie die Verteilung der pflanzlichen Artenvielfalt, die relativen Häu-figkeitsverteilungen, die funktionalen Merkmale der Vegetation sowie das Ausmaß, in dem das Klima sich in diesen widerspiegelt – zu analysieren. Durch die explizite Modellierung der Populati-onsdynamik können wir abschätzen, wie sich die Diversität auf die Austauschflüsse an der Land-oberfläche auswirkt und in welchem Maß sich die Vegetation an Klimaveränderungen anpassen kann. Wir evaluieren verschiedene Hypothesen, die Ursachen, Folgen und Muster der Biodiversität formulieren und biogeochemische Stoffflüsse und Vegetationsstruktur mit Theorien komplexer Syste-me und Optimierungsansätzen in Zusammenhang bringen.

Schematische Darstellung der Energie- und Masseumwandlungen, die das Erdsystem vom Zustand des thermodynamischen Gleichgewichts entfernen. Durch Energieaustausch mit dem Weltraum erzeugte Strah-lungsgradienten werden in Temperaturgradienten, Bewegung sowie hy-drologische und geochemische Kreisläufe umgewandelt, die mit der bio-tischen Aktivität wechselwirken.

Erdsystem

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Wir analysieren die Kohlenwasserstoff-Reste von biologischen Fetten aus Sedimenten, um die wechselseitige Anpassung von Lebenformen und Umweltbedingungen auf der frühen Erde besser zu verstehen. Verteilung und Zusammensetzung der stabilen Isotope in präkambrischen Gesteinen weisen auf die einstige Organismenvielfalt, den Stoffwechsel und die Redoxbedingungen hin. Wir beleuchten die Entstehung des „modernen“ Planeten Erde und seiner komplexen Lebensformen.

Die meisten untersuchten Ereignisse der Geologie und Paläontologie passierten während der letzten 541 Millionen Jahre der Erdgeschichte, im Phane-rozoikum. Dieser Zeitraum macht aber nur etwa 15 % der gesamten Erdgeschichte aus. Trotz teils erheblicher Umweltschwankungen, war die Erde in dieser Zeitspanne ein weitgehend ’modernes’ System. Anders in den 4 Milliarden Jahren davor: Während des Präkambriums entstand nicht nur das Leben; die Erde erlebte auch eine Reihe von Übergängen in Bezug auf den atmosphärischen Sauerstoffgehalt, marine Redoxchemie, Nähr-stoffkreisläufe und klimatische Extreme, bevor sie ihren phanerozoischen Zustand erreichte, der die Besiedlung mit komplexen Lebensformen ermög-lichte. Diese Entwicklung beeinflusste und wurde beeinflusst von einer sich kontinuierlich weiterent-wickelnden Biosphäre.

Wir versuchen, die Details des sich entwickelnden präkambrischen Erdsystems besser zu verstehen,

indem wir molekulare Fossilien, auch Biomarker genannt, in Sedimentgesteinen analysieren. Hierzu gehören konservierte Kohlenwasserstoff-Überreste von Fetten (Lipiden), die einst im Wasser oder im Sediment gebildet wurden. Die Zuordnung der Moleküle zu bestimmten Lebensformen ermöglicht die Rekonstruktion der damaligen Artenvielfalt. Die Zusammensetzung der stabilen Kohlenstoff-Isotope lässt dabei auf bestimmte Stoffwechsellei-stungen schließen.

Wir beginnen mit geologischer Feldarbeit und Bohrkampagnen, um möglichst frisches Proben-material zu erhalten. Nach Anwendung chemischer Trennverfahren werden kleinste Spuren von Kohlenwasserstoffen mit Hilfe von Gaschromato-graphie und Tandem-Massenspektrometrie weiter analysiert.

Schwerpunkt 1. Die ältesten unkontaminierten KohlenwasserstoffeDie Sedimente des späten Archaikum und Paläo-

Max-Planck-Forschungsgruppe Organische Paläobiogeochemie

Portrait des Forschungsgruppenleiters

Seit 2012 leitet Dr. Christian Hallmann die Max-Planck-Forschungsgruppe Or-ganische Paläobiogeochemie und hat eine weitere Anstellung als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Bremen, wo er und sein Team angesiedelt sind. Christian erhielt ein Diplom in Geologie und Paläontologie an der Universität zu Köln im Jahr 2005 und einen PhD in Applied Chemistry von der Curtin Univer-sity im Jahr 2009. Vor seinem Eintritt in die Max-Planck-Gesellschaft arbeitete er als Agouron Geobiology Fellow und als Postdoktorand am Massachusetts Institute of Technology. Kontakt: [email protected]

Organische Paleobiogeochemie

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proterozoikum enthalten wahrscheinlich die Spuren der biologischen Erfindung der Sauerstoff-Photosynthese. Unser Wissen über die biologische Vielfalt sowie die Auswirkung des ansteigenden atmosphärischen Sauerstoffgehalts (Großes Oxi-dationsevent) auf damals existierendes Leben ist begrenzt. Sedimentäre Biomarker können In-formationen dazu beinhalten, aber die meisten Sedimentbecken dieses Alters waren Bedingungen ausgesetzt, die solche polyzyklischen Terpenoide destabilisierten. Die Konzentration von originalen Kohlenwasserstoffen ist sehr niedrig, so dass diese Proben anfällig für Verunreinigungen bei der Pro-bennahme, Handhabung und Lagerung sind. Wir verwenden fortschrittliche Probennahme- (ultra-sauberes Kernbohren) und Aufbereitungsprotokolle (Schnittexperimente und sequentielle Extraktions-Aufschluss-Techniken), um „echte“ Biomarker von Verunreinigungen zu unterscheiden. Somit versu-chen wir, die ältesten sedimentären Kohlenwasser-stoffe zu bestimmen, die Hinweise auf die Natur des Lebens auf der frühen Erde liefern könnten.

Schwerpunkt 2. Die Entstehung komplexer Lebensformen

Das Präkambrium wurde größtenteils von ein-fachen Einzellern und später von mehrzelligen Or-ganismen dominiert. Aber es war das Aufkommen der Metazoen mit ihrer Zelldifferenzierung, welches zur heutigen organismischen Vielfalt führte. Nach mehr als einer Milliarde Jahren scheinbaren evolutionären Stillstands, erlebte das Kambrium (~ 541 bis 485 Ma) eine Phase beschleunigten evolutionären Tempos („Kambrische Explosion“). Wir interessieren uns für das erste Auftreten dieses komplexen Lebens. Hornkieselschwämme (De-mospongiae) sind die basalen Vertreter des Reiches Metazoa. Während die ältesten Schwammnadeln in kambrischen Gesteinen gefunden wurden, platzie-ren genetisch-molekulare Uhren das erste Auftreten dieser Organismen tief in die neoproterozoische

Ära, welche gekennzeichnet war von starken Störungen des marinen Kohlenstoffkreislaufs, sich ändernder ozeanischer Redoxchemie sowie extre-men klimatischen Ereignissen. Wir verfolgen das erste Auftreten und die spätere Verbreitung der Metazoen mit einem Demospongiae-spezifischen Steroid (24-Isopropylcholestan) und versuchen, ein ganzheitliches Verständnis dieser evolutionären In-novation im Kontext der sich ändernden Umwelt-bedingungen zu gewinnen und ihre Verbreitung in Raum und Zeit zu verfolgen.

