Elsbeth Wallnöfer, Peter Kubelka, Bodo Hell Wilder Dachstein€¦ · Peter Kubelka Wilder Bodo...

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Elsbeth Wallnöfer, Peter Kubelka, Bodo Hell Wilder Dachstein

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  • Elsbeth Wallnöfer, Peter Kubelka, Bodo Hell

    Wilder Dachstein

  • Impressum

    Bibliograische Information der Deutschen Nationalbibliothek

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation

    in der Deutschen Nationalbibliograie; detaillierte bibliograische

    Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    © 2018 Verlag Anton Pustet

    5020 Salzburg, Bergstraße 12

    Sämtliche Rechte vorbehalten.

    Fotograien: Peter M. Kubelka

    Lektorat: Martina Schneider

    Graik und Produktion: Nadine Kaschnig-Löbel

    gedruckt in der EU

    ISBN 978-3-7025-0889-0

    www.pustet.at

    Elsbeth Wallnöfer

    Peter Kubelka

    Bodo HellWilder Dachstein

  • Das Gebirg 8

    Joseph August Schultes 11

    Der Dachstein und sein „Entdecker“ 12

    Dreiherrenberg 16

    Nanni, eine Sennerin, die erste Dachsteinbegeherin 18

    Barbara Passrugger, Dachsteinsüdwandbesteigung 20

    Karls-Eisfeld oder Hallstätter Gletscher 23

    Hüttengaudi oder Almzauber 24

    Grafenbergalm 26

    Wiesalm 26

    Walcheralm 28

    Ochsenwies-Alphütte 29

    Gjaidalm 29

    Simonyhütte 30

    Grobg(e)steinhütte 32

    Adamekhütte 34

    Austriahütte 35

    Guttenberghaus 36

    Seethalerhütte oder Dachsteinwartehütte 37

    Evangelische Kultur rund um den Dachstein 39

    Heilbronner Unglück/Heilbronner Kreuz 40

    Ajax 43

    Seilbahn ins Gebirg 44

    Truppenübungsplatz im Hochgebirge 48

    Scharf schießen 49

    Sensationen, Superlative, Kurioses! 50

    Das Erdbeben von Sichuan, der Hohe Dachstein

    oder Kunst im Hochgebirge 56

    Die Bergretter: Serienhelden 58

    Bischofsmützengeher 58

    Ein literarisches Lob dem Dachstein 60

    Dachstein und

    World Rowing Junior Championships Neapel 1969 62

    Ein Lied auf den Dachstein 64

    Dachstein, einmal mehr ein gefährlicher Mythos 67

    Der Dachstein als Kanzlermacher 68

    Wunder über Wunder 70

    Und wieder ein Wunder 70

    Bären sind auch nur Tiere oder was ist ein Bärenanwalt? 72

    Der Schladminger Jakl 75

    Einstiege (abseits, lankierend) 84

    Ahornkar (Bergsagen) 96

    Bärenloch (tour/retour) 104

    Brandherde (äußere/innere) 116

    Koppenkar (nachprüfbar) 124

    Gangsteig (obertraunnah) 138

    Seekarkirche (auf Umwegen) 146

    Schneebergseelein (zentral) 155

    sanfte Winterroute (Anleitung) 167

    Abtrieb (Nachklang) 180

    Inhalt

    Elsbeth Wallnöfer

    Bodo Hell

  • 6 7

  • 8 9

    „Das Gebirge ist gegen die Menschen“1 meinte einst ein weitum bekannter österreichischer Schriftsteller. Vermutlich deshalb suchen Bergsteiger und Wanderer das Abenteuer gleichermaßen wie das lieblich Beschauliche im Gebirge – egal in welchem Gebirge.