Schwerpunkt 3. Nährstoffkreislauf und Redox-Struktur präkambrischer Meere

Derzeit kommen stratifizierte und sulfidische Gewässer sehr selten vor. Solche euxinischen Bedingungen gab es während des Proterozoikums allerdings viel häufiger. Zunächst bedingt durch das Aufkommen der oxischen kontinentalen Verwit-terung und dem folglich ansteigenden marinen Sulfat-Gehalt, führte der Anstieg von Schwefel-wasserstoff (H2S) in der Wassersäule nicht nur zur Ausfällung des großen früh-proterozoischen Eisen-II-Reservoirs, sondern erschöpfte auch redox-empfindliche und bioessentielle Elemente wie das Molybdän. Eine dadurch bedingte wei-te Reduzierung der Aktivität von diazotrophen Mo-Nitrogenase-Enzymen hat möglicherweise zu Stickstoff-limitierenden Bedingungen, reduzierter Bioproduktivität und zu von Prokaryoten domi-nierten marinen Ökosystemen geführt. Wir sind an dem Zusammenspiel zwischen mariner Redox-Struktur, Stickstoffkreislauf und Stärke der biolo-gischen Pumpe interessiert. Dazu analysieren wir die Abbauprodukte von Tetrapyrrol-Pigmenten in Bezug auf Struktur und Verhältnis der stabilen Iso-tope, vergleichen distale und litorale Fazies inner-halb von Sedimentbecken und trennen sedimentäre Kohlenstoff-Verbindungen, die in unterschied-lichen Regionen der Wassersäule gebildet wurden.

Einer unserer Untersuchungsge-biete auf den Belcherinseln,Territorium Nunavut, im Südosten der Hudson Bay in Kanada.

Paläoproterozoische Stromatoliten auf den Belcherinseln. Diese ver-steinerten bakteriogenen Strukturen sind die ältestesten Zeugnisse vom beginnenden Leben auf unserem Planeten.

Organische Geochemie im Feld - 1500 km entfernt vom nächsten Labor.

April 2013

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In der Vergangenheit drehte sich meine Forschung vor allem um die Spurengasbilanz Europas. Dieses Forschungsgebiet entwickelte sich wie ein „Baum“ mit zahlreichen Wurzeln und Zweigen. Eine „Hauptwurzel“ bleibt die Ökophysiologie, die die Grundlagen des Pflanzenwachstums untersucht.Pflanzenwachstum ist aber nur mit Ressourcen aus Böden möglich. Dies leitet über zu den Untersu-chungen des organischen Kohlenstoffs in Böden als einer wichtigen „Wurzel“ dieser Forschungs-richtung. Die „Zweige“ dieses Forschungsbaums stellen die Vielfalt der Organismen in Pflanzenge-meinschaften und die Erforschung der Einflüsse der Bewirtschaftung. Pflanzenvielfalt und Bewirt-schaftung sind eng miteinander verbunden. Es gilt die Lücke zwischen den Visionen der Klima- und Ökosystemforscher und den Zielen der Waldeigen-tümer zu schließen.

Schwerpunkt 1. Ökophysiologie von Bäumen und BodenprozessenDie meisten bisherigen Projekte wurden mit meiner Emeritierung in neue Verantwortungen übergeben. Meine wissenschaftlichen Interessen liegen weiterhin bei der Untersuchung von Umweltgradienten, die in Kohlenstoff- und Stickstoff-Isotopen sichtbar werden Die Wälder Europas und Australiens bleiben ein Schwerpunkt meiner aktuellen Arbeiten. Die früheren Arbeiten in den Wäldern Russlands gehen zu Ende, obgleich ich noch im Jahr 2010 einer der Megagrant“-Empfänger der russischen Regierung war. In der Umsetzung von Arbeiten in Russland gab es erhebliche Schwierigkeiten. Im Sommer 2012 konnte ich dennoch eine forstliche Inventur entlang des 96. Längengrades durchführten, bislang ohne Zugriff auf die gesammelten Proben.Als „Ersatz“ zu Russland hat sich derweil aber ein sehr aktives Forschungsfeld in Rumänien und den Wäldern der Karpaten entwickelt.

Emeritus-Gruppe Kohlenstoffbilanzen, Ökosysteme und Bewirtschaftung Ernst-Detlef Schulze, Gründungsdirektor des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie, trat imSeptember 2009 offiziell in den Ruhestand. Der frühere Leiter der Abteilung BiogeochemischeProzesse setzt seine vielfältigen Forschungsaktivitäten mit Schwerpunkt auf Ökosystempro-zessen, Biodiversität und Bewirtschaftung von Wäldern fort.

Portrait

Prof. Dr. E.-D. Schulze ist Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft, Honorar-professor der Universität Jena, gewähltes Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, der American Academy of Arts and Sciences und der portugiesischen Akademie der Wissenschaften. In 2010 wurde er zum leitenden Wissenschaftler an der Sibirischen Universität Krasnojarsk ernannt. Für seine Arbeit in der Ökologie - und Ökosystemforschung erhielt er den Deutschen Umwelt-preis und die Ernst Haeckel Medaille der Europäischen ökologischen Gesellschaft. Er verwaltet einen eigenen Forstbetrieb. Kontakt: [email protected]

Kohlenstoffbilanzen und Ökosysteme

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Schwerpunkt 2. Biodiversität und NaturschutzDie von mir initiierten Biodiversitätsexperimente gingen in die Verantwortung von Prof. Dr. Wolf-gang Weisser, TU München (Graslandexperiment) und Prof. Dr. Michael Scherer-Lorenzen, Frei-burg (Baumexperiment) über. Mein Interesse gilt weiterhin dem Naturschutz in Thüringen. Das Hauptproblem sind äsende Rehe, die zu einer Verringerung der Baumvielfalt und schließlich zu Monokulturen aus Buche führen, sofern eine aus-reichende Bejagung fehlt. Dies ist auch eine Gefahr im Nationalpark Hainich, wo unter dem Schutzziel „Natur Natur sein lassen“ im Kerngebiet die Be-jagung eingestellt wurde, mit gravierenden Folgen für die Waldvegetation. Im Augenblick vergleiche ich die Folgen von Wildverbiss und Beweidung in Deutschland mit Beobachtungen in Rumänien, wo Wolf, Luchs und Wilderei noch für eine niedrige Wilddichte sorgen.

Schwerpunkt 3. LandbewirtschaftungIm Rahmen des DFG-Projektes „Exploratorien“ war ich verantwortlich für die Waldinventuren und die Datenbank. Diese Aufgaben übernahmen die forstliche Fakultät der Universität Göttingen und der Fachbereich Informatik der Universität Jena. Mein derzeitiges Interesse gilt den wider-sprüchlichen gesellschaftlichen Anforderungen an den Wald in der Forstwirtschaft. Da ich selbst eigenen Nadel- und Laubwald verwalte, bekomme ich Einblicke in die Forstwirtschaft, die mir ohne praktischen Erfahrungen verwehrt wären, und diesen Komplex an wirtschaftlichen und sozio-ökonomischen Anforderungen mit der Biologie des Waldbaus in Einklang zu bringen, das ist ein Ziel meiner derzeitigen Wald-Forschung. Es zeigt sich, dass die steigenden Anforderungen der Gesellschaft an Klimaschutz, Erholung und Naturschutz von den Landeigentümern nicht aufgenommen werden, da aus all diesen sozialen Verpflichtungen kein Einkommen erwächst. Auch die Einnahmen aus dem Kohlenstoffhandel auf der Basis des Kyoto-

Protokolls gehen nicht an die Personen, die durch ihre Wirtschaft den Wald als Kohlenstoffsenke ermöglichen. Ein Teil dieser Forschung ist auch die historische Untersuchung der Landnutzung mit einem Hauptuntersuchungsgebiet im Hainich. Die Postdoktorandin Frau J. Wäldchen untersucht hier die Bausubstanz von alten Bauernhäusern, um anhand dieser Daten indirekt auf die Zusammen-setzung der früheren Wälder zu schließen. Aktuell stehen Fragen der Nachhaltigkeit einer Nutzung des Waldes für Bioenergie und eine aufkommende Bio-Ökonomie im Vordergrund. Die Forderungen der Gesellschaft werden immer widersprüchlicher. Man heizt mit Holz in einem Maß, das über den Zuwachs des deutschen Waldes hinausgeht und vernachlässigt dabei die Emission von klimawirk-samen Gasen, man baut mit Douglasienholz, und zahlt zusätzlich für „grüne Energie“. Gleichzeitig verlang „man“ mehr Flächen im Wald für den Naturschutz stillzulegen, man wehr sich gegen den Anbau des Neophyten Douglasie, und man braucht mehr Raum für Erholung, denn die landwirtschaft-lichen Flächen dienen der Erzeugung von Biogas. Die widersprüchlichen Anforderungen führen im Augenblick an den Rand der Nachhaltigkeit. Deutschland lebt hinsichtlich der nachwachsenden Rohstoffe auf Kosten ärmerer Länder.

Kimberleys, Westaustralien: auf der Suche nach dernachsten Eukalyptusart.

Hermannsberg, Thüringer Wald

Die Gewinnung von Holzproben an Bauernhausern im Hainich: Die meisten Hauser sind aus Eiche gebaut, die heute im Unterwuchs der Walder als Folge der un-angemessenen Wildbestände nicht mehr vorkommt.

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Die Schlüsselelemente des Lebens – wie zum Beispiel Kohlenstoff, Sauerstoff und Stickstoff – werden durch globale biogeochemische Kreisläufe ununterbrochen zwischen Land, Ozeanen und Atmosphäre ausgetauscht. Ziel der Forschungs-aktivitäten in der IMPRS-gBGC ist das grundle-gende Verständnis dieser Kreisläufe. Dabei werden auch die Kopplung verschiedener Stoffkreisläufe untereinander sowie der Einfluss von Klimawandel und menschlichen Aktivitäten untersucht. Die Doktoranden werden in laufende Forschungspro-jekte einbezogen, die Datenerhebungen, Metho-denentwicklungen, Experimente und Modellie-rung umfassen. Ein umfassendes interdisziplinäres Rahmenprogramm ergänzt und bereichert die individuelle Forschungsarbeit. Die Graduierten-schule ist somit ein exzellenter Ausgangspunkt für eine erfolgreiche Karriere in den Erdsystemwissen-schaften.

Aufbau des Promotionsprogramms

Kern des dreijährigen Programms der IMPRS-gBGC ist eine eigenständige, zur Promotion führende Forschungsarbeit. Diese wird durch einen interdisziplinär ausgerichteten Ausbildungs-plan ergänzt. Die Studenten sind entweder einer Forschergruppe an der FSU oder dem MPI für Biogeochemie zugeordnet und als Promotionsstu-denten in der FSU eingeschrieben. Eine besonders enge Kooperation besteht mit der Chemisch-Geowissenschaftlichen Fakultät, der Biologisch-Pharmazeutischen Fakultät, der Fakultät für Mathematik und Informatik sowie der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der FSU.

Am Ende des Promotionsprogramms qualifizieren eine Dissertation (idealerweise kumulativ, d.h. basierend auf mindestens drei Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Zeitschriften) und deren erfolgreiche Verteidigung für einen durch die FSU verliehenen Doktorgrad.

Internationale Max-Planck-Graduiertenschule für globale biogeochemische Kreisläufe

Die Internationale Max-Planck-Graduiertenschule für globale biogeoche-mische Kreisläufe (IMPRS-gBGC) ist ein strukturiertes Promotionspro-gramm des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie und der Friedrich-Schil-ler-Universität Jena (FSU). Wir bieten herausragenden Studenten aus aller Welt eine erstklassige Ausbildung in einem anregenden Forschungsumfeld.

IMPRS-gBGC Team Friedrich-Schiller-Univ. Jena: Prof. Dr. G. Büchel (Geologie, Paläontologie), Prof. Dr. R. Gaupp (Allgemeine Geologie), Prof. Dr. St. Halle (Ökologie), Prof. Dr. E. Kothe (Mikrobielle Phytopathologie), Prof. Dr. K. Küsel (Geomikrobiologie), Prof. Dr. R. Mäusbacher (Phys. Geographie), Prof. Dr. B. Michalzik (Bodenkunde), Prof. Dr. M. Neumann (Stochastik), Prof. Dr. G. Pohnert (Analytische Chemie), Prof. Dr. J. Popp (Physikalische Chemie), Prof. Dr. Ch. Schmullius (Fernerkundung), Prof. Dr. K.U. Totsche (Hydrogeologie), Dr. P. Dittrich (Biosystemanalyse), Dr. P. Frenzel (Geologie, Paläontologie), jun. Prof. Dr. A. Hildebrandt (Ökologische Modellierung), Dr. M. Pirrung (Paläontologie)MPI für Biogeochemie: Dr. habil Ch. Gerbig, apl. Prof. Dr. G. Gleixner, Dr. S. Rothhard, Prof. Dr. M. Heimann, Dr. A. Kleidon, Dr. M. Reichstein, Prof. S. E.Trumbore, PhDSprecher: Prof. Dr. Martin Heimann Koordinatorin: Dr. Steffi RothhardKontakt: [email protected] URL: www.imprs-gbgc.de

IMPRS-gBGC

for Global Biogeochemical CyclesInternational Max Planck Research School

IMPRSgBGC

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Betreuung

Während ihrer Promotionsarbeit erhalten die IMPRS-Studenten regelmäßig Unterstützung von einem persönlichen Beratungsgremium, dem PhD Advisory Committee (PAC). Dieses Gremium setzt sich aus dem Erstbetreuer, einem weiteren IMPRS-gBGC-Fakultätsmitglied und mindestens einem weiteren, externen Wissenschaftler zusammen.

Wissenschaftliche Zusatzausbildung

Als Ergänzung zur eigenen wissenschaftlichen Arbeit absolvieren die Doktoranden ein zusätzli-ches Trainingsprogramm, um ihr Verständnis des Erdsystems zu erweitern. Zu den Bildungsinhalten gehören folgende, teilweise fakultative Elemente:

• Speziell für IMPRS-Studenten gestaltete Kurse

- Ein Übersichtskurs über globale biogeoche-mische Kreisläufe

- Kurzlehrgänge, die die Doktoranden in erdsystemrelevante Wissenschaftsfelder ein-führen, in denen sie noch keine Kenntnisse haben. Diese Kurse erleichtern Kooperationen über die Grenzen der ursprünglichen Ausbil-dung hinaus.

- Spezifische Weiterbildungskurse zu Fertig-keiten, die für die Forschung an globalen biogeochemischen Kreisläufen hilfreich sind, z.B. Statistik und Datenanalyse, Modellie-rung, Analytik, Erdbeobachtung und Isoto-pentechniken

• Teilnahme an einschlägigen Sommerschulen und Workshops

• Training in gemeinschaftlicher Forschung durch insgesamt dreimonatige Kurzzeit-aufenthalte bei erstklassigen ausländischen Forschungsgruppen. Der Austausch ermög-licht die weitergehende Qualifizierung in einem Interessengebiet und schafft einzigartige

Kontakte zu den besten Experten in einem Spezialgebiet. Außerdem wird die Sichtbarkeit des jeweiligen Promotionsprojekts erhöht.