    Einem trägen Tier nicht unähnlich liegt der Dachstein hingestreckt in der Landschaft Österreichs. In vielfältiger Gestalt, je nachdem aus welcher Himmelsrichtung und Tageszeit man ihn betrachtet, wirkt er einmal mehr und ein andermal weniger gefahrvoll. In den Anfängen seiner Entdeckung – die Ausrüstung war vormals kärglich und aus einfachsten Materialien – forderten Berg und Massiv den Berggehern eine Menge Wagemut ab. So mancher ließ auf dem Dachstein sein Leben und immer wieder kam es selbst in Hochsommern zu tragischen Ereignissen, die Erwähnung in den Zeitungen fanden. Ein solches Unglück ist dem einen oder anderen in der Gegend noch in Erinnerung. Es war besonders tragisch, da mehrere Jugendliche damals bei einem Urlaub während der Ostertage 1954 ihr Leben ließen. Das Ereignis verhalf der Gegend zu traurigem Ruhm, weit übers Land hinaus. Das Heilbronner Kreuz in der Nähe des Krippensteins auf dem Weg zur Gjaidalm gemahnt heute an das Unglück und die stets drohenden Gefahren auf dem Berg.Spricht man vom „Dachstein“, meint man den „Hohen Dachstein“ wie auch das gesamte Massiv mit seinen Schründen, Hochplateaus und Ber-gen. Man kennt es seit geraumer Zeit als verklärtes Sujet. Zunächst von den Bildern höfischer Kammermaler, den Lithographien, Zeichnungen und Fotografien Friedrich Simonys und später von Ansichtskarten. Die Betrachter schienen nie unberührt von der entrischen Schönheit des Ge-birges. Respekteinflößend und gleichzeitig romantisch anheimelnd steht es da, egal, von welcher Seite man es betrachtet. Als der Bergtouris-mus im 19. Jahrhundert einsetzte, blieb der Dachstein davon nicht ver-schont. Die Zunahme bergbegeisterter Tourengeher ermöglichte es den Einheimischen, sich als Bergführer zu verdingen und zum kargen Bau-ernleben eine Kleinigkeit dazuzuverdienen. Die „Vaterländischen Blätter für den österreichischen Kaiserstaat“ berichteten in ihrer Ausgabe vom Samstag, 1. Jänner 1814, dass Bergführer zu bekommen keiner großen Suche bedürfe. Für zwei Gulden am Tag könne man geführt auf den im Salzkammergut als Hallstätter Schneeberg bezeichneten Berg steigen.

    Das karstige Gelände des Dachsteins mahnt jeden zu besonderer Vorsicht. Die vielen Dolinen schlucken jeden Laut, den man hinausruft – möge man noch so laut schreien oder pfeifen.Auf dem Gebiet des nördlichen Dachsteins liegen die Mehrzahl der größ-ten österreichischen Höhlen, die zu besuchen mittlerweile zum Pflichtpro-gramm der Ausflügler gehört.Steile Wandgefälle bieten versierten Kletterern fordernde Touren, insbeson-dere die Südseite des Hohen Dachsteins lockt so manchen bergbegeister-ten Abenteurer.

    Der Dachstein ist heute, was er schon einmal war: Ein Sehnsuchtsort der Wanderer, der Kletterer, der Ausflügler, die ohne viel Aufwand auf einen Gletscher wollen. Begehrt bei vielen, vor allem aber bei tschechischen Bergsteigern und Touristen.

    Das Gebirg

    1 Thomas Bernhard: Amras. Frankfurt am

    Main 1988

    Dirndl mit Dachstein

    Elsbeth

    Wallnöfer

  • 32 33

    Grobg(e)steinhütte

    Was nur mehr eine Ruine ist, dem Höhenwanderer kaum ins Auge fällt, sich überhaupt nur mehr erahnen lässt, wurde an einem Mittwoch, den 9. Juli 1879 eröffnet. An diesem Tag meldet das Welt-Neuigkeits-Blatt, die kaiserliche Hoheit Erzherzog Karl Ludwig würde gerade „neben seiner rei-zenden Villa im Reichenauer Thale einen äußerst niedlichen Zubau im Style der Schweizerhäuser ausführen. Der Zubau wird bereits in den nächsten Wochen vollendet sein [...]“ hieß es. Die Gäste, wegen derer es zum Zu-bau kam, wurden ebenfalls erwähnt. Die politisch ausgerichteten Zeitungen hingegen berichteten von den zu Ende gehenden Reichsratswahlen. Der Sommer dieses Jahres wird allgemein als ein Sommer schlechten Wetters beschrieben. Die „Grobstein-hütte“, auf 1 683 m gelegen, an besagtem Tage eingeweiht, ist in eben dieser Schreibweise im Archivbestand des Alpen-vereins zu finden. Öfter war sie auch als „Grob[ge]steinhütte“ in Gebrauch. Auf Anregung Friedrich Simonys wurde sie von der Sektion Austria des Deutsch-Oesterreichischen Alpenvereins erbaut und wohl bedacht „neben einer stets fließenden Quelle“ hingestellt. Am Beginn stand die Errichtung eines Steiges vom Gosausee herauf. Ein Zimmermeister und ein Schmied, Johann Urstäger und Josef Pomberger, leiteten das Unterfangen. Die Hütte lag im sogenannten Grobgstein auf der oberösterreichischen Seite des Dachsteinmassives unterhalb des Gosauer Eisfeldes. „Die Hütte ist aus Stein an einen Felsen angebaut, enthält einen Raum mit Herd und Lagerstätten und [...] einen Fünferschlafraum.“ An anderer Stelle heißt es, die Hütte sei ein Steinbau mit Kochherd und einer Pritsche für zehn Personen. Die Kosten wurden von einem Dachsteinfonds getragen. Gegen Feuer war die Hütte bei der Transsylvania in Hermannstadt (heute Rumä-nien) versichert. Im ersten Jahr der Eröffnung übernachteten 16 Personen in kargen, aber immerhin trockenen Verhältnissen. Mit Verbreitung des Alpinismus stiegen allseits auf den Hütten die Nächtigungen. Die Rekord-besucherzahl erreichte man 1905 mit 157 Bergsteigern. In den folgenden Jahren findet die Grobgsteinhütte in den unterschiedlichen Blättern im-mer wieder Erwähnung.15 Sie wurde allerdings wegen ihrer Schlichtheit als Notunterkunft gesehen. Ein Beschluss der Generalversammlung der Sektion Austria im Jahr 1901 lautete: der „neu aufzubauenden Grobge-steinhütte den Namen Adamekhütte zu geben, um das Andenken des langjährigen Vorstandes der Sektion Austria dauernd zu ehren.“16