• Seminare in Schlüsselqualifikationen, die die Beschäftigungsmöglichkeiten und Karriereaus-sichten im akademischen Umfeld und darüber hinaus verbessern

• Vorstellung der eigenen Arbeit auf internati-onalen Konferenzen und in internationalen Fachzeitschriften, Erläuterung der größeren wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenhänge vor einer breiteren Öffent-lichkeit

• Förderung von weiteren, für eine wissenschaft-liche Laufbahn wesentlichen Aktivitäten, wie z.B. die Organisation wissenschaftlicher Veranstaltungen

Vernetzung

Das Promotionsprogramm bietet jungen Forschern aus aller Welt zahlreiche Möglichkeiten, persönli-che Netzwerke zum wissenschaftlichen Austausch und für das berufliche Weiterkommen aufzubauen. Neben dem Bildungsprogramm spielen die intensi-ven internationalen Kooperationen der Betreuer hier eine Schlüsselrolle.

Die IMPRS-gBGC ist Teil einer Initiative der Max-Planck-Gesellschaft zur gezielten Förderung von Doktoranden. Es bestehen enge Verbindungen zu anderen Max-Planck-Instituten und IMPRS innerhalb der Partnerschaft Erdsystemforschung (ESRP, Earth System Research Partnership), dem Zusammenschluss interdisziplinärer Max-Planck-Institute zum besseren Verständnis der Erde als einem komplexen System und der besseren Vorher-sagbarkeit der Auswirkungen menschlichen Verhal-tens. Die IMPRS-gBGC ist auch Teil eines aktiven regionalen Netzwerks von Graduiertenschulen.

Übersichtsmodul Kurzlehrgänge Weiterbildungskurse- Biogeochemische Kreisläufe im

Erdsystem- Atmosphäre & Ozeane - Ökosysteme & Biosphäre - Böden, Bodenmikrobiologie und

Bodenhydrologie- Paläoklima

- Angewandte Statistik & Daten-analyse

- Erdbeobachtung - Modellierung und numerische

Techniken - Analytische Techniken - Soziale Kompetenz

Beispiele für Lehrmodule der IMPRS-gBGC

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Um das Schicksal der relevanten Spurengase zu verfolgen, müssen wir erfassen, wie sich ihre Mengen in der Luft verändern. Ebenso müssen wir herausfinden, woher diese Veränderungen stam-men und wie sie eventuell wieder verschwinden. Diese Informationen sind leider sehr schwer zu erhalten. Eines der Mittel, das wir dazu nutzen können, ist die Untersuchung der stabilen Isotope (13C, 12C, 2H, 18O, 16O) in den Spurengasen. Die Verhältnisse dieser Isotope werden routinemäßig für CH4 und CO2 gemessen. Die betreffenden Veränderungen sind allerdings gering. Deshalb sind Messungen dieser Art eine Herausforderung, die nur wenige Labore meistern können.

Für die Analyse von stabilen Isotopenverhältnissen wird allgemein die Massenspektroskopie verwendet. Dazu müssen Originalproben in reine, einfache Messgase wie CO2, N2, H2, oder O2 umgewan-delt werden, was eine sorgfältige chemische Um-wandlung mit einer Ausbeute von nahezu 100 %

erfordert. Im Massenspektrometer werden diese Gasproben ionisiert und die unterschiedlichen Isotopenarten (Isotopologe) mittels eines Magneten getrennt. Am Ende ihrer Flugbahn treffen die Ionen auf ihren entsprechenden Detektor, werden dort aufsummiert und das Verhältnis der verschie-denen Ionenströme wird aufgezeichnet. Das gleiche Verfahren wird auf ein Referenzgas mit bekannter Isotopenzusammensetzung angewendet. So lässt sich ein sehr genauer Vergleich herstellen, der eine akurate Isotopenkennzeichnung ermöglicht.

Das Labor für Stabile Isotope (BGC IsoLab) ist eines der hochspezialisierten Massenspektrometer-Labore, das Schwankungen der stabilen Isoto-penverhältnisse in atmosphärischen Proben, aber auch aus Erde, Wasser und Pflanzenmaterial mit höchster Präzision analysiert.

Kleine Schwankungen bei den natürlichen Iso-topen zeugen von bestimmten Prozessen, die auf

Wissenschaftlicher Servicebereich Stabile Isotope

Wer den globalen Klimawandel wissenschaftlich untersuchen will, braucht gute Messmethoden. Alle Gase in unserer Luft, nicht nur CO2, sind dem Wandel unterworfen, aber nur wenige sind in solch ausreichender Menge vorhanden, dass sie mit einfachen Mitteln quantifiziert werden kön-nen. Daher benötigt man für die Bestimmung der Spurengase exzellente Messverfahren sowie die Beharrlichkeit, langfristig exakte Messergebnisse zu erzielen.

Portrait des Leiters

Dr. Willi A. Brand leitet das Isotopenlabor seit dessen Aufbau im Jahr 1998 und hat es zu einem der bedeutendsten Standorte in Europa auf diesem Spezialge-biet geführt. Er studierte Chemie in Bonn und promovierte über Feldionisation. Nach seinem Postdoc an der Universität von North Carolina leitete er für mehre-re Jahre die Entwicklungsgruppe Stabile Isotope der Firma Thermo-Finnigan in Bremen. Seit 2009 ist er Vorsitzender der Kommission über Isotopenhäufigkeiten und Atomgewichte (CIAAW) innerhalb der IUPAC. Kontakt: [email protected]

Stabile Isotope

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diese Weise ihre Spur hinterlassen. Ein Musterbei-spiel ist die Photosynthese. Dabei verbinden sich CO2 und Wasser mittels Sonnenlicht zu Glukose, wovon sich alle weiteren organischen Materialen ableiten. Katalysiert wird die Photosynthese durch RubisCO, ein Pflanzenenzym, welches das leichte Isotop 12C gegenüber dem schweren Isotop 13C bevorzugt. Deshalb enthält Pflanzenmaterial, das durch Photosynthese entstanden ist, weniger 13C als das CO2 in der Luft, das nach der Photosynthe-se einen höheren Gehalt an 13C aufweist. Die sich daraus ergebenden Veränderungen sind oft extrem klein, gleichzeitig sind sie überaus signifikant und über Jahre hinweg stabil messbar. Da alle fossilen Brennstoffe in der Vergangenheit durch Photo-synthese erzeugt wurden, führt die Verbrennung von Öl, Kohle und Erdgas zu einer Erhöhung von isotopisch leichtem CO2 in der Atmosphäre. Diese Erhöhung können wir messen und mit der zeitlichen Entwicklung menschlicher Aktivitäten in Verbindung bringen.

Andere stabile Isotope, die wir am BGC Isolab untersuchen, sind Deuterium und 18O/16O-Ver-hältnisse in Wasserproben, Deuterium in fossilen Molekülen, 15N/14N-Verhältnisse in Pflanzen und Erde oder das Verhältnis von 13C/12C in Baumrin-gen. Die feinen Veränderungen dieser Isotopenver-hältnisse erlauben uns, die Prozesse, die diese iso-topische Signatur in der Vergangenheit verursacht haben, zurückzuverfolgen. Gletscher in Grönland oder in der Antarktis zum Beispiel umfassen eine

Zeitspanne von bis zu einer Million Jahren vor unserer Zeit. Sie wurden durch Schnee geformt, der zu Eis kompaktiert. Dessen Schichten lassen sich – ähnlich wie Baumringe – zumindest für die jüngere Geschichte (bis zu etwa 10 000 Jahre) Jahr für Jahr auflösen. Der isotopische Inhalt dieser Schichten „konserviert“ die Temperaturentwick-lung. So erfahren wir zahlreiche Details aus der Geschichte der Eiszeiten.