    Diese schlichte Hütte war stets die am geringsten besuchte der Sektion Austria. Sie lag am Fuß des Gosaugletschers, der ein begehrtes Ausflugs-ziel der Forschungsreisen Simonys war. Mit dem Bau einer neuen, leicht versetzten Hütte, gab man jene am alten Standort auf.

    15 Welt-Neuigkeits-Blatt. Jg. 1879/Nr. 156, Wien, Mittwoch den 9. Juli.Die Hausfrau. Organ für die gesamten Fraueninteressen sowie für die Interessen der Mitglieder der Ersten Wiener Consum-Verein mit dem Beiblatte: Allgemeines Bade-Blatt für die Frauenwelt. III. Jg/Nr. 21, Wien, 9. Juli 1879, S. 1Archiv des Österreichischen Alpenvereins Zahl 29. Hüttenstandblatt

    16 Hüttenstandblatt des ÖAVS

    Ruine am Vorderanger

  • 154 155

    Schneebergseelein (zentral)für Andrea Niessner

    Ausgangspunkt wäre etwa die zweithöchste (vor Zeiten hochsommerlich bestoßene, längst verlassene) Alm des Gebiets (es gibt unter den aufgegebenen Hüttfluren/Wüstungen kein nachträgliches Höhenranking: allerdings wäre Lackenmoos auf 2002 Metern in einem solchen die oberste Ansiedlung, sie zählte wie die Langkaralm, Taubenkaralm, Schönbühelalm, Maisenbergalm, Modereckalm, Hirzkaralm und Gjaidalm zu den sogenannten ‚Schladminger‘ Almen am östlichen Dachsteinstock, nämlich auf oberösterreichischem, nicht auf steirischem Gebiet, und diese quellferne Lackenmoos(!)alm wurde von den Ramsauer Almbauern – an die vier Auftriebsberechtigte werden genannt – bereits im Jahr 1910 aufgelassen), Ausgangspunkt zum Schneebergseelein wäre also nicht diese, sondern die zweithöchste frei zugängliche mitten AM STEIN daliegende Alpe: Modereck (eine kleine Schafsucherhütte, von Freiwilligen um Mike Falkensteiner aus Bad Ischl mit Lärchenbrettern neu gedeckt, in der Nähe ein offener Steinbau/Windschirm, von einem Wiener Gärtner errichtet und jahrelang benützt)