Über diese direkten Isotopenbeobachtungen hinaus nutzen wir die gleiche Technologie, um die Sauerstoffkonzentration in der heutigen Luft mit sehr hoher Genauigkeit zu messen. Der bekannte CO2-Anstieg wird von einem entsprechenden, je-doch weniger publizierten Abfall von O2 in der At-mosphäre begleitet: Für jedes Kohlenstoffatom in fossilen Brennstoffen, das zu CO2 verbrennt, wird ein O2-Molekül aus der Atmosphäre entnommen. Es gibt also eine stöchiometrische Entsprechung zwischen O2 und CO2. Allerdings passieren die O2-Veränderungen auf einem erheblich höheren Untergrund (O2 hat einen Anteil von ~21 % in der Luft, CO2 „nur“ ~ 0.04 %). Diese Messungen mit der gewünschten Präzision durchzuführen, ist deshalb eine große Herausforderung, die wir durch die Entwicklung eigener Instrumente und Proben-Handhabungsprotokolle erfolgreich gemeistert haben. Indem wir beide Gase zusammen analysie-ren, erhalten wir einen Einblick in den Kohlen-stoffkreislauf, den wir durch die alleinige Untersu-chung von CO2 nicht gewinnen könnten.

Isotopenlabor: ein visionärer Blick in das erste BGC-Isotopenlabor im Zeiss-Ge-bäude. Seit November 2002 befindet sich das Labor zur Untersuchung Stabiler Iso-tope im Institut auf dem Beutenberg Campus.

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Unsere Messungen der Zusammensetzung der Atmosphäre bringen entscheidende Informatio-nen nicht nur zu Veränderungen atmosphärischer Budgets von Treibhausgasen, sondern auch zu den zugrundeliegenden natürlichen und anthro-pogenen Faktoren. Wichtig ist dabei zum einen die langfristige Perspektive: Viele der relevanten biogeochemischen Veränderungen im Klima-system verlaufen so langsam, dass Veränderungen der Luftzusammensetzung über Jahrzehnte erfasst werden müssen. Außerden müssen in einem global umfassenden Messnetz alle im Kohlenstoffkreislauf bedeutsamen geographischen Gegenden reprä-sentiert sein. Dieses globale Messnetz wird von verschiedenen internationalen Organisationen getragen; einige wichtige kontinuierliche Langzeit-Beobachtungsstationen (z.B. auf den Kap Verden, in Sibirien sowie in Namibia) werden von unserem Institut betrieben. Aktuell wird auf europäischer Ebene das existierende Beobachtungs-Messnetz im Rahmen des Aufbaus des Integrated Carbon

Observing System (ICOS) massiv erweitert. Diese neue europäische Forschungsinfrastruktur zur Untersuchung der europäischen Kohlenstoffbilanz ist aus dem von uns koordinierten CarboEurope-Projekt hervorgegangen und von uns mit ausge-arbeitet worden. Prinzipiell muss das Messnetz kleine systematische Unterschiede der Spurengas-konzentrationen erkennen können. Die Zuverläs-sigkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse aus diesen Beobachtungen hängt also entscheidend von der Datenqualität ab. Eine wesentliche Herausfor-derung für unsere Messungen liegt daher darin, langfristig konsistente Daten zu liefern, die mit denen der am internationalen Messnetz beteiligten Labore vergleichbar sind.

Konkrete Aufgaben des GasLab1. ReferenzgasherstellungDie Messinstrumente an den Beobachtungs-stationen müssen mit Referenzgasen kalibriert werden. Diese Referenzgase werden von uns aus

Wissenschaftlicher Servicebereich Gasanalytik

Das Verständnis der globalen Budgets von Treibhausgasen und ihres Anstiegs in der Atmosphäre ist Kern unserer Forschung. Experimentell wird diesen Fragen durch Messung von atmosphärischem CO2, CH4, und N2O an repräsentativen Orten der Erde nachgegangen. Die Qualität der Beobach-tungsdaten entscheidet dabei über die Zuverlässigkeit der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Aufga-be des GasLab ist es daher, die Genauigkeit und Richtigkeit dieser Messungen zu gewährleisten.

Portrait des Leiters

Dr. Armin Jordan leitet das GasLab des MPI-BGC, seit es 1999 errichtet wur-de. Er war in etlichen von der Europäischen Kommission geförderten Projekten zu atmosphärischen Treibhausgas-Messungen der letzten Jahre beteiligt, darun-ter als Mitglied des Executive Boards im ICOS Preparatory Phase Projekt mit der Zuständigkeit für die Planung des zentralen Flask- und Kalibrierlabors. Armin Jordan ist Mitglied des Wissenschaftlichen Beratergremiums für Treib-hausgas-Messungen des WMO Global Atmosphere Watch Programms. Kontakt: [email protected]

Gasanalytik

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getrockneter, natürlicher Außenluft selbst produ-ziert, die in ihrer Zusammensetzung durch dosierte Zugabe bzw. Herausnahme einzelner Spurengase zielgenau verändert wird. Durch Einmessen mit hochpräzisen Messgeräten, die ihrerseits mit Refe-renzgasen des globalen Zentralen Kalibrierlabors kalibriert werden, wird die Rückführbarkeit auf den internationalen Standard gewährleistet. Diese Funktion als Kalibrierlabor hatte unser GasLab in den letzten Jahren im Rahmen europäischer Forschungsprojekte auch für Stationen anderer Partnerinstitutionen inne. Derzeit bauen wir mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung das ICOS-Flask1- und Kalibrierlabor in Jena auf. Dieses Labor wird langfristig die Rolle des zentralen Servicelabors für Treibhausgasmes-sungen im europäischen Beobachtungsmessnetz übernehmen.Im Rahmen eines Forschungsprojekts zur Untersu-chung von atmosphärischem Wasserstoff wurde am GasLab ein Verfahren zur hochgenauen Herstel-lung von Referenz-Mischungen von Wasserstoff in Luft erarbeitet. Diese Methode wurde von der World Meteorological Organization (WMO) als internationaler Standard anerkannt, so dass das MPI-GasLab die Rolle des internationalen zen-tralen Kalibrierlabors (CCL) für Messungen von molekularem Wasserstoff in Luft ausübt.

Für die Messungen werden eine Reihe verschie-dener Messinstrumente betrieben. Viele der Analysatoren basieren auf spektralphotometrischen Verfahren, bei denen Licht bestimmter Wellen-länge vom zu untersuchenden Gas absorbiert wird und somit die Schwächung der Lichtintensität ein Maß für die Konzentration des betreffenden Spurengases ist (Beispiele sind die nicht-dispersive Infrarot-Absorptions-Spektroskopie (NDIR) oder die sogenannte Cavity-Ringdown Spektroskopie).

2. Spurengasmessungen an diskreten Luftproben

Pro Jahr untersuchen wir ca. 3000-4000 diskrete Luftproben in Glasbehältern (sogenannten Flasks1) auf ihre Gehalte an Treibhausgasen und weiteren Spurengasen (sogenannten Tracer), die Hinweise auf die Herkunft der Luftmasse geben können. Zu den analysierten Gasen gehören Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Lachgas (N2O), Kohlen-monoxid (CO), Wasserstoff (H2), und Schwefel-hexafluorid (SF6).Die Proben werden einerseits an Beobachtungs-stationen oder im Rahmen von Messkampagnen entnommen. Neben der Langzeitbeobachtung der Hintergrundatmosphäre werden mit diesen Ana-lysen aber auch andere wissenschaftliche Fragestel-lungen untersucht, z.B. die Zusammensetzung von Bodenluft aus verschiedenen Ökosystemen oder

die Untersuchung des Gasaustauschs bei Pflanzen- oder Bodenatmung. Diese Prozessstudien helfen, wichtige Mechanismen zu verstehen, die die Treibhausgasflüsse natürlicher Ökosy-steme bestimmen.Messungen an Flaskproben werden mit gaschromatographischen Tech-niken durchgeführt, bei denen nur sehr geringe Probenmengen benötigt werden. Dabei werden die Luftbe-standteile zunächst getrennt, um mit verschiedenen Detektionsverfahren einzelne dieser Bestandteile quantitativ nachzuweisen. Diese Detektionsver-fahren basieren auf sehr unterschied-lichen chemischen oder physikalischen Eigenschaften der Gase.1 Flask = Probennahmebehälter für diskrete Luftprobe (z.B. aus Glas mit einem Volumen von 1-2 L)

April 2013

Gaschromatographisches System zur Bestimmung von Spurengaskonzen-trationen in Luftproben

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Das Labor für Spektrometrie entstand 2005 als Ausgliederung aus dem früheren Servicebereich für Chemische Analytik mit dem Ziel, der wach-senden Nachfrage nach analytisch-chemischen Methodenentwicklungen im Institut zu entspre-chen. Der Schwerpunkt liegt nun auf spektros-kopischen Analysen von Wasser-, Pflanzen- und Bodenproben sowie Analysen verschiedenster Bodenextrakte. Nach erfolgreicher Entwicklung von Methoden zur empfindlichen und zuverläs-sigen Bestimmung diverser Kohlenhydrate und Zuckeralkohole, werden diese nun routinemässig von SpecLab durchgeführt. Von SpecLab entwi-ckelte Methoden werden auf Fachkongressen im In- und Ausland (u.a. Israel, Japan, USA) vorge-stellt und in Fachzeitschriften publiziert.

Spektroskopie

Spektroskopische Analysen basieren auf der Wechselwirkung elektromagnetischer Strahlung mit Atomen, Ionen oder ganzen Molekülen und

dienen dazu, chemische Substanzen zu identi-fizieren. Zur Untersuchung einer Flüssigprobe wird diese durch eine Kapillare geleitet und unter Druck zerstäubt. Das entstandene Aerosol wird in einem Argonplasma bei 6000 -8000°C vom Lösungsmittel befreit, verdampft, atomisiert und schließlich ionisiert, dass heißt mit elektrischen Ladungen versehen. Das angeregte Material emittiert Licht unterschiedlicher Wellenlängen. Diese polychromatische Strahlung wird in ihre Einzelwellenlängen zerlegt, wobei die Intensität einer bestimmten Wellenlänge vom Detektor ge-messen werden kann, ohne dass diese mit anderen Wellenlängen interferiert. Die Quantifizierung der verschiedenen Elemente in der Probe basiert folglich auf der Intensität ihrer gemessenen Emis-sionsstrahlung nach entsprechender Kalibrierung des Geräts.

Analytische Leistungen in 2010 & 2011

In 2010 und 2011 wurden ca. 3000 Analysen

Wissenschaftlicher Servicebereich Labor für Spektrometrie

Spektroskopische Methoden sind unentbehrlich, wenn es um die Analyse biogeochemischer Proben und die Bestimmung darin enthaltener chemischer Elemente wie Minerale, Metalle oder Schwermetalle geht. Kohlehydrate aus wässrigen Proben und Pflanzenextrakten werden mit Hilfe chromatographischer Methoden ermittelt. Im Labor für Spektrometrie (SpecLab), geleitet von Dr. Michael Rässler, werden beide Analysemethoden routinemäßig durchgeführt und weiterentwickelt.

Portrait des Leiters

Dr. Michael Raessler studierte Chemie in München und Kiel. Nach dem Diplom arbeitete er am GSF Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, Institut für Ökologische Chemie, in Neuherberg b. München und promovierte in analytischer Chemie und Umweltanalytik an der TU München. 1997 baute er den Service-bereich Anorganische Analytik am MPI-BGC auf, den er bis 2005 leitete. Seit 2006 leitet er den Servicebereich SpecLab (Spektroskopie, Kohlenhydrat-Analytik, Methodenentwicklung). Er unterrichtet „Speziationsanalytik“ an der FSU Jena. Kontakt: [email protected]

Spektrometrie-Labor

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durchgeführt, davon ca. 1900 Wasserproben. Die darin bestimmten Elemente waren Aluminium (Al), Bor (B), Calcium (Ca), Cadmium (Cd), Kupfer (Cu), Eisen (Fe), Kalium (K), Magnesi-um (Mg), Mangan (Mn), Natrium (Na), Nickel (Ni), Phosphor (P), Schwefel (S), Silizium (Si), Strontium (Sr) und Zink (Zn). Zusätzlich wurden ca. 1000 Bodenextrakte analysiert, davon ca. 200 Ammoniumchlorid-, ca. 500 Dithionit-, ca. 230 Oxalat-, und 72 Ammoniumacetatextrakte. In den Ammoniumchlorid- und Ammoniumace-tatextrakten wurden Al, Ca, Fe, K, Mg, Mn, Na und P bestimmt, in den Dithionit- und Oxalatex-trakten Al und Fe. Zusätzlich erfolgte die Analyse von Phosphor in Pflanzenproben. Darüberhinaus erfolgte die Bestimmung von Schwermetallen in synthetischen Kohleproben in Anlehnung an die Klärschlammverordnung unter Beachtung von DIN EN ISO 11885. Um eine hohe Qualität der Messdaten zu gewährleisten, verfolgt SpecLab ein konsequentes Qualitätsmanagement. Wo immer möglich, kommen Standardreferenz-Materialien des National Institute of Standards and Technolgy (NIST) zum Einsatz.

Chromatographie

Kohlehydrate sind ein Hauptbestandteil von Pflanzen. Ihre Zusammensetzung variiert mit der Jahreszeit, der Verfügbarkeit von Licht und Nährstoffen und dem Vegetationsstadi-um. Zusätzlich spiegelt die Zusammenset-zung der nicht-strukturellen Kohlehydrate (NSC) Wachstum- und Photosynthesebedin-gungen sowie abiotische Stressituationen wie erhöhte osmotische Aktivität wider. Zu den NSC zählt außer den löslichen Zuckern auch Stärke.

Neben dem Studium der biologischen Ei-genschaften dieser Kohlenhydrate, ist deren genaue Identifizierung und mengenmäßige

Bestimmung von besonderer Bedeutung für die Erstellung präziser und verlässlicher Kohlenstoff-bilanzen. Unser Analysesystem basiert auf der Hochleistungs-Anionenaustausch-Chromatogra-phie mit gepulster amperometrischer Detektion. Die Analysedauer pro Probe inklusive Regenera-tionzeit für die Chromatographie-Säule beträgt 30 Minuten. Das ausgesprochen flexible System wurde auf eine Vielzahl unterschiedlicher Pflan-zenproben angewendet und ist in den Routinebe-trieb von SpecLab integriert. Bislang wurden über 1000 verschiedene Pflanzenproben unterschied-licher Herkunft (spezielle Gräser, Laub- und Na-delbäume wie Esche, Eiche, Wildkirsche, Lärche und Fichte) erfolgreich auf Glucose, Saccharose, Fructose, Arabinose, Galactose, Raffinose, Salicin, wie auch auf Polyfructane, Inulin und Stärke untersucht.