    von dort könnte man losgehen, in strikt westlicher Richtung auf die Dachsteingipfelreihe und den Gletscher zu, wobei sich gleich die Frage stellte: an welchem Eck hat man hier wohl gemäht (worauf der Name Modereck ja hindeutet: Mattereck/Mahdegg, eine öfters vorkommende Bezeichnung, auch im Tennengebirge gibt es nahe Werfen eine Jausenstation gleichen Namens), wahrscheinlich an allen grasigen Ecken und Enden des FelsPlateaus wurde gesichelt und gerupft, später gab’s wohl nur mehr freie Weide ohne Mahd (für BergheuNotvorrat), und wie lange Mensch und Vieh nach dem hochsommerlichen ‚Überfahren‘ von der Burgstall-Stangalm herauf (die ihrerseits nicht übers steile Silberkar, sondern durch die jetzt wieder bestoßene Luseralm erreicht wurde), wie lange man also auf dieser Hochalm geblieben ist, lässt sich kaum mehr erfragen: von Anfang August etwa die drei Wochen bis zu Barthelmä, also bis zum 24.8., nachher hätte es bisweilen schon ausgiebig schneien können und man wäre mit dem Vieh im schlimmsten Fall nicht mehr weggekommen (nämlich wieder zurück über Drei Dauben und Vordere Höh ins Gruabach als Schneeflucht, oder wenn es so aussah, als ginge der Schnee die nächsten Tage überhaupt nicht mehr weg, besser gleich über die Luser ins grüne Tal zu den Heimhöfen hinunter), es wurden ja sowieso nur ausgewählte Tiere nach Modereck getrieben (etwa die kleinen

    Modereck, Schafsucherhütte (2 002 m)

  • 158 159

    haben), hier in Modereck

    ist der RegenwasserAuffang

    auch nicht mehr intakt, und

    man wird wohl ohne lange

    Rastpause die Route in Richtung

    Dachsteingipfelreihe fortsetzen,

    also den Weiterweg im rechten

    Winkel eingeschlagen haben,

    gelb und blau markiert über die

    KarstBuckel hinweg (auf denen

    Linde Waber unermüdlich ihre

    TuscheBilder auf Japanpapier

    gepinselt hat) und durch die

    Gruben hindurch, bis hinauf

    zum skistangenbestandenen

    Gjaiderwegerl (616), genauer

    zu jener Stelle, wo vom

    ehemaligen Postenhütterl

    nur mehr das zerbröselnde

    Fundament übriggeblieben

    ist (die vormals darin meist

    Gewehr bei Fuß stehenden

    Wachtposten waren angehalten,

    während der Schießtage am Tüpl

    eventuelle Touristen von dort

    umzuleiten, konnten aber ihrer

    zermürbenden Aufgabe nicht

    immer korrekt nachkommen,

    teils aus Müdigkeit, dann wieder,

    weil ja jeder wusste, wie leicht

    man solche Postenhütten im

    kuppierten Gelände umgehen

    konnte), anschließend wird

    man gleich, die vorige Richtung

    haltend, in Pfeilrichtung um

    ein paar Felsgüpfe herum und

    durch (je höher, desto niedriger

    werdendes) Latschengebüsch

    Gruabach vom Westen

    (nahe Höllgraben/Silberkarsee, 66/618)

  • Elsbeth Wallnöfer

    Volkskundlerin, Philosophin, Autorin. Veröffentlichungen zu verschiedenen

    Themen aus dem Bereich der Volkskultur. Zuletzt Märzveigerl & Suppen-

    brunzer, Verlag Anton Pustet 2014. Unregelmäßig Kommentatorin in der

    Tageszeitung der Standard.

    Peter M. Kubelka

    geboren 1963 in Wien. Studium an der TU Wien. Graphische Bundes-

    Lehr- und Versuchsanstalt Wien (Fotografie). Kooperationen mit der

    Salzburger Künstlerin Irene Andessner. Langjährige Erfahrung im Bereich

    Werbefotografie (Food-Fotografie), Polaroid- und Kulturfotografie. Er ist

    Foto graf der Liechtensteincollection in Wien.

    Bodo Hell

    geboren 1943 in Salzburg, Studien am Mozarteum (Orgel) und an der

    Uni Wien (Germanistik, Geschichte), Prosa, Radio, Theater, Foto, Film,

    Kooperationen, Almwirtschaft (seit 1979), zahlreiche Publikationen,

    aktuell: Ritus und Rita, Droschl Essay 69, Stadtschrift 2015, Kunst-

    schrift 2017, beide bibliothekderprovinz.at, 2017 Heimrad Bäcker- und

    Christine Lavant-Preis.

    © Sigrid Landl© Peter M. Kubelka © Elsbeth Wallnöfer

    B. Hell, P. M. Kubelka, W. Seitter, E. Wallnöfer

    Untersberg

    Geschichten, Grenzgänge, Gangsteige

    160 Seiten, durchgehend farbig bebildert

    21 x 24 cm, Hardcover

    ISBN 978-3-7025-0669-8, € 25,–

    Anhand von Erzählungen, Bildzeugnissen und Handschriften werden bisweilen

    seltsam exotische Geschehnisse und die Philosophie des Berges zugänglich gemacht.