Atom-Emissionspektrometer mit dem ICP-Verfahren (induktiv gekoppeltes Plasma) ‚Optima 3300DV‘ von Perkin Elmer

Ionen-Chromatograph mit amperometrischer Detektion, ‚ICS-3000‘ von Dionex

April 2013

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Der Schwerpunkt unserer Laboruntersuchungen liegt auf der Kohlenstoff- und Stickstoffana-lytik. Ergänzt werden diese Messungen durch die Bestimmung von Nährstoffen und anderen Stoffgruppen in Boden- und Wasserproben. Es können auch physikalische Kenngrößen wie der pH-Wert und die elektrische Leitfähigkeit gemessen werden. Je nach Anforderung passen wir unsere analytischen Methoden individuell an und stellen den Wissenschaftlern die evaluierten Messdaten ihrer Umweltproben zur Verfügung

Unser am häufigsten angewendetes Messverfahren ist die Elementaranalyse. Sie dient der Bestim-mung des Kohlenstoff- und Stickstoffgehaltes in Böden und Sedimenten, in Pflanzen-, Humus- und Kohleproben, in carbonathaltigen Gesteinen und anderen Feststoffen. Analog dazu wird die Summenparameterbestimmung zur Messung gelöster Kohlenstoff- und Stickstoffverbindun-gen in Oberflächen- und Bodenwässern und in

Feststoffextrakten eingesetzt. Kohlenstoff- und Stickstoffverbindungen mengenmäßig genau zu bestimmen, ist wichtig, um die Auswirkungen von Bodennutzung, Bodenbearbeitung und Biodiversität auf den Stoffhaushalt der Elemente zu untersuchen. Die Ergebnisse zeigen beispiels-weise, wieviel organisch gebundener Kohlenstoff im Boden vorhanden ist, sie geben Auskunft über die Speicherkapazität der Böden und lassen auf Prozesse schließen, die die Elementvorräte auf regionaler und globaler Ebene beeinflussen.

Neben den allgemeinen Routineanwendungen entwickeln und optimieren wir analytische Messmethoden. Eine dieser Methoden beinhaltet die quantitative Trennung des organisch und anorganisch gebundenen Kohlenstoffs in Boden-proben. Diese Analyse beinhaltet zunächst eine Bestimmung des Gesamtkohlenstoffs in einer repräsentativen Teilprobe. Zur Quantifizierung der einzelnen Komponenten wird eine weitere

Wissenschaftlicher Servicebereich Routinemessungen & Analysen

Für die Erforschung biogeochemischer Prozesse und Stoffkreisläufe und zur Berechnung von Stoff-haushalten in Ökosystemen müssen die Mengen der beteiligten chemischen Elemente und ihrer Ver-bindungen ermittelt werden. Die Servicegruppe „Routinemessungen & Analysen (RoMA)“ bestimmt die Anteile von Kohlenstoff, Stickstoff, Wasserstoff und Schwefel sowie weiterer chemischer Ele-mente und Stoffgruppen in Feststoffen und Flüssigkeiten, die aus Umweltproben gewonnen werden.

Portrait der Leiterin

Ines Hilke studierte Chemie an der Martin-Luther-Universität Halle und der Technischen Universität Dresden, mit Spezialisierung auf dem Gebiet der Wasserchemie. Sie begann ihre Tätigkeit an der Fakultät für Forst-, Geo- und Hydrowissenschaften der TU Dresden, Abteilung Bodenkunde und Standortsleh-re. Seit 1998 arbeitet sie am Max-Planck-Institut für Biogeochemie und leitet seit 2006 die wissenschaftliche Servicegruppe Routinemessungen & Analysen. Ihr Interesse gilt besonders der Limnologie, der Bodenkunde und der instrumen-tellen Analytik. Kontakt: [email protected]

Routinemessungen & Analysen

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Teilprobe analysiert. Sie erfährt eine Vorbehand-lung - entweder chemisch mit einer nichtoxi-dierenden Säure zum Aufspalten des Carbonats oder thermisch mit einer temperaturoptimierten Verbrennung zum Aufschließen des organischen Bodenmaterials.

In unserem Labor führen wir weitere Messungen durch:

- Analyse von Wasserstoff und Schwefel in Bö-den, Sedimenten und organischem Material: Sie liefert Informationen zur chemischen Zusam-mensetzung der organischen Verbindungen und zur biologischen Verfügbarkeit der gespeicher-ten Elemente.

- Nachweis von Anionen und Kationen mittels Ionenchromatografie und Fließinjektionsana-lyse: zur Quantifizierung gelöster Stoffe und Verbindungen in wässrigen Proben oder Fest-stoffextrakten, z.B. Fluorid, Chlorid, Bromid, Phosphat, Sulfat, Nitrat, Nitrit, Ammonium, Natrium, Kalium, Magnesium, Calcium, Man-gan sowie Anionen organischer Säuren.

- Bestimmung mobiler, leicht verfügbarer oder mikrobiell gebundener Anteile von Kohlenstoff und Stickstoff in Wasserproben und Bodenfrak-tionen mittels Summenparameteranalyse: Die Fraktionen werden durch Nutzung verschiede-ner Extraktionsmittel wie Kaltwasser, Warm-wasser, Salzlösungen oder Säuren gewonnen.

- Analyse von löslichem Kohlenstoff und Stick-stoff in organischer und anorganischer Form.

Die Qualität unserer Messdaten wird kontinuier-lich überwacht. Unsere Servicegruppe nimmt am jährlichen Ringversuch des VDLUFA (Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten) teil und wurde für die Kohlenstoff- und Stickstoffquantifizierung in Bodenproben zertifiziert. Unser Team gewähr-leistet eine sorgfältige Bearbeitung der Proben, zeitnahe und termingerechte Analysen sowie eine optimierte Analytik für hochgenaue Messungen umfangreicher Probenserien. Alle Bearbeitungs-vorgänge – von der Einlieferung der Probe in unser Labor bis zur Ausgabe der evaluierten Mess-daten – können in einzelnen Schritten zurückver-folgt und nachvollzogen werden.

Für junge Leute mit unterschiedlichen Fach-kenntnissen bieten wir zugeschnittene Praktika an. Dabei kooperieren wir eng mit dem örtlichen Berufsbildungszentrum, der Fachhochschule Jena und der Friedrich-Schiller-Universität Jena. So können sich Lehrlinge und Studenten in mo-dernster Analysentechnik, der Anwendung natur-wissenschaftlicher Kenntnisse sowie der aktuellen Forschung am Institut weiterbilden. Schüler, Auszubildende und Studenten sind herzlich will-kommen, unser Labor für eine Einführung in die instrumentelle Analytik zu kontaktieren.

Exzellente Messdaten erfordern eine gewissenhafte Probenvorbereitung, eine profunde Kenntnis der Analyseme-thoden sowie eine fachkundige Bedienung der Messgeräte. Bei der Elementaranalyse ist das exakte Einwiegen des homogenisierten Probenmaterials (Bilder links) wichtig für die anschließenden Messungen, ebenso die kontinu-ierliche Wartung des Elementaranalysators (Bild rechts).Ferner werden regelmäßig chemische Standards und zertifizierte Referenzmaterialen eingesetzt, um die aktuelle Genauigkeit sowie die Langzeitpräzision der Messgeräte sicherzustellen.

November 2015

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Erfolgreiche Forschung hängt entscheidend von ei-ner ausgereiften und ständig aktualisierten IT- und Kommunikationsinfrastruktur ab. Die Wissen-schaftliche Datenverarbeitung unter der Leitung von Bertram Smolny stellt eine sorgfältig geplante und gepflegte, robuste Computing-Infrastruktur bereit, die dem sich ständig verändernden und steigenden Bedarf an IT-Lösungen gewachsen ist.

Das IT-Personal bietet Unterstützung und Lösun-gen für alle technischen Fragen, von der Netzwerk-infrastruktur bis zur IP-Telefonie, einschließlich IT-Sicherheitsbestimmungen, Hardwarebe-schaffung sowie Softwarelizenzierung, -schulung und -support. Von besonderer Bedeutung für die Wissenschaftler sind die Unterstützung von Gastforschern, Seminarprogrammen und Online-Experimenten sowie die hausinternen Hochleis-tungsrechenkapazitäten mit technisch ausgereifter Datenaufbereitung. Ein speziell ausgebildeter Da-tenbankentwickler hilft beim Datenmanagement für Labor- und Feldversuche. Mit derzeit sieben Mitarbeitern trägt die IT-Gruppe zudem zur loka-len Weiterentwicklung bei, indem sie interessierten Personen Ausbildungsplätze und Praktika anbietet.

Die Forschungskoordination bearbeitet ein breites Spektrum von Querverbindungen zwischen

institutsinternen Belangen und externen Rahmen-bedingungen. Der Koordinator Eberhard Fritz unterstützt dadurch den geschäftsführenden Di-rektor in vielen Aspekten der Institutsleitung, z.B. durch Berücksichtigung der Anforderungen der Max-Planck-Generalverwaltung. Er erledigt das institutionelle Berichtswesen, kümmert sich um die interne Strukturierung, betreut die zentralen Servicebereiche, organisiert die wissenschaftlichen Seminarreihen und ist verantwortlich für die inter-ne Kommunikation und Aktivitäten im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit.

Das PR- und Kommunikationsbüro von Susan-ne Hermsmeier, geleitet vom Forschungskoordi-nator, richtet sich mit seinen Aktivitäten an die Medien und die allgemeine Öffentlichkeit. Um die Forschungsergebnisse an ein breites Publikum her-anzutragen, müssen sie in eine allgemein verständ-liche Sprache oder in andere Sprachen übersetzt werden. Die entsprechend aufbereiteten Informa-tionen werden überwiegend auf der Webseite, aber auch als Printmedien veröffentlicht. Broschüren, Newsletter, Merkblätter und Berichte ergänzen Pressemitteilungen und -mappen als traditionelle Instrumente zur Information der journalistischen Gemeinschaft.

Zentrale Servicebereiche

KontakteVerwaltungPetra Bauer [email protected]

Wissenschaftliche DatenverarbeitungBertram Smolny [email protected]

BibliothekLinda Maack [email protected]

ForschungskoordinationDr. Eberhard Fritz [email protected]

PR und KommunikationSusanne Hermsmeier [email protected]

Haustechnik René Schwalbe [email protected]

Werkstätten Harald Schmalwasser [email protected] Frank Voigt [email protected]

Zentrale Servicebereiche

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Das PR-und Kommunikationsbüro organisiert auch die Beteiligung des Instituts an öffentlichen Veranstaltungen, wie der „Langen Nacht der Wis-senschaften“ und den „Noblen Gesprächen“ auf dem Beutenberg-Campus, sowie öffentliche Vor-träge und ähnliche Aktivitäten für Wissenschaftler und interessierte Gruppen. Das Kommunikati-onsmanagement umfasst auch die interne Kom-munikation, z.B. die Koordination von internen Veranstaltungen und Aktivitäten.

Die Bibliothek ist als gemeinsame Einrichtung der beiden benachbarten Max-Planck-Institute für Biogeochemie und für chemische Ökologie konzipiert. Geführt von der Bibliothekarin Linda Maack, deckt die Bibliothek die wissenschaftlichen Interessensgebiete beider Institute ab und ist in den Räumen des Max-Planck-Instituts für chemi-sche Ökologie angesiedelt.

Der Bibliotheksservice erlaubt den Wissenschaft-lern und Mitarbeitern beider Max-Planck-Institute rund um die Uhr auf die gesamte verfügbare Lite-ratur- und Informationswelt zuzugreifen. Mit der zunehmenden Fokussierung auf elektronische Me-dien ermöglicht die Bibliothek den Zugang zu ca. 35.000 elektronischen Fachzeitschriften, die teils über die Max Planck Digital Library in München und teils lokal in Jena verwaltet werden. Dieses Angebot wird ergänzt durch einen umfassenden Bestand von Büchern in gedruckter und elektroni-scher Form, geographischem Kartenmaterial, sowie regionalen und internationalen Tageszeitungen.

Die Bibliotheksmitarbeiter übernehmen alle Arten von Literaturbeschaffung, geben Anleitung zur Gestaltung einer effektiven Literatur-Recherche und informieren in regelmäßigen Schulungen über sachbezogene Themen wie Literaturverwaltung oder bibliographische Datenbanken. Sie helfen bei allen Fragen zur Beschaffung und Verwaltung bereits existierender Literatur und unterstützen die Wissenschaftler beim Publizieren z. B. hinsichtlich der Open-Access-Modalitäten der Verlage und sind für die Verwaltung der Publikationslisten beider Institute verantwortlich.

Die Hauptaufgaben der Verwaltung unter der Leitung von Petra Bauer sind die Bearbeitung von Personal-, Finanz-, Reise- und Einkaufsan-gelegenheiten. Die Verwaltung unterstützt die Wissenschaftler bei der wachsenden Anzahl von internationalen Dienstreisen zu Kooperationspart-nern oder Feldstudien, einschließlich des Versands wissenschaftlicher Geräte. Das kaufmännische Rechnungswesen zur Abbildung der Instituts-einnahmen und -ausgaben wird ergänzt durch die Finanzverwaltung von national (z.B. DFG, BMBF) und international (z.B. EU) geförderten Drittmittelprojekten.

Als international anerkannte Forschungsorgani-sation legt das Institut besonderen Wert auf die effektive Rekrutierung und Betreuung unserer na-tionalen und internationalen Mitarbeiter. Es bietet umfassende, in der Regel zweisprachige Unterstüt-zung bei allen Verwaltungsfragen und organisiert interne Sprachkurse zur Verbesserung der Kom-munikationsfähigkeit. Neuen Mitarbeitern und Gästen werden kurzfristige Unterkünfte in unseren Gästewohnungen zur Verfügung gestellt.

Die Haustechnik unter der Leitung von René Schwalbe ist für die Instandhaltung der Instituts-gebäude und -gelände sowie das Funktionieren der technischen Infrastruktur verantwortlich. Die Elektronik- und Mechanik-Werkstätten, geleitet von Harald Schmalwasser und Frank Voigt, un-terstützen die wissenschaftliche Forschung mit der Entwicklung neuer Instrumentierung sowie der Reparatur und Verbesserung kommerziell verfüg-barer wissenschaftlicher Instrumente. Die Mit-arbeiter aller drei Einheiten sind in elektrischen, mechanischen und bautechnischen Fertigkeiten geschult. Darüber hinaus beteiligen sie sich auch an der Planung, Einrichtung und Wartung von Messcontainern, -stationen und -türmen zur Un-terstützung der Feldmesskampagnen in Deutsch-land und im Ausland.

April 2013